Velodiebstahl

Velodiebstahl
Demontierter Rahmenrest No. 1
Demontierter Rahmenrest No. 2
Gravur eines Rades

Der Begriff Fahrraddiebstahl (schweiz.: Velodiebstahl) bezeichnet die widerrechtliche Wegnahme eines oder mehrerer Fahrräder oder deren Bauteile.

Inhaltsverzeichnis

Auswirkungen

Bei der 2007 in München stattgefundenen Tagung VELOCITY berichtete eine Referentin aus Frankreich, dass nach dortigen Statistiken in Frankreich

  • jährlich rund 400.000 Fahrraddiebstähle vermeldet werden (entspricht grob den Zahlen der deutschen Statistik)
  • 22 % der Bestohlenen darauf mit Verzicht auf weiteres Fahrradfahren reagieren
  • 50 % der Bestohlenen sich mit dem Kauf eines Gebrauchtrades begnügen
  • 50 % aller Fahrraddiebstähle aus Häusern/Wohnanlagen erfolgen.

Statistische Daten

Nach einem gemeinsam vom Innenministerium, Landeskriminalamt, Versicherungswirtschaft und ADFC erarbeiteten Positionspapier aus dem Jahre 2006 werden rund zwei Drittel aller Fahrraddiebstähle von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, meist männlich, verübt. 2006 wurden laut Kriminalstatistik des BKA in Deutschland rund 370.000 Fahrräder gestohlen, wobei eine hohe Dunkelziffer vermutet wird, weil längst nicht alle Diebstähle der Polizei gemeldet werden. Die Versicherungswirtschaft schätzt den ihr entstehenden Schaden auf rund 100 Mio Euro pro Jahr.

Gegenmaßnahmen

Fahrradregistrierung

Die Registrierung eines Rades bei der Polizei ist nur in einigen Kreisen oder Städten möglich. Die Polizei registriert in der Regel kostenlos. So registrierte Fahrräder werden meist durch einen entsprechenden Aufkleber deutlich sichtbar gekennzeichnet. Seit 2008 ist die bis dahin in Sachen Codierung sehr aktive Neußer Polizei in Kooperation mit einem namhaften lokalen Hersteller von Folien auf die Fahrradregistrierung umgestiegen, was vor Allem in Nordrhein-Westfalen zu vergleichbaren Angeboten weiterer Polizeidienststellen geführt hat.

Möglich ist auch eine kostenpflichtige Registrierung des Fahrrads bei einer der privat unterhaltenen Datenbanken im Internet. Die Polizei pflegt eine Zusammenarbeit mit gewerblichen Anbietern dieser Dienstleistung abzulehnen.

Wird ein registriertes Fahrrad gestohlen, können aber zumindest die bei der Registrierung erhobenen Daten in eine bundesweite Fahndungsdatei der Polizei (POLAS) übernommen werden. Wichtigstes Kriterium ist dabei die Fahrrad-Rahmennummer, die vom Hersteller (nach einer alten DIN-Norm und der neuen Europäischen Norm) an jedem Fahrradrahmen angebracht sein sollte (aber nicht immer ist).

Fahrradpass

Der Fahrradpass ist ein von der Polizei entwickeltes Formular, in dem wichtige Informationen festgehalten werden können, die zur Identifizierung eines aufgefundenen oder kontrollierten Rades führen können. Vom Eigentümer oder dem Händler ausgefüllt sind sie aber ein sehr gutes Instrument, im Falle einer Diebstahlsanzeige die entsprechenden Fragen der Ermittlungsbeamten zu beantworten. Einige Polizeibehörden bieten Fahrradbesitzern noch die Registrierung von Fahrrädern an. Die Fahrrad- und Besitzerdaten werden dann in einer Fahrrad-Halterdatei eingegeben, die für die Fahndung nützlich ist. Solche Fahrrad-Halterdateien gibt es z. B. in Viersen, Münster, Neuss und Gütersloh.

Fahrradcodierung

Muster einer Fahrradcodierung

Mit großer Wahrscheinlichkeit schreckt die Verwendung einer offiziellen Fahrradcodierung ab. Dabei werden in verschlüsselter Form der Wohnort und die Straßenadresse (bzw. in Berlin das Geburtsdatum) und die Initialen des Eigentümers in den Rahmen eingraviert. Allerdings ist dieser Schutz nur relativ, da ein gestohlenes Fahrrad nur bei einer polizeilichen Kontrolle auffällt bzw. Verdacht auf Diebstahl auslösen kann. Solche Kontrollen kommen sehr selten vor, da die personell unterbesetzte Polizei dafür keine Kapazitäten frei hat, also meist nur, wenn sie schon einen konkreten Verdacht hat, einen Dieb vor sich zu haben. Allerdings ist der Verkauf codierter Räder durch Diebe/Hehler für diese deutlich riskanter als der uncodierter Räder. Der Verkauf gestohlener codierter Räder über ebay ist hoch riskant und daher eher unwahrscheinlich.

