Typ-I-Allergie

Typ-I-Allergie
Allergischer Hautausschlag

Als Allergie (griechisch αλλεργία, „die Fremdreaktion“, von altgriechisch ἄλλος allos, „anders, fremd“ und ἔργον ergon, „die Arbeit, Reaktion“) wird eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems auf bestimmte und normalerweise harmlose Umweltstoffe (Allergene) bezeichnet, die sich in typischen, durch entzündliche Prozesse ausgelösten Symptomen äußert.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsentstehung

Der Begriff Allergie wurde 1906 von Freiherr Clemens von Pirquet, einem Wiener Kinderarzt, in Analogie zu Energie geprägt in der Hinsicht, dass der en-érgeia, einer körpereigenen (inneren) Kraft, eine all-érgeia als Ausdruck von Reaktionen auf körperfremde Stoffe gegenübertrete.[1] Pirquet definierte Allergie weit gefasst als „veränderte Fähigkeit des Körpers, auf eine fremde Substanz zu reagieren“. In dieser Definition sind sowohl verstärkte (Hyperergie), verminderte (Hypoergie) wie auch fehlende (Anergie) Reaktivitäten einbezogen. Pirquet erkannte als erster, dass Antikörper nicht nur schützende Immunantworten vermitteln, sondern auch Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen können. Heute beschreibt der Begriff Allergie die Überempfindlichkeitsreaktionen, die durch eine Immunantwort gegen ansonsten harmlose Antigene ausgelöst werden.

Symptome

Die Symptome einer Allergie können mild bis schwerwiegend und in einigen Fällen sogar akut lebensbedrohlich sein. Expositionsbedingt kann es sein, dass die Symptome nur saisonal auftreten, etwa zur Zeit des entsprechenden Pollenflugs, oder dass die Symptome ganzjährig auftreten, wie z.B. bei Allergie gegen Hausstaubmilbenkot.

Es gibt mehrere verschiedene Krankheitsformen, bei denen die Symptome an verschiedenen Organen des Körpers auftreten.

Allergien und Hypersensitivität können sich äußern:

Allergiker können an einer Krankheitsform leiden, aber auch an Mischformen. Während allergische Symptome an den Schleimhäuten typischerweise eher akut auftreten, können Symptome wie Asthma bronchiale und atopische Dermatitis einen chronischen Verlauf nehmen.

Unter dem allergic march oder dem Etagenwechsel wird ein typischer Symptomwechsel im Laufe des Lebens verstanden. Ein Beispiel: Säuglinge mit Nahrungsmittelallergie (typische Symptome: Erbrechen, Durchfälle, atopische Dermatitis) „wachsen“ in den meisten Fällen bis zum 5. Lebensjahr aus dieser Allergieform „heraus“ und reagieren danach nicht mehr allergisch auf Nahrungsmittel. Es besteht dann die Gefahr, dass neue Sensibilisierungen gegen z. B. Pollenallergene entstehen und vielleicht eine Asthmaerkrankung beginnt.

Auslöser

Auslöser von Allergien sind die Allergene. Allergene sind jene Antigene, gegen die sich die fehlgeleitete Immunantwort, die jeder Allergie zu Grunde liegt, richtet. Häufig sind Allergene Proteine, sehr häufig Enzyme – natürlich gibt es wie immer Ausnahmen. Es gibt eine Vielzahl von Allergenen und sie können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten eingeteilt werden:

  • nach der Allergenquelle (z. B. Tierhaarallergene, Pollenallergene, Hausstaubmilbenallergene etc.)
  • nach der Art des Kontakts mit den Allergenen (z. B. Inhalationsallergene, Nahrungsmittelallergene etc.)
  • nach dem Pathomechanismus, durch den die Allergene eine allergische Reaktion auslösen (z. B. IgE-reaktive Allergene, Kontaktallergene)
  • nach der Frequenz ihrer Erkennung durch IgE-Antikörper in Haupt- und Nebenallergene
  • nach ihrer Aminosäure-Sequenz in bestimmte Allergengruppen (z. B. Gruppe-5-Graspollenallergene etc.) oder in bestimmte Proteinfamilien (z. B. Lipocaline, Profiline etc.)

Von Kreuzallergien spricht man, wenn spezifische IgE-Antikörper, die gegen ein bestimmtes Allergen gerichtet sind, auch andere Allergene aus anderen Allergenquellen erkennen können. Ein Beispiel ist das oral allergy syndrome (OAS) bei Birkenallergikern. Hier ist der Patient gegen das Hauptallergen im Birkenpollen, Bet v 1, sensibilisiert. Die Bet v 1-spezifischen IgE-Antikörper sind aber oft auch in der Lage, dem Bet v 1 sehr ähnliche Moleküle, z. B. das Mal d 1 im Apfel zu erkennen, was zu allergischen Symptomen führen kann. D. h. beim Birkenpollenallergiker können beim Verzehr von Äpfeln allergische Reaktionen wie Anschwellen und Juckreiz der Mundschleimhaut auftreten, obwohl der Patient nicht ursprünglich gegen Äpfel sensibilisiert ist, sondern gegen das Birkenpollenallergen Bet v 1.

Nachweis einer Allergie

Hauptartikel: Allergietest

Es gibt verschiedene Arten von Allergietests, um zu ermitteln, gegen welche Stoffe der Patient reagiert: Hauttests, andere Provokationstests und Blutuntersuchungen

Hauttests

Pricktest

Hauttests sind Standarduntersuchungen bei dem Verdacht, dass ein Patient allergisch ist. Es handelt sich um eine Form des Provokationstests. Dabei werden Allergenextrakte bzw. allergenhaltiges Material auf verschiedene Weisen mit der Haut in Kontakt gebracht. Sensibilisierte Betroffene zeigen nach definierten Zeiten lokale Reaktionen vom Sofort-Typ und/oder Spät-Typ. An ihnen kann abgelesen werden, gegen welche Allergene bzw. Allergenquellen der Patient sensibilisiert ist und was der Schweregrad der allergischen Reaktion ist.

