Unterleitung

Unterleitung
seitliche Stromschiene der Amsterdamer Metro
Stromschiene der Münchner U-Bahn im Querschnitt
Stromschienen der Hamburger S-Bahn

Eine Stromschiene ist eine Zuleitung für den elektrischen Strom für elektrisch getriebene Schienenfahrzeuge und andere bewegliche Stromverbraucher, wie z. B. Krananlagen.

Stromschienen sind aus Aluminium mit fest verbundener Edelstahllauffläche oder aus Weicheisen, seltener aus Stahl, die meist seitlich fortlaufend neben dem Gleis montiert und an die Bahnstromversorgung angeschlossen sind.

Die Stromzuführung von der Stromschiene zum Fahrzeug erfolgt über sogenannte Schleifschuhe, die seitlich am Drehgestell des Fahrzeuges angebaut sind. Die Rückleitung des Stromes erfolgt bei diesem System über Räder und Schienen, wie bei anderen elektrischen Bahnen auch.

Inhaltsverzeichnis

Stromschienen bei Eisen- und Straßenbahnen

Stromzuführung über die Fahrschienen

Die nächstliegende Möglichkeit, einer Bahn extern elektrische Energie zuzuführen, ist die Benutzung der Fahrschienen, wobei jede Schiene einen Pol darstellt und die Schwellen Isolationsfunktion haben. Dieses Technik wird bei einigen Modellbahnsystemen angewendet. Für den Betrieb „richtiger Bahnen“ ergeben sich einige technische Hürden. Schwellen können nicht so ausgeführt werden, dass sie genügend isolieren. Zudem müssen am Zug die Räder und Achsen durch Isolationen entsprechend elektrisch getrennt werden, was sich negativ auf die Festigkeit dieser Teile auswirkt. Trotzdem kam diese Technik in der Anfangszeit des elektrischen Straßenbahnbetriebs beispielsweise bei der elektrischen Straßenbahn Lichterfelde–Kadettenanstalt und der Ungererbahn zum Einsatz.

Die seitliche Stromschiene

Der Einsatz einer dritten Schiene, die nur zur Stromzuführung, nicht aber zum Tragen des Fahrzeuggewichts dient, hat den Vorteil, dass sie besser isoliert werden kann und somit mit höheren Spannungen (bis 1500 V, gegenüber 200 V bei Stromzuführung über Fahrschienen) verwendet werden kann. Allerdings ist ein Einsatz einer tiefliegenden Stromschiene aus Sicherheitsgründen nur bei Bahnen möglich, deren Gleiskörper nicht betreten werden darf, so dass der Einsatz überwiegend bei U-Bahnen, aber auch bei manchen S- und Fernbahnen erfolgt. Mit der Stromschienen-Versorgung kann vor allem für Tunnelbahnen ein kleines und kostengünstiges Lichtraumprofil realisiert werden. Zudem haben Stromschienen wegen ihres größeren Querschnitts einen kleineren Widerstand, weshalb ihr Einsatz weniger Einspeisepunkte benötigt.

Kurzschließer (rechts) und Stromprüfkasten (links) im Berliner Kleinprofil-U-Bahn-Netz

Bodennahe Stromschienen haben gegenüber Oberleitungen die folgenden Nachteile:

  • Sicherheitsprobleme wegen der Gefahr versehentlichen Berührens
  • Aufwändige Konstruktion (und Verkabelung) in Bereichen mit vielen Weichen
  • Fahrzeuge benötigen Stromabnehmer auf beiden Seiten
  • Beschränkung der Übertragungsspannung auf 1500 V, da starke Verschmutzung auftritt, welche die Isolation stört
  • Probleme mit Schneeverwehungen und beim Schneeräumen mit Schneeschleudern

In der Regel sind an einem Fahrzeug zwei bzw. an einer Triebzuggarnitur vier Schleifschuhe angebaut. Mit dieser mehrfachen Ausstattung mit Schleifern werden Lücken im Stromschienenverlauf, beispielsweise in Weichenbereichen, überbrückt. Dies stellt die Stromversorgung auch dann sicher, wenn ein Schleifschuh bei Hindernisberührung an seiner vorgesehenen Sollbruchstelle abfällt.

Stromschienen können von oben (z. B. Kleinprofil-U-Bahn Berlin), von unten (z. B. Großprofil-U-Bahn Berlin, U-Bahnen Hamburg, Nürnberg, München, Wien und S-Bahn Berlin) oder von der Seite (S-Bahn Hamburg) bestrichen werden. Zumindest in Deutschland sind Stromschienen mit einer isolierenden Schutzabdeckung versehen.

