Baptistenkapelle

Baptistenkapelle

Als Kapelle (v. lat.: cappa = Mantel; Diminutiv capella) wurde ursprünglich der Ort bezeichnet, an dem im 7. Jahrhundert die Mantelhälfte des heiligen Martins von Tour in Paris als Reichsreliquie verehrt wurde [1].

Die Bezeichnung ging auf kleine unselbständige Bet- oder Gottesdiensträume innerhalb von größeren Sakralbauten oder profanen Gebäuden über, wie Chor-, Scheitel-, Kranz-, Seitenschiffs- und Votivkapellen in Kirchen, Beträume in Krankenhäusern und dergleichen, aber auch auf freistehende Bauten wie Tauf-, Toten-, Burg- und Schlosskapellen und auf kleinere Gotteshäuser.

Von der römisch-katholischen Kirche werden kirchenrechtlich mit dem Titel Kapelle (lat. Umschreibung: oratorium, sacellum[2]) alle Gottesdiensträume belegt, die nicht die volle Rechtsstellung einer Kirche haben. Ein Unterscheidungsmerkmal von Kirchen und Kapellen ist, dass eine Kapelle "für den Gottesdienst zugunsten einer Gemeinschaft oder eines dort zusammenkommenden Kreises von Gläubigen bestimmt ist, zu dem ... auch andere Gläubige Zugang erhalten können" (can. 1223 CIC). Wenn dort nicht regelmäßig Messe gefeiert wird, gibt es in einer Kapelle keinen Tabernakel (siehe auch -> Kapellengemeinde). Das Kirchenrecht unterscheidet davon nochmal die "Privatkapelle", die "für den Gottesdienst zugunsten einer einzelnen oder mehrerer physischen Personen bestimmt ist" (can. 1226 CIC).

Im deutschen Sprachraum wird, unabhängig von der Größe, auch die gottesdienstliche Versammlungsstätte einer Freikirche als Kapelle bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Bilder von Kapellen

Die römisch-katholische Kapelle

Aufgrund der im Mittelalter üblich werdenden Messstipendien, der Gründung von Bruderschaften und der Stiftung von Votivaltären sowie der bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil üblichen Einzelzelebration der Priester wurden in Kirchen je nach Größe zwei oder mehrere Seitenaltäre eingerichtet. Insofern durch diese Abtrennung halboffene Räume entstehen, spricht man von Seitenkapellen. Wenn diese wiederum rund um die Apsis gebildet wurden, nennt man diese Ansammlung Kapellenkranz. Einer der ersten davon wurde in Tours (um 1000) geplant und umgesetzt. Sogenannte Chorkapellen finden sich vorwiegend bei Cluniazensern und Zisterziensern.

Auch Gottesdiensträume mit speziellen Funktionen – innerhalb oder außerhalb großer Kirchen – erhielten diesen Namen: Taufkapelle, Sakramentskapelle, Grabkapelle, Friedhofskapelle.

Ebenso wurden nach dem Vorbild des fränkischen Königspalastes in weltlichen und geistlichen Höfen Kapellen als private Bet- und Andachtsräume eingerichtet, die je nach Ort, Träger oder Auftragsgeber betitelt sind (Pfalz-, Burg-, Schloss-, Bischofskapelle, Sixtinische Kapelle). Auch in manchen Rats- und Bürgerhäusern befinden sich solche Gottesdiensträume, in denen vornehmlich Reliquien, Throninsignien, Urkunden, Siegel etc. aufbewahrt wurden.

Auch entlang von Pilgerwegen sind oft Stations- oder Wegkapellen entstanden. Insofern am Zielort nur eine kleinere Kirche steht, spricht man von Wallfahrtskapelle.

Einzelpersonen, Vereine, Bruderschaften, Dorfgemeinschaften u.v.m. haben aus Dankbarkeit oder infolge eines Gelübdes Kapellen errichtet. So gibt es beispielsweise zahlreiche Pestkapellen, die entweder an die Opfer einer Pestepidemie erinnern sollen, oder aber aufgrund des Gelübdes gebaut wurden, eine Kapelle zu errichten, wenn der Ort von der Pest verschont bliebe. Kleinere Kapellen, meist Wegkapellen, sind als Heiligenhäuschen bekannt.

Im Gedenken der Opfer von Kriegen wurden zahlreiche Friedenskapellen errichtet.

