- Uighuren
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Die Uiguren (auch: Uyghuren, Uighuren etc.; Eigenbezeichnung: Uyghur; chin. 维吾尔族, Wéiwú'ěrzú) sind das größte Turkvolk im chinesischen Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang, auch Uiguristan oder Ostturkestan genannt. Die Uiguren gehören zu den älteren Turkvölkern.
In chinesischen Chroniken erscheinen die Uiguren unter verschiedenen Namen. Am bekanntesten sind: Huihe, Huihu, Weiwu und Chunwei. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die Uiguren in die Liste der bedrohten Völker aufgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Namensbedeutung
Erste Stammesnamen der späteren Uiguren wurden schon bei den Xiongnu erwähnt, als diese die Gebiete des heutigen südlichen Xinjiang und des heutigen Gansu unterwarfen.
Die Uiguren sind ursprünglich mongolider bzw. turkvölkischer Herkunft. Der Volksname setzt sich aus dem alttürkischen Wörtern uy = folgen, gehorsam und ghur zusammen. Es ist also eine Verballhornung des Namens Uy(o)ghur ⇔ Uy-Ogur ⇔ gehorsamer, folgsamer Ogure.
Eine andere Bedeutung des Namens könnte sich auch von der Tatsache ableiten, dass die Uiguren als erstes Turkvolk Städte errichteten und bedeutenden Handel trieben (türkisch: uygar).
Nach anderer Meinung leitet sich das türkische Wort "uygar" vom Volksnamen "Uygur" ab.
Verbreitung
- Mehr dazu unter Xinjiang (Bevölkerung)
Rund drei Viertel aller Uiguren weltweit leben in China, kleinere Gruppen sind auch in Kasachstan und Kirgistan bedeutend. Zentrum der uigurischen Diaspora in Deutschland ist München.
Nach der Volkszählung im Jahre 1990 leben in der Volksrepublik China 7.214.431 Uiguren, davon 99,73% im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang. Weitere 5.739 leben in Hunan, 2.021 in Beijing (Peking). Im Jahre 1990 dienten 4.756 Uiguren in der Volksbefreiungsarmee als Soldaten und Offiziere.
Laut Volkszählung gab es in China im Jahre 2000 8.399.400 Uiguren. Im Jahre 2003 gab es nach chinesischen Angaben 8.823.500 Uiguren in Xinjiang.
Im Jahre 1953 gab es 4,54 Millionen Angehörige nationaler Minderheiten in Xinjiang, die große Mehrheit davon Uiguren.
Etwa 300.000 Uiguren (so genannte Ili-Türken) leben in Kasachstan. Kleinere Minderheiten gibt es in der Mongolei, in der Türkei, in Afghanistan und weiteren Teilen Zentralasiens. Nennenswerte Gruppen leben auch in Deutschland, Pakistan, Indonesien, Australien, Taiwan und Saudi-Arabien.
Sprache und Religion
Die Muttersprache der Uiguren ist die Uigurische Sprache, die heute (von der Volksrepublik gefördert) mit der arabisch-persischen Schrift wiedergegeben wird.
Die Mehrheit der Uiguren gehört dem sunnitischen Islam an.
Geschichte
Aufstieg
Herausgebildet hat sich das eigentliche Uiguren-Volk seit dem 4./5. Jahrhundert aus der Verschmelzung früherer turko-mongolischer Gruppen: Die Huihe (回紇 huíhé) und die Tie'le-Gemeinschaft werden unter anderem genannt.[1]
Chinesische Quellen bezeichneten die Uiguren auch als Jiuxing, als Neun Stämme. Dieses ist wahrscheinlich als eine Übernahme des Ethnonyms Toquz Oguz (Neun Stammesverwandte) aus muslimischen Quellen anzusehen, welche die Uiguren so bezeichneten.[2]
Die Uiguren waren ursprünglich im Orchon- und Selengatal ansässig. Dort hatten sie die Sekiz-Oghusen im Osten und die Dokuz-Oghusen im Norden und Nordwesten zu Nachbarn.
