Territorialherr

Territorialherr

Als Territorialstaat bezeichnet man allgemein einen Staat, der ein klar definiertes Gebiet (Territorium) umfasst. Der neuzeitliche Territorialstaat ging aus dem Personenverbandsstaat des Früh- und Hochmittelalters hervor und ist insofern das Ergebnis der Versachlichung eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses. Im Gegensatz zu den alten Stammesherzogtümern ist das Territorium und nicht die Stammeszugehörigkeit Grundlage der Herrschaft.

Durch die Verleihung wichtiger Königsrechte erhielten die zeitweise über dreihundert Einzelterritorien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nach und nach die Landeshoheit, die den jeweiligen Territorialfürsten eine weitgehend eigenständige und unbeschränkte Herrschaftsausübung ermöglichte. Durch dynastische Erbteilungen ergab sich eine im Südwesten des Alten Reichs besonders ausgeprägte territoriale Zersplitterung. Dies betraf vor allem die wirtschaftlich leistungsfähigeren Gebiete und gräfliche Territorien, während sich bei den meisten fürstlichen Familien im 14. Jahrhundert das Prinzip der Primogenitur durchsetzte. Die Unteilbarkeit des Territoriums und die Primogenitur wurden den Kurfürstentümern in der Goldenen Bulle von 1356 garantiert. Auch andere Territorialherrscher versuchten die Unteilbarkeit ihrer Ländereien zu erreichen, so zum Beispiel das Erzherzogtum Österreich durch das gefälschte Privilegium Maius aus dem Jahre 1359. Die mächtigeren deutschen Territorialstaaten verfolgten eine strikte Hausmachtpolitik, was zu zahlreichen, oftmals kriegerischen Konflikten innerhalb des Reiches führte.

Der Westfälische Friede bestätigte den Reichsständen die freie Ausübung der Landesherrschaft (des ius territoriale) und das Recht, Bündnisse untereinander und mit ausländischen Mächten einzugehen. Die völlige staatliche Souveränität erreichten die deutschen Territorialstaaten erst mit der Gründung des Rheinbunds und der Auflösung des Alten Reiches 1806.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • FNZ — Der Begriff Frühe Neuzeit, Frühmoderne oder Neuere Geschichte bezeichnet in der Geschichte Europas üblicherweise das Zeitalter zwischen dem Spätmittelalter (Mitte 13. bis Ende 15. Jh.) und der Französischen Revolution (1789–1799). Wie bei allen… …   Deutsch Wikipedia

  • Frühmoderne — Der Begriff Frühe Neuzeit, Frühmoderne oder Neuere Geschichte bezeichnet in der Geschichte Europas üblicherweise das Zeitalter zwischen dem Spätmittelalter (Mitte 13. bis Ende 15. Jh.) und der Französischen Revolution (1789–1799). Wie bei allen… …   Deutsch Wikipedia

  • Frühneuzeit — Der Begriff Frühe Neuzeit, Frühmoderne oder Neuere Geschichte bezeichnet in der Geschichte Europas üblicherweise das Zeitalter zwischen dem Spätmittelalter (Mitte 13. bis Ende 15. Jh.) und der Französischen Revolution (1789–1799). Wie bei allen… …   Deutsch Wikipedia

  • Geistlicher Vorbehalt — Das Reservatum ecclesiasticum (lat. der geistliche Vorbehalt ) war eine Klausel im Augsburger Religionsfrieden von 1555. Die Klausel hatte zum Inhalt, dass ein katholischer geistlicher Territorialherr, also z.B. ein Fürstbischof, Fürsterzbischof… …   Deutsch Wikipedia

  • Heiliges Römisches Reich — Kaiser und Reich in einer Darstellung aus dem 17. Jahrhundert. Im Zentrum ist Kaiser Ferdinand III. als Haubt des Reiches im Kreise der Kurfürsten abgebildet. Zu seinen Füßen sitzt eine Frauengestalt als Allegorie des Reiches, erkennbar an der… …   Deutsch Wikipedia

  • Reservatum ecclesiasticum — Das Reservatum ecclesiasticum (lat. der geistliche Vorbehalt ) war eine Klausel im Augsburger Religionsfrieden von 1555. Die Klausel hatte zum Inhalt, dass ein katholischer geistlicher Territorialherr, also zum Beispiel ein Fürstbischof,… …   Deutsch Wikipedia

  • Bremische Münzen — gab es vom 11. Jahrhundert bis zum 1. Juli 1872. Hier behandelt sind auch die Reichsmünzen mit bremischem Bezug und das in Bremen ausgegebene Notgeld, nicht jedoch bremische Medaillen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte …   Deutsch Wikipedia

  • Karl — I Kạrl,   englisch und französisch Charles [englisch tʃɑːlz, französisch ʃarl], italienisch Cạrlo, rumänisch Cạrol, spanisch und portugiesisch Cạrlos, Herrscher:    Römische Kaiser:    1) Kạrl I., der Große, lateinisch C …   Universal-Lexikon

  • Augsburger Reichs- und Religionsfrieden — Augsburg: Die beiden Türme der evangelischen (im Vordergrund) und der katholischen Ulrichskirche stehen für den Religionsfrieden in der Stadt …   Deutsch Wikipedia

  • Bergkirche Auerbach — Die Bergkirche aus nördlicher Richtung gesehen Die Bergkirche …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”