Terrakotte

Terrakotte
Terracottawerkstätte auf Kreta
Etruskerin, Terrakottafigur

Terrakotta (nach ital. terra cotta, „gebrannte Erde“), in anderer Schreibweise Terracotta, wird als Materialbezeichnung für gebrannte, unglasierte Tonobjekte wie Gefäße, Plastiken und Baukeramik verwendet, gelegentlich auch als Benennung für einen warmen, erdigen Farbton.

Inhaltsverzeichnis

Material & Herstellung

Terrakotta wird aus eisenhaltigem rotem, aber auch aus kalkhaltigem gelblichem Ton hergestellt. Die mineralische Zusammensetzung der Tonsorten bzw. ihrer Mischungen und Beimengungen (Magerung) bestimmt die charakteristischen Eigenschaften hochwertiger Terrakotten. Die Stücke weisen einen natürlich-warmen Farbton und gute Haltbarkeit auf, sind wasserfest und widerstandsfähig gegen Frost. Da nur ein einmaliger Brand und relativ niedrige Temperaturen (900-1000° Celsius) erforderlich sind, ist die Herstellung nicht kompliziert. Das Material ist einer der ältesten Werkstoffe der Kulturgeschichte. Es kommt in großen Mengen vor, lässt sich leicht bearbeiten und fand daher schon in der Antike weit verbreitet Anwendung. Spätere Blütezeiten waren die Renaissance und das 19. Jahrhundert.

Impruneta

Mit besonders hohen Temperaturen gebrannte Terrakotta, deren Ausgangsmaterial aus einem bestimmten Tonvorkommen beim Örtchen Impruneta stammt, ein Material, das besonders hohe Anteile an Mineralien, Aluminium-, Kupfer- und Eisenoxiden enthält, wird Impruneta genannt. Diese zeichnet sich im Gegensatz zu Siena-Terrakotta durch besonders hohe Frostfestigkeit aus, ist jedoch deutlich teurer. Nicht selten werden daher auch Mischungen als angebliche "Impruneta"-Terrakotta angeboten.

Historische Bedeutung

Antike und Mittelalter

Schon aus prähistorischer Zeit sind kleine Gegenstände zu finden, in der minoischen Kultur dann schon zahlreiche Menschen- und Tierstatuetten. Die griechische Terrakotta-Kleinplastik des klassischen Altertums erreichte hohe Qualität in der Darstellung von Tieren, Menschen und Gottheiten, leistungsfähige Werkstätten bestanden an vielen Orten im Mittelmeerraum. Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurden Figuren mit Hilfe einer oder mehrerer Hohlformen serienmäßig hergestellt. Verschiedentlich entstanden auch Großplastiken und Sarkophage in dieser Technik. Sowohl in Griechenland als auch in Italien wurde Terrakotta an Bauwerken angewendet, als Dachziegel (hier besonders für reliefgeschmückte oder bemalte Stirnziegel), als Material für Friese, für Giebeldekore und Verkleidungsplatten an etruskischen Tempeln und als Reliefplatten in römischen Villen (Campanareliefs). - Im 15. Jahrhundert schufen Renaissancekünstler wie Donatello und Luca della Robbia bedeutende Werke häufig aus bemalter Terrakotta.

19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert wurde die alte Technik erneut geschätzt und verstärkt angewendet. Anstöße kamen von der verbreiteten Vorliebe für die klassische Antike seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und von der Technisierung der Arbeitsprozesse auch in Kunsthandwerk und Architektur, die von England ausging. In dem jetzt auftretenden Spannungsverhältnis zwischen Einzelstück und Massenware erschien Terrakotta vielen Künstlern und Handwerkern als geeignetes Material. Diese Entwicklung wird hier kurz beschrieben am Beispiel von Berlin-Brandenburg.

Terrakotta an der Wilhelma Stuttgart

Der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel entwickelte die Leitvorstellungen für seine Arbeit aus verschiedenen historischen Anregungen (mittelalterlicher Ziegelrohbau, Renaissancekeramik) und aus einer persönlichen Vorliebe für natürliches, solides Material. In der wirtschaftlich kritischen Zeit nach den Befreiungskriegen schuf er eine angemessen schlichte, aber ästhetisch anspruchsvolle Backsteinarchitektur mit Schmuckelementen aus Terrakotta. Die ausgedehnte Bautätigkeit Schinkels und seiner Schüler (Stüler, Persius, Soller u.a.) förderte die Entwicklung hochqualifizierter Töpferwerkstätten in Berlin, die in der Lage waren, den steigenden qualitativen und quantitativen Anforderungen nachzukommen. Ein Musterbeispiel für die so entstandenen Bauten war Schinkels berühmte Bauakademie, maßvoll dekoriert mit einer Reihe von ausgezeichneten Terrakotta-Reliefs zur Geschichte der Architektur.