Erster geschichtlich belegter Herrscher war Ay Uzhru (reg. 487-508). Er stand dem Yaghlaqar-Klan vor, der die Oberherrschaft über die neun übrigen Klans ausübte und mit dem alten Xiongnu-Klan Aschina eng verwandt war.
In der Regierungszeit des Begchi (reg. 537-41) fielen 541 auch die Uiguren unter die Herrschaft der Rouran. Der Göktürken-Herrscher Bumin/Tuman schloss die Uiguren 546/50 gewaltsam an sein entstehendes Großreich an.
Im Jahre 605 wurde das Reich der Orchon-Uiguren gegründet, als sich Shigan-Sygin formal von den Göktürken unabhängig machte. 681 wurde ihr Herrscher Toghuchi von den Göktürken unterworfen und die Orchon-Uiguren kehrten in den Reichsverband zurück.
Das Großreich der Uiguren
Unter Iltimis Kutluq Bilge-Kül erhoben sich 744-45 die Uiguren gegen die Göktürken und erschufen in einer Abfolge lokaler Konflikte ein neues Großreich in der heutigen Mongolei (745-840). In diesem übten sie eine Art Oberherrschaft über benachbarte und engverwandte Gruppen wie Basmil, Karluken, Turgesh, Oghusen, Tataren, Kitan und Kirgisen aus, oder zwangen diese bei Widerstand zur Abwanderung. Man verzeichnete Ackerbau und einige Städte bis hinein nach Tannu-Tuwa.
Schließlich herrschten die Uiguren über neun Stämme, die den Osttürken angehörten. Als erstes Zentrum ihrer Macht hatten die Uiguren Char balgas (auch Kara Balgasun oder Karabalgasun) zur Hauptstadt.
Die eigentlichen Uiguren wurden von den folgenden Stämmen gebildet, von denen größtenteils auch die chinesischen Bezeichnungen bekannt sind[3]:
- Uange
- Uturqar ⇔ Hu-tu-ko
- Kürebir ⇔ Hu oder Kiu-lo-vo
- Bagasıgır ⇔ Mo-ko-si-ki
- Elbirçek oder Albyrçak? ⇔ A-vu-chö
- Yagmar ⇔ Hu-vu-su oder Yo-vu-ku
- Ayvarir ⇔ Hu-ye-vu (verschiedene Oghusen-Emire)
- Bayegu, Pugu oder Buku ⇔ P'u-ku
- Hun ⇔ Qun
- Bayırku ⇔ Pa-ye-ku
- Tongra ⇔ T'ung-h
- Sıqar ⇔ Sse-kie
- Po-si oder Si? ⇔ K'i-pi oder A-pu-sse
- Ediz ⇔ K-vu-ku oder A-ti
Bereits unter den Söhnen Iltemis (Bilge-Kül [reg. 747-59] und Tengri [reg. 759-79]) wurde das Reich alten Traditionen entsprechend geteilt. Die Hauptstadt der Osthälfte war das mongolische Char balgas, das sich am Ostufer des Orchon befand. Dessen Ruinen sind zwischenzeitlich ausgegraben und durch eine zwölf Meter hohe Festungsmauer berühmt geworden. Dort lebten damals bis zu 100 000 Menschen. Als Hauptstadt des Westreiches galt Tofar.
Vor allem unter Bilge-Kül erreichte das junge Uigurenreich seine größte Macht. Dessen Söldnerdienste für die (vom An Lushan-Aufstand) erschütterte Tang-Dynastie führten dazu, dass Tengri 762 nach China kam und dort, mit dem Großteil des Adels, zum Manichäismus übertrat. Aber auch die Assyrische Kirche und der Buddhismus breiteten sich im Reich aus. Dadurch wurde es den Uiguren ermöglicht, den Handel mit dem christlichen Morgenland auszubauen. Sie übernahmen nun die syrisch-aramäische Schrift und bildeten in der Folgezeit ein bedeutendes Schrifttum aus, wie zum Beispiel das Werk Kutadgu Bilik des Yusuf Has Haaib, das in den Jahren 1069 bis 1070 entstand.
