- Verdunstungsrate
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Bei einer Verdunstung geht ein Stoff vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über, ohne dabei zu sieden.
Inhaltsverzeichnis
Vereinfachte Beschreibung
Bringt man eine Flüssigkeit in ein evakuiertes Gefäß, so verdampft sie, bis sich ein Gleichgewicht zwischen Flüssigkeit und Dampfphase eingestellt hat. Der Druck, der dann in dem Gefäß herrscht, ist der Dampfdruck der Flüssigkeit. Öffnet man nun das Gefäß, so wird die Atmosphäre im Gefäß ausgetauscht. Dies stört das Gleichgewicht zwischen Dampfphase und Flüssigkeit, so dass weitere Flüssigkeit verdampft. Dieser Prozess heißt Verdunsten.
Einordnung des Phänomens in die Thermodynamik
Die Verdunstung selbst stellt eine Phasenumwandlung dar und leitet sich deshalb auch aus den Gesetzen der Thermodynamik ab, ohne die man diesen Prozess nicht verstehen kann. Entsprechend der Maxwell-Boltzmann-Verteilung weisen die Teilchen eines Gases, aber auch in ähnlicher Form die Teilchen einer Flüssigkeit, eine Geschwindigkeitsverteilung auf. Es existieren daher bei beiden immer zugleich langsame und schnellere Teilchen, wobei diese über eine spezifische kinetische Energie verfügen und der Anteil sowie die Geschwindigkeit der schnelleren Teilchen mit steigender Temperatur zunehmen. Da schnelle Teilchen mit einer ausreichend hohen kinetischen Energie hierbei in der Lage sind, die Anziehungskräfte zu überwinden, die durch ihre Nachbarteilchen auf sie wirken, wechseln immer einige von ihnen von der flüssigen in die gasförmige Phase. Es treten jedoch auch immer verlangsamte Teilchen der gasförmigen Phase in die flüssige Phase zurück, weshalb sich mit der Zeit, ohne eine Beeinflussung von außen und ohne dass eine der Phasen aufgebraucht wird, ein dynamisches Gleichgewicht einstellt. In der Erdatmosphäre wird ein solches Gleichgewicht jedoch nicht immer erreicht, und falls es so gestört ist, dass mehr Teilchen aus der flüssigen Phase austreten als in sie eintreten, spricht man von einer Verdunstung. Die Verdunstung kann auch zum vollständigen Verschwinden der flüssigen Phase führen, was man als Austrocknung bezeichnet.
Die flüssige Phase kühlt sich beim Verdunstungsprozess ab und führt so zur so genannten Verdunstungskühlung, wobei der Umgebung die Verdunstungswärme in Form von Latenter Wärme zugeführt wird.
Verdunsten vs. Sieden
Im thermodynamischen Gleichgewicht entspricht der Partialdruck der Gasphase der verdunstenden Substanz dessen Dampfdruck. Verdunstung tritt also dann auf, wenn der Dampfdruck größer ist als der Partialdruck. Dieser Prozess läuft jedoch langsam ab, da die flüssige Phase in sich stabil ist, solange der Dampfdruck unterhalb des Gesamtdruckes liegt. Entspricht der Dampfdruck jedoch dem Gesamtdruck oder übersteigt diesen, so siedet die Substanz. Verdunstung ist also nur möglich, wenn noch ein stofffremdes Gas vorhanden ist – i. d. R. Luft – das den Restdruck zur Verfügung stellt. Der umgekehrte Prozess – die Kondensation – findet statt, wenn der Dampfdruck unter dem Partialdruck liegt.
Wasserverdunstung
Wasser verdunstet schon bei Raumtemperatur, insofern die Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt ist, was dem oben beschriebenen dynamischen Gleichgewicht entsprechen würde. Da dieses bei nahezu allen anderen Stoffen nicht der Fall ist und Wasser in der Erdatmosphäre eine herausragende Rolle spielt, wird von einer Verdunstung meistens nur in Zusammenhang mit Wasser gesprochen. Auf dem Prinzip der Wasserverdunstung beruht beispielsweise das Freilufttrocknen von Wäsche oder das Verschwinden von Wasserpfützen. Der Effekt der Verdunstungskühlung durch Wasser ist die Grundlage für den Effekt der Thermoregulation durch Schwitzen, indem der Haut die Verdunstungswärme entzogen und diese dadurch abgekühlt wird.
In der Ökologie, Meteorologie und Klimatologie wird zwischen Transpiration (Schwitzen + Blattverdunstung) und Evaporation (Verdunstung von Wasser auf unbewachsenem/freiem Land oder Wasserflächen bezeichnet) als Formen der Verdunstung unterschieden, wobei man beide auch zur Evapotranspiration zusammenfasst.
