Türkische Staaten

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Ein Turkstaat (türkisch türk devleti, Pl. türk devletleri) ist ein Staatsgebilde, dessen Amtssprache eine Turksprache ist und dessen Bevölkerung mehrheitlich einem der großen Turkvölker angehört. Die heutigen Turkstaaten auch als Turkrepubliken [1] (tr: Türk Cumhuriyetleri) sind nach ihrem Staatsvolk benannt. Die Mehrheit der schätzungsweise 150 Millionen Angehörigen der Turkvölker lebt in diesen Staaten.

Inhaltsverzeichnis

Heutige Turkstaaten

Karte der heutigen Turkstaaten: 1. Türkei, 2. Türkische Republik Nordzypern (kein UNO-Mitglied), 3. Aserbaidschan, 4. Kasachstan, 5. Usbekistan, 6. Turkmenistan, 7. Kirgisistan

Derzeit gibt es sieben Turkstaaten, darunter mit Nordzypern ein stabilisiertes De-facto-Regime:

Historische Turkstaaten

In der Geschichte gab es viele Turkstaaten bzw. Staatsgebilde der Turkvölker, die als Staaten, Reiche, autonome Republiken, Khanate, Khaganate, Atabeyliken, Beyliken, Dynastien und Republiken bezeichnet werden können. Einige davon waren:

Siehe auch: Geschichte der Turkvölker

Treffen turksprachiger Staaten

Nach dem Zerfall der Sowjetunion strebten die Turkstaaten eine gemeinsame Plattform an. Deshalb fand Ende Oktober 1990 in der türkischen Hauptstadt Ankara ein Turkgipfel statt, der den Namen „Zentralasiatischer Gipfel der Turkrepubliken“ trug und die Basis für weitere Treffen sein sollte. Auf diesem Gipfel wurde unter anderem von den teilnehmenden zentralasiatischen Staaten einschließlich Aserbaidschans beschlossen, innerhalb von 15 Jahren lateinische Alphabete auf der Basis des modernen türkischen Alphabetes einzuführen. Allerdings ist dieser Turkgipfel nur ein inoffizielles Treffen der türkischsprachigen Kultusminister gewesen. Bis zum ersten offiziellen Treffen sollte es noch zwei Jahre dauern.

Im Laufe der Jahre zeigte sich jedoch, dass innerhalb der Turkstaaten selbst Interessengegensätze aufbrachen, die sich stetig verstärkten. Deshalb rückten die vereinbarten Gipfeltreffen allmählich in den Hintergrund.[3]

Einige Gründe dafür[3]:

  • die Türkei strebte die Rolle des Vorreiters in der Zusammenarbeit der Turkstaaten an, obwohl sie die Erwartungen der neu gegründeten Staaten an eine umfangreiche Entwicklungshilfe nicht erfüllen konnte.
  • Die Beziehungen unter den postsowjetischen Turkstaaten verschlechterten sich wegen der ziemlich komplizierten Altlasten aus Sowjetzeiten, beispielsweise der willkürlichen Grenzziehung und des Mangels an Wasserressourcen sowie auch wegen eines aserbaidschanisch-turkmenischen Streites um die Einteilung des Kaspischen Meeres in nationale Sektoren.
  • Ein bis heute andauernder Konflikt zwischen Usbekistan und der Türkei betrifft die Unruhen in Andijon (Usbekistan), bei denen das Militär über 70 Demonstranten erschossen hatte. Die Türkei unterstützte eine von den USA eingebrachte Resolution bei den Vereinten Nationen. Darin wird die usbekische Führung wegen der Verletzung der Menschenrechte heftig kritisiert. Die usbekische Führung lehnt inzwischen jegliche Zusammenarbeit mit der Türkei ab.

Entsprechend kam es im November 2006 nur zu eingeschränkten Teilnahmen an den Gipfeltreffen der Turkstaaten.

  • Am 17. November 2006 fand im türkischen Antalya ein erster Gipfel von Turkstaaten statt (tr.: Türkçe konuşan devletler zirvesi – „Gipfel der turksprachigen Staaten“). Usbekistan blieb dem Gipfel fern, Turkmenistan war nur durch einen Beobachter vertreten. Man einigte sich auf Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus, Drogen- und Menschenhandel und bei der Energie- und Verkehrspolitik.
  • Parallel zu diesem Gipfel fand in Kirgisistan vom 15. bis 18. November 2006 das 6th forum on cooperation of Turkic world countries statt. Gastgeber war die Kirgisisch-Türkische Universität in Manas.

