Barlaufen

Barlaufen

Barlauf ist ein Freiluftspiel, das in Deutschland durch die Turnbewegung bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts verbreitet war. Heutzutage wird es nur noch von Jugend- und Pfadfindergruppen gespielt. Barlauf ist ein Mannschaftsspiel, das Schnelligkeit, Reaktionsvermögen, Taktik und Überblick erfordert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Ursprünge des Barlaufs gehen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Der Name kommt aus dem Französischen (zu den Grenzlinien laufen).

Auf den Deutschen Turnfesten von 1885 bis 1913 wurde Barlauf als Turnspiel ausgetragen.

Ablauf und Ziel

Die beiden Mannschaften stehen sich hinter den beiden kurzen Seiten (Grundlinien) eines rechteckigen Feldes gegenüber. Die langen Seiten (Seitenlinien) dürfen nicht übertreten werden.

Die Aufgabe der Spieler ist es

  • möglichst viele Gegner zu fangen (abzuschlagen)
  • die Gefangenen aus der eigenen Mannschaft zu befreien
  • über die Grundlinie der gegnerischen Mannschaft zu gelangen, ohne geschlagen worden zu sein (Durchlauf)

Dabei gilt es den Überblick zu behalten, welcher Spieler das Schlagrecht über welche anderen Spieler, insbesondere einen selbst, besitzt.

Das Schlagrecht erhält man in dem Augenblick, in welchem man die Grundlinie der eigenen Mannschaft übertritt, sich also auf das Feld begibt. Es bezieht sich auf alle gegnerischen Spieler, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Spielfeld befinden. Übertritt ein gegnerischer Spieler die Grundlinie, erlangt dieser demzufolge Schlagrecht über einen selbst, wenn man sich auf dem Spielfeld aufhält.

Man verliert das Schlagrecht komplett, sobald man sich zurück in Richtung der eigenen Mannschaft bewegt. Man kann es allerdings jederzeit erneuern, indem man zuerst hinter die Grundlinie zurückkehrt und dann erneut das Spielfeld betritt.

Spieler, die geschlagen wurden, müssen sich der Reihe nach auf der gegnerischen Seite an den Rand des Spielfeldes legen. Die Gefangenen können dadurch wieder befreit werden, dass ein eigener Spieler die Hand des Gefangenen an der Spitze der Reihe berührt.

Gewonnen hat diejenige Mannschaft, welche als erstes eine festgelegt Punktzahl durch ihre Aktionen (Gefangene machen, Gefangene befreien, Durchlauf) erreicht hat.

Regeln

Spielfeld

Das Spielfeld sollte mindestens doppelt so lang wie breit sein. Die Breite des Feldes sollte so bemessen sein, dass die Mannschaft die gesamte Grundlinie abdeckten kann, wenn sich die Spieler an den Händen fassen.

Spielbeginn

In der Grundstellung stehen alle Spieler hinter der Grundlinie ihrer Mannschaft.

Um das Spiel zu beginnen hat abwechselnd eine Mannschaft die Pflicht zu locken. Das bedeutet, ein Spieler muss mindestens einen Gegner dazu bringen, zu versuchen ihn zu schlagen.

Schlagrecht

Ein Spieler erhält über alle anderen auf dem Feld befindlichen Gegner Schlagrecht, sobald er über die Grundlinie seiner Mannschaft tritt.

Ein Spieler verliert sein Schlagrecht, wenn er eine Rückwärtsbewegung in Richtung der eigenen Grundlinie vollzieht.

Eine Gewichtsverlagerung vom vorderen auf das hintere Bein gilt dabei bereits als Rückwärtsbewegung.

Spieler, die ihr Schlagrecht verloren haben, können von allen anderen Gegnern, die ihr Schlagrecht noch besitzen, geschlagen werden. Dies gilt auch wenn das Schlagrechtverhältnis vor dem Verlust genau umgekehrt war.

Spieler, die ihr Schlagrecht verloren haben, dürfen auf dem Spielfeld bleiben. Ihnen fehlt allerdings das Recht zu bestimmten anderen Aktionen (Gefangenenbefreiung, Durchlauf).

Gefangene

Gelingt es einem Spieler einen Gegner, über den er Schlagrecht besitzt, am Körper zu berühren, gilt dieser als Gefangener der Mannschaft.

Be- oder übertritt ein Spieler die Seitenlinie, gilt er ebenfalls als Gefangener der gegnerischen Mannschaft.

Der jeweils erste Gefangene muss sich innerhalb des Spielfeldes an die gegnerische rechte Seitenlinie legen, wobei die Füße die Grundlinie berühren müssen.

Jeder weitere Gefangene legt sich so vor den jeweils am Boden liegenden, dass seine Füße von diesem noch berührt werden können.

Würde ein Gefangener auf der Mittellinie zum Liegen kommen, muss dieser eine neue Gefangenenkette auf der anderen Seite des Spielfeldes eröffnen. Alle weiteren Gefangenen müssen sich vor ihn legen.

Gefangene können befreit werden, indem ein Spieler aus der Mannschaft die Hand des vordersten Gefangenen berührt.

Haben sich zu diesem Zeitpunkt alle Gefangenen innerhalb der Kette berührt, ist die gesamte Gefangenenkette (inklusive der anderen Seite) befreit.