Die evangelische Kapelle

In der Evangelischen Kirche werden die Gottesdienstgebäude von kleinen evangelischen Gemeinden im offiziellen Sprachgebrauch Kapelle genannt, sofern sie nicht eine eigene historische Bezeichnung wie beispielsweise Klosterkirche tragen. Die zugehörige evangelische Gemeinde trägt den Namen Kapellengemeinde, das zuständige Leitungsgremium nennt sich Kapellenvorstand, die Mitglieder des Kapellenvorstandes heißen Kapellenvorsteher und Kapellenvorsteherin. Die Kapellengemeinde besitzt keine eigene Pfarrstelle und ist deshalb ohne Verlust ihrer Selbständigkeit einer oder einigen Kirchengemeinden zur gemeinsamen Nutzung der Pfarrstelle zugeordnet.

Die freikirchliche Kapelle

In dem Bemühen, sich von den Volks- und Staatskirchen abzugrenzen, suchten freikirchliche Gemeinden des 19. Jahrhunderts nach einer Bezeichnung für ihre gottesdienstlichen Versammlungsstätten. In der Anfangsphase nannten sie ihre Gotteshäuser, die zunächst in umgebauten Wohnhäusern und Ställen untergebracht waren, schlicht Versammlungslocale. Mit Beginn des freikirchlichen Kirchenbaus erfreute sich der biblische Begriff Bethaus einer häufigen Verwendung. Schließlich verwandte man in Anlehnung an die kongregationalistische chapel des angelsächsischen Sprachraums den Begriff Kapelle. Hinter diesem Begriff verbarg sich ein schlichter Saalbau ohne Glockenturm. Aufgrund obrigkeitlicher Verfüngung durften freikirchliche Kapellen (ähnlich den Synagogen) nur als Hinterhofbebauung errichtet werden. Die Inneneinrichtung der Kapellen war auf das Notwendigste beschränkt: Bänke, zentrale Kanzel, Abendmahlstisch (Baptistenkapelle) oder Altar (Methodistenkapelle), Harmonium (in seltenen Fällen eine Orgel) sowie häufig eine Empore. An der inneren Stirnwand befand sich meist ein schlichtes Kreuz und oft auch eine Inschrift mit biblischem oder evangelistischem Inhalt. Allerdings gehörten eine Küche, Toiletten und Gruppenräume schon sehr früh zur Ausstattung freikirchlicher Kapellen. Damit versuchte man dem Gemeindeleben Rechnung zu tragen, das nicht nur im Sonntagsgottesdienst bestand.

Es entwickelte sich zeitweilig – auch in Kreisen der Gemeinschaftsbewegung – eine regelrechte Kapellenfrömmigkeit. Beleg dafür ist ein Lied des Methodisten Ernst Gebhardts[3]:

Ich weiß eine liebe Kapelle, da weilet mein Herze so gern;
da sing ich mit meinen Geschwistern Loblieder zum Preise des Herrn.
(Refrain:) Pilger, komm, komm, komm zur Kapelle, bald weilst du gewiss hier auch gern!
Da findest du liebe Geschwister; komm, singe zum Preise des Herrn!

Wer kennt diese liebe Kapelle, zu der mein Verlangen stets geht?
Da glühen in Andacht die Herzen in brünstigem heißen Gebet.

O Pilger, du kennst die Kapelle. Sie stehet am friedlichen Ort.
Da höret man heilige Zeugen verkünden das lautere Wort.

Kapelle, du Vorhof des Himmels, in dir fand mein Herz Gottes Haus,
an meines Immanuels Herzen ruh`ewig im Frieden ich aus!

Ausdruck der Kapellenfrömmigkeit ist auch der Smash-Hit von Elvis Presley aus der Mitte der 1960er Jahre: You saw me crying in the chapel. Die letzte Strophe dieses Liedes lautet[4]:

Take your troubles to the chapel
Get down on your knees and pray
Your burdens will be lighter
And you'll surely find the way.

Freikirchliche Kapellen haben in der Regel Namen.

„Lassen sich frühere Kapellennamen unter dem Leitmotiv Erlebnisgemeinschaft des Volkes Gottes zusammenfassen (mit einer Vorliebe für Alttestamentliches: Bethel-, Eben-Ezer-, Immanuel-, Zions- und Zoar-Kapelle), so werden heute Bezeichnungen aus dem Bereich der Christusverkündigung bevorzugt: Christus-, Kreuz-, Auferstehungs- und Friedenskapelle. Ein weiterer Trend lässt sich beobachten: Kapellen werden im freikirchlichen Bereich zunehmend zu Kirchen und Gemeindezentren

Günter Balders[5]

Siehe auch

Adventkapelle: das Versammlungsgebäude der Siebenten-Tags-Adventisten

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wilfried Koch und zahlreiche andere Quellen
  2. siehe can. 1223-1229 CIC
  3. E. Gebhardt: Evangeliumslieder, Nr. 25, o.O., 1880
  4. Vollständiger Text des Liedes; eingesehen am 22.9. 2008
  5. Günter Balders: Artikel Kapelle, a.a.O., S. 291

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