Terrorherrschaft

Terrorherrschaft
„Die Waffen der Radikalen“; Englische Karikatur von George Cruikshank auf die Terrorexzesse 1793/94 in Frankreich

Die Terrorherrschaft, auch bekannt als la Grande Terreur (die [große] Schrecken[szeit]), war eine Periode der Französischen Revolution von Anfang Juni 1793 bis Ende Juli 1794, die durch die brutale Unterdrückung aller Personen gekennzeichnet war, die verdächtigt wurden, nicht mit der Revolution einverstanden zu sein. Die Terrorherrschaft wurde vom Wohlfahrtsausschuss, einem Komitee von zwölf Männern, einschließlich des Führers Maximilien de Robespierre, angeführt, der später selbst Opfer des Terrors wurde.

Inhaltsverzeichnis

Dauer

Die Terrorherrschaft begann Anfang Juni 1793 mit dem Volksaufstand vom 2. Juni 1793 und der Annahme der Verfassung des Jahres 1793 am 24. Juni 1793, die allerdings nie verabschiedet wurde. Sie endete mit der Verhaftung Robespierres und dem Beginn der Herrschaft der Thermidorianer am 9. Thermidor An II (27. Juli 1794), sowie der Exekution Robespierres.

Statistik und Opferzahlen

Die Terrorherrschaft führte in Frankreich nach Archivunterlagen, die von Donald Greer ausgewertet wurden, zu mindestens 16.594 Todesurteilen[1] vollstreckt durch die Guillotine, davon rund 2500 in Paris -1306 davon liegen auf dem Friedhof Picpus. Insgesamt wurden nach dem Beginn der Terrorherrschaft 1793 zirka 500.000 Verhaftungen vollzogen und etwa 300.000 Beschränkungen des Wohnorts[2]. Dabei waren Opfer, die ohne Prozess getötet wurden oder in Gefangenschaft starben, nicht mitgerechnet. Ihre Zahl wird von einigen Historikern auf um die 40.000 geschätzt [3], von anderen um 25.000 [4]. Insgesamt rund 85 % der Hingerichteten gehörten dem früheren Dritten Stand an[5], darunter Bauern mit 28 %, Arbeiter mit 31 %[6], 8,5 % waren aus dem Adel, 6,5 % aus dem Klerus. Rund 80 % der Todesurteile ergingen wegen Verrat oder Rebellion, 9 % wegen Oppositions-Delikten und nur wenige Prozent wegen ökonomischen Motiven wie „accaparement“ (Aufkauf von Waren zu Wucherzwecken).

Der Schwerpunkt der Hinrichtungen lag in der Provinz, besonders im Rhonetal, wo im Oktober 1793 in Lyon ein Girondistenaufstand blutig niedergeschlagen wurde (über 2000 Hinrichtungen), und im Westen in der Vendée und gegen die Chouannerie in Mayenne. Allein der Aufstand der Vendée kostete über 150.000 Leben - der Vergleich der Volkszählungen von 1790 und 1802 ergab ein Defizit von 200.000 in der Bevölkerung, das teilweise natürlich auch auf die Begleitumstände des Terrors (Abwanderung, Geburtenrückgang, Verelendung) zurückzuführen war. In Nantes an der Loire wütete 1793 bis 1794 der Abgesandte des Konvents Jean-Baptiste Carrier, der zahlreiche Opfer (jeweils Mann und Frau zusammen gefesselt) auf speziell hergerichteten Schiffen im Fluss ertränkte. Ein weiterer Schwerpunkt der Opferzahlen waren die Front-Provinzen des Revolutionskrieges. Von den von Greer untersuchten rund 16500 Hinrichtungen fanden nur 15 % in Paris statt, 19 % im Südosten und 52 % im Westen.[7].

Ursachen

Maximilien de Robespierre, unbekannter Maler (um 1790)

In einem „Tugendstaat“ sei „das Volk durch Vernunft zu leiten und die Feinde des Volkes durch terreur zu beherrschen“, so Robespierre am 5. Februar 1794 vor dem Nationalkonvent: „Terror ist nichts anderes als strenge und unbeugsame Gerechtigkeit. Er ist eine Offenbarung der Tugend. Der Terror ist nicht ein besonderes Prinzip der Demokratie, sondern er ergibt sich aus ihren Grundsätzen, welche dem Vaterland als dringendste Sorge am Herzen liegen müssen.“ Dem Exekutivorgan dieses Staatsterrors, dem Pariser Revolutionstribunal, fiel Maximilien de Robespierre noch im selben Jahr schließlich selbst zum Opfer.

Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaftspolitik musste sich den Hauptzielen der Regierung – Ausrüstung der Armee und Überwindung der Hungersnot – völlig unterordnen. Zu diesem Zweck wurden Höchstpreise, das sogenannte Maximum (maximum général) auf die wichtigsten Waren festgesetzt. Dadurch konnten die staatlichen Aufkäufer billiges Getreide für die Armee erwerben, es entstand aber auch das Problem des Schwarzmarktes. Der Wohlfahrtsausschuss kämpfte mit drakonischen Maßnahmen dagegen an, indem er die Todesstrafe gegen „Horter“ und „Wucherer“ festlegte.

