- Todessehnsucht
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Sehnsucht ist ein unbefriedigtes, tiefes Verlangen nach jemandem oder etwas, den oder das man liebt und/oder begehrt. Die häufigsten Sehnsüchte sind die nach Anerkennung, nach einer Person wegen Liebe bzw. Verliebtsein oder nach einem Gefühl (z. B. Sehnsucht nach Geborgenheit).
Es gibt Menschen, die sich vor Sehnsucht „verzehren“, das heißt, daran zerbrechen; insofern kann man fast von einer krankhaften Sehnsucht sprechen. Gänzlich psychopathologische Züge nimmt bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Sehnsucht nach dem eigenen Tod (z. B. Todestrieb) und der Suizidwunsch an.
Diese Todessehnsucht, wie sie auch in Werthers Leiden mehrmals geschildert wird, beruht oftmals auch auf der Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation. Die Unzufriedenheit wird durch das häufig unbewusste Wissen um andere Formen des Erlebens oder den Wunsch hervorgerufen, einem geliebten Menschen nachzufolgen. Auf einer tieferen Ebene kann die Todessehnsucht auch auf den paradiesischen Zustand, den die Zeit im Mutterleib darstellte, wo Einssein und Geborgenheit herrschte, zurückgeführt werden. Aus christlicher Sicht ist es eher die Sehnsucht nach Gott und dem Himmel, der die Todessehnsucht mancher Menschen bestimmt. Gerade auch ältere Menschen, die keinen Sinn mehr in ihrem irdischen Dasein sehen, sehnen sich nach dem Tod, den sie als Erlösung betrachten.
Inhaltsverzeichnis
Erklärungsansatz nach Freud
Im vierten Kapitel seiner Abhandlung „Jenseits des Lustprinzips“ (1920) beschreibt Sigmund Freud in der Triebtheorie, dass die Triebe eher konservativer Natur sind. Das bedeutet, dass sie den bestehenden Zustand nicht nur erhalten wollen, sondern auch tendenziell zur Rückkehr in einen früheren Zustand führen: „Ein Trieb wäre also ein dem belebten Organischen innewohnender Drang zu Wiederherstellung eines früheren Zustandes...“ (Fischer Taschenbuch 6394, S.146) Im dritten Kapitel seines Aufsatzes „Das Unbewußte“ (1915) erklärt Freud den Zusammenhang zwischen Trieb und Affekten, wie Gefühle und Empfindungen. Die Triebe sind, seiner Meinung nach, nie „Objekte des Bewußtseins“ (S.82), sondern sie können nur in der Vorstellung bestehen. Sie treten aber durch Affekte zum Vorschein.
Wenn man sich nun die direkte Relation zwischen Trieben und Gefühlen vor Augen führt, so ergibt sich doch der Gedanke, dass nicht nur die Triebe als konservativ gelten, sondern auch die aus ihnen resultierenden Gefühle einen eher erhaltenden Charakter haben. Deutlich wird dieses bei dem Gefühl der Sehnsucht, die häufig auf Erlebtes, Vergangenes zielt. Die Betroffenen empfinden den Zustand, in dem sie sich jetzt befinden, als schwieriger als den, nach dem sie sich sehnen.
Erklärungsansatz nach Hegel
Einen abstrakteren, aber nicht weniger interessanten Ansatz findet man bei Hegel in seiner „Phänomenologie des Geistes“ (1807). Hegel spricht im vierten Kapitel von einem unglücklichen Bewusstsein: „Dieses unglückliche, in sich entzweite Bewußtsein muß also, weil dieser Widerspruch seines Wesens sich ein Bewußtsein ist, in dem einen Bewußtsein immer auch das andere haben, und so aus jedem unmittelbar, indem es zum Siege und zur Ruhe der Einheit gekommen zu sein meint, wieder daraus ausgetrieben werden.“ (Reclam Universal-Bibliothek Nr.8460, 1987; S.157). Er meint damit das ewige Streben nach dem „unwandelbarem Wesen“ (S.158), dem letztlich Wahren und Gewissen. In der vom christlichen Glauben beeinflussten Kultur liegt dieses in der Sehnsucht nach dem Paradies. Diese Erkenntnis, deren Symbol die Kreuzigung Christi ist, macht dieses Bewusstsein unglücklich.
Zitate
- „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide.“ (Goethe, Mignons Lied)
- Endstation Sehnsucht (im Original A Streetcar Named Desire) ist ein Drama von Tennessee Williams und ein gleichnamiger Film von Elia Kazan.
- "Denn der Mensch liebt und ehrt den Menschen, so lange er ihn nicht zu beurteilen vermag, und die Sehnsucht ist ein Erzeugnis mangelhafter Erkenntnis." (Thomas Mann, Der Tod in Venedig)
- „Alles beginnt mit der Sehnsucht, immer ist im Herzen Raum für mehr, für Schöneres, für Größeres.“ (Nelly Sachs, Schriftstellerin)
Lieder über Sehnsucht
- „Alles beginnt mit der Sehnsucht“ (Siegfried Fietz)
- „Das Ende aller Sehnsüchte“ (Stillste Stund)
- „Für Immer“ (Böhse Onkelz)
- „Hast du Sehnsucht nach der Nadel?“ (Böhse Onkelz)
- „Ich bin die Sehnsucht in dir“ (Die Toten Hosen)
- „Junge, komm bald wieder“ (Freddy Quinn)
- „Sehnsucht - Das Lied der Taiga“ (Alexandra)
- „Sehnsucht heißt ich liebe dich“ (Nockalm Quintett)
- „Sehnsucht ist unheilbar“ (Juliane Werding)
- „Sehnsucht nach Dir“ (Wolfgang Petry)
- „Sehnsucht nach Wärme“ (Veronika Fischer)
- „Sehnsucht“ (Die Apokalyptischen Reiter)
- „Sehnsucht“ (Einstürzende Neubauten)
- „Sehnsucht“ (Ellen Allien)
- „Sehnsucht“ (Friedrich Schiller)
- „Sehnsucht“ (Joseph von Eichendorff)
- „Sehnsucht“ (Purple Schulz)
- „Sehnsucht“ (Rammstein)
- „Sehnsucht“ (Saltatio Mortis)
- „Sehnsucht“ (Musikprojekt Schiller mit Xavier Naidoo)
- „Stirb nicht vor mir“ (Rammstein)
- „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ (Marlene Dietrich)
- „Wer die Sehnsucht kennt“ (Claudia Jung)
- "Fanclub der Sehnsucht" (Funny van Dannen)
Siehe auch
Literatur
- bell hooks: Sehnsucht und Widerstand. Kultur, Ethnie, Geschlecht, 1996, ISBN 3-929823-31-4
- Safi Nidiaye: Befreie Deine Sehnsucht - Glanz und Freude ins Leben bringen damit die Seele atmen kann, 1996, ISBN 3-7787-9144-3
- Dominic Veken: Ab jetzt Begeisterung. Die Zukunft gehört den Idealisten. Murmann Verlag 2009, ISBN 978-3-86774-063-0
Weblinks
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