- Verlag Zweitausendeins
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Zweitausendeins ist eine in Frankfurt am Main ansässige deutsche Verlags- sowie Musik- und Buchhandelsfirma mit Direktvertrieb über Versandhandel und vierzig [1] eigenen Läden. Das wichtigste Marketing-Mittel ist der alle sechs Wochen unter dem Titel „Das Merkheft“ versandte kleinformatige Katalog, der Neuzugänge und einen Gutteil der lieferbaren Backlist aufführt, aber nicht das gesamte lieferbare Programm abdeckt. Das Internetangebot des Verlags wird in zunehmendem Maße benutzt. Zum weiteren Angebot zählen auch Medien anderer Verlage sowie Bücher und CDs aus dem Ausland.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Unternehmens
Programm
Die 1969 von Lutz Reinecke, später Kroth,[2] und Walter Treumann in Frankfurt am Main gegründete Firma vertrieb zunächst Kuriosa und verramschte preisreduzierte Restauflagen von Büchern und Schallplatten, begann dann aber erfolgreich Nachdrucke von vergriffenen Büchern und Zeitschriften herzustellen. Durch ihre gezielte und außergewöhnliche Programmauswahl und den unkonventionellen Stil der Kundenansprache wurde die Firma zu einem „Hausverlag“ der 68er-Generation. Das vom „Guestwriter“ Bertel Schmitt jahrzehntelang anonym im Namen des Firmengründers Reinecke bzw. Kroth verfasste Hausorgan „Das Merkheft“ wurde Kultobjekt und Vorbild für viele Nachahmer [3] Markenzeichen war das Editorial, das immer mit „Guten Tag“ begann, sowie die extrem kurze Schlußkolumne der Mitarbeiterin Annemarie Susemihl, die später auch als Sprecherin an einer Peter und der Wolf-CD mitwirkte. Zum wirtschaftlichen Erfolg trug auch die aggressive Preispolitik mit oft außerordentlich stark verbilligten Sonderangeboten bei.
Später erweiterte sich das Buchangebot um sehr preisgünstige, von anderen Verlagen lizenzierte Neuausgaben und selbst verlegte Neuerscheinungen, darunter Ausgaben vergessener Klassiker wie z. B. Boris Vian und Titel mit politischer und gesellschaftskritischer Thematik. Nach der Heirat von Lutz Reinecke mit Eva Kroth, deren Namen er annahm, erweiterte sich das Spektrum um ökologische und spirituelle Fragestellungen. Die kleinformatigen Buchklötze mit kompletten Zeitschriften-Nachdrucken (Kursbuch, Akzente) wurden von Franz Greno hergestellt, der sich später von Zweitausendeins trennte und einen eigenen Verlag gründete, in dem er einige der bei Zweitausendeins entwickelten Ideen weiterführte. Einige seiner von ihm gestalteten Bücher gab auch Zweitausendeins heraus wie etwa jene von Boris Vian, allerdings übernahm er sich später in seinem Verlag mit einem zu ambitionierten Buchprogramm.
Der Verlag vertreibt nicht über den Buchhandel (selbst wenn dieser auf eine Handelsspanne verzichtet), sondern nur direkt. Der Umsatz lag 2005 bei etwa 40 Millionen Euro, die Zahl der Mitarbeiter bei etwa 150. Die Zahl der Versandkunden beziffert das Unternehmen auf etwa eine Million.
Literatur, Musik und Film
Zu den eigenen Buchreihen gehört z. B. „Haidnische Alterthümer“, in der Hans-Michael Bock vergessene Romane des 18. und 19. Jahrhunderts unter dem Motto „Die Lieblingsbücher von Arno Schmidt“ publiziert. Daneben verlegte Zweitausendeins auch Bücher z. B. des Comic-Zeichners Robert Crumb, Gerichtsreportagen von Peggy Parnass, Texte von Bob Dylan, Übersetzungen von Harry Rowohlt, die Autobiografie von Woody Guthrie, die gesammelten Werke von Eckhard Henscheid und andere Werke der „Neuen Frankfurter Schule“ (F. W. Bernstein, Robert Gernhardt, F. K. Waechter). Zweitausendeins vertrieb auch politisch wichtige Dokumentationen wie die „Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934-1940“ und verlegte Kunstbände und Bücher zu Film und Fotografie.