Die Aufnahme von Wasser in die Erdatmosphäre durch Verdunstung spielt sich dabei auf der Erdoberfläche, also beispielsweise Wasserflächen, Böden und Pflanzen ab. Abhängig ist die Verdunstung hauptsächlich von folgenden Faktoren:
- Lufttemperatur
- Luftfeuchtigkeit
- Sonneneinstrahlung (Jahreszeit)
- Windstärke bzw. bedingt auch Windrichtung
- Oberflächenbeschaffenheit (Bodentyp usw.) und Vegetation
- Wassergehalt des Bodens bzw. Niederschlagsmenge
Durch die vielfältigen Parameter, von denen die Verdunstung abhängig ist, wird deren Bestimmung sehr schwierig und aufwändig. Meistens wird die Verdunstung deshalb nicht gemessen, sondern unter zuhilfenahme mathematischer Modelle lediglich mit einer Näherung geschätzt. Die resultierende Verdunstung pro Zeiteinheit, also sozusagen die Verdunstungsgeschwindigkeit, bezeichnet man als Verdunstungsrate.
Man unterscheidet die potentielle Verdunstung, welche die aufgrund der meteorologischen Bedingungen prinzipiell mögliche Verdunstungsrate darstellt, von der tatsächlichen Verdunstung, die den real vorhandenen Wassergehalt, beispielsweise des Bodens, mit einbezieht. Dabei ist die potentielle Verdunstung immer größer oder gleich der tatsächlichen Verdunstung. Bei Trockenheit, also vor allem in ariden Klimazonen, können sich beide Werte stark unterscheiden.
Berechnung und Messung
Die Verdunstung lässt sich nur mit hohem Aufwand messen, meistens durch Evaporimeter oder Lysimeter. Gemessen wird dabei die so genannte Grasreferenzverdunstung, die aufgrund der eher theoretischen Definition der potenziellen Verdunstung als dessen messtechnisches Synonym genutzt wird. Wesentlich stärker verbreitet sind hingegen eine große Zahl unterschiedlicher Näherungsformeln, die angepasst an verschiedene Einflussfaktoren zur Berechnung der Verdunstung dienen können. Deren Fehler richtet sich vor allem nach den jeweils zur Verfügung stehenden Daten, was insbesondere in Bezug auf Einflussfaktoren wie Nutzung, Bewuchs, Wurzeltiefe und hydrologische Bodeneigenschaften problematisch ist. Näherungsformeln auf Basis meteorologischer Standardmessgrößen erreichen jedoch im Allgemeinen nur eine sehr beschränkte Genauigkeit.
Beispiele zur technischen Nutzung der Verdunstung
Die offene Verdunstung ist auf Grund der Nutzung von Umwelt- und Sonnenenergie ein recht energiesparsamer Prozess. Darum wird er auch großtechnisch genutzt, wo die Produktstabilität es zulässt. Bei der Lithiumgewinnung wird die Sole vor dem Transport in der Salar de Atacama, Chile, oder in Silver Peak, USA, in riesigen Solarteichen durch Verdunstung teilweise um den Faktor 40 aufkonzentriert. Hierbei kann die Durchlaufzeit durch mehr als 10 Solarteiche bis zu zwei Jahre betragen. Ein weiteres Beispiel ist die Gewinnung von Meersalz aus Meerwasser. In Dampier, Australien, werden hierzu Salzgärten auf einer Fläche von mehr als 9000 ha betrieben. Zwar kann die Verdunstung in Solarteichen in Deutschland wegen der hohen Niederschläge und der relativ geringen Sonneneinstrahlung nicht genutzt werden. Aber auch hier wird die Verdunstung zur Salzgewinnung in Gradierwerken genutzt.
Eine weitere technische Anwendung der Verdunstung ist die solare Klärschlammtrocknung. Der in der Abwasserreinigung anfallende und vorentwässerte Klärschlamm wird dazu in Trocknungshallen mit transparenter Gebäudehülle (Folie-, Polycarbonat- oder Glaseindeckung) großflächig aufgebracht. Die einstrahlende Sonne erwärmt den lagernden Klärschlamm wodurch der Dampfdruck im Klärschlamm gegenüber der darüberstehenden Luft erhöht wird und Wasser aus dem Klärschlamm verdunstet. Die feuchte Luft wird über eine computergesteuerte Lüftungstechnik aus der Trocknungshalle abgeführt. So wird aus dem Abfall Klärschlamm nachwachsender Sekundärbrennstoff mit einem Heizwert von 8 - 11 MJ/kg TS hergestellt, der in Kohlekraft- und Zementwerken fossile Energieträger ersetzt. Die größte solare Klärschlammtrocknungsanlage wird mit 4.704 m² Trocknungsfläche wird z.Z. in Polen nach dem Wendewolf - Verfahren betrieben. [1] [2]Den für den Verdunstungsprozess notwendigen Energieaufwand machten sich die Menschen schon in der Antike zunutze, um Getränke zu kühlen. Diese wurden in porösen Tongefäßen aufbewahrt und durch die Verdunstung eines kleinen Teils der Flüssigkeit durch die Gefäßwand hindurch konnte der verbleibende größere Rest relativ kühl gehalten werden.
Siehe auch
Weblinks
Quellen
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