Treibladungspulver

Treibladungspulver
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Schießpulver ist ein Treibmittel für Feuerwaffen und Feststoffraketen, das im Gegensatz zu dem früher verwendeten Schwarzpulver aus den so genannten rauchschwachen Zellulosenitratpulvern besteht. Anstatt der historisch vom Schwarzpulver stammenden Bezeichnung „Schießpulver“ wird heute meist der Begriff Treibladungspulver verwendet. Diese gehören zusammen mit den Initialsprengstoffen, Sprengstoffen, Schwarzpulver, Zündmitteln und pyrotechnischen Sätzen zu den Explosivstoffen.

Loses Schießpulver
Schießpulver in handelsüblicher Verpackung

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Entwickelt wurden die rauchschwachen Schießpulver am Ende des 19. Jahrhunderts, als das bis dahin hauptsächlich als Treibmittel verwendete Schwarzpulver den Anforderungen moderner Artilleriewaffen nicht mehr genügte.

Die Problematik stellte sich wie folgt dar: Für die Verwendung in großkalibrigen Geschützen war Schwarzpulver wenig geeignet, weil es zu offensiv war: Die Treibladung war bereits abgebrannt, ehe das Geschoss das Rohrende erreicht hatte, und verursachte so eine stark ansteigende Druckkurve. Versuche, die Abbrandgeschwindigkeit zunächst durch gröbere Körnung des Schwarzpulvers, danach durch höhere Verdichtung der Rohpulvermasse zu verringern, zeigten nur begrenzte Erfolge. Weitere Nachteile waren die starke Rauchentwicklung und die starke Verschmutzung der Rohre durch Salze, die bei der Verbrennung von Schwarzpulver entstehen. So liefert ein Kilogramm Schwarzpulver bei der Verbrennung etwa 560 Gramm Salzgemisch, hauptsächlich Kaliumsulfit und Kaliumcarbonat. Die Salzverschmutzung bereitete besonders Probleme bei Gewehren (bei denen die Offensivität des Schwarzpulvers nicht störte) und war hinderlich beim Übergang zu kleineren Kalibern.

Nach wenig erfolgreichen Versuchen auf der Basis von Kaliumpikrat und einem Gemisch von Kaliumchlorat, Blutlaugensalz und Zucker begannen Versuche mit nitrierter Zellulose. Diese entwickelte kaum Rauch und hinterließ keinen Rückstand, war jedoch auch bei Gewehren zu offensiv.

Abhilfe für die unerwünschte Offensivität wurde durch das Gelatinieren mit verschiedenen Lösemitteln und das Phlegmatisieren gefunden. Durch das angewendete Gelatinierungsverfahren, Variation der Zusätze sowie Größe und Form der Pulverteile konnte nun das Abbrandverhalten weitgehend beeinflusst werden, jedoch nahm durch die verwendeten Zusätze die Rauchentwicklung zu und das Pulver verbrannte nicht mehr komplett rückstandsfrei. Das wurde jedoch aufgrund der sonstigen Vorteile in Kauf genommen.

Zusammensetzung

Nach der Zusammensetzung werden die Schießpulver in drei Klassen eingeteilt:

  • Einbasige Schießpulver (Cellulosenitrat-Pulver): Mischungen von 80 % Schießbaumwolle und 20 % Kollodiumwolle, die mit Alkohol-Ether(Äther)-Gemischen gelatiniert und nach dem Formen und Trocknen mit Weichmachern wie Centraliten, Campher, Dibutylphtalat und ähnlichem phlegmatisiert werden.
  • Zweibasige Schießpulver: Mischungen von Glycerintrinitrat und Cellulosenitrat die man mit Aceton/Alkohol gelatiniert, anschließend zu Schnüren formt und dann das Lösemittel entfernt. Ein typisches Beispiel ist das britische Kordit, das der Schnurform seinen Namen verdankt.
  • Dreibasige Schießpulver: Mischungen von Diethylenglykoldinitrat oder Triethylenglykoldinitrat und Cellulosenitrat, denen Nitroguanidin als dritte Komponente zugesetzt wird; diese Pulver haben einen niedrigen Energiegehalt bei großem Gasvolumen. Sie schonen durch die niedrigere Verbrennungstemperatur die Rohre und werden besonders bei Feldartillerie (Dauerfeuer) und Flak (hohe Kadenz) verwendet.

Andere Herstellungsverfahren

Als POL-Pulver (Pulver ohne [organische] Lösemittel) werden zwei- oder dreibasige Treibladungspulver für Artillerie oder auch als Raketentreibstoffe bezeichnet. Die Gelatinierung und Homogenisierung erfolgt mit Wasser durch Walzen-, Strangpress- oder Schneckenpress-Prozesse, wobei Diethylenglykoldinitrat oder Glycerintrinitrat als „Lösungs- und Quellmittel“ für Cellulosenitrat fungiert. Dann wird das Wasser bis auf etwa 1 % verdampft und anschließend das Pulver maschinell geformt.

Für die so genannten Tropenpulver wurde in Deutschland wegen der geringeren Flüchtigkeit Triethylenglykoldinitrat statt Diethylenglykoldinitrat verwendet. Glycerintrinitrat war während beider Weltkriege wegen der Knappheit an Fetten und Ölen als Rohstoff nur begrenzt verfügbar.

Die fertigen Pulver werden graphitiert, um statische Aufladung beim Schütten und somit Funkenbildung zu vermeiden.

Zusatzstoffe

Zur Verringerung der Rauchentwicklung und Erhöhung der Lagerstabilität können 0,5 % bis 2 % Diphenylamin zugegeben werden.

Ein Zusatz von 1 % Natriumoxalat oder 2 % Kaliumsulfat verhindert die Entzündung der Rauchgase und somit den Mündungsblitz.

Dinitrotoluol kann als Ersatz für Glycerintrinitrat oder Diethylenglykoldinitrat verwendet werden, ist allerdings bedeutend giftiger. Für denselben Zweck kann auch Ethylenglykoldinitrat verwendet werden, allerdings findet wegen des viel niedrigeren Siedepunktes durch Verdunstung und Rückkondensation eine langsame Entmischung statt. Deswegen ist dieses Pulver nicht lange lagerfähig.

Als Ersatz für Cellulosenitrat können bis zu 50 % Ammoniumnitrat zugegeben werden, allerdings ist das Schießpulver dann feuchtigkeitsempfindlich. Presslinge aus Kohlenstaub und Ammoniumnitrat wurden im 1. und 2. Weltkrieg in Deutschland als Treibmittel für die Artillerie eingesetzt.

Form

Nach der Form unterscheidet man Röhrenpulver, Plattenpulver, Streifenpulver, Ringpulver, Nudelpulver und sonstige Formen. Die Form und Größe der Pulverteile wird weitgehend von der Größe und Form der Treibladung sowie dem gewünschten Abbrandprofil bestimmt. In großkalibrigen Kanonen verwendet man meistens Röhrenpulver, in Steilfeuergeschützen Plattenpulver, in Handfeuerwaffen hauptsächlich feinkörnige Pulver. Treibsätze für Raketen werden in Form zylindrischer Presslinge hergestellt, die zusätzlich Bohrungen und Rillen zur Vergrößerung der Abbrandoberfläche erhalten.

Um zu verhindern, dass eine Artillerietreibladung detoniert statt zu deflagrieren, wird diese nicht direkt von der Initialladung gezündet, sondern über eine Schwarzpulverzwischenladung. Dadurch wird auch die gleichmäßige Zündung der Gesamtladung sichergestellt.


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