Unheil

Unheil

Heil drückt Begnadung, Erfolg, Ganzheit oder Gesundheit oder aber in religiöser Bedeutung Erlösung aus.

Abwandlungen des Wortes finden sich in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen, z. B.: heil, heilig oder heilsam; das Antonym dazu ist heillos, zum Heil das Unheil („Pech“, „Verderben“, „Unglück“).

Inhaltsverzeichnis

Wortgeschichte

Sprachgeschichtlich mit dem Adjektiv heil verwandte Wörter sind in allen germanischen Sprachen belegt mit der Bedeutung „ganz, gesund, unversehrt“, z. B. englisch whole „ganz“ und hale „frisch, ungeschwächt“. In Lautfolge und Bedeutung verwandte Wörter gibt es auch in keltischen und baltoslawischen Sprachen. Das Substantiv Heil wird in ähnlicher Bedeutung gemeingermanisch verwendet (alt- und mittelhochdeutsch heil „Glück, glücklicher Zufall“, altenglisch hael „günstiges Vorzeichen“). Das Verb heilen bedeutet transitiv „heil machen“ (etwa in „Wer heilt, hat recht“) und intransitiv „heil werden“ („die Wunde heilt“).

Religiöse Vorstellungen von Heil

Germanische Vorstellung von Heil

Heil bezeichnete ursprünglich eine gemeingermanische volksreligiöse Vorstellung, welche die persönliche Eigenschaft bezeichnete, allgemein eine glückliche Hand bei Allem zu haben oder speziell z. B. Königsheil oder Ernteheil (heute: einen grünen Daumen) zu haben, kurz: „Glück“ über eine bloße Glückssträhne hinaus. „Heil“ zu haben, war nicht damit identisch, tüchtig oder tapfer zu sein – vgl. dazu ähnlich magisch besetzte Begriffe wie Tyche, Fortuna („Fortüne“), Schicksal. Man konnte sein „Heil“ auch einbüßen. Der dänische Religions- und Sozialwissenschaftler Vilhelm Grønbech (Geist der Germanen) erforschte diese Vorstellungen erstmals gründlich.

Frühmittelalterliche Königssippen (stirps regia), allen voran die fränkischen Merowinger, beriefen sich noch zur Legitimation der Vormachtstellung ihrer Sippe auf das ihnen innewohnende Königsheil. Ein für Zeitgenossen deutlich erkennbares Ausbleiben von Erfolg konnte als Verlust dieses Heils gewertet werden und zu einem Machtwechsel führen.

Christentum

Der christliche Sinn von Heil liegt im Sinne von „heilsam“ oder „heilig“, auch in den Vorstellungen von Erlösung (vom „Ewigen Heil“), wie im Ausdruck Heiland.

Die Formel Heil und Segen macht darauf aufmerksam, dass zwischen Glück und Segen ursprünglich ein Unterschied gesehen wurde: Glück ohne Gottes Segen war nichts wert.

Die Christen finden das Heil in der Nachfolge von Jesus von Nazareth.

Heil als Grußformel

Die Grußformel Heil! ist grammatikalisch eine Interjektion und etymologisch mit dem ähnlich klingenden englischsprachigen Begriff Hail! verwandt, die soviel wie Grüß dich! oder Glück dir! bedeutet[1]. Die beiden Ausdrücke werden auch üblicherweise ineinander übersetzt. Beispiel: All hail, Macbeth! als Heil dir, Macbeth![2].

In Teilen Österreichs (Tirol, Vorarlberg, Pinzgau) wird Heil! (bzw. Heile!) noch heutzutage (2008) als Gruß unter Freunden verwendet, so wie in Bayern das Servus!. Das „Heil“ wurde dort schon vor der Zeit des Nationalsozialismus als Grußformel verwendet und hat sich bis heute gehalten. Das in der Deutschschweiz, in Schwaben und in Südtirol gebräuchliche Hoi! als Begrüßung gegenüber einer Person, die man duzt, hat denselben Ursprung.