  • Die am häufigsten angewendete Methode ist der Pricktest (auch skin prick test (SPT)), bei dem einzelne Tropfen von glyzerinisierten Allergenextrakten sowie Histamin und isotonische Kochsalzlösung (als Referenzen) auf den Unterarm oder den Rücken aufgebracht werden. Durch die Tropfen hindurch wird mit einer Spezialnadel (Lanzette) etwa 1 mm in die Haut gestochen. Nach ca. 15 Minuten kann die Sofortreaktion abgelesen werden.
  • Beim Prick-to-prick-Test wird erst mit der Lanzette in die vermutete Allergenquelle gestochen (Früchte etc.) und dann in die Haut des Patienten.
  • Beim Intrakutantest werden ca. 20 µl von wässrigen Allergenextrakten mit einer Tuberkulinspritze oberflächlich in die Haut injiziert.
  • Der Reibetest wird bei besonders empfindlichen Menschen angewandt. Der Arzt reibt den vermuteten Allergieauslöser an der Innenseite des Unterarms. Bei positiver Reaktion zeigen sich großflächige Rötungen oder Quaddeln.
  • Beim Scratchtest werden Allergenextrakte auf die Beugeseite des Unterarms gegeben und die Haut mit einer Lanzette 5 mm lang oberflächlich angeritzt. Dieser Test wird aber wegen seiner Ungenauigkeit selten angewendet.
  • Bei Kontaktdermatitis wird ein Pflastertest angewendet, der sog. Epikutantest oder Atopie-Patch-Test. Dabei werden die vermuteten Allergene in Vaseline eingearbeitet eingesetzt. Die Allergen-Vaseline-Mischungen werden auf zirka 1,5 Zentimeter im Durchmesser große und zirka 2 Millimeter tiefe Aluminiumscheiben gebracht. Mit einem Pflaster werden diese Aluminiumkammern dann so auf die Haut am Rücken oder an den Oberarmen des Patienten geklebt, dass die Allergen-Vaseline-Mischungen auf der Haut fixiert werden. Weil Kontaktdermatitiden Spät-Typ-Reaktionen sind, muss das Pflaster zwei bis drei Tage auf der Haut bleiben, bevor ein Ergebnis abgelesen werden kann. Problematisch bei diesem Test sind die geringe Sensitivität und die schlechte Reproduzierbarkeit. Der Atopie-Patch-Test wird daher derzeit z. B. bei Nahrungsmitteln nicht mehr empfohlen.

Andere Provokationstests

Bei anderen Provokationstests wird das vermutete Allergen dem Patienten nicht über die Haut, sondern in anderer Form zugeführt. Der wesentliche Vorteil der Provokationstests liegt darin, dass eine Beschwerde-Auslösung nachgewiesen werden kann und nicht nur eine Sensibilisierung mittels Nachweis von IgE-Antikörpern im Bluttest. Da bei Provokationstests unerwartet heftige Krankheitszeichen bis zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auftreten können, sollten sie nur von einem allergologisch erfahrenen Arzt durchgeführt werden, der erforderlichenfalls auch die entsprechenden Notfallmaßnahmen durchführen kann.

Bei allergischer Rhinoconjunctivitis („Heuschnupfen“) kann zur Provokation ein Allergenextrakt in die Nase gesprüht werden und anschließend die allergische Reaktion gemessen werden, indem z. B. die Schwellung der Nasenschleimhaut mittels einer sogenannten Rhinomanometrie oder der Tryptase-Spiegel im Blut gemessen wird.

Bei allergischem Asthma erfolgt die Provokation durch die Inhalation eines Allergenextrakts mit anschließender Erfassung der allergischen Reaktion mit einer Lungenfunktionsprüfung. Da Asthma meist mit einer Lungenhyperreagibilität einhergeht, kann auch unspezifisch mit ansteigenden Konzentrationen einer Methacholin-Lösung provoziert werden (Methacholintest).

Bei schweren Nahrungsmittelallergien kann der double blind placebo controlled food challenge (DBPCFC) angewendet werden. Dabei werden einer hypoallergenen Grundnahrung nach und nach verschiedene Nahrungsmittel zugefügt und die Verträglichkeit beobachtet. So kann festgestellt werden, welche Nahrungsmittel allergische Reaktionen auslösen, und es können andersherum auch Nahrungsmittel identifiziert werden, die gefahrlos konsumiert werden können. Dieses Verfahren ist allerdings sehr zeitaufwändig.

Blutuntersuchungen

In Blutproben können sog. freie IgE-Antikörper gemessen werden. Zum einen kann der Gesamt-IgE Spiegel gemessen werden, der alle freien IgE-Antikörper erfasst. Dieser Wert ermöglicht eine Aussage darüber, ob generell vermehrt IgE-Antikörper gebildet werden. Erhöhte Gesamt-IgE-Werte kommen aber nicht nur bei allergischen Erkrankungen vor, sondern auch bei Parasitenbefall und bestimmten hämatologischen Erkrankungen. Zum anderen können auch Allergen-spezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden. Hierbei werden also die IgE-Spiegel ermittelt, die sich konkret gegen eine Allergenquelle richten. Heute üblich sind FEIA (Fluoreszenz-Enzym-Immunoassay) und EIA (Enzym-Immunoassay)-Bestimmungen, die statt der früher gebräuchlichen radioaktiv (125I) markierten Reagenzien, enzymmarkierte Reagenzien einsetzen. Hier gilt für den gesunden Menschen ein Referenzbereich von <100 kU/L für das Gesamt-IgE. Messungen für Allergen-spezifisches IgE gelten als negativ für Werte <0,35 kUA/L. Klasse 1 (0,35–0,70 kUA/L) gilt als grenzwertig positiv. Positiv gelten die Klassen 2–6 (Klasse 2: 0,70–3,5 kUA/L; Klasse 3: 3,5–17,5 kUA/L, Klasse 4: 17,5–50 kUA/L; Klasse 5: 50–100 kUA/L; Klasse 6>100 kUA/L). Eher veraltete Meßmethoden sind RIST (Radio-Immuno-Sorbens-Test) für das Gesamt-IgE und RAST (Radio-Allergo-Sorbens-Test) für Allergen-spezifisches IgE.
Die quantitative Messung von IgE-Antikörpern im Blut korreliert jedoch nur schlecht mit dem klinischen Bild. D. h. die Messung von IgE-Antikörpern im Blut erlaubt eine Aussage über die Sensibilisierungen eines Allergikers, aber nur bedingt eine Einschätzung der Schwere der Symptome und gar keine Aussage über die Art der Symptome. Es kann auch sein, dass Allergen-spezifische IgE-Antikörper trotz Sensibilisierung nicht nachgewiesen werden können.

Ein weiterer Parameter, der in Blutproben gemessen werden kann, ist das eosinophile kationische Protein (ECP). ECP wird von aktivierten Eosinophilen ausgeschüttet. ECP ist ein Entzündungsparameter und wird zur Verlaufskontrolle bei allergischem Asthma oder bei atopischer Dermatitis bestimmt.

Tryptase kann ebenfalls in Blutproben nachgewiesen werden. Tryptase wird von aktivierten Mastzellen ausgeschüttet und ist ein für aktivierte Mastzellen hochspezifischer Parameter. Der Tryptase-Spiegel wird auch bestimmt zur Diagnostik beim anaphylaktischen Schock, zur postmortalen Diagnose beim Asthmatod, zur Diagnostik der Mastozytose und bei der Provokationstestung bei allergischer Rhinitis.

