Vaterschaft

Vaterschaft
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Ein Vater ist der männliche Elternteil eines Kindes. Diese Elternschaft beinhaltet drei Bedeutungen:

In traditionellen Familien nimmt der Partner der Mutter in der Regel alle drei Funktionen wahr, wobei es auch zahlreiche andere Varianten gibt (z. B. Stiefvater in einer Stieffamilie, Samenspender, alleinerziehende Väter, Väter in schwuler Partnerschaft usw.).

Für die Funktion des Vaters im Tierreich siehe untenstehenden Abschnitt Vaterschaft im Tierreich.

Inhaltsverzeichnis

Sozialwissenschaft

Sozialwissenschaftliche Theorien – etwa die des sozialen Konstruktivismus – verstehen unter Vater denjenigen, der die soziale Rolle der Vaterschaft wahrnimmt (sozialer Vater).

Als sozialer Vater gelten der Ehepartner der Mutter eines unerkannt unehelichen Kindes, der Adoptivvater (siehe Adoption), Stiefvater und Pflegevater, im weiteren Sinne ein Lebenspartner eines Elternteils, das dem Kind gegenüber eine verbindliche Vaterrolle übernimmt. Die Vaterrolle entwickelt sich in der Beziehung zum Kind schrittweise und erfordert gegenseitige Bereitschaft. Bei einer Anmaßung der Vaterrolle kann das Kind überfordert werden. Rollenkonflikte zwischen Vaterrolle und Rolle des Lebenspartners oder Ehemanns sind ebenfalls möglich.

Vaterschaft und Psychologie

Die Mainzer Psychologin und Psychoanalytikerin Inge Seiffge-Krenke fasste die Forschungsergebnisse zusammen und erläuterte Unterschiede im Erziehungsverhalten der Väter und deren Rolle auf den Nachwuchs beim Menschen.

  • Mütter beschäftigen sich mit Babys eher pflegerisch (z. B. Baden, Windelwechsel), während Väter zu Imitationsspielen neigen. Sie stimulieren die Kleinen mit Geräuschen oder optischen Reizen.
  • Später stimulieren sie die Heranwachsenden mit Bewegung und Sport und fördern so insbesondere bei Söhnen die Autonomie und das geschlechtsspezifische Rollenverhalten. Während bei Söhnen mehr auf Disziplin geachtet wird, werden bei Töchtern mehr Emotionen und Nähe zugelassen.
  • Nach der Pubertät bleiben sie wichtiger Ansprechpartner vor allem in schulischen und beruflichen Fragen sowie für politische Themen.

Langzeituntersuchungen der Soziologen Paul Amato und Alan Booth von der Pennsylvania State University zeigten, dass dem Bildungsgrad und Einkommen der Väter entsprechend der Bildungserfolg der Kinder ausfiel. Zudem zeigte eine weitere Untersuchung des Oxford Centre for Research into Parenting and Children, dass großes Erziehungsengagement von Vätern bei Söhnen eine spätere Straffälligkeit deutlich vermindern und Töchter vor psychischem Stress im späteren Leben schützen kann, während bei Vernachlässigung der Erziehungsaufgaben oder dem gänzlichen Fehlen des Vaters vermehrt Schulleistungsstörungen auftreten können. Zudem können Heranwachsende unter mangelndem Selbstbewusstsein leiden und später anfälliger für psychische Erkrankungen und Suchtprobleme sein. Jedoch treten diese Anfälligkeiten nach einer Trennung nicht zwangsläufig auf, da eine Ersatzperson oder der aktive Scheidungsvater zu einer Stabilisierung beitragen kann.[1]

Vaterschaft und Biologie

Die Psychologin Anne Storey von der Memorial University of Newfoundland stellte im Jahr 2000 fest, dass die Eigenschaften der Vaterschaft hauptsächlich durch den Hormonspiegel schon während der Schwangerschaft der Frau geprägt werden. In einer Untersuchung mit Paaren entdeckte sie wesentliche Änderungen im Hormonhaushalt der werdenden Väter beim Cortisol-, Prolaktin- und Testosteronspiegel. Während der Prolaktingehalt um etwa 20 % stieg, sank der Testosteronspiegel nach der Geburt um durchschnittlich ein Drittel. Folge sei ein Verhaltenswechsel des Vaters hin zu mehr Fürsorglichkeit. Als Auslöser werden Pheromone der schwangeren Frau vermutet. Weiter wurden kaum Unterschiede zwischen biologischen Vätern und "Ersatzvätern" festgestellt.[1]

Vaterschaft und Männlichkeitsbild

Als Patriarchat wird die Herrschaft der „Väter“ verstanden. Vaterschaft ist auch in der Moderne eng mit dem Status und der Bewertung von Männer und den Vorstellungen von Männlichkeit verbunden. Bereits in der Antike galt der aristokratische pater familias als der Idealtyp und Prototyp des Männlichen.