Machen Arbeiten im Gleisbereich eine sichere Abschaltung der Stromschiene notwendig, werden Kurzschließer und Stromprüfkästen eingesetzt (auf der Abbildung bei einer nach oben offenen Stromschiene).

Die versenkte Mittelstromschiene

Wo aus Gründen des Ortsbildschutzes die Montage einer Oberleitung unerwünscht war, z. B. auf der Wiener Ringstraße, wurden schon im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Straßenbahnen mit Stromschienen ausgestattet, die zwischen den Fahrschienen im Straßenpflaster versenkt angeordnet waren. Ein unter dem Fahrzeugboden angebrachter ausklappbarer Schleifkontakt griff in den schmalen Spalt im Straßenpflaster ein und stellte die elektrische Verbindung zum Fahrzeug her. Der hohe Wartungsaufwand und die notwendigen komplizierten Weichenkonstruktionen ließen die Straßenbahnbetriebe von dieser Technik wieder abkommen.

APS – Alimentation par le Sol

Mittelstromschiene bei der Straßenbahn Bordeaux, links unten ein isolierter Abschnitt

Diese Technik, die die Mittelstromschiene für Straßenbahnen wieder belebte, stammt aus Frankreich und wurde von der heute zum Alstom-Konzern gehörenden Firma Innorail entwickelt. Sie wurde zuerst bei der Straßenbahn Bordeaux angewendet. APS steht für Alimentation par le Sol (etwa: Stromversorgung aus dem Boden).

Bei diesem System befindet sich zwischen den beiden Schienen eine Stromschiene, die 750 Volt Gleichstrom führen kann. Die Stromschiene ist in einzelne Sektionen unterteilt. Jede Sektion besteht aus einer 8 Meter langem stromführenden Schiene und einem 3 Meter langem isolierten Abschnitt. Wird die Stromschiene von einer Straßenbahn überfahren, sendet diese per Funk ein codiertes Signal aus, das jenen Abschnitt der Stromschiene aktiviert, das sich zur Gänze unter dem Fahrzeug befindet. Es können maximal zwei der 11 Meter langen Segmente gleichzeitig aktiviert werden. Bevor die Straßenbahn ein Segment verlässt, wird es abgeschaltet und aus Sicherheitsgründen geerdet. Bislang wird diese Technik nur von Alstom angeboten.

Details siehe Hauptartikel Straßenbahn Bordeaux.

Deckenstromschienen

Deckenstromschiene mit Stromabnehmer in Berlin Hbf

Gelegentlich können Stromschienen auch ein Teilstück einer Oberleitung darstellen; für Straßenbahnen mit Dachstromabnehmer wird in Tunnelstrecken in jüngerer Zeit oftmals kein Fahrdraht, sondern eine Deckenstromschiene vorgesehen. Konstruktiv wird meist ein normaler Kerbfahrdraht in ein Aluminium-Trägerprofil eingeklemmt. Eine solche Stromschienenkonstruktion benutzt auch die Schwebebahn in Wuppertal.

Deckenstromschienen werden, wegen der kleinen benötigten Einbauhöhe, auch bei Umbauten in älteren Tunneln (z. B. Gemmenicher Tunnel) mit geringerem Lichtraumprofil eingesetzt. Ein anderes Anwendungsgebiet ist der Einsatz in Betriebswerken und auf Verladegleisen. Für diesen Einsatzzweck kann die Stromschiene geschwenkt oder gehoben werden, was die Anwendung von Hebebock- und Krananlagen ermöglicht bzw. vereinfacht.

Die Anwendung der Deckenstromschiene ist auch aufgrund der hohen Verfügbarkeit und der daraus resultierenden Betriebssicherheit sinnvoll. Des Weiteren können in langen Tunneln parallel zur Oberleitung verlegte Kabel entfallen oder minimiert werden, da die Stromschiene normalerweise über einen Querschnitt von 1300 mm2 Kupferäquivalent verfügt, der somit rund sechsmal größer ist als bei einer Kettenoberleitung.