Durch einen Lymphozytentransformationstest (LTT) kann die Bestimmung sensibilisierter Lymphozyten nachgewiesen und quantifiziert werden. Dies kann bei bestimmten Typ IV-(Spät-)Allergien sinnvoll sein.

Ursachen allergischer Erkrankungen

Epidemiologisch ist in den Industrieländern in den letzten Jahrzehnten eindeutig ein Anstieg der Häufigkeit von allergischen Erkrankungen festgestellt worden. Eine befriedigende Erklärung für diese Zunahme gibt es – wie auch bei den Autoimmunerkrankungen – bis jetzt nicht. Überlegt werden folgende Möglichkeiten:

Genetische Faktoren

Eindeutig belegt ist ein erhöhtes Allergie-Risiko für Kinder, bei denen entweder ein oder beide Elternteile Allergiker sind. Offensichtlich spielen aber mehrere genetische Faktoren zusammen, es gibt also nicht das eine „Allergie-Gen“, und es scheinen auch die unterschiedlichen Krankheitsformen (Asthma, Atopische Dermatitis, etc.) unterschiedlich genetisch determiniert zu sein. Es gibt eine Vielzahl von Kandidatengenen, die möglicherweise oder wahrscheinlich an der Entstehung von allergischen Erkrankungen beteiligt sind (u. a. ADAM33, GPRA, IL1RN u. v. a. m.).

Hygienehypothese

Einige Forscher führen den beobachteten Anstieg allergischer Erkrankungen in westlichen Industrieländern auf die sogenannte „Dreck- und Urwaldhypothese“ zurück: eine mangelnde Aktivierung ('Unterforderung') des Immunsystems – vor allem in der Kindheit und frühen Jugend – durch übertriebene Hygienemaßnahmen. Es wird vermutet, dass der Kontakt mit bestimmten Bakterien insbesondere in den ersten Lebensmonaten wichtig ist, um das Immunsystem, das während der Schwangerschaft eher Th2-lastig ist, wieder in Richtung einer Th1-Antwort zu lenken, die weniger mit allergischen Reaktionen assoziiert ist. Eine prominente Studie zum Thema ist die ALEX-Studie.[2]

Rückgang parasitärer Erkrankungen

Die physiologische Funktion von IgE-Antikörpern ist die Abwehr von Wurm- und anderem Parasitenbefall. Der Rückgang parasitärer Erkrankungen könnte zu einer Umlenkung des Immunsystems auf andere, harmlose Strukturen führen.[3] Hierfür spricht das geringere Aufkommen von Allergien in Ländern mit geringeren Hygienestandards. Da in den westlichen Industrienationen Parasitenbefall so gut wie nicht mehr vorkommt, bei allergischen Reaktionen aber eine verstärkte IgE-Antikörper-Bildung vorliegt, wird geprüft, ob hier ein Zusammenhang bestehen könnte. Eine Studie an 1.600 Kindern in Vietnam zeigte, dass Kinder mit intestinalem Wurmbefall im Vergleich zu Kindern ohne Wurmbefall nur eine 60 %-ige Chance einer Allergie gegen Hausstaubmilben hatten.[4] Jedoch gibt es derzeit widersprüchliche Forschungsergebnisse,[5] so dass diese Hypothese noch nicht abschließend beurteilt werden kann.[6]

Umweltverschmutzung

Allergene wie das Hauptallergen der Birke, Bet v 1, können sich an Dieselrußpartikel (s. auch Feinstaub) anheften und so beim Einatmen u. U. in tiefere Lungenabschnitte gelangen. Es ist möglich, dass die Dieselrußpartikel als „Träger“ der Allergene auch eine adjuvante ("unterstützende") Wirkung haben und somit eine Sensibilisierung fördern.

Impfungen und andere medizinische Maßnahmen

Eher unwahrscheinlich ist ein Zusammenhang zwischen Allergien und Impfungen, da in der DDR die Durchimpfungsrate deutlich höher (nahe 100 %), die Allergieraten hingegen niedriger waren als in der BRD (bis 1989). Neu in der Diskussion sind Studien zur frühen Vitamin-D-Prophylaxe[7], zu Paracetamol[8] und zur Antibiotikatherapie[9].

Erhöhte Allergenexposition

Diese Überlegung bezieht sich darauf, dass aufgrund einer erhöhten Allergenexposition vermehrt Sensibilisierungen stattfinden könnten. Ursachen für eine erhöhte Exposition könnten sein: die Zunahme des Pollenflugs, infolge einer Stressreaktion von Bäumen auf die Erderwärmung oder Schadstoffbelastung, die Zunahme der Milbenexposition durch verbesserte Isolierung der Häuser, der vermehrte Konsum exotischer Lebensmittel, wie zum Beispiel Kiwi.

Veränderungen in der kommensalen Flora

Veränderungen in der kommensalen Flora könnten ebenfalls das Immunsystem beeinflussen und im Zusammenhang mit dem vermehrten Auftreten von Allergien stehen. Veränderungen in der Darmflora können u. a. durch den Einsatz von Antibiotika und durch moderne Ernährungsgewohnheiten ausgelöst werden. Die Bakterienflora der Haut könnte z. B. durch die Einführung von Windeln verändert worden sein. Es wird diskutiert, ob Probiotika einen günstigen Effekt auf die Entwicklung von Allergien haben könnten.

Veränderte Lebensgewohnheiten

Es gibt etliche weitere Faktoren, von denen ebenfalls vermutet wird, dass sie die Entstehung von allergischen Erkrankungen begünstigen können. Dies sind z. B. Rauchen, Autoabgase, Stress, kleinere Familiengrößen, veränderte Ernährungsgewohnheiten, aber auch ein veränderter individueller Lebensstil, der sich zunehmend positiv auf die Entwicklung von Atopie und Allergien auswirken könnte, wie z. B. die kürzere Stillzeit junger Mütter und ein dadurch bedingtes höheres Allergierisiko des Kindes. Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft Kontakt zu Tieren, Getreide oder Heu hatten, bekommen im späteren Leben seltener allergische Atemweg- und Hauterkrankungen. Für einen optimalen Schutz ist aber ein anhaltender Kontakt zu Nutztieren oder Getreide nötig. [10]

Pathophysiologie

Typ-1-Allergien sind ein großes Gesundheitsproblem, speziell in den westlichen Industrienationen, wo es Schätzungen gibt, dass bis zu 25 % der Bevölkerung betroffen sind. Allergien sind verursacht durch eine unangemessene Reaktion des humoralen Immunsystems und gekennzeichnet durch die Bildung von IgE-Antikörpern gegen ansonsten harmlose Antigene, die sog. Allergene. Kleinste Mengen dieser Allergene (Nanogramm-Bereich) reichen, um eine Sensibilisierung, d. h. eine erste Bildung von Allergen-spezifischen IgE-Antikörpern, in Gang zu bringen und in weiterer Folge die Allergen-spezifische IgE-Produktion nachhaltig aufrecht zu erhalten. Kleinste Mengen Allergen reichen ebenfalls, um eine allergische Reaktion auszulösen.