Jäger, Angler und andere

Traditionell grüßen sich Jäger mit den Worten Waidmanns Heil! und Angler mit Petri Heil!. Die entsprechende Antwort lautet dann Waidmanns Dank! bzw. Petri Dank!.
Waidmanns Dank! wird nur gesagt, wenn jemandem mit dem Gruß zu einem Jagderfolg gratuliert worden ist oder der Gruß von einem „Nicht-Jäger“ an einen Jäger gerichtet war.
Unter Bergsteigern ist die Formel Berg Heil! geläufig, die insbesondere dann angewandt wird, wenn Bergsteiger einen Gipfel erklommen haben.
Unter Schützen gibt es den Gruß Schützen Heil!, unter Skifahrern (auch Amateuren) Ski Heil!.
Turner wünschen sich seit 1817, bevor sie sich an ein Gerät begeben, Gut Heil! und drücken dadurch aus, dass sie dem Turnenden eine verletzungsfreie Übung wünschen. Vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus war der Gruß auch in der Jugendbewegung verbreitet.

Kampf- und Grußformel im Nationalsozialismus

Der Zuruf Heil! war schon vor 1918 – an Stelle des kaisertreuen Hoch! – in bestimmten politischen Gruppierungen in Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich – ein Kennzeichen der Opposition, welche die kleindeutsche Lösung (die Auflösung des Deutschen Bundes) von 1866 ablehnte und alle Deutschen zusammenführen wollte (die großdeutsche Lösung).

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Hitlergruß Heil Hitler! allgemein üblich. Wer auf herkömmliche Weise mit Guten Tag! oder Grüß Gott! grüßte, dem wurde unterstellt, ein Gegner des Führers zu sein. Auch für Briefe wurde die Schlusszeile „Heil Hitler!“ vor der Unterschrift allgemein üblich. Wer diesen Brauch nicht mitmachen wollte, konnte allenfalls auf die Formel Mit deutschem Gruß ausweichen, wenn er nicht Repressionen riskieren wollte. Die herkömmlichen Grußformeln (mit freundlichen Grüßen oder Hochachtungsvoll) entlarvten ihre Anwender – in den Augen der damaligen Machthaber – als „ewig Gestrige“.

Auf den Gruß „Heil Hitler!“ zu antworten: „Heil du ihn doch!“, zeigte deutliche Abkehr vom Führer und war als politischer Witz lebensgefährlich.

An die Stelle des dreifachen Hurra! früherer Epochen zum Schluss öffentlicher Kundgebungen trat die Aufforderung zum dreifachen Sieg Heil!. Im gewöhnlichen Umgang musste Sieg Heil auf sehr ernste Gelegenheiten beschränkt bleiben, wenn es nicht ironisch klingen sollte.

Mit der Niederwerfung des Dritten Reichs geriet dieser Gruß 1945 schlagartig außer Gebrauch. In der Bundesrepublik Deutschland stellt die Verwendung des Hitlergrußes (auch des „Sieg Heil“) eine Straftat dar (§ 86aStGB Abs. 2).

Weitere Entwicklung

In den 1970er Jahren versuchte die Feministin Hannelore Mabry eine Umdeutung und positive Neubesetzung der Grußformel als Heil Kind!. Hintergrund war hier die Konzentration auf Kinder, für deren Heil alle zuständig seien. Die dabei oft empfundene Provokation war beabsichtigt, die Formel hat sich nicht durchgesetzt.

Metal-Fans/„Metaller“

In den extremen Spielarten des Metal, insbesondere im Black Metal oder Pagan Metal, wird inzwischen auch in Deutschland die Grußformel Heil! verwendet, nach Eigenaussagen, um seine Achtung vor dem Angesprochenen auszudrücken. Im englischen Sprachraum ist ähnlich Hail! gebräuchlich. Von Kritikern wird dies als Neonazismus in Verbindung zum NS-Black-Metal gebracht, was jedoch innerhalb der deutschen Szene nicht immer so gesehen wird.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus, Berlin/New York 1998. ISBN 3-11-016888-X, S. 299–301. – Dort ein Abriss der Entwicklung des „Heil“-Grußes sowie seiner Verwendung und Bedeutung im Nationalsozialismus

Einzelnachweise

  1. Eintrag hail in: http://dict.leo.org
  2. William Shakespeare, Macbeth. Akt I, Szene III. Übersetzung nach Friedrich Schiller u. a.
  3. Panorama-Reportage über NS Black Metal auf ZDF: YouTube

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