Ziele in der Zusammenarbeit unter den Staaten

Als die teilnehmenden Staaten erstmals im Oktober 1992 unter der Schirmherrschaft der Türkei in Ankara ein offizielles Gipfeltreffen abhielten, legten sie dort ihre Ziele fest[3]:

  • Förderung der wirtschaftlichen und humanitären Zusammenarbeit unter den Turkstaaten
  • Gemeinsame Politik und zu diesem Zweck in ferner Zukunft eine Allianz der Turkstaaten nach dem Vorbild der Europäischen Union.[4]

Im Vordergrund der Beziehungen der Türkei zu den zentralasiatischen Staaten stand nach dem Zusammenbruch der UdSSR die Einleitung einer engen wirtschaftlichen und politischen Kooperation zwischen allen Turkstaaten vom Balkan bis nach Nordchina, damit das 21. Jahrhundert zum „Jahrhundert der Türken“ werden sollte. Anfang der 1990er Jahre galt die Türkei den zentralasiatischen Staaten als Vorbild.

Ziele der türkischen Zentralasienpolitik sind (und waren) vor allem:

  • wirtschaftliche Kooperation und Nutzen des ökonomischen Potentials für die türkische Wirtschaft,
  • Unterstützung der Turkstaaten beim Übergang zur Marktwirtschaft,
  • Unterstützung der zentralasiatischen Turkstaaten beim Aufbau eines säkularen politischen Systems,
  • kulturelle Kooperation und Schaffung einer sprachlichen Einheit,
  • Hilfe bei der Abschüttelung der Abhängigkeit von Russland.

Die Türkei versteht sich als natürlicher Partner der dortigen Turkstaaten. Verbindende Elemente sind Sprache, Religion, Kultur und Geschichte. Zwischen der Türkei und den zentralasiatischen Staaten wurden mehrere Abkommen geschlossen, in denen Regelungen in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Finanzwesen, Industrie, Energie, Energietransport, Kommunikation, Ausbildung, Tourismus, Kultur, Gesundheit, technische Hilfe und Dienstleistungen getroffen wurden.
Darüber hinaus bestehen enge sicherheitspolitische Beziehungen zu den zentralasiatischen Turkstaaten mit denen zahlreiche Ausbildungsprogramme durchgeführt werden. Die Türkei unternahm Anfang der 1990er Jahre besondere Anstrengungen zur Ausweitung ihres Einflussbereichs (z. B. Institutionalisierung des jährlichen Gipfels der Turkstaaten) und suchte hierfür erhebliche wirtschaftliche Ressourcen zu mobilisieren. Die Regierung Erdoğan möchte vor allem die wirtschaftliche Dimension der Zusammenarbeit verstärken.[5]

Organisationen und Institutionen

Es gibt mehrere Türkische und von der Türkei initiierte Organisationen, die sich der Erforschung und Zusammenarbeit der Turkstaaten widmen:

  • Türkçe Konuşan Devletler Zirvesi – Gipfel turksprachiger Staaten
  • Türk Devlet ve Toplulukları Dostluk, Kardeşlik ve İşbirliği Kurultayı - Kongress der Freundschaft, Brüderlichkeit und Zusammenarbeit der türkischen Staaten und Gemeinschaften”
  • Türk İşbirliği ve Kalkınma İdaresi Başkanlığı (TİKA) – Präsidium für Zusammenarbeit und Entwicklung der Turkstaaten[6]
  • Türk Cumhuriyetleri Bilgi Teknolojileri Çalışma Grubu – Arbeitsgruppe für Technologie-Wissenschaften der Turkrepubliken[7]
  • Ege Üniversitesi Türk Dünyası Araştırmaları Enstitüsü – Universität Ägäis – Institut zur Erforschung der türkischen Welt
  • Çukurova Üniversitesi Türkoloji Araştımaları Merkezi – Universität Çukurova – Forschungszentrum für Turkologie[8]
  • Türk Dünyası Belediyeler Birliği – Union der Stadtverwaltungen der türkischen Welt[9]
  • Türk Dünyası Araştırmaları Vakfı – Forschungsstiftung „Türkische Welt“

Quellenangaben

  1. Bundesagentur für Außenwirtschaft: Unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung der Turkrepubliken [1]
  2. vgl. World Civilizations – The origins of Ottomans – Richard Hooker
  3. a b c Von der gemeinsamen Geschichte zur gemeinsamen Zukunft Zugriff am 13.02.2007
  4. Tagesspiegel: Türkei umwirbt Zentralasien, Ankara strebt „Allianz der Turk-Staaten“ an [2]
  5. Auswärtiges Amt: Beziehungen zu den Staaten des Kaukasus und Zentralasiens Außenpolitik der Türkei
  6. Präsidium für Zusammenarbeit und Entwicklung der Turkstaaten: Turkstaaten [3]
  7. Arbeitsgruppe für Technologie-Wissenschaften der Turkrepubliken: Turkrepubliken [4]
  8. Universität Çukurova – Forschungszentrum für Turkologie: Türkische Literatur, Sprache, Kunst, Kultur, Geschichte, Republiken und Volksgruppen der türkischen Völkerfamilie [5]
  9. Union der Stadtverwaltungen der türkischen Welt: Union of turkish Municipalities [6]

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