Der Handel und die Religion wurde bei den Uiguren gepflegt, das Kriegshandwerk jedoch weniger: Eine Besonderheit des uigurischen Staates war, dass der Khagan und dessen Stellvertreter, der Shad oder Schad (türkisch: Şad), dem staatstragenden Volk der Soghder entstammten. Dadurch wirkte das Uigurenreich nicht so diktatorisch wie all seine Vorgängerreiche.
Doch Teile des Adels waren mit der Politik der Soghder nicht einverstanden. So kam es unter der Führung des Tun Baga Tarkhan zum Aufstand des Adels und Tarkhan ordnete die Ermordung (779) seines Vetters Tengri Khagan an, als dieser sich weigerte, die Soghder zu entmachten. Tarkhan nahm nun den Titel Alp-Kutluq Bilge an. Alp-Kutluq richtete seine Politik wieder nach China aus und ließ zahlreiche Christen ermorden.
Niedergang des Großreiches
788 wurde Alp-Kutluq von China nicht mehr als Jüngerer Bruder ⇔ Söldner, sondern als Halb/Schwiegersohn ⇔ enger Freund bezeichnet. Nach dem Tode Alp-Kutluqs (789) verloren die Uiguren vorübergehend an politischem Einfluss. Nachfolger wurde nun Külüg-Bilge (reg. 789/90) und bereits 790 wurde der minderjährige Bruder Kutluq-Bilge (790/95) zum Herrscher ausgerufen. Doch lag die wahre Macht bei General Kutluq, der allerdings als erfolglos galt: Sämtliche Feldzüge des Jahres 790 gingen für Kutluq verloren.
Doch 795 starb Külüg-Bilge ohne einen Nachfolger zu hinterlassen. General Kutluq nahm nun den Namen Ay-Tengride Ülüg-Bulmis Alp-Kutluq Ulugh-Bilge (reg. 795-805) an und übernahm die Macht. Bereits 791/92 konnte er die Niederlage von 790 ausbügeln, als er mehrere Städte im Tarimbecken von den Tibetern eroberte. Ay-Tengride stellte die Macht des Uigurenreiches wieder her, wovon seine Nachfolger, Ay-Tengride Kut-Bulmis Külüg-Bilge (reg. 805-08) und Ay-Tengeride Kut-Bulmis Alp-Bilge (reg. 808-21), noch lange zehren konnten. Der Nachfolger des letzteren, Kün-Tengride Ülüg-Bulmis Alp-Küchlüg- Bilge (reg. 821-24) baute die guten chinesisch-uigurischen Beziehungen weiter aus, allerdings warfen die ständigen Einfälle uigurischer Horden in China dunkle Schatten auf diese Beziehungen. China war mit seinen Belohnungen für die Hilfsdienste der Uiguren nicht mehr so großzügig wie einst: Ay-Tengride Kut-Bulmis Alp-Bilge (reg. 824-32) musste sich mit der bescheidenen Erlaubnis, Pferdehandel treiben zu dürfen und mit ein paar Ballen Seide zufriedengeben.
Ende des Staatswesens
Schließlich kam es zum blutigen Aufstand gegen die Herrscher-Dynastie und Alp-Bilge wurde 832 von seinen engsten Ministern ermordet. Nachfolger wurde nun Ay-Tengeride Kut-Bulmis, Alp-Külüg Bilge (reg. 832-39) galt als schwacher Herrscher, der zusehen musste, wie sein Minister Kürebir die Scha-t'o (eine Stammesföderation aus drei Stämmen) gegen ihn einsetzte. Alp-Külüg Bilge beging darauf hin Selbstmord.
