Thamos

Thamos

Thamos, König in Ägypten ist ein Schauspiel von Tobias Philipp Freiherr von Gebler, welches heute nur noch durch den Umstand bekannt ist, dass Wolfgang Amadeus Mozart die entsprechende Bühnenmusik geschrieben hat. Es erschien 1773 in Dresden im Druck und wurde wahrscheinlich im Jahr darauf - am 4. April 1774 - ohne bemerkenswerten Erfolg im Kärntnertortheater in Wien uraufgeführt. Andere Quellen sprechen ohne Ortsangabe vom 11. Dezember 1773 als Tag der Premiere.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Das Stück, über dessen Entstehungsgeschichte wenig bekannt ist, zeigt sich wesentlich vom damaligen Zeitgeist geprägt, indem es die vorherrschende Ägyptenmode genauso aufgreift wie gewisse Ideale des Freimaurertums und die Aufklärungsidee. Unbestreitbar ist auch, dass der Heldenroman Séthos (1731) von Abbé Jean Terrasson Gebler bei der Schaffung seines Dramas stark beeinflusst haben muss, auch wenn es sich nicht direkt um eine Bühnenadaption desselben handelt. Thamos, König in Ägypten bildet den Abschluss einer Reihe von zwölf Schauspielen, die Gebler 1772 und 1773 veröffentlichte. Die Sortierung, mit Lustspielen beginnend, im Fortlauf mehr und mehr auf die Gattung des Heldendramas zuzusteuernd, deutet darauf hin, dass der Autor den Thamos gewissermaßen als Krönung seines Werkes einschätzte.

Aufbau

Bei dem heroischen Drama handelt es sich um ein 5-aktiges Werk, das sein Autor als dialektisches Lehrstück konzipiert hat. Die Spielhandlung um 3000 v. Chr währt von morgens bis abends und findet durchgängig in Heliopolis, der Sonnenstadt, statt.

Rollenverzeichnis

  • Thamos, König von Ägypten
  • Sethos, Oberpriester des Sonnentempels
  • Pheron, Fürst des königlichen Hauses
  • Mirza, Vorsteherin der Sonnenjungfrauen
  • Sais und Myris, edle Ägypterinnen in der Obhut der Sonnenjungfrauen
  • Phanes, Feldherr
  • Hammon, Sonnenpriester
  • Chor der Priester
  • Chor der Sonnenjungfrauen,

sowie Große des Reichs, Kriegsleute, weitere Ägypter

Bühnenbild

Eine königliche Burg ist mit dem sich im Zentrum der Bühne befindenden Sonnentempel durch zwei Gebäude verbunden. Auf der anderen Seite ist das Haus der Sonnenjungfrauen dargestellt, im Hintergrund liegen die Priesterwohnungen. Der erste, dritte, vierte und fünfte Akt zeigt den Sonnentempel wie beschreiben, der zweite spielt auf einer Galerie des Hauses der Sonnenjungfrauen.

Handlung

Der König Ägyptens, Menes, ist von dem Rebellen Ramesses entthront worden. Während sein Volk, das ihn für tot hält, um ihn trauert, wissen nur seine Vertrauten Hammon und der Feldherr Phanes, dass Menes als weiser, oberster Priester unter dem Namen Sethos im Sonnentempel der Stadt Heliopolis weilt. Sethos Tochter Tharsis, die der Vater verbrannt wähnt, ist derweil von Ramesses als Sais in die erziehenden Hände der Sonnenjungfrauenoberen Mirza gegeben worden. Nachdem Ramesses gestorben ist, übernimmt sein Sohn Thamos das Zepter. Thamos und Sais lieben sich, doch Mirza ist bestrebt sie in die Hände des Aufrührers Pheron, einem missgünstigen Höfling, der Sais gleichfalls liebt und mit ihrer Hilfe selbst den Thron erlangen möchte, zu lenken, was ihr auch gelingt. Erst die Worte des Weisen Sethos bewirken, dass Thamos und Sais Pheron und Mirza an der Thronbesteigung hindern. Als Pheron schließlich zu den Waffen greift, um sein gescheitertes Ziel doch noch zu erreichen, stellt sich Sethos zwischen die beiden und gibt sich schließlich als der einzig rechtmäßige Herrscher Menes zu erkennen. Die Liebenden Thamos und Sais haben die Gefahr überstanden und werden dafür von Menes auf den Thron gesetzt. Mirza wählt daraufhin den Freitod durch den Dolch. Pheron hingegen gibt sich der Götterlästerung hin - und wird dafür durch einen niederfahrenden Blitz hinweggerafft.

Bühnenmusik

Das Stück beinhaltet zwei Chorszenen, mit deren Vertonung Gebler zunächst Johann Tobias Sattler beauftragt hatte. Aus einem nicht bekannten Grund, wahrscheinlich hatte ihn das Ergebnis der Bemühungen Sattlers nicht zufriedengestellt, gab Gebler im Jahr der Druckveröffentlichung die Musik erneut in Auftrag - dieses Mal bei Wolfgang Amadeus Mozart.

Mozart fand im Spätsommer oder im Herbst des Jahres 1773 Zeit, die beiden Chorszenen zu vertonen.

Die Wiener Uraufführung des Stücks 1774 fand wahrscheinlich zunächst nur mit der Musik für diese beiden Chöre statt. Unsicher ist, ob Mozart 1773 auch bereits die bekannten Zwischenmusiken zum Schauspiel verfasst hatte.