Da viele Räder lediglich für eine Spritztour „entliehen“ und dann unverschlossen irgendwo stehen gelassen werden, ist die Chance für deren Rückführung sehr viel höher als die uncodierter Räder. Nach einer allerdings nicht durch bundesweite Statistiken belegten Aussage einer mittleren Polizeidienststelle können dort bei 90 % aller aufgefundenen Räder die Eigentümer nicht mehr ausfindig gemacht werden, weil diese keine sachdienlichen bzw. zweifelsfreien Angaben zur Beschaffenheit ihres Eigentums liefern können oder überhaupt keine Anzeige erstatten. Beispielsweise werden in Frankfurt am Main jedes Jahr ca. 500 uncodierte Räder amtlich versteigert, weil sich der Eigentümer nicht mehr ermitteln lässt. Codierte Räder kommen dagegen höchst selten unter den Hammer.

Fahrradschlösser

Hauptartikel: Fahrradschloss
billiges und teures Fahrradschloss
hochwertiges Bügelschloss

Nach vorgenannten Statistiken aus Frankreich sind bei rund 90 % aller Diebstähle minderwertige Schlösser im Spiel. Entsprechende Statistiken in Deutschland sind hier nicht verfügbar. Erfahrungen sprechen dafür, dass kein Schloss hundertprozentige Sicherheit bietet, dass aber Schlösser, die wenigstens drei Minuten einem Aufbruchversuch Stand halten, Diebstahl effizient verhindern.

Einen relativen Schutz bietet die Verwendung eines hochwertigen Fahrradschlosses. Dabei ist ein geschmiedetes Kettenschloss, ein Panzerschloss, ein Faltschloss oder ein Bügelschloss die beste Wahl – allerdings sind gute Schlösser relativ schwer, unhandlich und groß. Nicht jedes Bügelschloss ist automatisch geeignet, einen Diebstahl zu verhindern. Insbesondere sind diese oft schlecht dafür verwendbar, ein Fahrrad an einen Gegenstand (Baum, Laterne usw.) festzuschließen. Gute Bügelschlösser sind aber im Verhältnis zum Gewicht sicher. Kettenschlösser sind bezüglich des Festschließens besser dimensioniert, um das Fahrrad an einen Fahrradständer, Zaun oder ähnliches anzuschließen. Dabei ist es wichtig, den Rahmen sowie mindestens ein Laufrad mit anzuschließen. Der Preis für hochwertige Schlösser liegt oberhalb von 50 €.

Fahrräder, die außerhalb der Wohnräume abgestellt werden (Keller, Schuppen usw.), müssen immer zusätzlich mit einem Schloss gesichert werden, will man bei einem Diebstahl die Versicherungssumme zumindest teilweise von der Hausratversicherung erstattet bekommen.

Sicherheit trotz Schnellspanner

Die Verwendung von Schnellspannern macht es Dieben leicht, das Fahrrad sekundenschnell vom Vorderrad zu trennen, wenn nur dieses angeschlossen ist.

Hier bietet sich neben ähnlichen Systemen, wie etwa von Kryptonite und anderen Herstellern, das Pitlock-System an, das mit 256 unterschiedlichen Paaren aus einer Spezialmutter und einem nur zu dieser passenden sechskantigen Aufsatz das Abschrauben von Komponenten deutlich erschwert. Pitlock wird in Zweiersets (Vorderrad plus Hinterrad), Dreiersets (Vorder- und Hinterrad plus Sattel) oder einzeln angeboten. Es werden hierbei die jeweiligen Schnellspannachsen komplett durch eine Pitlock-Achse ersetzt, an der nur die Spezialmutter mit einem Werkzeug gefasst werden kann. Auf Wunsch lassen sich mehrere Sets mit identischer Kodierung bestellen, bspw. zur Sicherung mehrerer Räder des gleichen Besitzers oder Haushaltes. Nachteilig ist, dass man den Spezialaufsatz im Falle einer Panne stets parat haben muss, dieser lässt sich jedoch relativ einfach an einem Schlüsselbund anbringen. Weitere Nachteile sind der hohe Preis im Vergleich zu herkömmlichen Schrauben sowie die eingeschränkte Eignung für Systeme mit Steckachsen.