Im Gegensatz zu den anderen Antikörper-Isotypen (IgM, IgA, IgG) liegen IgE-Antikörper überwiegend rezeptorgebunden vor, und zwar vor allem an der Oberfläche von Mastzellen und Basophilen. Die freien Serum-Konzentrationen von IgE-Antikörpern sind daher vergleichsweise niedrig.

Typisch für Allergien ist also, dass beim ersten Kontakt mit einem Allergen noch keine Symptome ausgelöst werden können. Erst nach einer Sensibilisierung, d. h. einer Allergen-spezifischen Antikörperbildung, kann bei einem weiteren Kontakt mit diesem bestimmten Allergen eine allergische Reaktion auftreten.

Sensibilisierung

In der Sensibilisierungsphase werden in den Körper gelangte Allergene von dendritischen Zellen aufgenommen und prozessiert. Die dann aktivierten dendritischen Zellen (DC2) präsentieren über ihre MHC II Oberflächenrezeptoren Allergenbruchstücke an naive CD4+ T-Zellen (Allergien sind HLA-assoziiert). Die naiven CD4+ T-Zellen werden durch Kostimulation und Zytokine zu aktivierten Th2-Zellen. Auf der anderen Seite kommen auch naive B-Zellen in Kontakt mit Allergen. Treffen diese B-Zellen dann auf allergen-spezifisch aktivierte Th2-Zellen, so kommt es zu einer T-Zell-B-Zell-Interaktion. Die B-Zelle kann danach Allergen-spezifisches IgE bilden und wird zur IgE-sezernierenden Plasma Zelle. Diese Plasmazellen sind in der Lage, große Mengen an IgE-Antikörpern zu bilden, und können über an der Zelloberfläche gebundenes IgE nach erneutem Allergenkontakt zu verstärkter IgE-Synthese angeregt werden.

IgE-Antikörper haben eine sehr hohe Affinität zu ihren zellgebundenen Rezeptoren, dem FcεRI (hochaffin) und dem FcεRII (weniger affin) Rezeptor (FcεRII ist ident mit CD23). Das führt dazu, dass die Mehrzahl der gebildeten IgE-Antikörper an die hochaffinen IgE-Rezeptoren FcεRI an der Zelloberfläche von Mastzellen und Basophilen gebunden werden und vergleichsweise nur sehr wenige IgE-Antikörper frei im Blut vorkommen (Vergleich: typisch sind 30 ng IgE-Antikörper / ml Serum und 9 mg IgG1-Antikörper / ml Serum). Darüber hinaus haben freie IgE-Antikörper eine relativ kurze „Halbwertszeit“ von zirka 2,5 Tagen (IgG-Antikörper zirka 20 Tage). IgE-Antikörper werden auch an antigenpräsentierende Zellen gebunden und verstärken so die Präsentation von Allergenen an das Immunsystem. Das verstärkte Vorhandensein von IgE-Antikörpern reguliert die Expression des hochaffinen IgE-Rezeptors FcεRI auf den Mastzellen hoch, und die Bindung von IgE-Antikörpern an FcεRI fördert die Langlebigkeit der Mastzellen.

Sowohl IgE-Antikörper als auch die hochaffinen IgE-Rezeptoren FcεRI kommen nur monomer vor. Dies und die Tatsache, dass eine allergische Reaktion der Kreuzvernetzung mehrerer Rezeptoren bedarf, sichert die hohe Spezifität der IgE-vermittelten allergischen Reaktionen.

Effektorphase

Die allergische Sofort-Typ-Reaktion wird ausgelöst, wenn Allergene IgE-Antikörper, die an der Oberfläche von Mastzellen und Basophilen gebunden sind, kreuzvernetzen. Dieses Kreuzvernetzen induziert die Degranulierung von Mastzellen und Basophilen, d. h. die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, wie von Histamin und Leukotrienen. Die freigesetzten Entzündungsmediatoren lösen innerhalb von Sekunden bis Minuten allergische Symptome aus, wie allergische Rhinitis (Heuschnupfen), Conjunctivitis (Bindehautentzündung), allergisches Asthma oder als schwerste Manifestation den anaphylaktischen Schock.

Mastzellen sind überwiegend in den Geweben entlang der Körperoberflächen lokalisiert, und zwar in der Lamina propria der oberen und unteren Atemwege, in der Bindehaut, in der Haut, in der gastro-intestinalen Schleimhaut und im perivaskulären Gewebe (Gewebe um die Blutgefäße). An diesen „Wächterpositionen“ des Körpers spielen Mastzellen eine Rolle sowohl in der zellulären Immunantwort (IgG- und IgE-unabhängig), als auch in der humoralen Immunantwort, und zwar über ihre Oberflächenrezeptoren FcγR, an die IgG-Antikörper binden, und FcεRI, an die IgE-Antikörper binden. Mastzellen sind große Zellen, die zytoplasmatische Granula enthalten. Die Entzündungsmediatoren der Mastzelle sind entweder schon vorgebildet und in diesen Granula gespeichert oder sie werden von der Mastzelle auf Aktivierungssignale hin neu synthetisiert. Es ist eine Vielzahl von Substanzen, die von aktivierten Mastzellen freigesetzt werden. Dazu gehören: Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene, Proteasen (Tryptase, Chymase), Chemokine (Eotaxin, RANTES) und Zytokine (TNF-α, GM-CSF, MIP-1α und die „Th2-Zytokine“ IL-3, IL-4, IL-5, IL-6, IL-9, IL-10 und IL-13). Konsequenz der Freisetzung dieser Substanzen sind erhöhte vaskuläre Permeabilität, Erschlaffung der glatten Muskulatur, Stimulierung der kutanen Nervenendigungen (führt zu Juckreiz), kurz die Auslösung der Symptome einer allergischen Reaktion.

Werden auf Mastzellen die hochaffinen IgE-Rezeptoren (FcεRI) kreuzvernetzt, so führt das aber auch zu einer Hochregulierung der Expression von CD40-Liganden auf Mastzellen. Zusammen mit IL-4 kann das Teil eines positiven Rückkopplungseffekts sein, in dem lokale Plasma-B-Zellen weiter angeregt werden, IgE-Antikörper zu produzieren.

4–12 Stunden nach Allergenkontakt können auch Spät-Typ-Reaktionen, oder chronische Symptome auftreten. Diese sind maßgeblich dominiert von der Aktivierung Allergen-spezifischer T-Zellen und der chemotaktischen Rekrutierung und dem nachfolgenden Einwandern von Eosinophilen, Basophilen und Monozyten an den Ort der allergischen Reaktion.