Die Gefangenen der eigenen Mannschaft werden auch durch einen Durchlauf befreit.

Durchlauf

Schafft es ein Spieler, der sein Schlagrecht nicht verloren hat, über die gegnerische Grundlinie zu gelangen ohne geschlagen zu werden, nennt man dies einen Durchlauf. Er bewirkt zusätzlich zum Punktgewinn die Befreiung aller Gefangenen der eigenen Mannschaft.

Spielzug

Das Spiel wird unterbrochen, sobald

  • ein Spieler gefangen wurde
  • ein Spieler das Spielfeld seitlich verlassen hat
  • ein oder mehrere Gefangene befreit wurden
  • ein Durchlauf stattgefunden hat

Sollten zwei Aktionen sehr kurz aufeinander folgen, gilt das Spiel nach der ersten als unterbrochen, das heißt die zweite Aktion wird nicht gewertet. Vor Beginn des nächsten Spielzuges kehren alle Spieler hinter ihre Grundlinie zurück und es wechselt die Lock-Pflicht. Das Spiel kann allerdings auch vom Schiedsrichter ohne Punktvergabe unterbrochen werden. Dann wechselt die Lock-Pflicht nicht.

Punkte

Eine Mannschaft erhält

  • 1 Punkt für einen Gefangenen
  • 5 Punkte für eine Gefangenenbefreiung
  • 10 Punkte fur einen Durchlauf

Taktik

Locken

Der zum Locken ausgewählte Spieler sollte über ein gutes Spurtvermögen verfügen. Gelockt werden sollte sinnvollerweise immer in der Nähe der Seitenlinien, da man so die gesamte gegnerische Grundlinie im Blick behalten kann. Wurden von der eigene Mannschaft bereits Gefangene gemacht haben, sollte nicht auf der Seite gelockt werden, auf der die Gefangenen liegen, da ein Gegner bei einem gescheiterten Fangversuch des lockenden Spielers leichter stattdessen die Gefangenen befreien könnte. Besitzt allerdings die gegnerische Mannschaft Gefangene bietet es sich an in deren Nähe zu locken.

Sicherung

Ein auf dem Feld befindlicher Spieler sollte durch seine Mannschaft gesichert sein. Das heißt, dass ein weiterer Spieler losläuft, sobald ein Gegner versucht den eigenen Spielen zu schlagen. Der sichernde Spieler hat, da er nach dem bedrohenden Gegner losläuft, Schlagrecht über ihn und kann seinerseits versuchen ihn zu fangen.

Eine Grundherausforderung des Barlaufs ist die Koordinierung der Sicherung. So sollte es vermieden werden, dass zu viele Spieler versuchen einen eigenen Spieler zu sichern, da dies dazu führt, dass der nächste Gegner, der seine Grundlinie übertritt, über sehr viele Spieler Schlagrecht erwirbt. Andererseits dürfen sich aber auch nicht alle auf die jeweils anderen verlassen, sodass letztendlich niemand losläuft.

Gefangene

Die Gefangenen müssen eine zusammenhängende Kette bilden, die eine Verbindung zur gegnerischen Grundlinie besitzt. Im eigenen Interesse sollten die Gefangenen versuchen sich möglichst lang zu machen und die Schuh- oder Fußspitzen des Vordermanns nur mit den Fingerspitzen berühren zu können. Dadurch verlängert sich die Kette und verringert sich der Weg, den ein Mitspieler zurücklegen muss, um die Gefangenen zu befreien.

Gefangenenbewachung

Da der Gegner für eine Gefangenenbefreiung 5 Punkte bekommt, jede Gefangennahme aber nur 1 Punkt bringt, sollte eine Befreiung von unter 5 Gefangenen unbedingt vermieden und eine eigene Bewachung organisiert werden.

Eine Kette von Gefangenen gilt als bewacht, wenn ununterbrochen ein Spieler am vorderen Gefangenen postiert ist, der über sämtliche Gegner Schlagrecht besitzt. Dazu muss der Bewacher jedes Mal ausgetauscht werden, wenn ein Gegner seine Grundlinie übertritt. Es ergibt sich dadurch eine ständige Rotation der Bewacher.

Um eine wirklich lückenlose Bewachung zu gewährleisten, muss der am vorderen Gefangenen postierte Bewacher solange dort stehen bleiben, bis sein Nachfolger bei ihm eingetroffen ist. Erst dann darf er zur Grundlinie zurückkehren. Damit es dabei nicht zu Kollisionen unter Mannschaftskollegen kommt, sollte der Bewacher auf dem Hinweg den direkten Weg an den Gefangenen entlang, auf dem Rückweg allerdings einen leichten Bogen über das Spielfeld wählen.

Hinter der Grundlinie sollte es eine Warteschlange geben, in die sich der ankommende Bewacher wieder einreihen kann. Dadurch ist auch eindeutig geklärt, wer als nächstes den Bewacher an der Spitze ablösen muss.

Literatur

  • E. Heinrich: Schleuderball und Barlauf, Quelle & Meyer, Leipzig, 1927
  • J. C. F. Gutsmuths, O. Schettler: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und des Geistes, Grau & Cie, Hof, 1878
  • Friedrich Ludwig Jahn, E. Eiselen: Die deutsche Turnkunst, Berlin, 1816

Weblinks


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