- Transferleistungen
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Eine Transferleistung bezeichnet in der Wirtschaftswissenschaft eine Geld- oder Sachleistung, die eine Person erhält, ohne dafür eine direkte Gegenleistung erbringen zu müssen. Der Begriff wird vor allem auf staatlich organisierte Leistungen angewandt. Die ursprüngliche Idee der Transferleistung basiert auf Solidarität, wonach Bedürftige von wirtschaftlich Stärkeren unterstützt werden sollen. Leistungen aus Versicherungen sind keine Transferleistungen, da hier eine direkte Gegenleistung in Form von Einzahlungen erbracht wurde. Transferleistungen des Staates an Unternehmen werden als Subventionen bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Bedürftigkeit
Transferleistungen haben meist den Charakter von sozialen Leistungen, da die Transferleistungen häufig an Bedürftigkeit gebunden sind. Die Bedürftigkeit kann in mehreren Stufen gemessen werden, zu den Kriterien gehören vor allem:
- Die Höhe des persönlichen, verfügbaren Einkommens wird meist als erstes Kriterium herangezogen.
- Die Höhe des persönlichen Vermögens.
- Die Höhe des Einkommens/Vermögens naher Verwandter wird nur bei wenigen Transferleistungen geprüft.
Nicht alle Transferleistungen basieren gleichermaßen auf diesem Prinzip der Bedürftigkeit. So ist beispielsweise das Beveridge-Modell als ein universelles (von der Bedürftigkeit unabhängiges) Grundsicherungssystem konzipiert. In Deutschland wurde die ehemalige Eigenheimzulage unabhängig vom persönlichen Vermögen gezahlt, für das persönliche Einkommen gab es lediglich eine Obergrenze. Auch die Höhe des Elterngeldes wird gebunden an das vorherige Einkommen, so dass Personen mit höheren Einkommen mehr Transferleistungen bis zu einer Höchstgrenze erhalten, welches nicht dem Prinzip der Bedürftigkeit entspricht.
Finanzierung und Umverteilung
Die Finanzierung von Transferleistungen erfolgt über allgemeine Steuereinnahmen. Durch die Umverteilung von oben nach unten, also von wirtschaftlich Stärkeren zu wirtschaftlich Schwächeren soll eine neue Einkommensverteilung entstehen. Die Einkommensunterschiede sollen angeglichen werden und absolute Armut verhindert werden.
In den komplexen, staatlichen Finanzsystemen zahlt fast jeder Bürger und Unternehmen Steuern ein und sehr viele Leistungsempfänger erhalten verschiedene Transferleistungen, so dass eine eindeutige Richtung der Umverteilung nicht immer erkennbar ist.
Wirkung und Kritik
Transferleistungen werden aus verschiedenen Motiven kritisiert. Dazu gehört die Annahme, dass Transferleistungen die eigene Leistungsbereitschaft senken können und zu einer Mitnahmenmentalität verleiten können. Zudem sind viele Transferleistungen nicht ausreichend an Bedürftigkeit gebunden, so dass zu weite Teile der Bevölkerung zu Leistungsempfängern werden. Entsprechend müssen hohe Einnahmen zur Finanzierung eines ausgebauten Transfersystems erzielt werden. Gerade Geringverdiener, die Steuern zahlen, aber keine Transferleistungen erhalten, können finanziell benachteiligt werden.
Bei der Sozial- und Familienpolitik wird unterschieden zwischen Transferleistungen und Infrastrukturleistungen. Treten diese beideLeistungsarten miteinander in Konkurrenz um begrenzte Mittel, wird eine vorrangige Ausrichtung auf Transferleistungen insofern kritisiert, als dass sie den Ausbau der sozialen Infrastruktur wie beispielsweise Bildungs- und Kinderbetreuungsangebote begrenze und somit den Betroffenen entscheidende Mittel, die sie zur eigenverantwortlichen Existenzsicherung benötigen, nicht zur Verfügung stehen.
Anwendungen
Deutschland
Zu den staatlichen Transferleistungen in Deutschland zählen unter anderem Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich Hartz IV), Sozialhilfe, Ausbildungshilfen (umgangssprachlich BaFöG), Elterngeld, Kindergeld, Wohngeld und früher die Eigenheimzulage.
Die (staatlichen) Versicherungen wie Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sind keine Transferleistungen, da hier Gegenleistungen in Form von Einzahlungen erbracht werden müssen. Dennoch gibt es auch innerhalb der Versicherungen einzelne Elemente der Umverteilung. So erhält in der gesetzlichen Krankenversicherung jeder Versicherte dieselbe Gesundheitsleistung unabhängig von der Höhe seiner Einzahlung, dies entspricht einer Transferleistung zu Gunsten von Personen mit kleinen Einkommen. Anders sieht dies in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung aus, wo die Beiträge ebenso wie die ausgezahlten Leistungen proportional zum Einkommen (unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze) sind. Innerhalb einen Staates können Regionen mit schwächerer Wirtschaftsleistung durch die Regierung oder durch einen Ausgleich unter den Regionen unterstützt. In Deutschland dient der Länderfinanzausgleich dazu, die Leistungsfähigkeit der Bundesländer anzugleichen.
Internationale Transferleistung
Zwischen Staaten eines Staatenbündnisses wie zum Beispiel der Europäischen Union wird durch Transferleistungen der Versuch unternommen, schwächere Staaten, Regionen und Wirtschaftszweige zu unterstützen, so dass diese in die Lage versetzt werden, am Wettbewerb erfolgreich teilzunehmen. Auch die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und die Vereinten Nationen verteilen aus den Beiträgen der Nettozahler Transferleistungen.
Siehe auch
Literatur
- Petersen, H. G.: „Finanzwissenschaft I“, 1993, Stuttgart, Berlin, Köln
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