In einem für das Bundesfamilienministerium erstellte Gutachten „Facetten der Vaterschaft“ hat Wassilios Fthenakis das sich ändernde Bild des Vaters der letzten 300 Jahre nachgezeichnet: Er erwähnte die Veränderung der Vaterrolle vom Familienpatriarchen im 18. Jahrhundert über den zunehmend an Autorität verlierenden Arbeitervater des 19. Jahrhunderts, den stolzen Alleinernährer im Wirtschaftswunder der 1950er Jahre, den ums Sorgerecht kämpfenden Scheidungsvater der 1980er bis hin zu den partnerschaftlichen sogenannten „neuen Vater“ der Gegenwart.[1] Trotz dieser Veränderungen ist das Bild des Vaters im westlichen Kulturverständnis noch immer stark durch das Rollenverständnis des finanziellen Versorgers der Familie geprägt, der nur in Krisensituationen interveniert. Das erschwert es Vätern, mehr Zeit im Alltag mit ihren Kindern zu verbringen und berufliche Interessen dafür zurückzustecken. Hausmänner, die sich um die täglichen Belange der Kinder kümmern, sind quantitativ gesehen noch immer die Ausnahme.

Vaterschaft im Tierreich

Eine aktive Vaterschaft im Tierreich wurde zum Beispiel bei den Kaiserpinguinen beobachtet. Der Sozialforscher Wassilios Fthenakis nannte 2005 in seinem Standardwerk „Väter“ weitere Beispiele aus der Tierwelt, wie etwa den Stichling. Hier zeichnen sich Väter vor allem durch Brutpflege aus. Die Anthropologin Sarah Blaffer Hrdy betonte, dass die Teilung von Erziehungsaufgaben sich vor allem bei monogamen Beziehungen in einer Spezies herausbildet, da die Männchen sich relativ sicher sein können, dass sie in ihren eigenen Nachwuchs investieren. So ist unter den Primaten die aktive Vaterrolle bei den monogamen Krallenäffchen deutlicher ausgeprägter als bei den polygamen Schimpansen.[1]

Metaphorischer Gebrauch, Religion, Literatur

Der Begriff Vater wird in anderen Zusammenhängen als Begründer, Verursacher oder Erzeuger verwendet; beispielsweise als „der Vater des Gedankens“ oder „der Vater des Erfolges“. In alten Redewendungen wie „die Väter sagten…“ steht „Väter“ für die Vorfahren. Genauso wird Vaterland auch im Sinne von Heimat gebraucht.

Im Christentum drückt sich in der Bezeichnung Gottvater die väterliche Wesensart des dreieinigen Gottes aus.

Auch in der Literatur ist die Vaterrolle vielfältig reflektiert worden. Wichtige Beispiele sind das Theaterstück Ödipus Rex von Euripides, für den sozialen Vater die Tragödie Hamlet von Shakespeare und – aus neuerer Zeit – der Film Fanny und Alexander von Ingmar Bergman.

Deutsches Recht

Für die Vaterschaft kommen drei Möglichkeiten (in absteigender Reihenfolge) in Betracht (BGB § 1592):

  1. Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. Diese Regelung findet unter Umständen keine Anwendung, wenn das Kind zwar während der Ehe, aber nach einem Scheidungsantrag geboren wurde. Wird ein Kind innerhalb von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns geboren, so gilt der verstorbene Ehemann grundsätzlich als Vater (§ 1593 BGB).
  2. Vater ist der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat. Die Anerkennung bleibt schwebend unwirksam, solange ein anderer Mann – etwa wegen bestehender Ehe zum Zeitpunkt der Geburt – als Vater des Kindes gilt. Erst mit erfolgreicher Anfechtung der Scheinvaterschaft wird die Anerkennung des Vaters wirksam.
  3. Vater ist der Mann, dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

Zur Vaterschaft nach 1. und 2. ist es nicht nötig, jedoch gemäß BGB erstrebenswert, dass der juristische Vater zugleich der biologische Vater des Kindes ist. Ehemänner sind – so lange keine Vaterschaftsanfechtung erfolgt – auch dann Väter der Kinder ihrer Ehefrau, wenn sie nicht die biologischen Erzeuger sind. Ein Mann kann die Vaterschaft auch anerkennen, wenn ihm und der Mutter bekannt ist, dass er nicht der biologische Vater ist. Bei einer gerichtlichen Feststellung (also auch bei 3.) oder bei einer Vaterschaftsanfechtung ist aber immer die biologische Vaterschaft entscheidend, eine anderslautende Anerkennung erlangt dann keine Gültigkeit mehr.

