Vedutenmalerei

Vedutenmalerei
Bernardo Bellotto: Die Elbe bei Dresden

Eine Vedute (italienisch veduta: Ansicht, Aussicht) ist in der Bildenden Kunst (Malerei, Grafik) die wirklichkeitsgetreue Darstellung einer Landschaft oder eines Stadtbildes. Dem Ziel der realistischen Abbildung sind alle anderen Aspekte bei der Bildgestaltung (Licht und Schatten, Farben etc.) untergeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Genres

Sebastian Furck: Stadtansicht von Brühl, Kupferstich um 1630

Das Genre der Vedutenmalerei ist der Landschaftsmalerei, genauer der Stadtlandschaft zuzurechnen. In der Forschung wird allgemein das 17. Jahrhundert als Entstehungszeit angegeben. Man kann allerdings fragen, ob der Beginn eines künstlerischen Interesses an Stadtportraits nicht weit früher anzusetzen ist. Die Holzschnitte aus den Pilger- und Reiseberichten des mittleren 15. Jahrhunderts – wie Reuwichs Stadtansichten von Venedig oder Jerusalem in Bernhard von Breidenbachs „Reise ins heilige Land“ – stellen vielleicht noch einen Grenzfall dar, da dort der Schwerpunkt eher auf dokumentarischer denn auf künstlerischer Darstellung liegt. Sicher sind jedoch in der venezianischen Malerei um 1500 zahlreiche Gemälde zu finden, welche die Darstellung der Stadtarchitektur zum Thema haben. Prominentestes Beispiel ist der von Gentile Bellini für die Scuola San Giovanni Evangelista konzipierte Kreuzesreliquienzyklus (um 1495) (heute Accademia Venedig). Bellinis „Prozession auf dem Markusplatz“ (1495) oder Vittore Carpaccios „Wunder der Reliquie vom heiligen Kreuz“ (1494) müssen sicher der Vedutenmalerei zugeschrieben werden. Zweck solcher Stadtansichten war es, wichtige Monumente von historischer oder religiöser Bedeutung bzw. besondere Feierlichkeiten (Prozessionen, Erbhuldigungen etc.) zu verewigen. Der Kupferstich ermöglichte seit der Barockzeit weite Verbreitung.

Maßgeblich für den ungeheuren Erfolg dieses Genres war der Italien-Tourismus der englischen Aristokratie, der im 18. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte; es war üblich geworden, als „Souvenir“ von der Grand Tour nach Italien Bilder der römischen Antiken oder der norditalienischen Städte, die man besucht hatte, nach England mitzunehmen. Bernardo Bellotto und Giovanni Battista Piranesi allerdings gingen von diesem Konzept ab; während Piranesi zunehmend phantastisch-antike Capriccios malt, zeugen Bellottos Gemälde mehr und mehr von seiner Beschäftigung mit der zeitgenössischen Wirklichkeit.

Komposition

Eine Vedute bildet ein Stadtpanorama ab, meist mit Blick auf einen Fluss, einen Kanal, einen Platz oder eine Straße, die den Blick linearperspektivisch in die Tiefe ziehen. Zu unterscheiden sind davon das „städtische Interieur“ und solche Bilder, die die Schnittstelle von Stadt und Land zum Thema haben und die beiden Sujets Vedute und Landschaft verbinden (vgl. dazu Stadtlandschaft). Veduten haben oft etwas Prospekt- oder Kulissenhaftes. Sie dokumentieren einerseits die besonders anziehenden und reizvollen Seiten einer Landschaft, einer Gruppe von Gebäuden usw. im Sinne einer „Ansicht“ – eine Funktion, die später Fotografie und Ansichtskarte übernahmen – wollen aber auch als Bild an sich, als Gemälde, Kunstwerk über die Funktion hinaus, Dokument zu sein, wahrgenommen werden.

Vertreter der Vedutenmalerei

Als „Vater der neuzeitlichen Vedute“ (Andrzej Rottermund 2005) gilt der niederländisch-italienische Maler Gaspar van Wittel (Vanvitelli), der in Holland das Malerhandwerk erlernte, aber sein Leben großteils in Rom verbrachte, wo er seine Erfahrungen an die italienischen Meister vermittelte. Durch ihn wurde die camera obscura als Arbeitsgerät in die italienische Vedutenmalerei eingeführt, der sich auch Giovanni Antonio Canale gen. Canaletto, Bernardo Bellotto gen. Canaletto, Francesco Guardi und Michele Marieschi bedienten. Zu den herausragenden Vertretern der Vedutenmalerei gehören auch Giovanni Battista Piranesi, Domenico Quaglio und Rudolf Wiegmann. Als einer der bedeutendsten Vedutenmaler des 19. Jahrhunderts gilt der Schotte David Roberts.

Literatur

  • Stephan Füssel, Rem Koolhaas, Hist. Museum Frankfurt/M.: Georg Braun, Franz Hogenberg: Civitates orbis terrarum (Städte der Welt). 363 Kupferstiche mit 564 Stadtansichten neu herausgegeben und kommentiert. Nach einem Original des Historischen Museums Frankfurt. Das Original erschien von 1572 bis 1618. Taschen, 520. Seiten. ISBN 978-3-8365-1125-4
  • Sebastian Münster, 1544
  • Christoph Wetzel: Reclams Buch der Kunst. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2001. ISBN 3-15-010476-9

Weblinks


Quellennachweis


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