Basophile Granulozyten sind normalerweise überwiegend im Blut lokalisiert. Sie sind aber in der Lage an Entzündungsherden ins Gewebe überzutreten. Sie produzieren ein ähnliches Spektrum an Entzündungsmediatoren wie Mastzellen und setzen diese Entzündungsmediatoren ebenfalls nach Kreuzvernetzung ihrer Oberflächenrezeptoren frei.

Eosinophile Granulozyten sind hauptsächlich in Geweben lokalisiert, insbesondere im Bereich des Darms, und sind normalerweise nur in geringer Anzahl im Blut vorhanden. Eosinophile exprimieren den hochaffinen IgE-Rezeptor FcεRI, aber nur nach Aktivierung und Rekrutierung an einen Entzündungsherd in Geweben. Eosinophile setzen stark zytotoxische und neurotoxische Proteine frei, wie MBP, ECP, EPX, EDN und EPO, die Gewebe zerstören können. Daraufhin können weitere Entzündungsmediatoren freigesetzt werden, wie Prostaglandine, Leukotriene und die Zytokine IL-3, IL-5 und GM-CSF, die wiederum weitere Eosinophile in die betroffenen Gewebe rekrutieren und aktivieren. Bei allergischen Patienten kann vor allem die Lunge stark von Eosinophilen infiltriert sein, was einen großen Einfluss auf das Krankheitsbild hat.

Klinische Einteilung von Immunreaktionen

Die Immunreaktionen werden in fünf Typen mit Subtypen unterteilt. Immunreaktionen verlaufen nicht in jedem Fall adäquat, d. h. zum Wohl des Organismus. Das eine Extrem ist die immunologische Überreaktion, das andere die Immundefizienz. Dazwischen muss die Evolution ihren Weg finden.

Der Begriff Allergie ist weit gefasst definiert mit „Krankheit in Folge einer Immunantwort gegen ansonsten harmlose Antigene“, ist also eine Art der immunologischen Überreaktion. In diesem Sinn umfasst der Begriff Allergie mehrere verschiedene immunologische Krankheiten, die als erstes 1963 von Robert Royston Amos Coombs und Philip George Houthem Gell nach ihren pathophysiologischen Mechanismen in vier Typen eingeteilt wurden. Diese Einteilung ist sehr bedeutend, jedoch lassen sich hier einige Krankheiten nicht absolut eindeutig einordnen, sondern haben Anteile von mehreren „Typen“. Im engeren Sinn versteht man heute unter Allergie oft nur die Typ-I-Allergie.

Die klassische Einteilung nach Coombs und Gell ist wie folgt:

Typ I: Die „klassische“ Allergie/An freie Antigene, IgE-vermittelter Soforttyp

Typ1 Reaktion

Die Typ-I-Allergie oder Soforttyp-Reaktion ist IgE-vermittelt. Die Reaktion erfolgt beim Zweitkontakt innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten. Antigene sind im pathologischen Allergiefall freie / gelöste Moleküle, die vom Immunsystem fälschlich als bedrohlich bzw. körperfremd gewertet werden. Zunächst binden frisch produzierte IgE-Antikörper an die Oberfläche von Mastzellen. Dort führt eine Antigen-Antikörper Bindung zur Aktivierung und Degranulierung. Es werden Entzündungsmediatoren wie Histamin, Leukotriene und Prostaglandine freigesetzt.

Hierfür ist ein Erstkontakt mit einer Sensibilisierung nötig, die symptomlos verläuft. T- und B-Lymphozyten erkennen unabhängig voneinander das betreffende Antigen, ihre anschließende „Liaison“ führt zur Umwandlung der B-Lymphozyten in Antikörper (IgE) - produzierende Plasmazellen (im Detail: siehe Pathophysiologie). Jene IgE - Antikörper setzen sich auf die mit Histamin-Granula beladenen Mastzellen. Beim Zweitkontakt bindet das Allergen an das auf den Mastzellen vorhandene IgE, Histamin wird ausgeschüttet und die Sofortreaktion tritt ein. Die Gewebeschädigung erfolgt durch die Entzündungsreaktion, die dieser „falsche Alarm“ einleitet: „Entzündungszellen“ wandern ein und verrichten ihren Job.

Die Reaktion kann von relativ mild bis hin zu lebensbedrohlich ausfallen. Typische Krankheitsbilder der Soforttyp-Reaktion sind die allergische Konjunktivitis (Bindehautentzündung), allergische Rhinitis (Heuschnupfen), allergisches Asthma, Nesselsucht (Urticaria), Larynxödem, aber auch schwerwiegende bis lebensbedrohliche Formen, wie das angioneurotische Ödem (Quincke-Ödem) und der anaphylaktische Schock.[11]

Eine verzögerte Reaktion kann zusätzlich nach vier bis zwölf Stunden auftreten, siehe dazu Typ IV, Spättyp.

Typ II: An zellgebundene Antigene, Antikörper-mediierter, zytotoxischer Typ

Typ IIa

Bei Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ IIa werden IgG- oder IgM-Antikörper gegen Körperzell - gebundene Antigene gebildet (Autoantikörper). Durch Bindung der Antikörper an die Antigene werden die zugehörigen Zellen für das Immunsystem „zum Abschuss markiert“: Prozess der Opsonisierung (lat. „schmackhaft machen“). Die betroffenen Zellen werden dann durch Komplement, Makrophagen und NK-Zellen zerstört (Zelllyse). Diese Vorgänge finden physiologischerweise im Zuge der Virusabwehr und der Bakterienphagozytose statt. Die Schädigung erfolgt unmittelbar durch Zellzerstörung.

Typische Erkrankungen sind:

  • Medikamenten-induzierter Mangel an Gerinnungsplättchen (Thrombopenie)
  • Medikamenten-induzierter Mangel an roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie)
  • kompletter Ausfall der weißen Blutkörperchen (Agranulozytose) (selten)
  • Goodpasture-Syndrom, bei dem Autoantikörper gegen Kollagen IV in der Lunge und den Nieren gebildet werden

Typ II b

AK-A-Interaktion wie bei Typ IIa, jedoch führt die Bindung nicht zur Zellzerstörung, sondern über Rezeptorbindung zur Aktivierung spezifischer Zellfunktionen [das (Auto)Antigen ist hier der Zellrezeptor]. Die Antikörper wirken als hochaffine Botenstoffe.

Typische Beispiele sind der Morbus Basedow, bei dem Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor gebildet werden, und die chronische Urtikaria, bei der Autoantikörper gegen den IgE-Rezeptor gebildet werden.

