Verbandsbeschwerde

Verbandsbeschwerde

Das Schweizer Recht gibt Natur-, Heimat- und Umweltschutzorganisationen unter bestimmten Bedingungen Beschwerderecht gegen Bauprojekte. Die rechtliche Basis bilden das Bundesgesetz über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG) und das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG)[1].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Funktionsweise

Eingerichtet wurde das Verbandsbeschwerderecht, um ein Gegengewicht zu den in den 60er Jahren auf Umweltfragen wenig sensibilisierten Behörden zu schaffen. Damit ein Verband Beschwerde führen darf, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:

  • Ein beschwerdeberechtigter Verband muss seit zehn Jahren auf nationaler Ebene tätig sein
  • Der Schweizer Bundesrat muss dem Verband die Beschwerdeberechtigung erteilen
  • Der von der Beschwerde angefochtene Gegenstand muss seit mindestens zehn Jahren Bestandteil des Zwecks des Verbands sein.
  • Bei Beschwerden nach USG muss das angefochtene Projekt der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung unterstehen (Minimalkriterien z.B. mehr als 500 Parkplätze, mehr als 7500 m2 Ladenfläche etc.). Entsprechend geht es bei vielen Beschwerden um eben diese mit der Umweltverträglichkeitsprüfung verknüpften Determinanten (Bsp. Anzahl Parkplätze).

Aktuelle Diskussion

Der Nutzen und die Wirksamkeit des Beschwerderechts sind in der Schweiz umstritten. Wissenschaftliche Studien kommen dabei zu unterschiedlich Schlüssen[2][3]. Fest steht, dass sich die Rechtsstreitigkeiten zwischen Investoren und Verbänden oft über eine lange Dauer hinweg ziehen und kostenintensiv sind. Welche Seite vor Gericht durchschnittlich erfolgreicher ist, kann, entgegen verschiedener kolportierter Zahlen, nicht abschliessend bestimmt werden.

2004/2005 sorgte der Fall des kombinierten Einkaufszentrums und Stadions in Zürich für eine heftige öffentliche Auseinandersetzung um das Verbandsbeschwerderecht. Anwohner und der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) hatten Beschwerde gegen das Projekt geführt, nachdem sich die Bevölkerung der Stadt Zürich für dieses Projekt ausgesprochen hatte. Die nachfolgende politische Auseinandersetzung führte zu zahlreichen parlamentarischen Vorstössen, welche in einer partiellen Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts mündeten.

Am 30. November 2008 verwarf das Schweizer Volk mit 66% Nein-Stimmen eine eidgenössische Volksinitiative der Zürcher Kantonalsektion der Freisinnig-Demokratischen Partei, welche das Verbandsbeschwerderecht nach demokratisch gefällten Entscheiden ausschliessen wollte. Das Verbandsbeschwerderecht in Umwelt- und Raumplanungsangelegenheiten sollte ausgeschlossen werden bei

a. Erlassen, Beschlüssen und Entscheiden, die auf Volksabstimmungen in Bund, Kantonen oder Gemeinden beruhen

b. Erlassen, Beschlüssen und Entscheiden der Parlamente des Bundes, der Kantone oder Gemeinden.

Die Initianten waren der Meinung, dass Volk oder Parlament, sofern sie angerufen werden, als demokratische Kontrollinstanzen endgültig über die Umweltverträglichkeit (besonders auch im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeit) entscheiden sollen. Gegner der Initiative, insbesondere beschwerdeberechtigte Umweltverbände, wollten diese Rolle weiterhin den Gerichten zuweisen, da insbesondere das Volk nicht entscheiden könne, ob ein Projekt die Umweltgesetze erfülle bzw. zum Zeitpunkt der Abstimmung umweltrelevante Details noch gar nicht bekannt seien.

Siehe auch

Das in Deutschland geltende Verbandsklagerecht ist dem Verbandsbeschwerderecht ähnlich.

Einzelnachweise

  1. Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
  2. Studie zum Nutzen des Verbandsbeschwerderechts vom Verband der Immobilien-Investoren VIV
  3. Studie an der Rechtsfakultät der Universität Genf

Weblinks


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