Ein strenger Winter und innenpolitischer Verrat schwächten 839/40 das Reich in der Mongolei, so dass es schließlich durch einen Angriff der Jenissej-Kirgisen zugrunde ging: 839 zog sich der uigurische General und Aufrührer Külüg Bagha zu den mit den Uiguren verfeindeten Kirgisen zurück. Die Kirgisen plagten die Uiguren schon seit 20 Jahren immer wieder mit Grenzverletzungen und bereits im Jahre 840 überfielen die 40 Stämme der Kirgisen mit 100.000 Kriegern die Städte Tofar, Char balgas und Ordu Balyk. Daraufhin entflammte ein blutiger Krieg zwischen beiden Völkern. Anführer der Kirgisen waren damals Uje Khan (gest. 847) und eben dieser Külüg Bagha. Im Verlaufe dieses Krieges wurde dann beispielsweise auch die Stadt Char balgas von den Kirgisen vollkommen zerstört.
Am Ende war das Uigurenreich vollständig zerschlagen, ihre Herrscher Kichik-Tegin (reg. 839-40) und Ughe-Tegin (reg. 840-46) wurden getötet und die Kirgisen traten deren Erbe an.
Nach dem Niedergang ihres Reiches wurden die Uiguren durch die Kirgisen in alle Richtungen zerstreut. Das Gros der Uiguren gründete jedoch zwei kleinere Staaten im heutigen Xinjiang (856) und in der heutigen Provinz Gansu. Die Uiguren wurden nun endgültig sesshaft, vermischten sich mit ihren Nachbarn in einer Stadtkultur und lehnten eine Rückkehr in die mongolische Steppe ab. Der Uigurenstaat in Gansu wurde 1028-36 von den Tanguten übernommen. Der Uigurenstaat Uyghuristan im heutigen Xinjiang (Zentrum Beschbalyk, Turfan) wurde circa 1130 von den Kara Kitai, 1209 von den Mongolen abhängig und ging im 14. Jahrhundert zugrunde. Trotzdem strahlte ihr kultureller Einfluss (ihre Schrift, Verwaltung und so weiter) bis zur heutigen Zeit auf die Nachbarn aus. Johannes de Piano Carpini berichtete im 13. Jahrhundert über die Eroberung der Uighuren durch Dschingis Khan: „Diese Menschen sind Christen von der Sekte der Nestorianer… Die Mongal übernahmen ihre Schrift, denn vorher hatten sie nicht geschrieben; nun aber nennen sie diese als die mongolische Schrift“ (Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 62.)
Etwa zur Mitte des 13. Jahrhundert setzte sich der Islam bei den Uiguren im heutigen Xinjiang durch (1252/5 Anklage und Hinrichtung des buddhistischen Herrschers Idiqut Salendi wegen Islamfeindlichkeit).
Moderne Geschichte
- Siehe auch Xinjiang (Wirtschaft) und Xinjiang (Aktuelle Lage)
Warlords im Kaiserreich und der Republik
Mitte des 18. Jahrhundert wurden die Uiguren von den Mandschu unterworfen, ihr Siedlungsgebiet wurde an das Chinesische Reich angeschlossen. Der Versuch des Kokander Warlords Jakub Beg, sich in Kaschgar bzw. Chinesisch-Turkestan ein neues Reich zu schaffen, mißlang in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein Aufstand wurde nicht von allen Turkvölkern unterstützt, von chinesischen Muslimen gar bekämpft und von mandschurischen Regierungstruppen schließlich niedergeschlagen. Mehrere Millionen Uiguren und Chinesen wurden dabei getötet. In weiteren angeblich 42 Aufständen zwischen 1884 und 1949 sowie 58 Aufständen zwischen 1949 und 1972 sollen nochmals Hunderttausende Uiguren und Angehörige ihnen verwandter Turkvölker ums Leben gekommen sein. Die Region wurde als „Xinjiang“ (neues Gebiet, Neuland) zum Grenzland zu Russland und dessen Einfluss, Uiguren und Turkvölker bevorzugen die Bezeichnungen „Uiguristan“ und „Ost-Turkestan“.
