Travestietheater Madame Lothár

Travestietheater Madame Lothár
Das ehemalige Theater Madame Lothár in der Kolpingstraße (April 2008)

Das Theater Madame Lothár im Bremer Schnoorviertel war ein privat geführtes Travestietheater, das als Kleinkunstbühne im Bereich Travestie, Chanson und Comedy überregional bekannt wurde und später als „bremische Institution“ galt. Madame Lothár ist auch der Künstlername des Theatergründers und Inhabers Lothar Gräbs, der als Travestiekünstler Karriere machte. Das Travestietheater bestand von 1992 bis 2008.

Als Nachfolger wird dort seit März 2009 unter neuer Leitung das Teatro Magico in Form eines Eventtheaters betrieben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Theater wurde 1992 von dem Hotel- und Gastronomiefachmann und Travestiekünstler Lothar Gräbs gegründet und anfangs unter der Bezeichnung Madame Lothar's Travestietheater geführt.

Lothar Gräbs aka Madame Lothár

Lothar Gräbs (*15. Januar 1933 in Essen) wuchs in Essen auf, machte dort bei der Familie Krupp in der „Villa Hügel“ eine Ausbildung als Kellner und studierte nebenbei an der Essener Folkwangschule Sprechen, Gesang und Tanz, unter anderem bei dem Tanzpädagogen Kurt Jooss. Seine weitere Ausbildung im Gastronomie- und Hotelbereich machte er im Hotel Montana in Neuchâtel in der Schweiz, wo er auch seine künstlerische Ausbildung bei dem bekannten Tänzer Harald Kreutzberg fortsetzen konnte.

Er arbeitete dann in der Gastronomie und kam über verschiedene internationale Stationen Anfang der 1960er Jahre nach Bremen. Dort wurde Gräbs Geschäftsführer der Emil-Fritz-Betriebe im bekannten Varieté Astoria, wo er Kontakte zu namhaften Künstlern wie zum Beispiel Angele Durand, Brigitte Mira, Siegfried und Roy und Nana Gualdi knüpfen und sich später von denen Anregungen für seine eigene künstlerische Arbeit holen konnte.

Nach der Schließung des Varietés Astoria machte Gräbs sich 1969 zunächst mit einer Kleinkunstbühne im Bremer Ostertorviertel selbständig, wo er junge Travestiekünstler förderte, wie zum Beispiel Mary Morgan (auch als Mary bekannt). Er trat dort auch selbst als Travestiekünstler auf und entwickelte dabei die Travestiefigur Madame Lothár. Darüber hinaus nahm er Theaterrollen im Bremer Packhaustheater an.

Das Theater Madame Lothár

Nachdem die an einer kulturellen Belebung des von ihr betreuten Bremer Schnoorviertels interessierte Schnoor GmbH ihm ein entsprechendes Angebot gemacht hatte, gründete Gräbs 1992 zusammen mit Matthias Schnaars, der den gastronomischen und geschäftlichen Bereich übernahm, das Theater Madame Lothár. Eingerichtet wurde das Theater in dem Gewölbekeller eines 1820 erbauten und 1888 aufgestockten, ehemaligen Wohnhauses in der Kolpingstraße, das als Bestandteil der sogenannten Denkmalgruppe Schnoor im Jahr 1973 unter Denkmalschutz gestellt worden war.[1]

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten erzielte das Madame Lothár, in dem Gräbs auch selbst in dieser Rolle auftrat, mit einem abwechslungsreichen Programm und vielen Gastauftritten bekannter Künstler große Erfolge beim Publikum und wurde über Bremen hinaus bekannt.[2] Infolge von langwierigen Erkrankungen, bei denen er ein Bein verlor, musste Gräbs ab Mitte der 1990er Jahre seine aktive Bühnentätigkeit einschränken.[3] Auch sein Partner Matthias Schnaars, der dort zwischenzeitlich unter dem Künstlernamen Matthi-As ebenfalls als Travestiekünstler Karriere gemacht hatte, zog sich ab 2005 von der Bühnentätigkeit zurück. Seitdem wurde das Programm, das für seine phantasievollen Kostüme, Comedy und Parodie bekannt ist, von einem festen Hausensemble, den ML-Sisters, und durch Gastauftritte verschiedener Künstler, Kleinkunstdarsteller und Travestiekünstler aus dem In- und Ausland bestritten. Gräbs, der inzwischen auf einen Rollstuhl angewiesen war, führte seine Theatergäste immer noch selbst als Madame Lothar durch das Programm; seinen 75. Geburtstag feierte er im Januar 2008 mit einer Bühnenshow.[4]

