Toppler

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Heinrich Toppler (* um 1340 in Rothenburg ob der Tauber; † Juni 1408 ebendort) war Bürgermeister der freien Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber. Seine Heimatstadt wurde unter seiner Regierung eine wichtige Regionalmacht in Süddeutschland. Die noch heute erhaltene, Touristen aus aller Welt bekannte Gestalt der Stadt mit ihren gewaltigen Mauern entstand in jener Zeit.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Herkunft

Haus zum Goldenen Greifen

Entgegen einer oft geäußerten Behauptung stammt Toppler aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Darauf deutet schon Topplers noch heute erhaltenes Geburtshaus hin: Das Haus zum goldenen Greifen ist ein großer Patrizierbau, in zentraler Lage in unmittelbarer Nähe von Markt und Rathaus. Außerdem sind Dokumente überliefert, die von kaufmännischen Unternehmungen des Vaters Konrad Toppler und von Stiftungen zum Bau der Kirche St. Johannis berichten. 1352, 1354 und 1358 gehörte Konrad Toppler dem so genannten Inneren Rat, dem engsten Führungskreis der Stadt, an. In diese Stellung werden zu jener Zeit ausschließlich Mitglieder von Patrizierfamilien gewählt.

Wahl zum Bürgermeister

1373 wird Heinrich Toppler zum ersten Mal für eine Amtsperiode von zwei Jahren zum ersten Bürgermeister von Rothenburg gewählt. Rasch macht er sich einen Namen durch waghalsige, aber erfolgreiche politische und finanzielle Transaktionen. Die älteste von ihm unterzeichnete Urkunde ist eine Forderung an den Fürsten Conrad von Hohenlohe in Höhe von 1000 Mark Silber als Entschädigung für die Festsetzung eines Rothenburger Bürgers – unter den damaligen Umständen eine Herausforderung des mächtigen Regionalfürsten durch eine Kleinstadt. Die Chroniken aus jenen Jahren berichten auch immer wieder von Scharmützeln mit benachbarten Adeligen, zu denen die Rothenburger Bürgerwehr ausrückt. An den sich anschließenden Verhandlungen ist Heinrich Toppler oft als Unterhändler der Stadt Rothenburg beteiligt.

Langfristige Maßnahmen Topplers

Wichtiger als solche spektakulären Auseinandersetzungen ist jedoch eine systematische Politik des Landerwerbs, die Rothenburg etwa ab 1373 verfolgt. Burg um Burg, Mühle um Mühle, Wald um Wald und Dorf um Dorf werden die Güter im Umkreis um die Stadt dem verarmten Landadel abgekauft – bis 1406 im engeren Umkreis um die Stadt rund 400 km² der Stadt gehören, zuzüglich Außenposten im weiteren Umfeld. Hin und wieder kommt es vor, dass die Stadt über Mittelsmänner Güter von Adligen erwirbt, zu deren Ruin sie vorher maßgeblich beigetragen hat, wie beispielsweise im Falle des Adligen Weiprecht Tanner, der gegen den Städtebund kämpfte und verlor.

Auffällig sind die hohen privaten Mittel, die Toppler für diese Transaktionen einsetzt – und im späteren Verlauf meist mit erheblichem Zugewinn, sowohl für sich persönlich als auch für die Stadt, zurück erhält. Die Erbschaft, die ihm sein Vater hinterlässt, ist vermutlich recht ansehnlich, aber die Beträge, mit denen er agiert, sind durch sie bei weitem nicht gedeckt. Es wird daher vermutet, dass er im Alter von etwa 30 Jahren in die Familie des damals reichsten Rothenburger Bürgers Conrad Wernitzer einheiratet. Dies würde auch erklären, warum er im relativ jungen Alter zum ersten Bürgermeister gewählt wird – ohne, wie eigentlich üblich, zuvor mehrere Jahre dem Inneren Rat der Stadt angehört zu haben.