Nach dem Untergang des Kaiserreiches und der damit verbundenen Auflösung der Zentralgewalt übten in China ebenso wie in Chinesisch-Turkestan regionale Warlords die Macht aus (seit 1933 Sheng Shicai). Auf deren Fraktionskämpfe gegeneinander nahmen ab 1928 die Sowjets und 1933 auch die Japaner Einfluss. Panturanische, islamistische und kommunistische Versuche, in einigen (nicht allen) Provinzen der Region eine von China autonome „Republik Uiguristan“ (nicht Ost-Turkestan) zu errichten (de jure wurde nicht die Unabhängigkeit proklamiert), scheiterten 1933-34 ebenso wie 1944-46, da diese kurzlebigen De-facto-Regime von keinem Staat der Welt anerkannt wurden - nicht einmal von der Türkei oder dem Förderer Sowjetunion und auch nicht von Chinas Hauptfeind Japan. Gleichzeitig lagen die Regime im Kampf mit von Nationalchinesen (Kuominchun, Kuomintang) unterstützten chinesischen Muslimen.
Flaggen
Von den mindestens sechs verschiedenen Flaggen der Warlords[4] (zwei mit Shahada, zwei rot-gelb mit Stern, blau oder rot mit Halbmond) gilt eine noch heute nationalistischen Uiguren als Identifikationssymbol, siehe Flagge der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung
Version mit Shahada Halbmond-Variante 1 nach dem Vorbild der Flagge der Türkei alte Flagge der Republik China, der weiße Streifen verkörpert Chinas Muslime (Uiguren und Hui) Autonomie in der Volksrepublik
Nach dem Sieg der Kommunisten im Chinesischen Bürgerkrieg wurde 1949 mit Billigung der Sowjets auch Xinjiang der Volksrepublik friedlich einverleibt. Mit der Einrichtung der Autonomen Region sicherte die Volksrepublik den Uiguren weitgehende Autonomie in politischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht zu. Peking bediente sich dabei zunächst der assimilierungswilligen Eliten Xinjiangs, die es zu jeder Zeit der chinesischen Herrschaft gegeben hat. Es waren Muslime aus Xinjiangs, die die revolutionäre Literatur Maos und seiner Genossen ins Arabische, Türkische und Persische übersetzten und im Ausland verbreiten halfen.
Die nachfolgende Entwicklung offenbarte jedoch Vor- und Nachteile. Eine Bodenreform beseitigte zwar die letzten feudalen Verhältnisse, die anschließende Kollektivierung hatte jedoch eine Hungersnot zur Folge, der zahlreiche Uiguren ebenso wie Chinesen zum Opfer fielen. Vor dieser Hungersnot flohen 1962 etwa 50.000 nomadische Kasachen, Kirgisen und Uiguren mit ihren Pferden in die Sowjetunion. Auf der einen Seite brachte die kommunistische Herrschaft die Entwicklung der Infrastruktur, des Bildungs- und Gesundheitswesen und der Wirtschaft mit sich, Säuglingssterblichkeit und Analphabetentum nahmen ab, der Lebensstandard stieg. Xinjiang ist heute die reichste der armen Außenregionen Chinas und ein Zentrum der chinesischen Rüstungsindustrie.
Auf der anderen Seite gerieten jedoch Uiguren ebenso wie Han-Chinesen und alle anderen Völker Chinas unter die Diktatur des Kommunismus, demokratische und religiöse Gegenbewegungen wurden streng unterdrückt, Aufstände niedergeschlagen. Beim den Unruhen von Baren (1990) und Gulja (1997) kamen zahlreiche Demonstranten ums Leben (In Gulja sollen 200 Uiguren getötet und 3000 verhaftet worden sein, von ihnen sollen bis 1999 zwölf hingerichtet worden sein), umgedreht wurden in Ayden (Yining) von den Aufständischen zahlreiche chinesische Polizisten und Zuwanderer erschlagen. Chinesische Truppen und die mit dem Ausbau der Infrastruktur und dem Abbau der Bodenschätze ins Land strömenden Han-Chinesen verdrängen allmählich die Uiguren und die verwandten Turkvölker, vom bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung profitieren fast nur die Angehörigen des chinesischen Aufbaucorps Bingtuan. Durch den Uranabbau, Atomversuche und fehlende Sorgfalt bei der Industrialisierung und der Ausbeutung der Bodenschätze sind heute weite Teile der Umwelt geschädigt. Dennoch waren die Uiguren und andere Minderheiten im Gegensatz zu den Han-Chinesen von der Ein-Kind-Politik ausgenommen.
