Türkenkrieg 1663/1664

Türkenkrieg 1663/1664

Der Türkenkrieg von 1663/1664, auch 4. Österreichischer Türkenkrieg genannt, endete bereits nach einem Jahr mit dem Frieden von Eisenburg/Vasvár 1664. Dieser Krieg stellte einen Abwehrerfolg Kaiser Leopolds I. dar, dessen Oberbefehlshaber Graf Raimondo Montecuccoli das osmanische Hauptheer, welches sich auf dem Weg nach Wien befand, in der Schlacht bei Mogersdorf aufhalten konnte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Ausgangspunkt dieses Krieges war eigentlich das osmanische Vassallenfürstentum Siebenbürgen: Entgegen dem Verbot der Hohen Pforte griff der Fürst von Siebenbürgen Georg II. Rákóczi 1657 Polen an, um sich seiner Krone zu bemächtigen. Als Folge dieses Ungehorsams zog 1658 Großwesir Köprülü Mehmed Pascha mit einem osmanischen Heer nach Siebenbürgen und verwüstete das Fürstentum. Im August 1660 nahmen die Osmanen die Festung Großwardein ein und errichteten auf ehemals siebenbürgischen Gebiet ein neues Wilajet gleichen Namens.[1] Im Streit um die Nachfolge des verstorbenen Georg II. Rákóczi begann in Siebenbürgen ein Bürgerkrieg zwischen Michael Apafi und Johann Kemény. Apafi, der vom Osmanischen Reich eingesetzt wurde, konnte sich schließlich gegen den von kaiserlichen Truppen unterstützten Kemény durchsetzen. Der Banus von Kroatien, Nikolaus Zrínyi, rechnete unterdessen mit dem Aufflammen eines weiteren Türkenkrieges und errichtete 1661 auf eigene Kosten eine Festung im Mündungsbereich von Mur und Drau. Von dieser Festung, die er Neu Zrin oder Novi Zrin nannte, startete er Raub und Plünderungszüge in osmanisches Gebiet, da er den Kaiser zu einem Krieg gegen das Osmanische Reich bewegen wollte. Die kroatischen Plünderungszüge und die Anwesenheit von kaiserlichen Truppen in Siebenbürgen führten schließlich zum ersten großen Türkenkrieg seit 1606 und beendeten die „Epoche des Status quo“ zwischen Wien und der Pforte.

Kriegsverlauf 1663

Im Sommer 1663 brach der neue osmanische Großwesir Ahmed Köprülü mit einem mehr als 100.000 Mann starken Heer in Westungarn ein, und eroberte im September die Festung Neuhäusel, die zum Zentrum eines weiteren osmanischen Wilajets gemacht wurde.[2] Der kaiserliche Oberbefehlshaber Raimondo Graf Montecuccoli hatte den Osmanen nur 12.000 Mann regulärer kaiserlicher Truppen sowie 15.000 Mann ungarisch–kroatischer Truppen unter dem Kommando von Nikolaus Zrínyi entgegenzustellen. Angesichts dieser katastrophalen Unterlegenheit seiner Truppen rief Kaiser Leopold I im Winter 1663 die deutschen Reichsfürsten, den Reichstag und ganz Europa um Hilfe an. Der Verlust der Festung Neuhäusel und die danach folgenden türkischen Brandschatzungen bis weit in mährisches Gebiet hinein führten schließlich zu einer europaweiten Unterstützung des Kaisers im Türkenkampf: Bayerische, brandenburgische und sächsische Allianztruppen wurden ebenso aufgeboten wie eine 30.000 Mann starke Reichsarmee (die ihren Sollstand jedoch nie erreichte).[3] Sogar Ludwig XIV., in seiner Eigenschaft als Protektor des Rheinbundes, schickte ein 6000 Mann starkes Hilfskorps, wofür er sich jedoch gleichzeitig durch Gesandte beim osmanischen Sultan entschuldigen ließ und dessen Kommandanten, Jean de Coligny-Saligny, er die Anweisung gab diese Truppen möglichst zu schonen.[4]

Kriegsverlauf 1664

Der Banus von Kroatien Nikolaus Zrínyi

Am Beginn des Jahres 1664 gliederte sich die kaiserliche Koalitionsarmee in drei Korps: Die im Süden stehende Murarmee aus ungarischen Magnatentruppen unter Nikolaus Zrínyi war ca. 17.000 Mann stark. Die im Zentrum stehende Hauptarmee unter Montecuccoli hatte eine Stärke von 28.500 Mann und eine Nordarmee unter dem kaiserlichen General Louis Rattuit de Souches stand mit 8500 Mann in Nordwestungarn.[5] Als Festungsbesatzungen waren noch 12.500 Mann als Reserve vorhanden. Ohne die in den Festungen gebundenen Truppen hatte Montecuccoli eine Streitmacht von ungefähr 54.000 Mann zur Verfügung, die jedoch alles Andere als eine homogene Masse darstellte: Zwischen den Kommandeuren der unterschiedlichen Allianztruppen kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und Montecuccoli musste all sein diplomatisches Geschick aufwenden, um die Einheit dieser Armee zu erhalten. Als besonderes Erschwernis kam noch hinzu, dass es zwischen ihm und dem kroatischen Banus Zrínyi starke Ressentiments gab, die sich im Verlauf dieses Krieges noch verschlimmern sollten. Im Jänner 1664 begann die Murarmee mit Plünderungszügen weit in osmanisches Gebiet hinein und konnte dabei die strategisch wichtige Draubrücke bei Esseg zerstören. Jedoch gelang es ihm nicht die Festung Kanizsa einzunehmen, wie es der Plan bzw. Befehl Montecuccolis vorgesehen hatte. Die Ende April begonnene Belagerung endete jedoch im Juni, als Köprülü mit seiner Streitmacht aus dem Winterquartier in Neuhäusel anrückte und die Belagerer in die Flucht schlug.[6] Anschließend zog er mit seiner Armee in Richtung der Festung Neu–Zrin und eroberte diese. Die Murarmee war für eine erfolgreiche Verteidigung der Festung zu schwach und Montecuccoli weigerte sich den Belagerten zu Hilfe zu kommen. Nikolaus Zrínyi gab in der Folge dem kaiserlichen Oberbefehlshaber die Schuld am Verlust der Festung und stand nach dem Eisenburger Frieden an der Spitze der Magnatenverschwörer. Zrínyi wollte nicht einsehen, dass es dem erfahrenen Strategen Montecuccoli unmöglich war seine Armee in einem Entsatzversuch zu riskieren: Selbst im Falle eines Sieges wäre der Ausgang des Feldzuges weiterhin ungewiss gewesen, wohingegen im Falle einer Niederlage Wien und die österreichischen Erbländer den Osmanen ausgeliefert gewesen wären.[7]

