Valvo

Valvo
Elektronenröhre EF83 von Valvo

Valvo wurde kurz nach der Einführung des Rundfunks 1924 in Deutschland durch die Röntgenröhrenfirma C. H. F. Müller (Carl Heinrich Florenz Müller, genannt „Röntgenmüller“) als „Radioröhrenfabrik Hamburg“ in Hamburg gegründet. Sie stellte zunächst Verstärker- und Sender-Elektronenröhren (eingestellt 1975) für die damals junge und expandierende Rundfunktechnik her.

Der Name Valvo, hergeleitet aus dem englischen Wort „valve“ (Röhre), stand dabei für neuartige Röhrentypen, die so verbreitet waren, dass sie zum Teil, wie die 1924 gebaute Triode „Normalröhre“, als „Valvo Normal“ bekannt wurden. 1927 schlossen sich C. H. F. Müller und die Radioröhrenfabrik den Philips-Unternehmen an. Schon in den 30er Jahren erweiterte man das Fertigungsprogramm um weitere Bauelemente, um Bildröhren, um Elektrolytkondensatoren, Lautsprecher, Hochohmwiderstände und Spezialröhren.

Während des Zweiten Weltkriegs verlagerte das Unternehmen im Juni 1943 einen Teil seiner Produktion nach Horneburg im Landkreis Stade. Beschäftigt wurden dort auch Zwangsarbeiterinnen des Konzentrationslagers Neuengamme, das dort 1944 das Außenlager Horneburg eingerichtet hatte.[1]

Der eigentliche Ausbau zur „Valvo GmbH“, einer Organisation, die 1974 in Deutschland vier große Fertigungsstätten besaß und zusammen mit den Produkten der weiteren Philips-Werke so gut wie alle damaligen elektronischen und elektro-mechanischen Bauelemente vertrieb, setzte nach dem Kriege ein. Getrieben von der rasanten Entwicklung in der Rundfunk- und Fernsehtechnik wurden nicht nur die Röhren weiterentwickelt. Valvo war bis in die 80er Jahre weltweit führend bei der Entwicklung von Fernsehbildröhren. Schon 1953, sechs Jahre nach Erfindung des Transistors, wurden bei Valvo die ersten industriellen Transistoren für Verstärker-Endstufen entwickelt, die dann 1957 geliefert wurden. 1966 kamen dann auch die ersten Integrierten Schaltungen aus Valvo-Fertigung auf den Markt und Anfang der 70er Jahre gehörte Valvo mit zu den treibenden Kräften bei der Neuentwicklung von Bauelementen für die automatische Bestückung.

Parallel zu den neuen Bauelementen entstand bei der Valvo eine technische Dokumentation dieser neuen Komponenten. Bekannt und besonders bei Entwicklern und Bastlern beliebt waren die „Valvo Taschenbücher“, handliche Bücher im Format DIN A6, die unter anderem die Betriebsdaten und Sockelbelegungen der meisten gebräuchlichen Röhrentypen enthielten.

Valvo-Taschenbücher der Jahre 1973/74/75

1974, im Jahr des 50. Betriebsjubiläums, umfasste das Produktspektrum von Valvo rund 30.000 elektronische und elektromechanische Einzeltypen, beschäftigte in Deutschland 8.000 Mitarbeiter, 5.000 davon in Hamburg, hatte bei einem Marktanteil von 21 % einen Umsatz von über eine Milliarde DM und war damit der größte Bauelemente-Lieferant in der Bundesrepublik.

Der Niedergang der europäischen Bauelementeindustrie und damit auch von Valvo begann in den 80ern mit dem Erstarken der Industrie in Japan. Unrentabel gewordene Fertigungsstätten wurden von der Muttergesellschaft Philips verkauft oder geschlossen. Es begann mit den elektromechanischen Bauelementen, die 1988 verkauft wurden. Weitere Restrukturierungen wurden von Philips langfristig vorbereitet: 1989 wurde die „Valvo GmbH“ in die „Philips Bauelemente GmbH“, umbenannt, der Handelsname Valvo blieb zunächst bestehen. 1992 wurden die verbliebenen Bauelemente in zwei Bereiche aufgeteilt, die „Passiven Bauelemente“ und die „Bildröhren“ in „Philips Components“, die „Aktiven Bauelemente“ in „Philips Semiconductors“. Mit diesem Schritt verschwand auch endgültig der Handelsname „Valvo“ vom Markt.

1999 wurde Philips Components veräußert, die keramischen Bauelemente wurden von Yageo übernommen und firmieren bis heute unter „Phycomp“ auf dem Markt. Die Elektrolytkondensatoren, Kunststoff-Folienkondensatoren und die nichtlinearen Widerstände wurden mit der Fa. Beyschlag aus Heide, ebenfalls einem ehemaligen Philips-Unternehmen und der amerikanischen Centralab zusammengefügt und unter den Namen BCcomponents zunächst selbständig, dann nach drei Jahren Selbständigkeit im Jahre 2002 von Vishay übernommen. In diesem Jahr wurden von Philips die Bildröhrenaktivitäten in ein Joint Venture mit der koreanischen LG (Lucky Goldstar) eingebracht, so dass der ursprüngliche Valvo-Kernbereich, die Röhren, nicht mehr 100%ig im Philips-Bereich angesiedelt war. 2006 wurden auch die ehemaligen Valvo-Halbleiteraktivitäten von Philips ausgegliedert und firmieren jetzt unter dem Namen NXP weiter in Hamburg. Damit wurde der gesamte ehemalige Bereich der Valvo Bauelemente aufgelöst.

1999 wurde der Spezialbereich der Valvo-Hochfrequenz-Zirkulatoren und Isolatoren in die Selbstständigkeit entlassen. Die neue Firma kaufte kurz darauf den von Philips nicht mehr benutzten Handelsnamen „Valvo Bauelemente GmbH“ und vertreibt bis heute seine Produkte unter dem Namen Valvo erfolgreich auf dem Markt.[2]

Quellen

  • E. Schaaff, W. Sparbier, 40 Jahre VALVO-Empfängerröhren, Sonderheft der Valvo-Berichte, April 1964
  • Am Puls der Zeit, Jubiläumsschrift anlässlich des 50jährigen Firmenjubiläums, Hamburg 1974

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Bohmbach: Das KZ-Außenlager in Horneburg In: Heike Schlichting, Jürgen Bohmbach: Alltag und Verfolgung – Der Landkreis Stade in der Zeit des Nationalsozialismus, Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Stade Band 23, Stade 2003 ISBN 3-9806197-7-X, S. 51-52
  2. www.valvo.com

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