Außenpolitische Auswirkungen
Außenpolitisch profitierte China vor allem in den 1950er und 1960er Jahren zunächst von den Uiguren. Unter Vorsitz des Burhan Shahidi (Bao Erhan Shaxidi, Gouverneur Xinjiangs 1948-1955) stellten Delegationen muslimischer Uiguren diplomatische Beziehungen zu muslimischen Staaten des Nahen Ostens her, die China wiederum im Kampf um internationale Anerkennung gegen China unterstützten. Demgegenüber kritisierten vor allem Uiguren im Exil die politische und nationale Bevormundung durch China. Während des „Kalten Krieges“ entstanden im Nato-Staat Türkei separatistische Bewegungen gegen den einstigen Sowjet-Verbündeten China. Nach dem Bruch zwischen China und der Sowjetunion in den 1960ern unterstützten auch die Sowjets vorübergehend oppositionelle Gruppen von Uiguren und Kasachen in Xinjiang, u.a. auch Shahidi, der sich seit der Kulturrevolution mit Peking überworfen hatte. Im gleichen Maße wie das Gefühl einer sowjetischen Bedrohung zunahm, wurde die Zahl der chinesischen Soldaten in Xinjiang erhöht. Waren 1949 "nur" 100.000 Mann einmarschiert, so waren 1970 über 250.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee in Nordwestchina stationiert.
Mit dem Ende der Sowjetunion bekam der nationale und religiöse Separatismus wieder Auftrieb, im Exil entstanden mehr als ein Dutzend gemäßigte oder radikal-nationalistische bzw. fundamentalistische Separatistengruppen (siehe Alptekin), die zum Teil zu den Waffen griffen. Alle von türkischen Brudervölkern der Uiguren bevölkerten zentralasiatischen Nachfolgestaaten der UdSSR, Russland und China bekämpfen als Gruppe der „Shanghai Sechs“ aber derartige Tendenzen nunmehr gemeinsam. Sicherheitsabkommen sehen die gegenseitige Auslieferung von Terroristen und Separatisten vor. Unter Berufung auf exiluigurische Oppositionsgruppen berichten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International immer wieder von Exekutionen, die Gesellschaft für bedrohte Völker nennt die Zahl von 700 seit 1990.
Trotz der formalen Autonomie und Religionsfreiheit wurde und wird vor allem der der kommunistischen Ideologie feindliche Islam, dem die meisten der Uiguren angehören, stark überwacht und ist Restriktionen ausgesetzt: so dürfen Schüler, Beamte und generell unter Achtzehnjährige keine Moschee besuchen. Die Regierung begründet dies mit der Befürchtung, dass sich in den Moscheen Zentren des separatistischen/fundamentalistischen Widerstands bilden könnten.[5] Die berühmteste Vertreterin der uigurischen Opposition lebt heute im Ausland: Die ehemalige Volkskongreßabgeordnete Rebiya Kadeer kämpft für das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung sowie für politische Autonomie. Im November 2006 wurde Kadeer zur Vorsitzenden des "Weltkongresses der Uiguren" mit Sitz in München gewählt. Der ohne Wahl zustandegekommene Weltkongress wurde im Jahre 2004 von Exil-Uiguren gegründet, beansprucht aber, legitimer Vertreter auch der in Xinjiang lebenden Uiguren zu sein.
