Totenmesse

Totenmesse

Das Requiem (Mehrzahl die Requiems, regional auch die Requien[1]) ist die Heilige Messe für Verstorbene (auch Missa pro defunctis). Der Begriff bezeichnet sowohl die Liturgie der Heiligen Messe bei der Begräbnisfeier der katholischen Kirche als auch kirchenmusikalische Kompositionen für das Totengedenken. Er leitet sich vom ersten Wort des Introitus Requiem aeternam dona eis, Domine („Ewige Ruhe schenke ihnen, o Herr“) ab.

Inhaltsverzeichnis

Das Requiem in der katholischen Liturgie

Das Proprium der Totenmesse wurde im Gefolge des Konzil von Trient (1545) festgelegt und durch die Apostolische Konstitution Sacrosanctum Concilium des Zweiten Vatikanischen Konzils geringfügig verändert. Der liturgische Ablauf eines Requiems gleicht dem der Heiligen Messe an Werktagen in Bußzeiten (Advent, Fastenzeit). Das Gloria, das für freudige und festliche Anlässe vorgesehen ist, und das Credo der Sonntage und Feste entfallen. Das Halleluja wird durch einen Tractus ersetzt, dem sich früher noch die Sequenz Dies irae anschloss. Heute ist das Dies irae nicht mehr Bestandteil des Requiems, darf aber durchaus noch gesungen werden.

Die Abfolge der Totenmesse außerhalb der Fastenzeit sieht heutzutage folgendermaßen aus:

Auch im Text des Agnus Dei wurde vor der Liturgiereform 1970 gegenüber dem normalen Messproprium eine Änderung vorgenommen. Statt des zweimaligen miserere nobis und des dona nobis pacem wurde im Requiem dreimal Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem gesungen, beim dritten Mal wurde dieser Zeile ein sempiternam zur Bekräftigung angefügt. Begründet war diese Abweichung durch die Idee, dass die Heilswirkung der Totenmesse allein den Verstorbenen zukommen sollte, weshalb das Gebet nicht den Betenden selbst („Erbarme Dich unser“) zugewendet wird, sondern den Toten („Schenke ihnen“). Auch andere Abweichungen (etwa der Wegfall des Schlusssegens) hatten darin ihre Begründung. Heute wird das Agnus Dei auch im Requiem in der üblichen Fassung gesungen.

In der Eingangssequenz Requiem aeternam dona eis, Domine kommt der intendierte Charakter der Totenmesse, das Flehen der noch Lebenden für das Seelenheil der Verstorbenen, zum Ausdruck. Als erstes Stück des musikalischen Messpropriums wurde der Introitus von den Komponisten meist vertont, im Gegensatz zur Sequenz, die aus verschiedenen Gründen (Zeit, Umfang) gelegentlich verkürzt oder ganz weggelassen wird.

Originaltext (Latein) Übersetzter Text
Ⅰ. Introitus

Requiem aeternam dona eis, Domine:

et lux perpetua luceat eis.

Te decet hymnus, Deus, in Sion,

et tibi redetur votum in Jerusalem:

exaudi orationem meam,

ad te omnis caro veniet.

Requiem aeternam dona eis Domine...


Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,

und das ewige Licht leuchte ihnen.

Dir gebührt Lob, Herr, auf dem Sion,

Dir erfüllt man Gelübde in Jerusalem.

Erhöre mein Gebet;

zu Dir kommt alles Fleisch.

Herr, gib ihnen die ewige Ruhe...

Das Requiem in der Musik

In alten Requiem-Kompositionen sind die dazugehörigen unbegleiteten und einstimmigen gregorianischen Choräle Grundlage der Komposition, so auch noch bei Alessandro Scarlatti und selbst Wolfgang Amadeus Mozart (Zitat des Tonus peregrinus im ersten Satz (Requiem aeternam) zum Text Te decet Hymnus deus in Sion (Sopransolo).

In der Regel bestehen traditionelle Requiem-Vertonungen aus der folgenden, althergebrachten Satzfolge:

In manchen Fällen kommen noch die Motette Pie Jesu sowie Gesänge aus den Exequien hinzu, die sich eigentlich an die Totenmesse anschließen:

Während in der Zeit der Wiener Klassik das Requiem durchaus noch die Funktion einer musikalischen Begleitung des Gottesdienstes hatte (z. B. bei Mozart, Joseph Martin Kraus, François-Joseph Gossec, Michael Haydn, Luigi Cherubini), so begann sich die Vertonung allmählich von kirchlichen Bindungen zu lösen. Bereits Hector Berlioz´ monumentales und großbesetztes Werk ist eher für den Konzertsaal konzipiert. In dieser Tradition verstehen sich auch die entsprechenden Kompositionen von Louis Théodore Gouvy, Antonín Dvořák, Giuseppe Verdi und Charles Villiers Stanford, in denen dem Orchester ein zunehmend wichtigerer Anteil zugewiesen wird. Es finden sich aber auch kleiner besetzte Werke aus dieser Zeit, die noch auf die Verwendung in der Kirche hin angelegt sind, so z. B. von Anton Bruckner, Franz Liszt und Camille Saint-Saëns. Vermittelnd zwischen diesen Polen steht Felix Draeseke, der sowohl ein symphonisches als auch ein A-cappella-Requiem schuf.

Das Deutsche Requiem des Protestanten Johannes Brahms verwendet frei gewählte Texte aus der Lutherbibel, nicht die der katholischen Liturgie. Ab der Zeit der Spätromantik schwindet die Anzahl der Requiemkompositionen merklich. Die Wichtigkeit des Textes tritt bei vielen Vertonungen zu Gunsten der immer stärker symphonischen Behandlung des großen Orchesterapparates zurück, wie bei Max Reger und Richard Wetz. Diese Werke sind ausschließlich als Konzertmusik konzipiert und lassen sich auch nur noch als solche verwenden. Andere heben den Text hervor und geben ihren Werken wieder liturgischen Charakter (z. B. Gabriel Fauré und Maurice Duruflé, die beide das Dies Irae weglassen).

In der modernen Musik ab etwa 1950 spielt das Requiem als Musikgattung nur noch eine sehr untergeordnete Rolle. Allerdings schrieben auch in dieser Zeit Komponisten noch herausragende Werke, so Benjamin Britten, in dessen eigenwilliger Vertonung der liturgische Text mit Gedichten des englischen Dichters Wilfred Owen kombiniert wird. Weitere bedeutende Kompositionen nach dem Zweiten Weltkrieg schufen unter anderen György Ligeti, Arvo Pärt, John Rutter, Sofia Gubaidulina oder Krzysztof Penderecki. Zunehmend erscheinen Kompositionen ohne Text mit dem Titel Requiem, wie das von Hans Werner Henze, welches in Form von neun geistlichen Konzerten für Klavier solo, konzertierende Trompete und großes Kammerorchester gesetzt ist.

Wichtige Requiem-Vertonungen

Vertonungen des lateinischen Requiem-Textes

Siehe auch: Requiem (Begriffsklärung)

Vertonungen anderer Texte

Vertonungen ohne Text

  • Sinfonie da Requiem op. 20 (Britten)
  • Requiem (1990-1992), 9 geistliche Konzerte für Klavier solo, konzertierende Trompete und großes Kammerorchester (Henze)
  • Klavierkonzert Nr. 2 (Requiem) (Meynaud)
  • A Requiem in Our Time, for Brass Ensemble (Rautavaara)

Einzelnachweise

  1. gemäß Duden, siehe auch Wiktionary-Eintrag

Weblinks


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