In den späten 1980er Jahren ist auf einer Länge von einem Kilometer im Simplontunnel eine Deckenstromschiene für eine Fahrgeschwindigkeit von 160 km/h getestet worden. Damit sollte eine aufwändige Tieferlegung der Gleisanlage vermieden werden, um das für die Rollende Landstraße notwendige, besonders große Lichtraumprofil herzustellen. Vor diesem Versuch war mit Deckenstromschienen in der Schweiz bereits bis 110 km/h, international bis 80 km/h schnell gefahren worden.[1] In Österreich wurde 2004 im Streckenabschnitt Prinzersdorf bis Ybbs an der Donau im August bei den Mess- und Versuchsfahrten mit dem ICE-S auf der im Sittenbergtunnel montierten Deckenstromschiene eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h erreicht.

Höchste Spannungen bei Bahnen mit Stromschiene

Verbreitung

Zug-Stromabnehmer der Münchner U-Bahn (erste Generation)

In Deutschland werden Stromschienen bei den mit Gleichstrom betriebenen (echten) U-Bahnen in Berlin, Hamburg, München und Nürnberg und den S-Bahnen von Berlin (750 V) und Hamburg (1200 V) verwendet. Auch die Wuppertaler Schwebebahn wird über eine Stromschiene mit Energie versorgt.

Manche U-Bahnen, wie in London und Mailand, werden mit zwei Stromschienen am Gleis betrieben, wobei eine davon zwischen den Fahrschienen montiert ist. Man vermeidet auf diese Weise jegliche Streustrom-Korrosion in unterirdischen metallischen Anlagen wie Rohrleitungen.

Im Nord-Süd-Fernbahn-Tunnel in Berlin, im Endbahnhof der Flughafen-S-Bahn Dresden und auch in mehreren unterirdischen Strecken der Schweiz finden sich anstatt der klassischen Oberleitung mit Fahrdraht Stromschienen für 15.000 Volt Wechselstrom in den Vollprofil-Tunnelstrecken.

In Südengland wurden ab den 1930er Jahren viele Überlandstrecken mit Stromschiene (660 V Gleichstrom) elektrifiziert, da dort das Lichtraumprofil zu klein (vor allem zu niedrig) war, um ohne größere Umbauten eine Elektrifizierung mit Oberleitung zu realisieren. Auch der Eurostar ist in der Lage, auf diesen Strecken zu fahren. Im Nahverkehr kommen hier ausschließlich Triebzüge zum Einsatz, die teilweise auch im Fernverkehr eingesetzt werden. Zudem werden auch Lokomotiven, die für den Betrieb über Stromschienen ausgerüstet sind, im Fern- und Güterverkehr eingesetzt und durch Dieselloks ergänzt. Auf einigen Strecken erreichen die Züge Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h. Die schweizerische Firma Furrer+Frey AG in Bern besitzt eine entsprechende Zulassung des Eisenbahn Cert EBC.

Anwendungshindernisse bei Fernbahnen

Bei Fernbahnen haben sich Stromschienen vor allem aus technischen Gründen nicht großflächig durchgesetzt. Hinderungsgründe sind vor allem:

  • Stromschienen können an einer Weiche nicht seitlich durchlaufen, sie müssen vielmehr von einer Seite auf die andere verspringen oder ganz aufhören. Nur Triebzüge mit entsprechend vielen Schleifern und durchgehender Stromleitung können solche Trennstellen ohne Unterbrechung der Stromversorgung durchfahren. Ein Zugbetrieb mit frei kuppelbaren Lokomotiven und Wagen wäre technisch möglich, jedoch vergleichsweise aufwändig.
  • Im Fernbahnbetrieb sind auf Grund der höheren Geschwindigkeiten die Gleisweichen und die damit verbundenen Stromschienen-Unterbrechungen weit länger, ein reibungsloser Betrieb wäre beeinträchtigt.
  • Für höhere Transportleistungen über längere Strecken ist eine höhere Spannung günstiger. Dafür müssen die Abstände zwischen Schiene und Stromabnehmer größer sein. Dies wird (statt durch Isolatoren- oder Kunststoffzwischenlagen) oft günstiger mit Oberleitungen realisiert.
  • Mit größerer Entfernung zwischen den Unterwerken sowie mit steigender Leistungsaufnahme machen sich zunehmend Leitungsverluste und Spannungsabfall durch den Leitungswiderstand bemerkbar. Dieses Problem löst man am besten durch Anheben der Spannung. Bei höherer Spannung wird jedoch auch der mindestens notwendige Isolationsabstand größer. Er beträgt für 15 kV (Spannung der Bahnoberleitungen in Deutschland) bereits 1,5 Meter. Solche Abstände sind bei einer am Boden montierten Stromschiene kaum noch zu realisieren, weshalb die maximale Spannung, die in Stromschienen verwendet werden kann, etwa 1200 V ist.
  • Die Gefahr eines elektrischen Schlages durch Berühren (z. B. durch Kinder, Tiere oder auch unvorsichtige Erwachsene) ist wesentlich größer als bei Oberleitungen. Aus diesem Grund müssen in Deutschland Bahnstrecken, die mit Stromschiene betrieben werden (U-Bahnen, S-Bahnen), vollständig eingezäunt oder anders gegen unbefugtes Betreten geschützt werden. Ebenerdige Bahnübergänge, ebenerdige Fußgängerüberwege oder ähnliches, durch die Unbefugte zu den Stromschienen gelangen könnten, sind verboten. Allerdings existieren bei den S-Bahnen in Hamburg und Berlin noch solche Bahnübergänge aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Diese besitzen Bestandsschutz, müssen aber bei Umbauten durch Brücken oder Unterführungen ersetzt werden.
Blick auf den Bahnhof Birkenwerder im August 2007. Zu sehen ist die Stromschiene der Berliner S-Bahn und der Fahrdraht der DB.