Die Höchstpreise hatten aber auch einen sozialpolitischen Aspekt, denn zu den relativ niedrigen Preisen konnten sich die Armen ausreichend versorgen. Die Pariser Sansculotten gehörten deshalb zu den Unterstützern der Terrorherrschaft

Erst am 23. Juli wurden die Einzelheiten des Lohnmaximums veröffentlicht. Zwar gab es 50 % Lohnerhöhung im Vergleich zum Lohnniveau von 1790, da es aber vor den Maximumgesetzen eine Inflation gegeben hatte, war diese scheinbare Erhöhung in vielen Bereichen faktisch eine Lohnminderung. Damit verlor der Wohlfahrtsausschuss die Unterstützung der Sansculotten, was erst den Sturz Maximilien de Robespierres ermöglichte.

Maßnahmen

Der Gipfel der Freiheit (The Pinnacle of liberty), Karikatur von James Gillray

Der Konvent beschloss am 5. September 1793 offen die Einführung von Terrormaßnahmen zur Unterdrückung aller „konterrevolutionären“ Aktivitäten, die insgesamt etwa 35.000 bis 40.000 Todesopfer forderten. Etwa 21.000 „Überwachungsausschüsse“ wurden gebildet.

Das Ende des Terrors

Für die Sansculotten wurde die Terrorherrschaft mit der Einführung der Höchstlöhne uninteressant. Außerdem führten die Verfolgungen zu einer Verödung des politischen Lebens in den Sektionen, womit der Wohlfahrtsausschuss seine Machtbasis verlor, und nicht zuletzt war der Terror nach dem Sieg der französischen Armee in der Schlacht bei Fleurus auch nicht mehr nötig. Allerdings ging in der Provinz, allen voran der Vendée, das Morden weiter.

Als Robespierre am 27. Juli 1794 verhaftet wurde, zeigte es sich, dass er den Rückhalt beim Großteil der Bevölkerung von Paris verloren hatte. Nur noch eine Minderheit war bereit, für seine Rückkehr an die Macht zu kämpfen, und so wurde sein Sturz endgültig. Kurz darauf wurde er dann auf der Guillotine hingerichtet.

Bewertung

Es wurden 30.000 bis 40.000 Menschen Opfer dieses Abschnitts der französischen Geschichte. Dabei sind die hohen Opferzahlen etwa bei der Niederschlagung des Aufstandes in der Vendée nicht vollständig mitgezählt. Bemerkenswert ist, dass die Beseitigung der politischen Gegner nicht insgeheim erfolgte, sondern vor den Augen der Öffentlichkeit. Auch gab es zuvor „Gerichtsverfahren“, die aber den Angeklagten keine wirkliche Chance ließen.

Die Terreurs erregten in ganz Europa Angst und Schrecken. Schiller beschäftigte sich angesichts dessen mehrfach mit der Frage von „Revolution und Terror“, so in der „Glocke“ und im „Wilhelm Tell“.

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Cobban: The Political ideas of Maximilien Robespierre during the Period of the Convention, in: The English Historical Review, Vol. 61, Nr. 239 (1946), S.45–80.
  • Bill Edmonds: „Federalism“ and Urban Revolt in France in 1793, in: The Journal of Modern History, Vol. 55, Nr. 1 (1983), S.22–53.
  • Patrice Gueniffey: La Politique de la Terreur - Essai sur la violence révolutionnaire 1789-1794, Fayard, Paris 2003. ISBN 2-213-60575-0
  • Marcel Hénaff / Lawrence R. Schehr: Naked Terror - Political Violence, Libertine Violence, in: SubStance, Vol. 27, Nr.2 (1998), S.5–32.
  • George Armstrong Kelly: Conceptual Sources of the Terror, in: Eighteenth-Century Studies, Vol. 14, Nr. 1 (1980), S.18–36.
  • Mona Ozouf: War and Terror in French Revolutionary Discours (1792–1794), in: The Jounal of Modern History, Vol. 56, Nr. 4 (1984), S.579–597.
  • Chantal Thomas / David F. Bell: Terror in Lyon, in: SubStance, Vol. 27, Nr.2 (1998), S.33–42.

Quellen

  1. Donald Greer „The incidence of the terror during the french revolution: a statistical interpretation“, Harvard Historical Monographs 1935
  2. F. Furet, M. Ozouf Dictionnaire critique de la Révolution française, Paris, Flammarion 1988, S.162, J. Tulard, J.-F. Fayard, A. Fierro, Histoire et dictionnaire de la Révolution française, 1789-1799, 1987, S.1114
  3. Doyle Oxford History of the French Revolution, 3. Auflage 1990. Greer selbst schätzt sie auf 35.000 bis 40.000.
  4. Furet, Ozouf, a.a.O.
  5. Albert Soboul Dictionnaire historique de la Révolution française, Paris, PUF, Quadrige, 2005, S.1023, Lefebvre The French Revolution, Bd.2, S.120
  6. Tulard, Fayard, Fierro, a.a.O., S.1114
  7. Greer zitiert nach Lefebvre The French Revolution, Columbia University Press, 1964, Bd.2, S.119

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