- Vernichtungsstrahlung
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Die Annihilation (lat.: annihilatio „das Zunichtemachen“) bedeutet die gegenseitige Vernichtung (polar) entgegengesetzter Erscheinungen.
Man versteht darunter zumeist die Vernichtung eines Teilchen-Antiteilchen-Paares unter Aussendung von zwei bis drei Photonen (Vernichtungsstrahlung).Inhaltsverzeichnis
Prozess der Elementarteilchenphysik
In der Elementarteilchenphysik versteht man darunter den Prozess der Paarvernichtung (auch: Paarzerstrahlung), bei dem ein Elementarteilchen und sein Antiteilchen sich zusammen in andere Teilchen verwandeln. Anfänglich war nur die Positron-Elektron-Umwandlung in Photonen, also Teilchen ohne Ruhemasse, bekannt; dies erklärt die Bezeichnung „Vernichtung“ oder auch Zerstrahlung.
Mit den Hochenergie-Experimenten (siehe unten) hat der Begriff sich erweitert und schließt nun auch Fälle ein, bei denen zwar das ursprüngliche Teilchen-Antiteilchen-Paar verschwindet, aber neue Paare mit Ruhemasse, wie Myonen oder K-Mesonen, entstehen. In jedem Fall wird die Energie des ursprünglichen Teilchenpaares (Ruheenergie und Bewegungsenergie) nicht „annulliert“, sondern tritt in anderer Form wieder auf.
Der der Annihilation entgegengesetzte Prozess ist die Paarerzeugung, die Bildung eines Teilchen-Antiteilchen-Paares aus anderer Energie als derjenigen einer Paarvernichtung, z. B. die Umwandlung eines Photons im Feld eines schweren Kerns in ein Elektron und ein Positron.
Hochenergiephysik-Forschung
In Experimenten an Speicherring-Anlagen (Collidern) lässt man zu Forschungszwecken Elektronen und Positronen gleicher und sehr hoher Bewegungsenergie, aber entgegengesetzter Flugrichtung zusammenstoßen. Das Gleiche ist grundsätzlich auch beispielsweise mit Protonen und Antiprotonen möglich. Wegen der günstigen Kinematik solcher Experimente steht neben den Ruheenergien auch die gesamte kinetische Energie (Bewegungsenergie) der beiden Teilchen für Umwandlungen zur Verfügung.
Positron-Elektron-Vernichtung in Materie
Positronen geringerer Energie kommen als Betastrahlung und als Zerfallsprodukt von positiven Myonen der sekundären (d. h. in die Erdatmosphäre eingetretenen) kosmischen Strahlung vor. Ein solches Positron wird beim Eintritt in Materie zunächst durch Stöße abgebremst und kann dann mit einem der dort vorhandenen Elektronen ein Positronium-„Atom“ bilden. Befindet sich dieses im Parapositronium-Zustand, so tritt seine Zerstrahlung mit einer Halbwertszeit der Größenordnung 1 Nanosekunde ein und ergibt zwei Photonen, die in entgegensetzte Richtungen emittiert werden. Die Annihilation ist jedoch auch „direkt“ ohne Bildung eines gebundenen Positroniumzustands möglich.
Sind Impuls und kinetische Energie des Positroniumatoms vernachlässigbar klein, ist der Winkel zwischen den Photon-Emissionsrichtungen genau 180° und die Energie jedes Photons 511 keV, die Ruheenergie von Elektron oder Positron. Falls das System vor der Vernichtung jedoch einen Impuls besitzt, wird dieser auf die Photonen übertragen, so dass sie nicht im Winkel von 180° ausgesandt werden. Die Differenz des tatsächlichen Winkels zu 180° ist der Winkel
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wobei pT die transversale Komponente des Impulses des Positroniums vor der Vernichtung, me die Elektronenmasse und c die Lichtgeschwindigkeit ist. Da das Positroniumatom in diesem Fall auch kinetische Energie besitzt, tritt der Dopplereffekt auf, so dass die beiden Photonenenergien gegenüber 511 keV etwas verschoben sind.
Das Orthopositronium zerfällt nicht in zwei, sondern drei (oder selten noch mehr) Photonen. Diese haben keine scharfen Energien, sondern ein kontinuierliches Energiespektrum.
Anwendungen
Durch Messung der 511-keV-Vernichtungsstrahlung bei Bestrahlung mit Positronen kann man die Lebensdauer der Positronen beispielsweise in einem Festkörper ermitteln und daraus Rückschlüsse auf die Elektronendichte im Festkörper ziehen.
Medizinisch wird die Vernichtungsstrahlung bei dem bildgebenden Verfahren Positronen-Emissions-Tomographie genutzt.
Prozess der Kristallerholung
Annihilation bedeutet auch das Ausheilen von Defekten bei der Kristallerholung. In diesem Fall löschen sich entgegengesetzte Gitterfehler einer Kristallstruktur gegenseitig aus.
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