VOFI

VOFI

Ein Vollständiger Finanzplan (VOFI; im Englischen als Visualization of Financial Implications bezeichnet) ist ein Instrument der Investitionsrechnung und -planung. Die Grundeigenschaften des tabellarisch aufgebauten VOFI sind Transparenz und Ausbaufähigkeit, wodurch dieses Instrument eine immer weitere Verwendung findet vor dem Hintergrund der zunehmenden Transparenzforderungen im Unternehmensumfeld.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Aus einem VOFI lassen sich alle anderen Kennziffern der dynamischen Methoden der Investitionsrechnung extrahieren. Dadurch gibt er die Möglichkeit, die Nachteile und Prämissen der klassischen Methoden der Investitionsrechnung zu "entlarven". Im Gegensatz zu den klassischen statischen und dynamischen Methoden werden mit dem VOFI Zinsen und Steuern genau berechnet, was für die Investitionsrechnung besonders wichtig ist, da sie auf Ein-und Auszahlungen basiert. Daraus ergibt sich ein weiteres besonderes Merkmal des VOFI: Der schwer errechenbare Kalkulationszinsfuß der klassischen statischen und dynamischen Investitionsmethoden muss nicht mehr berechnet werden und die Investitionsrechnungen sind somit wesentlich präziser.

Die Entwicklung des VOFIs, seine wissenschaftliche Fundierung und Kombination mit neuen technischen Möglichkeiten und wirtschaftswissenschaftlichen Methoden, und seine Etablierung als Controlling-Werkzeug wurde maßgeblich von Prof. Heinz Lothar Grob und seinem Lehrstuhlteam an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster geleistet.


Konzeptionelles Schema eines Standard-VOFI

t=0 ... t=n
Zahlungsfolge der Investition
Eigenkapitaldispositionen
Fremdkapitaldispositionen
Re- und Ergänzungsdispositionen
Ertragssteuerzahlungen
Finanzierungssaldo von 0
Kredit- und Guthabenbestände

Beispiel für einen einfachen Standard-VOFI

Datenbasis zum Beispiel (Alle Werte sind ganzzahlig gerundet):

  • Investition verursacht im Zeitpunkt 0 eine Anschaffungsauszahlung von 12000 Euro.
  • Sie wird linear über 5 Jahre abgeschrieben.
  • Am Ende gibt es keinen Liquidationserlös.
  • Die Zahlungsfolge zu den Zeitpunkten t=1..t=5 der Investition gibt die zukünftigen Ein-und Auszahlungen an, die durch die Investition verursacht werden.
  • Das verfügbare Eigenkapital beträgt 5000 Euro.
  • Es ist jederzeit ein unbegrenzter Kontokorrentkredit zu einem Zinssatz von 10 % aufnehmbar.
  • Ertragsüberschüsse können zu einem Zinssatz von 5 % angelegt werden.
  • Der Ertragssteuersatz beträgt 50 %.
Zeitpunkt 0 1 2 3 4 5
Zahlungsfolge der Investition -12000 -6000 7000 10000 4000 9000
Eigenkapital
Anfangsbestand 5000
-Entnahme
+Einlage
Konto-Korrentkredit
+Aufnahme 7000 2150
-Tilgung 4242 4908
-Sollzinsen 700 915 491
Standard-Anlage
-Anlage 1046 3226 5807
+Auflösung
+Habenszinsen 52 214
Steuerzahlungen
-Auszahlung 1843 3555 826 3407
+Erstattung 4550
Finanzierungssaldo 0 0 0 0 0 0
Bestandsgrößen
Kontokorrent-Kreditstand 7000 9150 4908 0 0 0
Guthabenstand 0 0 0 1046 4272 10079
Bestandssaldo -7000 -9150 -4908 +1046 +4272 +10079

Nebenrechnung zur Berechnung der Abschreibungen

Zeitpunkt 1 2 3 4 5
Buchwert zum Beginn des Jahres 12000 9600 7200 4800 2400
- Abschreibung (20%) 2400 2400 2400 2400 2400
Buchwert zum Ende des Jahres 9600 7200 4800 2400 0

Nebenrechnung zur Berechnung der Ertragssteuern

Zeitpunkt 1 2 3 4 5
Ertragssteuermultiplikator 50 % 50 % 50 % 50 % 50 %
Ertragsüberschuss -6000 7000 10000 4000 9000
-Abschreibung 2400 2400 2400 2400 2400
-Zinsaufwand 700 915 491 0 0
+Zinsertrag 0 0 0 52 214
Steuerbemessungsgrundlage -9100 3685 7109 1652 6814
Auszahlung 1843 3555 826 3407
Erstattung 4550

Kritik

Die betriebswirtschaftliche Problematik des VOFIs liegt in der mangelnden Zurechenbarkeit von Finanzierungsvorgängen auf die betrachtete Investition. Wegen der Unteilbarkeit der finanziellen Sphäre einer Unternehmung ist eine Planung für einzelne Investitionsobjekte logisch nicht haltbar.[1]

Steuern

Steuererstattungen im VOFI sind dahingehend zu interpretieren, dass Verluste einer Investition in einer Periode zur Minderung des gesamten Unternehmensgewinns führen (der voll besteuert wird) und somit die Steuerschuld senken.