Der juristische Vater hat ein Recht darauf zu erfahren, ob er auch der biologische Vater ist. (Vgl. Bundesverfassungsgericht Nr. 18/2007 vom 13. Februar 2007)

Ferner kann durch Adoption eine juristische Vaterschaft begründet werden oder wechseln.

§ 1600 (2) und (3) BGB besagen, daß der rechtliche Vater nicht die Vaterschaft des juristische Vaters anfechten kann, wenn der juristische Vater mit dem Kind in einer „sozial-familiären“ Beziehung lebt oder zum Zeitpunkt seines Todes gelebt hat.

Die Vaterschaft begründet zugleich die Unterhaltspflicht und darüber hinaus auch die sittliche Pflicht, für den Unterhalt des Kindes bis zum Abschluss einer seiner Neigung entsprechenden Ausbildung aufzukommen.

Die sorgerechtliche Stellung des nichtehelichen Vaters ist im deutschen Recht strittig. (s. Grenzen der Amtsbefugnisse des Jugendamtes)

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

„Vater“ in indogermanischen Sprachen und deren Veränderungen

Der Begriff „Vater“ gehört ebenso wie viele andere Verwandtschaftsbezeichnungen zu den ältesten Teilen des Wortschatzes und geht auf eine vielen heutigen indogermanischen Sprachen gemeinsame Vorform zurück. Mit dem deutschen Begriff „Vater“ urverwandte Entsprechungen in anderen indogermanischen Sprachen sind im Sanskrit (Altindisch) pitar, griechisch pater, lateinisch pater, sowie alt-, neuirisch athir (ahir). Als deutschsprachige Varianten sind unter anderem zu nennen Ätti (in einigen deutschschweizer Dialekten), althochdeutsch fater und neuhochdeutsch Vater. Aus dem 4. Jahrhundert ist gotisch fadar überliefert.

Siehe auch

Quellenangaben

  1. a b c d Judith Rauch: Fürsorgliche Männer – Das neue Bild vom Vater In Spiegel Online 25. April 2006

Literatur

  • Frank Dammasch/Hans-Geert Metzger (Hrsg.): Die Bedeutung des Vaters - Psychoanalytische Perspektiven, Frankfurt: Brandes und Apsel, 2006
  • Barbara Drinck: Vatertheorien. Geschichte und Perspektive. Budrich, Opladen 2005, ISBN 3-938094-22-2
  • Wassilios E. Fthenakis: Väter. Urban & Schwarzenberg, München 1985, ISBN 3-423-15046-7
  • Horst Herrmann: Vaterliebe. Ich will ja nur dein Bestes. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-499-18248-3
  • Jens Oenicke: Der werdende Vater. Zeitgeistfactory, Berlin 2005, ISBN 978-3-9810160-0-0
  • Julia Onken: Vatermänner. Ein Bericht über die Vater-Tochter-Beziehung und ihren Einfluss auf die Partnerschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37427-1
  • Robert Richter, Eberhard Schäfer: Das Papa-Handbuch. Alles was Sie wissen müssen zu Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr zu dritt. Gräfe und Unzer, München 2005, ISBN 3-7742-6975-0
  • Robert Richter, Martin Verlinden: Vom Mann zum Vater. Praxismaterialien für die Bildungsarbeit mit Vätern. Votum, Münster 2000, ISBN 3-933158-44-3
  • Ariane Schorn: Männer im Übergang zur Vaterschaft. Das Entstehen der Beziehung zum Kind. Psychosozial-Verlag, Gießen 2003, ISBN 3-89806-233-3
  • Heinz Walter (Hrsg.): Männer als Väter: Sozialwissenschaftliche Theorie und Empirie. Psychosozial-Verlag, Gießen 2002, ISBN 3-89806-140-X
  • Nentwich, Julia C.: Wie Mütter und Väter gemacht werden – Konstruktionen von Geschlecht bei der Rollenverteilung in Familien. In: Zeitschrift für Frauenforschung & Geschlechterstudien 18 (2000), Nr. 3, S. 96-121
  • Sonja Orel: Heimliche Vaterschaftstests. Perspektiven für eine Reform der Vaterschaftsuntersuchungsmöglichkeiten. Herbert Utz Verlag, München 2007, ISBN 3-8316-0698-6
  • Thomas Schirrmacher: Moderne Väter. Weder Waschlappen noch Despot, Hänssler 2008, ISBN 978-3-7751-4609-8

Weblinks


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