Unter anderem traten in dem Theater folgende Künstler auf: Lys Assia, Laurence Gèrrard (als Marlene-Dietrich-Double[5]), Nana Gualdi, Heidi Kabel, Su Kramer, Brigitte Mira, Tina Rainford und die Jacob Sisters.[6] Gräbs engagierte sich auch im sozialen Bereich und unterstützte dem Gemeinwohl dienende Einrichtungen durch Benefizveranstaltungen, wie zum Beispiel anlässlich des 10jährigen Bestehens seines Theaters im Juni 2002 zugunsten der Bremer Kinderklinik.[7]

Das Theater befand sich im Schnoorviertel in der Bremer Altstadt (Stadtteil Stadtteil Bremen-Mitte), im Hause Kolpingstraße 9. Der Zuschauerraum verfügte über ca. 100 Sitzplätze. Im Theater Madame Lothár gab es auch ein gastronomisches Angebot sowie eine in den Zuschauerbereich integrierte Bar.

Im Mai 2008 musste Gräbs den Betrieb seines Travestietheaters aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Das Teatro Magico

Anfang 2009 wurde das Theater von dem Veranstaltungsmanager Thomas Vehorn übernommen, der es nach Umbau und Neueinrichtung Anfang März 2009 unter neuem Namen als Teatro Magico wiedereröffnete.[8] Bei der Eröffnungsshow trat unter anderem auch Travestie-Star Lilo Wanders als Ehrengast auf. In Form eines Eventtheaters geführt, werden dort Kleinkunstauftritte, Travestieshows, Varieté und Kabarett angeboten. Daneben soll der Theater-Gewölbekeller künftig auch für Ausstellungen, Firmenfeiern und Nachwuchswettbewerbe offenstehen.[9]

Diskografie

  • Madame Lothár & Matthi-As: Travestie-Theater Bremen. Live Mitschnitt (Audio CD)
  • Madame Lothár: Madame Lothár - Live (2000; Audio CD)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Denkmalliste für das Land Bremen des Landesamtes für Denkmalpflege Bremen, Stand: 6. Februar 2009, S. 23, 36 („Denkmalliste 2009“; PDF-Datei; 279 kB).
  2. u. a.: Potztausend Grandezza!, Bericht von Claudia Kohlhase, taz, 16. Januar 1993;
    „Randgruppe Travestie-Besucher“, Bericht von Hannes Krug, taz, 10. August 2002.
  3. Ernster Mensch mit Federboa. Lothar Gräbs muss immer noch gegen Vorurteile gegen Travestie kämpfen, Bericht von Birgit Köhler, Weser Report, 13. Mai 2001.
  4. Einmal Bühne, immer Bühne. Lothar Gräbs ist 75 Jahre und liebt immer noch High-Heels, Bericht von Alice Bachmann, Kreiszeitung Syke, 16. Januar 2008.
  5. u. a.: Die Dietrich selbst… …zu Gast im Schnoor, Bericht in der taz, 8./9. November 1997.
  6. Leute von Welt. Wenn „alte“ Bekannte wieder nach Bremen finden, Bericht von Corinna Lauterbach, Die Welt, 30. Mai 2002.
  7. Leute von Welt. Edle Spender aus dem Schnoor, Bericht in Die Welt, 29. Juli 2002.
  8. Travestie ohne Plüsch und Samt, Bericht von Ilka Langkowski in der Nordwest-Zeitung, 5. März 2009.
  9. Teatro Magico beginnt neues Kleinkunst-Kapitel im Schnoor, Bericht von Anna Hecker im Bremer Kurier am Sonntag, 6. März 2009.

53.0728611111118.81097222222227Koordinaten: 53° 4′ 22,3″ N, 8° 48′ 39,5″ O


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