VG Musikedition

VG Musikedition

Die VG Musikedition ist als Verwertungsgesellschaft ein wirtschaftlicher Verein kraft staatlicher Verleihung. Wie alle deutschen Verwertungsgesellschaften untersteht sie der Aufsicht und der Kontrolle des Deutschen Patent- und Markenamtes. Die VG Musikedition macht keine eigenen Gewinne, vielmehr verteilt sie nach Abzug ihrer Verwaltungskosten (2008: 12 %) sämtliche Einnahmen an ihre Mitglieder.

Mitglieder der VG Musikedition sind Verlage, Komponisten, Texter und wissenschaftliche Herausgeber.

Die Geschäftsstelle der VG Musikedition befindet sich in Kassel. Geschäftsführer ist zurzeit Christian Krauß, Präsident ist seit dem 9. Mai 2006 der Münchner Verleger Friedemann Strube. Weitere Vorstandsmitglieder sind die Verleger Dr. Johannes Graulich (Carus-Verlag) und Dr. Axel Sikorski (Sikorski Musikverlage) sowie der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Joachim Veit.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Die VG Musikedition wurde am 1. März 1966 als „Interessengemeinschaft Musikwissenschaftlicher Herausgeber und Verleger“ (IMHV). gegründet. Sie beruft sich auf das Urheberrechtsgesetz (UrhG) und das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG). Durch die Urheberrechtsreform im Jahre 1965 war es zum ersten Mal möglich, wissenschaftliche Ausgaben zu schützen.

Schutzorganisation

Die VG Musikedition ist eine Schutzorganisation für den schöpferischen Menschen. Laut EU-Kommission stellen Verwertungsgesellschaften ein Gegengewicht zur Marktmacht der Werknutzer dar („GEMA-Entscheidung“). Werknutzer sind Rundfunk, Fernsehen, Major Companies und Online-Anbieter. Die EU-Kommission spricht hier von der „Kulturverträglichkeitsklausel“ (Wirtschaftlicher Vertrag – kulturelle Verträglichkeit).

Herstellung von Fotokopien musikalischer Werke

Die größte wirtschaftliche Bedeutung für die VG Musikedition hat inzwischen die Lizenzierung von Ausnahmeregelungen des Fotokopierverbotes von Noten. Gemäß § 53 Abs. 4 UrhG ist das Vervielfältigen von Noten nicht erlaubt, wenn die Musikwerke selbst noch einer urheberrechtlichen Schutzfrist unterliegen. Ausnahmen hiervon, die der Gesetzgeber vorgesehen hat, spielen in der Realität faktisch keine Rolle. Im Auftrag der Verlage und Urheber hat die VG Musikedition mit der Kultusministerkonferenz Verträge abgeschlossen, die das Fotokopieren für den Schulunterricht erlauben. Weiter existieren Verträge mit beiden großen Kirchen sowie weit mehr als tausend freikirchlichen Gemeinden und Verbänden, die es diesen erlauben, für den kirchlichen Gebrauch Vervielfältigungen (Kopien, Folien, Beamer) herzustellen und zu nutzen. Seit September 2008 haben auch Musikschulen und Kindergärten die Möglichkeit, nach Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit der VG Musikedition Kopien in begrenztem Umfang herzustellen und zu verwenden. In der Regel dürfen keine Kopien für Chöre, Orchester, Instrmentalensembles etc. angefertigt werden. Dies gilt aber ebenfalls nur für Noten, die noch geschützte Musikwerke wiedergeben - und bei denen es sich auch nicht um wiederum geschützte Bearbeitungen handelt, die dieselben Schutzfristen genießen wie die Ur-Kompositionen. Außerdem genießen wissenschaftliche Ausgaben oder Editiones principes (Erstausgaben) einen eigenen Schutz. Dieser endet allerdings bereits 25 Jahre nach Erscheinen der Ausgabe. Sind alle Schutzfristen abgelaufen, können Noten grundsätzlich auch kopiert werden (siehe auch Rechtsschutz von Notenbildern). Zahlreiche bis heute verbreitete und handelsübliche Klassiker-Ausgaben sind Neudrucke alter Ausgaben. Diese Neudrucke fallen ebenfalls nicht mehr unter das Kopierverbot. Auch eine neuerliche Anbringung eines Copyright-Vermerkes mit dem Jahr der Neuauflage verlängert die Schutzfrist nicht (siehe Copyfraud), solange es sich um dasselbe Werk und Stichbild handelt.