VOFI-spezifische Kennzahlen

Anfangswert

ToDo

Eigenkapitalrendite

Endwert

Der natürliche Zielwert des VOFI ist der Endwert der Investition, der sich am Bestandssaldo der letzten Periode ablesen lässt. Dieser Wert ist mit dem Endwert der Opportunität zu vergleichen. Ist die Differenz positiv, so gilt die Investition als vorteilhaft. Der Endwert der Opportunität berechnet sich durch Verzinsung des zu Anfang vorhanden Eigenkapitals zu dem Zinssatz der Reinvestition der Ertragsüberschüsse.

 \Delta EW = EW^{M} - EW^{O} \,

In dem Beispiel (Verzinsung der anfangs vorhandenen, eigenen liquiden Mittel zum Reinvestitionssatz 5 %, abzüglich Ertragssteuern):

 EW^O = EK_0 \cdot (1+i(1-s))^n = 5000 \cdot 1.025^5 = 5657

Anmerkung: Natürlich sollte der Endwert der Opportunität ebenfalls mit einem VOFI berechnet werden (analog zum Endwert der Investition). Hier wurde er aus Gründen der Übersichtlichkeit "ungenau" mit der klassischen formelorientierten Investitionsmethode berechnet.

Es ergibt sich:

 \Delta EW = 10079 - 5657 = 4422 \,

Die Entscheidungsempfehlung lautet: Investiere, da ΔEW > 0

Gesamtkapitalrendite

Pay-Off-Periode

Zur Ermittlung der Pay-Off-Periode stellt man den VOFI der Investition auf und den VOFI der Opportunität. Die Opportunität bezeichnet die Anlage des Eigenkapitals über die Laufzeit zu einem Kalkulationszinsfuß. Dann vergleicht man die Bestandssalden der Perioden der beiden VOFIs miteinander. Die Pay-Off-Periode ist diejenige Periode, in der das Bestandssaldo der Investition erstmals größer oder gleich dem Bestandssaldo der Opportunität ist.

Die Pay-Off-Methode stellt nach gängiger Literaturmeinung kein sinnvolles Entscheidungskriterium dar, da sie nicht die Ertragskraft der Investition quantifiziert, sondern lediglich den Amortisationszeitpunkt der Investition angibt, was nur eine Zusatzinformation darstellt.

Eine weitere Vereinfachung dieses Ansatzes stellt die Payback-Methode dar, die auf die Berechnung der Barwerte verzichtet.

Explikation der impliziten Prämissen der klassischen Investitionsrechnung

Annuität

Die Annuität lässt sich als diejenige gleichmäßige Entnahme in t=1 bis t=n interpretieren, bei der der Endwert des VOFI Null wird.

Gewinnvergleichsrechnung

Das Ergebnis der Gewinnvergleichsrechnung ist diejenige Entnahme in den Perioden t=1 bis t=n, bei der der Guthabenstand in der jeweiligen Periode und der Endwert des VOFI Null wird. Das Ergebnis der Gewinnvergleichsrechnung für die mittlere Periode ist also der Guthabenstand in der mittleren Periode.

interner Zinsfuß

Der interne Zinsfuß ist derjenige gleichmäßige Zinsfuß, bei dem der Kapitalwert gleich Null ist.

Kalkulationszinsfuß

Der Kalkulationszinsfuß kann anhand der exakt berechneten Sollzinsen und Ertragszinsen berechnet werden.

Kapitalwert

Der Kapitalwert lässt sich als diejenige Entnahme in t=0 interpretieren, bei der der zusätzliche Endwert des VOFI Null wird oder anders formuliert bei der der Endwert des VOFI mit dem Endwert der Opportunität übereinstimmt.

Softwarewerkzeuge

VOFI-Tabellenkalkulation

Standardwerkzeuge zur Berechnung und Präsentation von VOFIs stellen Tabellenkalkulationen dar. Einige VOFI-Tabellen können unter dem Link Begleitmaterial zu VOFI und VOFI-Beispiele heruntergeladen werden.

mdaVOFI (Model Driven Architecture für VOFI)

Ein Open-Source-Projekt zur Implementierung von VOFI mit dem Anwendungsentwicklungsansatz MDA (Model Driven Architecture) steht unter mdaVOFI zur Verfügung.

VOFI-Varianten

  • Balanced-Scorecard VOFI (Zur Verbesserung der Balanced Scorecard)
  • Stochastischer VOFI (Simulativer VOFI)
  • VOFI zur Analyse von Zinsänderungswirkungen
  • Fuzzy-VOFI
  • LIVO (Liquiditätsplanung mit VOFI)
  • Beteiligungs-VOFI für das Konzerncontrolling
  • VOFI-Bewertungskalkül für mittelständische Unternehmen
  • Existenzgründungs-VOFIgrob
  • Supply-Chain-VOFI
  • Immobilien-VOFI
  • VOFI für Desinvestitionsentscheidungen
  • TCO-VOFI (Behebt die Schwächen der herkömmlichen TCO-Analyse)
  • InVOFI (Incentive VOFI)
  • FIRE-VOFI (Finanzierungsrechnungs-VOFI)
  • LKR-VOFI (Leistungs- und Kostenrechnungs-VOFI)

Literatur

  • Grob, Heinz L.; Einführung in die Investitionsrechnung; Vahlen; 5. Auflage; München 2006. ISBN 3-800-62777-9
  • Grob, Heinz L.; Investitionsrechnung mit vollständigen Finanzplänen; Vahlen; München. ISBN 3-800-61353-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Grob, Heinz L.; Einführung in die Investitionsrechnung; Vahlen; 4. Auflage; München 2001, S. 110.

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