Eine weitere langfristig wichtige Maßnahme ist die systematische Förderung der Wiederansiedlung von Juden in der Stadt ab 1374. Im Mittelalter ist es allein den Juden erlaubt, das Kreditgewerbe auszuüben. Im Spätmittelalter vollzieht sich ein Wandel von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft. Kredite spielen eine zunehmende Rolle bei der Finanzierung von Unternehmungen, von Bauten und von Kriegszügen. Der Zuzug der Juden stärkt somit die finanzielle Beweglichkeit des Gemeinwesens. Gleichzeitig tragen die jüdischen Unternehmer mit ihren beträchtlichen Steuerzahlungen erheblich zur Füllung der Stadtkasse bei. Während um 1370 Juden in Rothenburg wirtschaftlich keine Rolle spielen, so wird um 1388 ein Zehntel des Steuerhaushalts der Stadt allein von acht jüdischen Familien aufgebracht.

Parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung treibt Toppler den Ausbau der Rothenburger Stadtbefestigung voran. Die Mauer wird verstärkt und erweitert. Die Anzahl der Wehrtürme wird von acht auf zwanzig erhöht. Hinzu kommt eine System von Gräben im Vorfeld, die bei Bedarf geflutet und in einen sumpfigen Morast verwandelt werden können, schwer überwindbar für Angreifer mit schwerem Kriegsgerät, und der Hundsgraben mit frei umher laufenden bissigen Hunden. Später, im Kriegsjahr 1407, wird sich herausstellen, welchen Wert diese Maßnahmen haben.

Politische Entwicklung in Rothenburg gegen Ende des 14. Jahrhunderts

Im Juni 1373 hält sich Wenzel von Luxemburg, 12-jähriger Sohn von Kaiser Karl IV. in Rothenburg auf. 1376 wird Wenzel zum König von Deutschland gekrönt. Nach dieser Wahl kommt es in den Folgejahren zu verworrenen kriegerischen Auseinandersetzungen in Süddeutschland, zunächst ausgelöst durch einen Teil der deutschen Fürsten, die Grund zur Furcht haben, zur Finanzierung des verschuldeten Königshauses heran gezogen zu werden. In diesen Auseinandersetzungen spielen Rothenburg und Heinrich Toppler eine wichtige Rolle – zunächst mit einem scheiternden Vermittlungsversuch auf dem Reichstag zu Rothenburg 1377, dann ab 1378 als Partei auf der Seite des schwäbischen Städtebundes, der gegen die Fürsten kämpft. 1382 kommt ein Waffenstillstand zwischen dem Städtebund und den Fürsten zustande, bei dem Toppler als Gesandter des Städtebundes auftritt.

1384 wird Toppler erneut zum ersten Bürgermeister von Rothenburg gewählt. Bis 1403 wird er alle zwei Jahre wieder gewählt und ist ununterbrochen Bürgermeister.

Wichtige politische Konstante für die Stadt in der Epoche um 1400 ist die gegen Rothenburg gerichtete Feindschaft zweier mächtiger Nachbarn: die des Burggrafen von Nürnberg, und die des Fürstbischofs von Würzburg. Beide erheben Anspruch auf Rothenburg und möchten es ihren Ländereien einverleiben.

1389 endet der Krieg zwischen den Fürsten und dem schwäbischen Städtebund mit der Niederlage des Städtebunds. Mit dem bösen Schiedsspruch von Bamberg verliert Rothenburg ein wichtiges Privileg, seine Landsgerichtsbarkeit. Der Bischof von Würzburg fordert von Rothenburg Reparationszahlungen und verlangt, dass Rothenburg sein Privileg als freie Reichsstadt verliere. Die Situation nutzend, dass der Bischof von Würzburg und der Burggraf von Nürnberg ihrerseits untereinander verfeindet sind, und jeder von beiden einen Machtzuwachs des anderen verhindern will, rettet sich Toppler unter die Obhut des Burggrafen von Nürnberg. Gegen Zahlung eines jährlichen Schutzgeldes von 4000 Gulden an ihn kann er der Stadt ihren Status als freie Reichsstadt bewahren.