Prinzipiell kann eine Bahnlinie mit Oberleitung und Stromschiene versehen sein. Dies war zum Beispiel bei der S-Bahn Hamburg zwischen 1940 und 1955 der Fall. Ein heutiges Beispiel ist der Bahnhof Birkenwerder (b. Berlin), der auf beiden Gleisseiten Stromschiene und Oberleitung hat. Allerdings kann dies sehr große Probleme mit der gegenseitigen Beeinflussung der Stromkreise geben. So kann durch den Spannungsabfall entlang der Fahrschiene Strom vom Stromschienensystem in das Oberleitungssystem (und umgekehrt) fließen. Ist eines dieser Systeme ein Gleich- und eines ein Wechselstromsystem, kann es zu einer unerwünschten Gleichstromvormagnetisierung der Transformatoren in den Unterwerken des Wechselstromsystems kommen. Aus diesem Grund vermeidet man meistens Doppelelektrifizierungen mit Oberleitung und Stromschiene.

Bei den britischen Stromschienen-Fernbahnen wird teilweise mit einer eigenen Rückleitungsschiene gearbeitet, um die Probleme zu entschärfen. Auf diese Weise wurde auf den Strecken nördlich von London sowie auf dem Channel Tunnel Rail Link die Oberleitung eingesetzt, während der Schienenverkehr im Süden und Südwesten des Landes weiterhin mit Stromschienen betrieben wird.

Andere technische Anwendungen

Die Anwendung von Stromschienen ist nicht nur auf die Eisenbahn beschränkt. So werden auch Brückenkräne und deren Laufkatzen mit Stromschienen versorgt sowie Labor- und Werkstattsysteme mit semimobilen Stromverbrauchern für Wechselstrom oder Drehstrom.

Für die Zwecke der Fördertechnik sind Stromschienen oft mehradrig als Kastenschleifleitungen in Kunststoff-Trägersystemen mit Kupferleitern oder als parallelverlegte Mehrader-Systeme mit Einzelschienen in Kunststoff-Kupfer-Kombination ausgeführt.

Stromschienen bei Modelleisenbahnen

Die Modellbahnindustrie fertigt wegen des hohen Montageaufwandes keine vorbildgerecht funktionierenden Stromschienen. Die entsprechenden Fahrzeugmodelle werden wie die übrigen Fahrzeuge auch über die Fahrschienen mit Strom versorgt.

Eine vorbildwidrig in Gleismitte verlegte dritte Schiene zur Stromversorgung war dagegen in der Frühzeit der elektrischen Modelleisenbahn verbreitet. Das Trix-Express-System verwendete diese für Neuprodukte bis zur Einstellung des Dreileiter-Systems (1997 nach der Übernahme durch Märklin), während Märklin die frühere dritte „Schiene“ bereits 1953 durch die sogenannten Punktkontakte ersetzt hat: Metallstifte, die von der unsichtbar unter dem Bahnkörper verlaufenden Stromschiene durch Löcher in den Schwellen nach oben ragen und von einem zwischen den Rädern des Triebfahrzeugs aufgehängten Schleifer bestrichen werden. Dieses System wird bis heute angewendet, Trix hat allerdings auf das Zweileitersystem gewechselt.

Einzelnachweise

  1. Meldung Erfolgreiche Stromschienenversuche im Simplontunnel. In: Die Bundesbahn 3/1989, S. 268


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