Baltische Länder

Baltische Länder

Baltische Staaten ist ein deutscher politischer Sammelbegriff und bezeichnet die Gruppe der folgenden in Nordosteuropa gelegenen Staaten (Auflistung von Norden nach Süden):

Sie machen den größten Teil des Baltikums aus. Während Baltikum für die geographische Region steht, ist Baltische Staaten ein politischer Oberbegriff.

Die Baltischen Staaten wurden nach dem Ersten Weltkrieg unabhängig vom damaligen Russischen Reich, wurden aber 1940 von der Sowjetunion annektiert und erlangten erst 1991 erneut ihre Eigenständigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Widerspruch des Begriffs

Der Begriff als solches verdeckt allerdings, dass es sich um drei eigenständige Nationalstaaten handelt, deren heutige mehrheitliche Bevölkerungsteile es nicht wünschen, als Litauer, Este oder Lette, in einem Atemzug als einziger Begriff genannt zu werden.

Geschichte

Diese deutsche Begriffsbildung hat ihren Ursprung in der deutschen Ostkolonisation des Mittelalters. Russland übt zwar seit dem 18.Jahrhundert die dominierende politische Macht in seinen Ostseeprovinzen, und ehemaligen Gebieten von Schweden und Polen aus, kann jedoch nicht verhindern, dass sich die deutschsprachige Bevölkerung als eine Art Oberschicht herausbildet. Diese ist bis Ende des Ersten Weltkrieges auch die wirtschaftlich und gesellschaftlich dominierende Bevölkerungsgruppe. Daneben bevölkern noch die russischen, einheimischen und jüdischen Bevölkerungsgruppen diese Länder im Baltikum.

Nachdem im Ersten Weltkrieg die Region durch deutsche Truppen besetzt war, wurden sämtliche Einflüsse der Oktoberrevolution 1917 in Russland konsequent unterdrückt.

Erst der Friedensvertrag von Brest-Litowsk brachte auch den baltischen Staaten, die politische Selbständigkeit, welche aber zunächst weiterhin deutsch dominiert wurde. Erst mit der endgültigen Niederlage Deutschlands 1918 geht die vollständige Staatsverwaltung an Bevölkerungsmehrheiten der Staaten über. Diese können sich allerdings 1919 nur mit Hilfe der deutschen Freikorps (sogenannte Ostsee-Division) unter General Rüdiger Graf von der Goltz, dem Angriff der sowjetrussischen Truppen erwehren. Nach anfänglichem Misstrauen der Regierungen, entwickelt sich insbesondere in Estland eine enge antisowjetische Zusammenarbeit der deutschen und estnischen Geheimdienste.

Diese langjährige Zusammenarbeit wird durch den Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939, durch die deutsche Seite beendet, da die Absteckung der Interessensphären durch die Sowjetunion und Deutschland die baltischen Staaten dem sowjetischen Einflussbereich überließen.

Mit der Parole Heim ins Reich wurde zur Jahreswende 1939/40 die deutsche Bevölkerung ins Kernland verschoben. Aus diesen Reihen setzte sich später, aufgrund der exzellenten Russischkenntnisse, ein Großteil der Division Brandenburg zusammen. Im Frühjahr 1940 marschiert die Rote Armee in die baltischen Staaten ein und besetzt diese. Die einsetzende Russifizierung wird im Sommer 1941 durch den Überfall auf die Sowjetunion unterbrochen. Aufgrund der vorherrschenden antisowjetischen Stimmung in diesen Ländern werden die deutschen Truppenverbände und SS-Verbände von Teilen der Bevölkerung freudig empfangen und nutzten deren willige Kooperation. Vor allem die jüdische Bevölkerung der baltischen Staaten wird bis 1944/45 fast vollständig durch den nationalsozialistischen Massenmord, unter nicht unerheblicher Mithilfe der baltischen Bevölkerung, in den Konzentrationslagern vernichtet. Aus den einheimischen Gegnern der Sowjetunion, rekrutiert die Waffen-SS bemerkenswerte große Anteile der SS-Volksgrenadier-Divionen, welche auch für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich sind. Nach der Widereroberung der Staaten durch die Rote Armee, nimmt Stalin an der Bevölkerung grausame Vergeltung, und setzt die Russifizierung im größeren Ausmaß als vorher durch.

Vom Amt Ausland/Abwehr und SD Ausland ausgebildete Untergrundorganisationen können sich zwar noch jahrelang halten, werden aber schließlich bis Anfang der 1950er Jahre alle liquidiert. Selbst britische und US-amerikanische Kommandounternehmen, welche nach dem Zweiten Weltkrieg mit Hilfe ehemaliger deutscher Kriegsmarine-Soldaten und deren übernommener Schiffe, versuchten diese Untergrundkämpfer herauszuholen, um sie eigenen Zwecken zuzuführen, waren sämtlich nicht erfolgreich.

Neugründung

Die drei baltischen Staaten nahmen im Dezember 1991 an der Gründung der GUS nicht teil, da sie alle im Laufe des Jahres bereits vorher ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt hatten.

Innerhalb weniger Jahre etablierte sich dieser politisch falsche Begriff im deutschen Sprachgebrauch jedoch insbesondere in der Boulevardpresse wieder.

Literatur

  • Georg von Rauch; Geschichte der baltischen Staaten; erschienen in München 1900
  • Michael Garleff; Die baltischen Länder: Estland, Lettland, Litauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Verlag Pustet, Regensburg (Oktober 2001); ISBN 3-7917-1770-7
  • Rüdiger Dingemann; Westermann Lexikon Krisenherde der Welt. Konflikte und Kriege seit 1945; Westermann Druck- und Verlagsgruppe (1996), ISBN 3-07-509516-8
  • Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl; Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert; Herbig, München (2003); ISBN 3-7766-2317-9

Weblinks

  • vifanord Virtuelle Fachbibliothek Nordeuropa und Ostseeraum

Siehe auch: Baltikum, Baltische Sprachen


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