1398 stirbt Burggraf Friedrich V. von Nürnberg. Mit seinem Tode enden die Schutzgeld-Verpflichtungen Rothenburgs und gleichzeitig das Bündnis mit dem Haus des Burggrafen. 1405 kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Rothenburg und dem Burggrafen, in deren Verlauf sich beide Seiten wechselseitig als Beklagte vor das jeweils eigene Landgericht zitieren. Das Hofgericht des Königs Ruprecht bestätigt die Auffassung des Burggrafen, rügt insbesondere, dass die Stadt es wagt, einen Reichsfürsten vor ein städtisches Gericht zu ziehen, billigt dem Burggrafen das Recht zu, sich Rothenburg anzueignen, und ruft die fränkische Ritterschaft auf, Krieg gegen Rothenburg zu führen.

Krieg gegen Rothenburg

Daraufhin verbündet sich Toppler mit seinem anderen Gegner, dem Bischof von Würzburg. Gleichzeitig sucht er die Mitgliedschaft und damit Verbündete beim 1405 gegründeten Marbacher Bund. Vereint mit diesen Verbündeten ist Rothenburg schwer zu schlagen. Der Feldzug gegen Rothenburg ist abgewendet.

In der Folgezeit begeht Toppler jedoch zwei politische Fehler:

  • Er beharrt auf der Forderung seines eigenen Landgerichts gegen den Burggrafen von Nürnberg.
  • Er nimmt Verbindung mit dem 1400 abgesetzten König Wenzel auf und sucht dessen militärische Unterstützung, gegen König Ruprecht und gegen den Adel.

Der Bischof von Würzburg bricht darauf hin, im April 1405, sein Bündnis mit Rothenburg und verbündet sich mit dem Burggrafen von Nürnberg. Am 25. Mai 1407 verurteilt das königliche Hofgericht in Heidelberg Rothenburg zu einer Zahlung von 2000 Gulden an den Burggrafen von Nürnberg. Rothenburg unter dem Bürgermeister Toppler erkennt auch dieses Urteil nicht an und verweigert die Zahlung, beharrt statt dessen weiterhin auf seiner Forderung gegen den Burggrafen. Damit ist der Krieg gegen Rothenburg unausweichlich. Zu diesen Ereignissen wird im Volksmund auch behauptet, dass Toppler durch seinen Frontenwechsel zum abgesetzten Böhmenkönig Rothenburg verspielt habe. Er habe dadurch ein breite Front von Feinden gegen die Stadt aufgebracht. Die moderne Geschichtswissenschaft teilt diese Meinung ebenfalls und führt den Beleg mit dem Wappen der Familie an, welches sinnigerweise zwei Würfel mit den Augenpaaren 5 und 6 beinhaltet. Zur Heraldik siehe unten.

Praktisch der gesamte süddeutsche Adel, Ritter und Fürsten verbünden sich gegen Rothenburg. Auch einige Städte, beispielsweise Rothenburgs Nachbarstadt Uffenheim, schließen sich diesem Bündnis an. Über 2.500 Fehdebriefe treffen in der Stadt ein. Ein Heer von weit über 10.000 Rittern, Söldnern und Gehilfen zieht gegen die Stadt. Die äußeren Vorposten, die Burgen im Umland, werden nach und nach erobert.

Toppler hat jedoch vorgesorgt und Nahrungsmittel in der Stadt horten lassen. Im Sturmangriff sind die starken Rothenburger Stadtbefestigungen schwer zu nehmen, und nun, da die Angreifer dicht vor der Stadt stehen, stellt sich heraus, dass ihnen die finanziellen Mittel für eine monatelange Belagerung fehlen. Im Oktober 1407 sind sowohl der Burggraf von Nürnberg als auch der Bischof von Würzburg zahlungsunfähig. Im Februar kommt es in Mergentheim zu Friedensverhandlungen, die vom Marbacher Bund vermittelt werden.