Typ III: Antikörper-abhängiger Immunkomplex-Typ/Arthus-Typ

Typ-III-Überempfindlichkeitsreaktionen sind gekennzeichnet durch Antikörper-Bildung gegen lösliche Antigene. In weiterer Folge kommt es zur Bindung der gebildeten Antikörper an die gelösten Antigene. Da sowohl die Antikörper als auch die Antigene multivalent sind, kann es zu Komplex-Formierungen kommen, in denen sich viele Antikörper mit vielen Antigen-Molekülen zu Immunkomplexen verbinden.

Die gebildeten Immunkomplexe können sich zum einen in den Kapillaren ablagern (z. B. in der Niere) und so zu Schäden führen, zum anderen aber auch Komplement aktivieren, was zu Entzündungsreaktionen führt.

Typische Erkrankungen sind die Arthus-Reaktion, Serumkrankheit, Purpura Schönlein-Henoch, der systemische Lupus erythematodes und die exogen-allergische Alveolitiden (beispielsweise die Berufskrankheiten Farmerlunge, Vogelhalterlunge, Käserlunge und Bäckerlunge).

Typ IV: Spättyp/Verzögerter Typ/Zell-mediierter Typ/Antikörper-unabhängiger Typ/Tuberkulintyp

Typ IV Überempfindlichkeitsreaktionen werden ausgelöst durch die Aktivierung Allergen-spezifischer T-Zellen. Es werden drei Subtypen unterschieden.

Typ IVa1

Aktivierung von TH1-Zellen, die Reaktion richtet sich gegen lösliche Antigene und führt zur Aktivierung von Makrophagen. Beispiele hierfür sind die Nickel-Kontaktdermatitis und der Tuberkulin-Test, wobei bei letzterem das Tuberkulin beim Einbringen in die Haut eine Reaktion mit sensibilisierten T-Lymphozyten hervorruft, welche bei einem allfälligen Kontakt mit Tuberkulose-Erregern gebildet wurden.

Typ IVa2

Aktivierung von TH2-Zellen. Die Reaktion richtet sich gegen lösliche Antigene und führt zur Aktivierung von eosinophilen Granulozyten. Typische Erkrankungen sind allergisches Asthma und die atopische Dermatitis.

Typ IVb

Aktivierung von zytotoxischen Lymphozyten, Reaktion richtet sich gegen zell-gebundene Antigene, Lyse der betroffene Zellen.

Typische Krankheiten sind:

Typ V: Stimulatorische Immunreaktion/Reaktion mit Hormonrezeptoren

Hierbei kommt es zu einer Stimulation von endokrinen Zellen durch Antikörper. Dies ist beispielsweise beim Morbus Basedow der Fall (eine Autoimmunerkrankung, welche eine Überfunktion der Schilddrüse und im Allgemeinen auch deren Vergrößerung (Kropf) zur Folge hat). Die vom Körper gegen das Schilddrüsengewebe gebildeten Antikörper binden an den Rezeptor für Thyreotropin (TSH), dem Hormon, welches von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) zur Stimulierung und somit zur Regelung der Schilddrüsenfunktion gebildet wird.

Therapie

Symptomatische Therapie

Die meisten Allergien werden mit Medikamenten behandelt, die das Auftreten von allergischen Symptomen mildern oder verhindern, aber keine Heilung von der allergischen Erkrankung bewirken können. Diese Antiallergika werden je nach Krankheitsform und Schwere der Erkrankung in unterschiedlichen Darreichungsformen (Tabletten, Nasensprays, Asthmasprays, Augentropfen, Cremes, Salben und Injektionen) und in unterschiedlichen Intervallen (bei akutem Bedarf, prophylaktisch, dauerhaft) angewendet.

Eingesetzte Wirkstoffe sind:

Primäre Prophylaxe

Eine primäre Prophylaxe bedeutet, vorbeugende Maßnahmen zu setzen, damit eine Sensibilisierung und folglich die Entstehung einer allergischen Erkrankung, vermieden werden.

Die beste Vorbeugung ist das Vermeiden von Allergenkontakt. Das vollständige Vermeiden von sämtlichen Allergenen ist unmöglich, jedoch in bestimmten Fällen und Situationen können bestimmte Allergene sehr wohl vermieden werden. Beispiele sind:

  • Kinder, die mit offenem Rücken (Spina bifida) geboren werden, haben ein sehr hohes Risiko einer Sensibilisierung gegen Latex. Es ist daher heute klinischer Standard, diese Kinder von Geburt an vor jedem Kontakt mit Latex (Latex-OP-Handschuhe u. a.) zu schützen.
  • Die exogen-allergische Alveolitis ist meist eine Berufskrankheit, die verursacht wird durch die Inhalation von bestimmten Stäuben (z. B. Mehl bei der sog. Bäcker-Lunge). Durch das Anwenden von entsprechenden Arbeitsschutz-Maßnahmen, wie das Tragen von Feinstaubmasken, die Verwendung von Abzugshauben etc., kann Allergenkontakt vermieden und damit Mitarbeiter vor einer Sensibilisierung geschützt werden.

Die optimale Ernährung für Neugeborene ist das ausschließliche Stillen während mindestens der ersten 4 Lebensmonate. Es gibt retrospektive Studien, die beobachtet haben, dass gestillte Kinder seltener an Allergien leiden als nicht-gestillte.[12][13] Die Aussagekraft dieser Studien ist allerdings fraglich. Hochallergische Kinder können auch auf die Muttermilch allergisch reagieren und werden dann natürlich nicht weiter gestillt. Ein Verblinden von Stillverhalten ist ethisch nicht vertretbar und praktisch nicht durchführbar. Eine Schutzwirkung des Stillens vor allergischen Erkrankungen ist also nicht belegt.
Als primäre Prophylaxe für Neugeborene mit erhöhtem Allergierisiko, die nicht gestillt werden können, wird die Ernährung mit einer hypoallergenen Babynahrung empfohlen.

Noch nicht abschließend zu beurteilen ist der vorbeugende Effekt von sogenannten „Probiotika“, z. B. Laktobazillen. Diese natürlichen Darmbakterien sind z. B. in probiotischen Joghurts und mittlerweile auch in Säuglingsnahrungen enthalten. Finnische Studien geben erste Hinweise darauf, dass diese Produkte einen Schutz vor der Entstehung von Allergien bieten könnten.

Sekundäre Prophylaxe

Eine sekundäre Prophylaxe wird bei bereits bestehender Sensibilisierung bzw. allergischer Erkrankung angewendet und soll das Wiederauftreten von Symptomen und eine Verschlechterung der Erkrankung verhindern.