Zweitausendeins vertrieb von 1975 bis 1980 exklusiv die Bücher des März Verlages, heute sind die Bücher der Verlage Rogner & Bernhard und Haffmans ausschließlich bei Zweitausendeins erhältlich.
Neben dem Verlag und dem Buchvertrieb ist das umfangreiche CD-Angebot weiterhin das zweite Standbein der Firma. In neuerer Zeit sind weitere Medienformate wie Hörbücher (auch im MP3-Format), CD-ROM mit digitalen Nachschlagewerken und Software sowie DVD hinzugekommen.
Übernahme durch Gebrüder Kölmel
Am 12. September 2006 wurde bekannt, dass die Beteiligungsgesellschaft MK Medien Beteiligungs GmbH der Kinowelt-Gründer Michael Kölmel und Reiner Kölmel den Versand zu einem nicht genannten Kaufpreis übernommen hat. Mittelfristig planten die neuen Inhaber, etwa dreißig neue Läden vor allem in großen Universitätsstädten zu eröffnen.[4] Die neuen Filialen bieten zusätzlich Film-DVDs vor allem der Kinowelt-Marke „Arthaus“ an. Darüber hinaus sollen unabhängige Buchhandlungen als Partner für ein Shop-in-Shop-Konzept gewonnen werden.[5] Firmengründer Lutz Kroth verabschiedete sich im „Merkheft“ vom Januar 2007 von den Lesern und erklärte, sich nach 37 Jahren in den Ruhestand zurückzuziehen. An Lutz Kroths Stelle trat Till Tolkemitt als Geschäftsführer. Weiterhin in der Firma tätig ist Fabian Reinecke, Lutz Kroths Sohn aus erster Ehe.
Die Kinowelt-Gruppe wurde Anfang 2008 von dem französischen Filmunternehmen StudioCanal übernommen, einem Tochterunternehmen der Canal+-Gruppe, die ihrerseits zum französischen Medienkonzern Vivendi gehört.
Literatur
- Mathias Bröckers: Zweitausendeins. Der Versand. 40 Jahre danach. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009, 95 S., ISBN 978-3-86150-999-8
Weblinks
- www.zweitausendeins.de
- „Pop-Ereignis, Trostbüchlein. Der Merkheft-Roman der Bundesrepublik in 156 Folgen“, Frankfurter Rundschau, 25. November 1998, von Matthias Politycki
- „"Wr sprn!" "Shr gt!" Kommerz fürs linke Herz“, Die Gazette, Juni 2003
- „Nostalgieverlust“, FAZ, 14. September 2006 und faz.net
- „Gestrichene Gegenkultur“, die tageszeitung, 14. September 2006
- „Zweitausendeins: Neuer Besitzer plant zehn weitere Läden“, Tagesspiegel, 7. Dezember 2006
- „Ich sitze am Ufer eines Flusses und warte“, die tageszeitung, 23. Dezember 2006, Interview mit Lutz Kroth
Einzelnachweise
- ↑ „Wir feiern: Zweitausendeins ist 40!“, Zweitausendeins, Februar 2009
- ↑ „Lutz Kroth“, die tageszeitung, 23. Dezember 2006
- ↑ Google-Suchanfrage: Bertel Schmitt
- ↑ „Zweitausendeins. Neuer Besitzer plant zehn weitere Läden“, Tagesspiegel, 7. Dezember 2006
- ↑ „Kinowelt will DVD-Geschäft über Buchläden ausbauen“, WirtschaftsWoche, 25. August 2007
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