Sättel und Laufräder, die mit einem normalen Schnellspanner versehen sind, sollten mit einem Schloss an den Rahmen angeschlossen werden. Es kommt selten vor, dass ein Dieb für einen einzelnen Gegenstand ein Schloss aufbricht, außer der Wert ist hoch, z. B. Nabendynamo oder Rohloff-Schaltung.

Abschließbare Boxen

In fahrradtouristisch bedeutenden Gegenden (z. B. Eichstätt im Altmühltal, Münster, Regensburg) werden zunehmend private oder kommunale Fahrradgaragen errichtet. Diese sind in der Regel bewacht und bieten Diebstahlschutz auch für Gepäck. Der bedeutendste Nachteil ist, dass sie nur begrenzte Öffnungszeiten haben und teuer sind.

An vielen Bahnhöfen gibt es abschließbare Boxen, die von den Bahnkunden gemietet werden können, der Kunde erhält einen Schlüssel und ist somit unabhängig von Dienstzeiten des Bahnpersonals.

Versicherung

Der Diebstahl von Fahrrädern ist häufig durch die Hausratsversicherung gedeckt. Ein Blick in die Versicherungsbedingungen ist sehr zu empfehlen.

  • Die Entschädigung ist meist auf max. 5 % der Versicherungssumme begrenzt. Bei gleichzeitigem Diebstahl mehrerer Räder werden diese als eine Einheit betrachtet.
  • Oftmals ist bei neueren Hausratverträgen der Einschluss des Fahrraddiebstahlrisikos über einen zusätzlichen Baustein möglich. Dieser muss extra vereinbart werden.
  • Die Versicherung gilt, je nach Versicherungsbedingungen, nur in der Zeit von 6 bis 22 Uhr uneingeschränkt. Bei vielen neuen Verträgen gibt es diese Einschränkung jedoch nicht mehr.
  • Im Falle eines Diebstahls muss der Versicherte u. a. auch die Fahrradrahmennummer angeben können (aus VHB 92 Klausel 7110 Nr. 4 ).
  • Vandalismus ist nicht versichert, also werden wieder aufgefundene, aber demolierte Räder nicht entschädigt.
  • Die Inanspruchnahme der Versicherung gibt dieser die Möglichkeit, den Vertrag anschließend zu kündigen. Allerdings haben im Schadenfall auch Kunden diese Möglichkeit.

Es gibt bundesweit nur noch sehr wenige reine Fahrrad-Versicherungen, da die Inanspruchnahmen häufig das entsprechende Prämienaufkommen übertrafen, d. h. die Versicherungen Verluste erlitten. Dazu trugen möglicherweise auch vorgetäuschte Diebstähle bei.

Behördliche Maßnahmen

Die Polizei bekämpft den Fahrraddiebstahl vor allem bei der Fahndung nach Personen mit gestohlenen Fahrrädern. Dabei soll das als gestohlen identifizierte Fahrrad den Benutzer als Täter, wenigstens als Verdächtigen überführen. Wurde das überprüfte Fahrrad einer Straftat (häufig Anzeige gegen Unbekannt) zugeordnet, wird das Fahrrad zum Asservat und der letzte Benutzer als Tatverdächtiger eingesetzt. Generell wird über die Rahmennummer des Fahrrades mit Hilfe der Sachfahndung geprüft, ob das Fahrrad zur Fahndung ausgeschrieben worden ist. In seltenen Fällen ist auch eine Überführung des Täters mit Hilfe der zusätzlichen Codiernummer möglich.

Herrenlose Fahrräder werden auch von der Polizei fahndungsmäßig überprüft, da die Diebstahlsvermutung angenommen wird. [1] Ist das Fahrrad nicht im Fahndungsbestand vorhanden, wird es als Fund behandelt. Ferner werden von vielen Stadtverwaltungen regelmäßig stattfindende Säuberungsaktionen durchgeführt, d. h. offensichtlich herrenlose oder schrottreife Fahrräder werden eingesammelt und vor Ort ein Hinweiszettel angebracht.

Öffentliche Fahrräder an einer Station in Paris

Diese werden für eine Zeitdauer von sechs Monaten aufbewahrt und dann verwertet, sofern der Eigentümer sein Eigentum nicht reklamiert. Dies kann auch aus Sicherheitsgründen, z. B. bei Staatsbesuchen, erfolgen.