Im Einklang auch mit der Wortwahl der USA deklariert China seine strenge Politik als „Kampf gegen den Terror“. Die "Ostturkestanische Muslimische Bewegung" ist auch von der UNO und den USA auf die Liste internationaler Terrororganisationen gesetzt worden.Im US-Gefangenenlager Guantanamo wurden bzw. werden 22 des Terrorismus verdächtigte Uiguren festgehalten. Nach ihrer Freilassung fand sich weltweit zunächst kein einziger Staat bereit, sie aufzunehmen, während die USA sie nicht an China ausliefern wollten (Schon 1997 hatte Pakistan zwölf uigurische Extremisten aus Afghanistan an den chinesischen Geheimdienst ausgeliefert - wohlwissend, daß diese in China gehängt werden würden). Schließlich fanden fünf von ihnen Asyl in Albanien, wo heute noch vier von ihnen leben, einer zog nach Schweden weiter. Die verbleibenden 17 hat sich die Stadt München aufzunehmen bereit erklärt.[6]
Literatur
- Gudrun Wacker: Xinjiang und die VR China - Zentrifugale und zentripetale Tendenzen in Chinas Nordwest-Region. Köln 1995
- Dru C. Gladney: Dislocating China: Muslims, Minorities and Other Sub-altern Subjects. 2004 ISBN 1850653240
- Elcin Kürsat-Ahlers: Zur frühen Staatenbildung von Steppenvölkern - Über die Sozio- und Psychogenese der eurasischen Nomadenreiche am Beispiel der Hsiung-Nu und Göktürken mit einem Exkurs über die Skythen. (Sozialwissenschaftliche Schriften Heft 28). Duncker & Humblot, Berlin 1994. 450 S.. ISBN 3-428-07761-X, ISSN 0935-4808.
- S. Frederick Starr: Xinjiang: China's Muslim Borderland. 2004 ISBN 0765613182
- U.S. Congressional-Executive Commission on China: Ethnic Minorities in China: Tibetans and Uighurs. 2002 ISBN 0160687535
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. M. Weiers, Uiguren in: Abrisse zur Geschichte innerasiatischer Völker, http://www.zentralasienforschung.de
- ↑ Vgl. M. Weiers, Uiguren in: Abrisse zur Geschichte innerasiatischer Völker, http://www.zentralasienforschung.de. Historische Texte dazu bietet: Wolfgang-Ekkehard Scharlipp, Julius von Klaproth u.a.: Abhandlung über die Sprache und Schrift der Uiguren.
- ↑ Quelle benötigt.
- ↑ vgl. Flags of the World: Uighuristan (Islamic Republic of East Turkestan) mit World Statesmen (Xinjiang)
- ↑ Rob Johnson: Pulverfass am Hindukusch – Dschihad, Erdöl und die Grossmächte in Zentralasien. Theiss Verlag, Stuttgart 2008
- ↑ Süddeutsche Zeitung vom 6. Februar 2009: Seltene Einigkeit im Stadtrat
Weblinks
- Newsportal der Autonomen Uigurischen Region (englisch)
- The rise and fall of the Uighur empire.
- East Turkestan Information Center
- Arienne M. Dwyer: The Xinjiang Conflict: Uyghur Identity, Language Policy, and Political Discourse. Policy Studies 15, East-West Center, Washington 2005
- Weltweites Uigurisches Nachrichten Netz. uygur.org
- Uiguren. Gesellschaft für bedrohte Völker
Völker Chinas – offizielle Einteilung in der Volksrepublik ChinaAchang | Bai | Blang | Bonan | Buyei | Chosen (Koreaner) | Dai | Daur | Deang | Derung | Dong | Dongxiang | Evenki (Ewenken) | Gaoshan | Gelao | Gin | Han | Hani | Hezhen | Hui | Jingpo | Jino | Kazak (Kasachen) | Kirgiz (Kirgisen) | Lahu | Lhoba | Li | Lisu | Man (Mandschuren) | Maonan | Miao | Monba | Mongol (Mongolen) | Mulao | Naxi | Nu | Oroqen | Pumi | Qiang | Russ (Russen) | Salar | She | Sui | Tajik (Tadschiken) | Tatar (Tataren) | Tu | Tujia | Uygur (Uiguren) | Uzbek (Usbeken) | Va | Xibe | Yao | Yi | Yugur | Zang (Tibeter) | Zhuang
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