Wissenschaftliche Ausgaben und Editiones principes

Die VG Musikedition nimmt darüber hinaus die Nutzungsrechte der nach § 70 UrhG (Schutz wissenschaftlicher Ausgaben) und § 71 UrhG (Editio princeps) geschützten Ausgaben und Werke wahr. Dazu gehören in erster Linie die Aufführungsrechte, die Senderechte sowie die mechanischen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte. Da Rechtsprechung und einschlägige Kommentarliteratur sehr spärlich sind, hat die VG Musikedition in den zurückliegenden Jahren detaillierte Kriterien für die Schutzfähigkeit von Werken und Ausgaben nach §§ 70/71 UrhG aufgestellt, die nachfolgend knapp und ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt werden. Eine wissenschaftlich-kritische Ausgabe gem. § 70 UrhG liegt beispielsweise dann vor, wenn die Ausgabe auf einer umfangreichen Quellensichtung und –bewertung beruht, wenn die Quellenlage, die Editionsprinzipien und die Editionsentscheidungen in einem sog. Kritischen Bericht oder Revisionsbericht dokumentiert werden, oder wenn der Notentext typografisch differenziert ist, also dann, wenn z.B. Herausgeberzusätze durch Klammern o.ä. kenntlich gemacht sind. Darüber hinaus schreibt der Gesetzgeber vor, dass sich die Ausgabe wesentlich von früheren Ausgaben unterscheiden muss. Eine wesentliche Unterscheidung liegt dann vor, wenn einzelne Unterschiede musikalisch-substantiell festzustellen und auch hörbar, zumindest aber optisch wahrnehmbar, sind. Zu nennen sind hier u.a. neue Vortragsbezeichnungen, die Rekonstruktion von fehlenden Teilen eines Werkes, Änderung und Ergänzung von Noten, unterschiedliche Dynamik, Artikulation, Agogik oder Tondauer. Ob eine Ausgabe die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien erfüllt, wird vom Werkausschuss der VG Musikedition, bestehend aus Musikwissenschaftlern, in einem strengen Verfahren überprüft. Bei der Frage nach der Schutzfähigkeit gem. § 71 UrhG ist zu prüfen, ob das angemeldete Werk noch nicht erschienen ist – weder in Form einer Druckausgabe noch als Tonträger. Auch Faksimile-Wiedergaben, alte Stimmendrucke, Drucke in Tabulaturen oder Mensuralnotation sind dabei als Druckausgaben zu verstehen. Handschriftlich angefertigte Partituren oder Stimmen gelten dann als erschienen, wenn diese Materiale in ausreichender Anzahl hergestellt wurden (i.S.v. § 6 Abs. 2 UrhG). Seit der Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 1. Juli 1995 (zurückgehend auf eine EU-Richtlinie) kann der Schutz gem. § 71 UrhG auch durch die Variante der „erstmaligen öffentlichen Wiedergabe“ erreicht werden. Das Werk darf in diesem Fall allerdings niemals zuvor, auch nicht vor 200 oder 300 Jahren, öffentlich aufgeführt worden sein.

Vervielfältigung von Werken der Musik in Sammlungen

Weiter nimmt die VG Musikedition den Vergütungsanspruch aus § 46 Abs. 4 UrhG wahr. Dieser erlaubt die genehmigungsfreie, aber vergütungspflichtige Vervielfältigung von noch geschützten Werken der Musik in Sammlungen (Schulbücher oder Kirchengesangsbücher). Diese Sammlungen dürfen allerdings ausschließlich bestimmt sein für die Hand des Schülers im Schulunterricht, nicht aber für den Lehrer. Ebenfalls nicht privilegiert im Sinne des § 46 UrhG ist der Musikunterricht an Musikschulen.

Musik im Gottesdienst

Seit 1. Januar 2008 nimmt die VG Musikedition auch die Rechte für die so genannte Musik im Gottesdienst wahr, allerdings nur gegenüber freikirchlichen Gemeinden. Gemeinden, die geschützte Werke im Gottesdienst aufführen oder öffentlich wiedergeben, auch mittels Tonträger, erhalten eine Nutzungslizenz gemäß des GEMA-Tarifs WR K-2.

Schließlich nimmt die VG Musikedition unter Anderem die gesetzlichen Vergütungsansprüche gemäß § 45a und § 52a UrhG wahr.

Die Auswertung über die Nutzung des Repertoires der VG Musikedition sowie die Verteilung der Erträge erfolgt einerseits durch regelmäßige, detaillierte Erhebungen, die gemeinsam mit den Werknutzern durchgeführt werden, andererseits liegt es im Interesse der Rechteinhaber, Werknutzungen der VG Musikedition zu melden.

Literatur

  • Christian Krauß/Thomas Tietze: Urheberschutz für Wissenschaftliche Ausgaben und Erstausgaben, Kassel 2008.
  • Thomas Tietze, VG Musikedition, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. von R. Moser/A. Scheuermann, Starnberg u. München 2003, S. 715-728.
  • Thomas Tietze, Täter im Frack. Das Fotokopieren von Noten ist kein Kavaliersdelikt, Kassel 2009.
  • Heinz Stroh, Der Schutz nachgelassener Werke gemäß § 71 UrhG, in: Festschrift für Wilhelm Nordemann, Baden-Baden 1999, S. 269-283.
  • Heinz Stroh, Der Rechtsschutz von Musiknoten vor unerlaubter Vervielfältigung, Berlin 1995

Weblinks


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