Fahrradmietsysteme/Fahrradverleih

Kostenlose städtische Mietradstationen mit öffentlichen Fahrrädern können den Fahrraddiebstahl privater Räder ebenfalls helfen zu senken, da etwa 2/3 der Diebstähle sogenannte Bequemlichkeitsdiebstähle sind, die einzig dazu begangen werden, um das Fahrrad gerade in dem Moment zu nutzen und dann als vermeintlich herrenlos abzustellen. [2] [3]

Mediale und literarische Bearbeitungen

Filmisch und literarisch wurden immer wieder Milieustudien zum Fahrraddiebstahl inszeniert. Am berühmtesten der Klassiker des italienischen Neorealismus Ladri di biciclette (dt. Fahrraddiebe) 1948 von Regisseur Vittorio De Sica. Einem in ärmlichen Nachkriegsverhältnissen lebenden jungen Mann wird das für die nach langem Suchen gefundene Arbeit als Filmplakatekleber notwendige Fahrrad gestohlen. Trotz aller Bemühungen, es wieder zu erlangen, um den Lebensunterhalt für seine kleine Familie zu bestreiten, gelingt es ihm nicht. Nun stiehlt er in letzter Konsequenz seinerseits ein Gefährt und wird dabei erwischt. Eine filmische Neubearbeitung des gleichen Themas namens Beijing Bicycle (China/Frankreich 2001, Originaltitel Shiqi sui de dan che, Regie Wang Xiaoshuai) in einer chinesischen Stadtumgebung, mehr als 50 Jahre später gedreht und vom Filmkunstpublikum positiv aufgenommen, zeigte dass sich überall auf der Welt ähnliche Konflikte abspielen. Spannend wird das für die unbeteiligten Außenstehenden nur dadurch, dass sehr genau und mit ironischer Distanz hingeschaut und vergleichbar wird, wie ein Betroffener, dem übel mitgespielt wurde, dem Unglück den Giftzahn zu ziehen imstande ist oder nicht.

Literarisch ist Fahrraddiebstahl häufig in Glossen unter „Vermischtes“ Thema, z. B. von Korrespondenten aus Amsterdam, Kopenhagen oder dem City-Maut bewehrten London. Eine feuilletonistische Abrechnung mit den egoistischen „Privatisierern“ des Gratisrades, der ersten Version eines öffentliches Fahrrades in Wien, stammt von Franz Schandl und wurde in der Jungen Welt veröffentlicht. Während es im Roman höchstens als retardierendes Moment einen Nebenschauplatz eröffnet, langt es bei Kurzgeschichten gelegentlich zum Hauptthema. Ein besonders beeindruckendes Beispiel liefert die Erzählung Don Camillo und der Fahrraddieb von Giovanni Guareschi. Der seines fahrbaren Hilfsmittels beraubte Don Camillo stößt zu Fuß ausschreitend auf dem Rückweg zufällig auf den rastenden Übeltäter. Statt zu zetern und Gegengewalt zu ergreifen, lädt er ihn zu einer gemeinsamen Mahlzeit bei sich zuhause ein und lässt sich die Vorgeschichte des Geschehenen genauestens schildern. Er kommt zu einer verblüffenden Schlussfolgerung.

Der vermutlich häufigste Fall, nämlich dass man als zugezogener Großstadtbewohner Opfer der Beschaffungskriminalität von Drogensüchtigen oder übermütigen Jugendlichen auf „Spaß-Trip“ wird, ist gelegentlich Thema in Dokumentarfilmen oder journalistischen Reportagen, die versuchen, das Milieu des Dunkelfelds auszuleuchten.

Eine interessante Untersuchung fand sich im SZ-Magazin. Untersucht wurde die „Verweildauer“ unverschlossener Räder an verschiedenen Münchner Plätzen. Die Zeit schwankte zwischen mehreren Minuten und einigen Stunden. Die meist markant höhere Diebstahl- und Vandalismusquote an Bahnhöfen und bei größeren Fahrradansammlungen fand im relativ kompakten, bebilderten Artikel allerdings keine Resonanz.

Als lyrische Verarbeitung des Themas sei die humorvoll-bösartige Kleine Fahrraddiebhalsgerichtsordnung genannt, in der der Dichter und Fahrradfahrer Horst Tomayer mit dem „Klassenfeind des Fahrradeigners“ abrechnet.

Quellen

  1. Informationen der LH München - KVR (Fundbüro)
  2. http://members.aol.com/humorme81/citybike.htm Statistische Angaben aus Kopenhagen(Dänemark) nach Einführung des Ciytybikes dort
  3. http://de.wikipedia.org/wiki/Fahrradverleih#Helsinki sowie aus Helsinki

Siehe auch

Weblinks


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