Die Allergenkarenz, d. h. die Allergenvermeidung, ist bei sensibilisierten Personen zum einen wichtig, um das Auslösen einer allergischen Reaktion zu vermeiden, und zum anderen, um einen sog. „boost“ der IgE-Antwort zu vermeiden. Denn bei bereits sensibilisierten Personen löst der erneute Allergen-Kontakt eine Verstärkung der Allergen-spezifischen IgE-Produktion aus, wohingegen bei dauerhafter Allergenkarenz die Allergen-spezifischen IgE-Antikörper-Titer zurückgehen. Eine vollständige Allergenvermeidung ist aber oft schwierig. Bestimmte Produkte wie Milben-dichte Matratzenbezüge oder Pollenfilter in Klimaanlagen helfen den Allergenkontakt zu reduzieren. Auch wenn ein Verzicht auf Haustiere den Allergenkontakt stark reduziert, so sind Tierhaarallergene sehr stabil, werden verschleppt und können auch an Orten wie z. B. Schulen, nachgewiesen werden, an denen normalerweise keine Tiere gehalten werden. Nahrungsmittelallergene hingegen können meistens sehr gut vermieden werden.

In manchen Fällen kann das Vermeiden von histaminreichen Nahrungsmitteln sinnvoll sein, um bestimmte allergische Reaktionen nicht zusätzlich zu verstärken.

Immer wieder äußerten Allergologen in der Vergangenheit die Vermutung, dass eine frühzeitig durchgeführte spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) Allergiker vor dem Auftreten weiterer Allergien schützen kann. Doch bisher fehlten die Beweise für diese These. Nun hat das Paul-Ehrlich-Institut mehreren standardisierten Allergenpräparaten (Hersteller ALK-Scherax Arzneimittel) aufgrund der Ergebnisse von Langzeitstudien die Zulassung zur Prävention von Neusensibilisierungen auf weitere Allergene erteilt. Der Indikationsausweitung dieser Milbenpräparate liegt eine über sechs Jahre durchgeführte Studie zugrunde, die zeigt, dass eine dreijährige Therapie mit den entsprechenden SQ-Präparaten die Rate der Neusensibilisierungen bei Kindern mit Hausstaubmilbenallergie um 60% verringert (Pajno, G.B. et al.: Prevention of new sensitizations in asthmatic children monosensitized to house dust mite by specific immunotherapy. A six-year follow-up study. Clinical and Experimental Allergy 2001;31:1392-97..

Bei unter Heuschnupfen (Pollenallergie) leidenden Kindern konnte hingegen nachgewiesen werden, dass die spezifische Immuntherapie in der Lage ist der drohenden Entwicklung eines allergischen Asthmas vorzubeugen (Jacobsen L, et al. (The PAT investigator group). Specific immunotherapy has long-term preventive effect of seasonal and perennial asthma: 10-year follow-up on the PAT study. Allergy. 2007;62(8):943-8. und Möller C et al. Pollen immunotherapy reduces the development of asthma in children with seasonal rhinoconjunctivitis (the PAT-study). J Allergy Clin Immunol. 2002;109(2):251-6.).

Aufgrund dieser Langzeit-Studien empfehlen die drei Allergologen-Berufsverbände DGAKI, ÄDA und GPA in ihrer Therapie-Leitlinie (Kleine-Tebbe 2006): „Präventive Aspekte, insbesondere vermindertes Asthmarisiko und weniger Neusensibilisierungen sind bei der Entscheidung zur SCIT (subkutane spezifische Immuntherapie) unbedingt zu berücksichtigen.“

Spezifische Immuntherapie

Hauptartikel: Hyposensibilisierung

Die spezifische Immuntherapie (SIT) oder Hyposensibilisierung ist die einzige verfügbare kausale Therapie bei Typ-I-Allergien. In der spezifischen Immuntherapie werden langsam ansteigende Dosen des Allergens oder eines modifizierten Allergens (Allergoid), gegen das die betroffene Person sensibilisiert ist, entweder unter die Haut gespritzt (Subkutan) oder als Tropfen über die Mundschleimhaut unter der Zunge (Sublingual) verabreicht.

Die ersten Studien unter Verwendung der sublingual anzuwendenden SIT stießen vor Jahren bei vielen Allergologen auf große Skepsis. Sie gingen aufgrund von Vorurteilen davon aus, dass diese Applikationsform nicht wirken kann, da die zugeführten Allergene schnell verstoffwechselt werden, bevor sie das Immunsystem zu den erwünschten Reaktionen anregen können. Doch mittlerweile liegen zahlreiche wissenschaftliche Studien vor, die übereinstimmend belegen, dass die SIT gut wirkt und kaum Nebenwirkungen erzeugt. Sie kann sogar bei Asthmatikern zum Einsatz kommen, die die Ärzte ansonsten nur ungern aufgrund drohender ernster Nebenwirkungen mit der spezifischen Immuntherapie in Spritzenform behandeln.

Die Allergie-Symptome werden durch den Einsatz der SIT deutlich abgemildert und der Bedarf an einer symptomatisch wirkenden Begleitmedikation wird kleiner. Dadurch werden die bei der Verordnung der Allergene in Tropfenform anfallenden Mehrkosten wieder ausgeglichen.

Ein Nachteil der SIT in Tropfenform besteht allerdings darin, dass es nicht allen Allergikern gelingt, sich die vom Arzt verordnete exakte Zahl von Allergen-Tropfen in den Mund zu tropfen. Dieses Problem kann durch den Umstieg auf die seit Herbst 2006 im europäischen Raum zugelassene „Gräser-Impf-Tablette“ gelöst werden, da bei der täglichen Einnahme dieser Tablette dem Körper/dem Immunsystem (auch bei unsicheren Händen) immer die standardisierte Allergen-Menge zugeführt wird.

Auch die Tablettentherapie hat sich als sicher erwiesen. Bisher ist die Durchführung einer spezifischen Immuntherapie bei kleinen Kindern im Vorschulalter nahezu unmöglich, da diese nur schwer von der Notwendigkeit einer mehrjährigen Immuntherapie in Spritzenform zu überzeugen sind. Daher wäre die Gräser-Impf-Tablette eigentlich für die kleinen Patienten die ideale Therapieform. Doch bisher ist das Medikament – wie viele andere Arzneimittel auch – nur für erwachsene Patienten zugelassen. Dies könnte sich in Zukunft ändern, da nun auf dem Allergiekongress in Barcelona eine in Bochum von Professor Dr. Albrecht Bufe durchgeführte Studie vorgestellt wurde, die zeigt, dass die Gräser-Impf-Tablette auch bei Kindern gut wirkt. Die sog. GT-12-Studie zeigte, dass das Medikament bei Kindern mit Gräser- oder Roggenpollenallergie Heuschnupfen- und auch Asthmasymptome wie Husten, pfeifende Atmung und Atemnot wirksam bessert. Die Kinder hatten zudem an viel weniger Tagen mit Asthma zu kämpfen und benötigten weniger Medikamente gegen die Allergiesymptome. Die Ergebnisse der Studie sind vergleichbar mit den Behandlungserfolgen der Gräser-Impf-Tablette bei Erwachsenen.Die dänische Firma ALK Abello die die Gräser-Impf-Tablette entwickelte, hat weitere Impf-Tabletten in der Produkt-Pipeline. Sie arbeitet derzeit an Tabletten gegen Haustaubmilbenallergie (Phase-III-), gegen die zunehmend in Deutschland vorkommende Beifuss-/Traubenkraut-Allergie (Phase I) sowie gegen die ebenfalls weit verbreitete Birkenpollen-Allergie (Forschung). Spezifische Immuntherapien können je nach verwendetem Schema einige Wochen bis einige Jahre dauern.