Friedrich Wilhelm IV., ein engagierter Bauherr, förderte die Verwendung von Terrakotta. Zwischen 1830 und 1860 erwarb das preußische Königshaus Terrakotten für zehn Projekte im Schlosspark von Sanssouci, um den südländischen Charakter der Kulturlandschaft zu unterstreichen.
In Potsdam entstand 1850/51 nach Skizzen des Königs ein vollständig mit Terrakottaplatten verkleidetes Triumphtor mit allegorischen Darstellungen, ein Novum in der preußischen Architektur.

Skulptur „Aufgestuetzter Kopf“ von Katharina Szelinski-Singer aus Terrakotta, 1978

Moderne

Auch in der Gegenwart hat Terrakotta noch Bedeutung, vorwiegend als Bau- und Gebrauchskeramik. Angeboten werden unter anderem großformatige Keramikelemente für Fassadenkonstruktionen, Fliesen verschiedenster Formen und Farben für die Anwendung im Haus und außerhalb, Mosaikmatten, aber auch Waschbecken, Vasen und Töpfe. Eines der bekanntesten Gebäude mit einer Terrakottafassade ist zum Beispiel das Flatiron Building in New York City.

Literatur

  • Lippold, Katharina. Die Terrakottaplastik im Park von Sanssouci unter Friedrich Wilhelm IV.
  • Jahrbuch Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Band I, 1995/96, S. 93-96.

Siehe auch:

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Terrakotte — Ter|ra|kọt|te 〈f. 19〉 = Terrakotta (I) * * * Ter|ra|kọt|te: ↑ Terrakotta. * * * Ter|ra|kọt|ta, die; , ...tten (österr. nur so), Ter|ra|kọt|te, die; , n [ital. terracotta, aus: terra = Erde < lat. terra u. cotto = gebrannt, 2. Part von:… …   Universal-Lexikon

  • Terrakotte — Ter|ra|kọt|te 〈f.; Gen.: , Pl.: n〉 = Terrakotta (2) …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Kentauren — Mosaik aus der Villa Hadriana bei Tivoli (118 138 n. Christus): Kentaurenpaar im Kampf gegen Raubkatzen (Ausschnitt), Altes Museum …   Deutsch Wikipedia

  • Kentauroi — Mosaik aus der Villa Hadriana bei Tivoli (118 138 n. Christus): Kentaurenpaar im Kampf gegen Raubkatzen (Ausschnitt), Altes Museum …   Deutsch Wikipedia

  • Kentauros — Mosaik aus der Villa Hadriana bei Tivoli (118 138 n. Christus): Kentaurenpaar im Kampf gegen Raubkatzen (Ausschnitt), Altes Museum …   Deutsch Wikipedia

  • Statius von Düren — Der Fürstenhof in Wismar Eh …   Deutsch Wikipedia

  • Zentaur (Mythologie) — Mosaik aus der Villa Hadriana bei Tivoli (118 138 n. Christus): Kentaurenpaar im Kampf gegen Raubkatzen (Ausschnitt), Altes Museum …   Deutsch Wikipedia

  • Gorgoneion — Gorgoneion, nach griech. Sage das von Perseus der Gorgone Medusa abgeschlagene Haupt, das Athene als versteinerndes Schreckbild in der Mitte der Ägis (s. d. und »Gorgonen«) auf ihrem Schilde tragt; doch kommt der ursprüngliche Typus, ein en face… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Terrakotta — Terracotta; Terrakottafigur * * * Ter|ra|kọt|ta 〈f.; , kọt|ten〉 oV Terracotta I 〈unz.〉 gebrannter Ton; oV Terrakotte II 〈zählb.〉 kleine Figur aus gebranntem Ton [ital.; zu lat. terra „Erde“ u. ital. cotta „gebrannt“, Part. Perf. Pass. zu… …   Universal-Lexikon

  • Basler Totentanz — 15. Jahrhundert Temperafarben auf Putz, 200 cm × 6000 cm Der Basler Totentanz, auch als Tod von Basel bekannt, bezeichnet ein Bild …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”