Am 8. Februar 1408 kommt ein Schiedsspruch zustande, dem zufolge die Reichsacht über Rothenburg aufgehoben sei, Kriegsentschädigungen nicht zu zahlen seien und jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen habe. Der Schaden liegt damit auf Seiten der finanziell ruinierten Angreifer. Rothenburg hingegen hat die Verteidigung hauptsächlich aus eigenen Mitteln bestritten und kommt somit glimpflich davon.

Topplers Ende

Am 6. April 1408, während einer Ratssitzung, wird Toppler überwältigt und in den Stadtkerker geworfen. In der Anklage gegen ihn wird vorgebracht, er habe die Stadt bestohlen, als er seine Frau und seine minderjährigen Kinder wenige Wochen zuvor mit großen Mengen Bargeldes und Wertgegenständen nach Nürnberg in die Obhut von Verwandten gegeben habe, ohne die fällige Nachsteuer zu entrichten. Außerdem werden ihm Gewalt- und Willkürakte während seiner Herrschaft vorgeworfen, beispielsweise ein privates Femegericht in seinem Hause gegen einen ehemaligen Stadtschreiber, dem Bestechlichkeit und Verrat an der Stadt vorgeworfen worden waren. Das Gericht endete seinerzeit mit der Ermordung des Beschuldigten.

Topplerschlösschen

Auch sein persönlicher Lebensstil trägt vermutlich dazu bei, dass viele seiner Mitbürger ihn schließlich nicht mehr als einen der ihren ansehen:

  • 1388 baut Toppler im Taubertal, unterhalb der Stadt, ein turmartiges, befestigtes Haus mit steinernem Unterbau und Obergeschossen aus Fachwerk. Es ist mit einem Garten umgeben, der bei Bedarf geflutet werden kann. Dieses Topplerschlösschen ist bis heute erhalten geblieben; der Fachwerkaufbau wurde vermutlich später nach altem Vorbild erneuert. Es kann besichtigt werden und gibt interessante Einblicke in spätmittelalterliche Lebensumstände.
  • Am 24. Dezember 1392 lässt er sich vom Herzog von Bayern ein Familienwappen verleihen. Es stellt ein Paar Würfel dar, die die Augenzahlen 5 und 6 zeigen. Mittelhochdeutsch topel bedeutet „Würfel(spiel)“.

Beides sind Verhaltensweisen, die für einen Adligen typisch, für einen Bürger hingegen außergewöhnlich sind.

Das vermutlich wichtigste Motiv für seinen Sturz, an dem sich auch enge Anverwandte und Vertraute beteiligen, ist jedoch seine riskante expansive Politik, die Rothenburg zuvor an den Rand des Abgrunds geführt hat.

Toppler stirbt zwei Monate nach seiner Einkerkerung, ohne dass es eine offizielle Gerichtsverhandlung gibt, im Stadtkerker. Während einige Quellen spekulieren, er sei enthauptet worden, hält der Toppler-Biograph E. W. Heine es für am wahrscheinlichsten, dass man ihn einfach verdursten ließ. Interessanterweise fehlen in den Stadtbüchern von Rothenburg die Seiten des Jahres 1408, während es in den Jahren zuvor und danach akribisch genau geführt ist.

Nach seinem Tode wird sein Vermögen zu je einem Drittel an die Stadt, den deutschen König und an Topplers Angehörige verteilt. Die Stadt Rothenburg gibt ihre expansive Politik auf und bescheidet sich mit einer Rolle als freie, aber relativ unbedeutende Reichsstadt.

Literatur

  • E. W. Heine: Toppler. Ein Mordfall im Mittelalter, Zürich (Diogenes) 1990
  • Ludwig Schnurrer: Heinrich Toppler, in: Fränkische Lebensbilder, Bd. 2, Würzburg (Schöningh) 1968, S. 104-132
  • Paul Schreckenbach: Der König von Rothenburg. Eine alte Reichsstadtgeschichte, Leipzig (Staackmann) 1910
  • Manfred Vasold: Geschichte der Stadt Rothenburg ob der Tauber, Stuttgart (Thorbecke) 1998
  • Haenle: Dopler, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 343 f.

Weblinks


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