Begleitend

Allergien werden häufig mit Psychosomatik in Verbindung gebracht. Allergien sind jedoch keine psychosomatischen, sondern immunologisch-bedingte Erkrankungen. Aber wie bei allen anderen Menschen, so ist auch bei Allergikern eine „ausgeglichene“ Psyche ein großes Plus. Psychotherapeutische Methoden können Allergikern konkret z. B. bei folgenden Punkten helfen:

  • mit dem Juckreiz bei atopischer Dermatitis besser fertig zu werden. Hier leiden auch Eltern, die ihren Kindern beim Kratzen zusehen müssen.
  • eine schwere Nahrungsmittelallergie eines Neugeborenen ist eine große Herausforderung für die ganze Familie – für Eltern, die sich hilflos fühlen oder gestresst sein können und für Geschwister, die sich vernachlässigt fühlen können.

Kuraufenthalte in den Bergen oder am Meer, in allergenarmer Umgebung, können zur Verbesserung oder zum Abheilen der allergischen Symptome führen. Bäder in Salzwasser helfen vielen Patienten mit atopischer Dermatitis.

Die richtige Wahl von Körperpflegeprodukten unterstützt die Therapie von atopischer Dermatitis.

Aus zahlreichen Baustoffen und Einrichtungsgegenständen emittieren oft über Jahrzehnte Raumschadstoffe (z. B. Formaldehyd); sehr oft aber auch „natürliche Allergene“ (z. B. Terpene aus harzreichen Hölzern, Naturölen). Vor allem Allergiker sollten daher bei Bau- und Einrichtungsplanung hohes Augenmerk auf volldeklarierte, schadstoffgeprüfte Produkte legen (z. B. natureplus – Umweltzeichen). Auch die Vermeidung von Schimmelbildung durch qualitativ hochwertige Planung und Bauausführung sollte vor allem von Allergikern beachtet werden. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte 2005/2006 ein Forschungsprojekt „wohngesunder Hausbau“ (Sentinel-Haus), bei dem in Zusammenarbeit mit Kliniken und Fachinstituten diese Aspekte besonders beachtet wurden.

Ausblicke

Wirkstoff (Markenname) Wirkprinzip Status Quellen
CYT003-QbG10 Immunmodulator (T-Zellen Th2 -> Th1 Shift) Phase-IIa-Studien erfolgreich [1][2][3]
TOLAMBA Immunmodulator (T-Zellen Th2 -> Th1 Shift) Phase-II/III-Studie erfolgreich [4]
AIC Immunmodulator (Histamin Reduktion) Phase-III Studie läuft [5]

Pseudoallergien und Begriffsverfremdungen

Allergie und Pseudoallergie

Es gibt Krankheiten, die in ihrem klinischen Bild, also mit ihren Symptomen, einer Typ-I-Allergie gleichen, jedoch nicht immunologisch bedingt sind. Diese Krankheiten werden als Pseudoallergien oder Überempfindlichkeitsreaktionen bezeichnet.

Begriffsverfremdungen können vor allem in esoterischer und alternativ-medizinischer Literatur gefunden werden. Hier werden „Allergien“ wie Zuckerallergie und Wasserallergie genannt und „Therapien“ dagegen angeboten. Allergien gegen Wasser und Zucker sind aber per definitionem nicht möglich, da einer Allergie eine unangemessene Immunantwort auf ein Allergen zu grunde liegt. Wasser und Zucker sind aber nicht immunogen und daher auch nicht „allergisierend“.

Siehe auch

Literatur

  • Clemens von Pirquet: Allergie. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. 1906;30:1457–1458–die erste Erwähnung des Begriffs „Allergie“
  • Lothar Jäger: Allergien. Ursachen, Therapien, Vorbeugung. Beck, München 2000, ISBN 3-406-44740-6.
  • J. Spritzendorfer: Nachhaltiges Bauen mit „wohngesunden“ Baustoffen. C. F. Müller Verlag, Heidelberg, März 2007, ISBN 978-3-7880-7802-7.
  • Jörg Rinne, Jens Becker: Das 1x1 der Allergie. Synergia Verlag, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-9810894-8-6.
  • Reto Coutalides: Innenraumklima Werd Verlag, November 2002, ISBN 3-85932-419-5.
  • Thomas Schmitz-Günther: Wenn wohnen krank macht. 2007. ISBN 978-3-517-08311-7.

Einzelnachweise

  1. Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage.
  2. J. Riedler et al.: Lancet. 2001;358:1129–33
  3. M. Yazdanbakhsh et al.: Parasites and the hygiene hypothesis: regulating the immune system? In: Clin Rev Allergy Immunol. 2004;26:15–24.
  4. Zitiert nach The worms turn … New Scientist, 6. Januar 2007, S. 15.
  5. A. Zutavern et al.: Atopic dermatitis, extrinsic atopic dermatitis and the hygiene hypothesis: results from a cross-sectional study. In: Clin Exp Allergy. 2005 Oct;35(10):1301–8.
  6. M. S. Wilson, R. M. Maizels: The innate immune system and its role in allergic disorders. In: Clin Rev Allergy Immunol. 2004 Feb;26(1):35–50.
  7. I. Kull et al.: J Allergy Clin Immunol. 2006 Dec;118(6):1299–304.
  8. G. Davey et al.: J Allergy Clin Immunol. 2005 Oct;116(4):863–868
  9. Kozyrskyj et al.: Chest. 2007; 131:1753–1759.
  10. J. Douwes, S. Cheng, N. Travier, C. Cohet, A. Niesink, J. McKenzie, C. Cunningham, G. Le Gros, E. von Mutius, and N. Pearce, Farm exposure in utero may protect against asthma, hay fever and eczema, Eur. Respir. J., Sep 2008; 32: 603 - 611 DOI:10.1183/09031936.00033707
  11. W. Forth, D. Henschler, W. Rummel: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage. Urban & Fischer, München 2005, ISBN 3-437-42521-8. 
  12. AOK.de
  13. Dha-Allergien.de

Weblinks

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