Schlacht von Mogersdorf

Hauptartikel: Schlacht bei Mogersdorf

Nach der Eroberung der Festung Neu-Zrin marschierte die osmanische Hauptarmee Richtung Wien, wurde aber an der Raab zwischen Mogersdorf und dem Zisterzienserkloster St. Gotthard von der Hauptarmee Montecuccolis aufgehalten. Die am 1. August 1664 stattfindende Schlacht endete überraschend mit einem Sieg der Kaiserlichen: Die Osmanen konnten nur ca. 12.000 Mann über die Hochwasser führende Raab bringen[8], die nach anfänglichen Erfolgen von einem Gegenangriff der kaiserlichen Kürassiere unter Graf Johann von Sporck vernichtet wurden.

In Oberungarn konnte die Armee de Souches ebenfalls kleinere Erfolge gegen die Türken unter Kutschuk Mehemed Pascha erzielen. Dort war es bei der Schlacht bei Levencz ebenfalls zu einem Abwehrerfolg gekommen.

Der Friede von Eisenburg

Hauptartikel: Frieden von Eisenburg

Nur neun Tage nach der Schlacht wurde am 10. August 1664 der Frieden von Eisenburg (ungar. Vasvár) für die Dauer von 20 Jahren unterzeichnet. Den Osmanen wurden die gemachten Eroberungen zugesprochen, die Dreiteilung Ungarns wurde ebenso wie der osmanische Einfluss in Siebenbürgen bestätigt, die Festung Neu–Zrin musste geschleift werden und die Habsburgen erkannten den von der Pforte eingesetzten Fürsten von Siebenbürgen, Michael Apafi, an.[9] In der Geschichtsschreibung, vor allem in der ungarischen, wird im Zusammenhang mit diesem Frieden auch immer wieder von einem „Tribut“ des Kaisers an den Sultan in Höhe von 200.000 Gulden berichtet. Diese Geldsumme kann jedoch in keiner Weise als Tribut betrachtet werden, sondern eher als diplomatische Formalität, da sich der Sultan ebenfalls verpflichtete, dieses „freiwillige Geschenk“ des Kaisers in gleicher Höhe zu erwidern.

Folgen des Friedensvertrages

Besonders von kroatischen und ungarischen Adeligen wurde der Friede von Eisenburg als „Schandfrieden“ gesehen, da er trotz militärischer Erfolge weitere Gebietsabtritte an das Osmanische Reich bedeutete. Besonders die ungarischen Magnaten waren von Leopold enttäuscht, da er als König von Ungarn die Pflicht hätte Ungarn von den Osmanen zu befreien. Dem ungarischen Adel fehlte die Einsicht, dass ein rascher Friede mit der Hohen Pforte für das Reich und die habsburgischen Länder am besten war: Die Finanzen waren in einer denkbar schlechten Zustand, die osmanische Armee war noch immer der kaiserlichen weit überlegen und zu allem Überfluss drohte auch noch ein Krieg mit Frankreich. Für diese Argumente waren die führenden ungarischen und kroatischen Adeligen jedoch nicht zugänglich und fühlten sich vom Kaiser betrogen und hintergangen, was die ungarisch–kroatische Magnatenverschwörung zur direkten Folge hatte. Der Friedensvertrag von Eisenburg endete 1683, als die Osmanen zum letzten Mal versuchten Wien zu erobern und in Folge des Großen Türkenkrieges (1683 - 1699) schließlich aus Ungarn vertrieben wurden.

Fußnoten

  1. Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter. Teil 1. In:Herwig Wolfram(Hg.), Österreichische Geschichte 1522 - 1699.(Wien 2004), S. 151
  2. ebenda
  3. ebenda
  4. Walter Hummelberger, Die Türkenkriege und Prinz Eugen. In:Herbert St. Fürlinger(Hg.), Unser Heer. 300 Jahre österreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden. (Wien-München-Zürich 1963), S.52
  5. Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter. Teil 1. In:Herwig Wolfram(Hg.), Österreichische Geschichte 1522 - 1699.(Wien 2004), S. 151
  6. ebenda, S. 153
  7. ebenda
  8. ebenda
  9. Walter Hummelberger, Die Türkenkriege und Prinz Eugen. In:Herbert St. Fürlinger(Hg.), Unser Heer. 300 Jahre österreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden. (Wien-München-Zürich 1963), S.54

Verwendete Literatur

  • Herbert St. Fürlinger(Hg.), Unser Heer. 300 Jahre österreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden. (Wien-München-Zürich 1963).
  • Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter. Teil 1. In:Herwig Wolfram(Hg.), Österreichische Geschichte 1522 - 1699.(Wien 2004)

Siehe auch

Weblinks


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