Im Köchelverzeichnis erscheinen die Musiken zu Thamos zusammen mit einem in jedem Fall später hinzugefügten Chorstück unter den K.V.-Nummern 173d, 345 und 336a. Die Stücke sind im Einzelnen:

  • Chor: Schon weichet dir, Sonne
  • Nach dem Ersten Akt
  • Nach dem 2ten Akt
  • Nach dem 3ten Akt
  • Nach dem 4ten Akt
  • Chor: Gottheit, Gottheit, über alle
  • Nach dem V. und letzten Akt
  • Chor: Ihr Kinder des Staubes, erzittert

Als Bühnenmusik zu Lanassa

Der Zufall wollte es, dass Johann Böhm mit seiner Schauspieltruppe 1779 in Salzburg gastierte, wo sich zu diesem Zeitpunkt bekanntlich auch der Komponist Mozart aufhielt. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass Mozart die Chorszenen noch einmal sorgfältig überarbeitete, möglicherweise auch noch die fünf Instrumentalstücke beisteuerte - von denen nicht belegt ist, dass sie bereits 1774 bei der Uraufführung des Thamos zu hören waren - und schließlich einen dritten Chor hinzugab, dessen Text allerdings nicht aus dem Geblerschen Schauspiel stammt, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Salzburger Hoftrompeter Andreas Schachtner geschrieben wurde, der sich damals als Gelegenheitsdichter ein Zubrot verdiente. Die gesamte Musik verwendete Böhm nun allerdings nicht für eine Aufführung des im ägyptischen Milieu spielenden Stück Geblers, sondern des Dramas Lanassa (gedruckt 1782) von Karl Martin Plümicke, das im Indischen angesiedelt ist. Außerdem integrierte man die Musik wahrscheinlich auch in eine Aufführung des Singspiels Zaide.

Als Kirchenmusikwerk

Eine weitere, völlige Neuverwendung erhielt die Bühnenmusik zu Thamos dadurch, dass Mozart den Anfangs- und des Schlusschor später mit lateinischen Texten versehen ließ: hierdurch wurden die heroischen Musiken schließlich zur Kirchenmusik geeignet - und als Splendente te, Deus und Ne pulvis et cinis bemerkenswerterweise Anfang des 19. Jahrhunderts in diesem Zweck erfolgreicher als alle eigentlichen kirchlichen Musikwerke Mozarts.

Wirkung

Obwohl das selten aufgeführte Heldendrama Geblers rasch vergessen war und kaum eine Wirkung nachzuweisen ist, hat es dadurch, dass die Bühnenmusik Mozarts der einzige Beitrag des Komponisten zum Sprechtheater blieb, immerhin eine gewisse Sonderstellung im Bereich der Theatergeschichte inne. Allerdings ist Thamos, König in Ägypten z. B. 1776 in Salzburg - eine der wenigen nachgewiesenen Aufführungen überhaupt - auch ohne Mozarts Musik aufgeführt worden. Seit seiner Erstausgabe ist es in deutscher Sprache aber kaum mehr im Druck erschienen.

Dieses Stück ist (...), weil es nicht gefiel, unter die verworfenen Stücke, welche nicht mehr aufgeführt werden,

bemerkte bereits Mozart den von Beginn an verfehlten Erfolg von Geblers Thamos, König in Ägypten in einem Brief an seinen Vater (15. Februar 1783) und forderte "es müsste nur bloß der Musik wegen aufgeführt werden".

Weiters ist interessant, dass Mozart den Geblerschen Thamos später offensichtlich in die Planung seiner Zauberflöte (1791) mit einbezog, für deren Librettoausarbeitung auch der Roman Terrassons herangezogen wurde: so scheinen nicht nur Grundmuster der Handlung - die Treue siegt über jedes Hindernis - Schauplatz und diverse Einzelzüge - beide Werke beinhalten boshafte Frauen, Sonnenpriester, die Entführung einer Prinzessin und ihre schließliche Heirat mit dem Helden - vom Thamos mitinspiriert, die Figuren ähneln sich bisweilen bis in die Namensgebung: so wird Sethos in der Zauberflöte zu Sarastro und Thamos zu Tamino. Einige Musikwissenschaftler werten den Thamos, eben weil Mozart in ihm ein ähnliches Themenfeld bearbeitete, auch musikalisch als Vorausdeutung der Zauberflöten-Oper.

Weiterführende Literatur

Textausgaben

  • Harald Heckmann; für die Bühne revidierte Fassung des Dramentextes von Karl-Heinz Ruppel. In: Mozart, Wolfgang Amadeus: / [Neue Ausgabe sämtlicher Werke]: / Kritische Berichte. / Serie 2. Bühnenwerke / Werkgruppe 6. Musik zu Schauspielen, Pantomimen und Balletten / Bd. 1/2. Chöre u. Zwischenaktmusiken zu Thamos, König in Ägypten [u. a.]; (1970) ?

Sekundärliteratur

  • Laurenz Lütteken: "-es müsste nur blos der Musick wegen aufgeführt werden". Text und Kontext in Mozarts 'Thamos'-Melodrama, in: Mozart und Mannheim. Kongreßbericht Mannheim 1991, herausgegeben von Ludwig Finscher, Bärbel Pelker und Jochen Reutter. Frankfurt a.M.: Peter Lang (1994), S. 167-186

Weblinks


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