- Vickers VC-10
-
Vickers VC10 Typ: Vierstrahliges Standardrumpfflugzeug Entwurfsland: Vereinigtes Königreich Hersteller: Vickers Erstflug: 29. Juni 1962 Indienststellung: 29. April 1964 Produktionszeit: 1962–1970 Stückzahl: 64 Die Vickers VC10 war eines der ersten Langstreckenflugzeuge der Welt. Sie wurde in den 1960er-Jahren in Großbritannien gebaut und ist bis heute bei der Royal Air Force im Einsatz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Entwicklung
1956 erhielt der Flugzeugbauer Vickers von der Fluggesellschaft BOAC den Auftrag, ein düsengetriebenes Langstreckenflugzeug zu entwickeln. Dieses sollte insbesondere den Anforderungen auf den Strecken von London nach Südafrika und Australien gerecht werden. Das Design unterschied sich deutlich von bisherigen britischen Düsenflugzeugen wie der Comet. Vorherige Erfahrungen hatten gezeigt, dass die damaligen Tragflächenkonstruktionen, häufig mit in den Flächen integrierten Triebwerken, sehr störanfällig waren. Daher wurde entschieden, die vier Triebwerke am Heck anzubringen. Der Entwurf basierte in Teilen auf dem Entwurf für einen Militärtransporter für die RAF namens V.1000 aus dem Jahr 1952 und dessen zivilen Ableger VC7. Die ursprüngliche Version, deren Prototyp erstmals am 29. Juni 1962 flog, war für 135 Passagiere ausgelegt. Vickers erhielt am 14. Januar 1958 einen erweiterten Auftrag über 55 Maschinen (35 Bestellungen + 20 Optionen). Die zunehmende Konkurrenz durch die Boeing 707 und die DC-8 wurde für Vickers jedoch zum Problem, da diese billiger im Unterhalt erschienen. Nach der Konstruktion der um 8,12 m längeren und mit stärkeren Triebwerken ausgerüsteten Super 200 präsentierten daraufhin die Konstrukteure eine neue, verlängerte (aber gegenüber der original VC10 nur 3,9 m längeren) Version, die bis zu 212 Passagiere befördern konnte. Diese Version wurde als Super VC10 bezeichnet. In der Sowjetunion wurde die konzeptionell sehr ähnliche Iljuschin Il-62 gebaut. Im Mai 1961 bestellte BOAC dann 15 Standard und 35 Super VC10 (einige davon in Frachtkonfiguration ähnlich der C1), änderte und kürzte den Auftrag später jedoch mehrmals, woraufhin die RAF als Abnehmer einsprang.
Einsatz als Passagierflugzeug
Am 1. April 1965 nahm BOAC den Liniendienst mit der VC10 auf der Strecke London–New York auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Fluggesellschaft jedoch bereits verstärkt an der Boeing 707 interessiert, da diese leistungsfähiger war. Der staatliche Druck, ein in Großbritannien produziertes Flugzeug zu kaufen, führte letztlich dazu, dass die staatliche BOAC zusätzliche VC10 kaufte. Weitere Käufer waren vor allem Fluggesellschaften in Afrika und Asien, da das Flugzeug gerade bei höheren Temperaturen deutlich zuverlässiger war als die Konkurrenzmodelle. Letztendlich war der VC10 und der Super VC10 jedoch kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Insgesamt wurden nur 64 Maschinen gebaut. British Airways, die Nachfolge-Gesellschaft der BOAC, musterte bereits 1981 ihre letzte VC10 aus. Bis zum Ende der 1980er-Jahre wurden auch die restlichen zivilen Maschinen in Afrika und Asien ausgemustert.
Militärische Nutzung
Während die VC10 auf dem zivilen Luftfahrtmarkt scheiterte, hatte sie im militärischen Bereich durchschlagenden Erfolg. Bereits 1961 bestellte die britische Royal Air Force fünf VC10 als Transportflugzeuge. Sie waren zu dem Zeitpunkt die leistungsfähigsten und größten Flugzeuge der RAF. Die Auslieferung an das No.10 Squadron in RAF Brize Norton begann 1966 und ab April des folgenden Jahres waren die Maschinen schon im Einsatz (auf Langstreckentransporten nach Hongkong). Insgesamt wuchs diese Flotte bis 1996 auf 28 Maschinen. 1978 beauftragte die Royal Air Force den Rüstungskonzern British Aerospace mit der Umrüstung der VC10 bzw. Super VC10 zu Tankflugzeugen. Während des Falklandkrieges 1982 führte eine umgerüstete VC10 erstmals eine Luftbetankung durch. Seitdem sind die Flugzeuge, seit 1986 ergänzt durch neun Lockheed L-1011 TriStar, weltweit sowohl als Tank- als auch als Transportflugzeug im Einsatz. Im April 1987 stellte eine VC10 der RAF mit 16 Stunden, einer Minute und 30 Sekunden einen neuen Weltrekord auf der Strecke London–Sydney auf. In Anlehnung an das Kürzel VC trägt jede der Maschinen den Namen eines Trägers des Victoria Cross, der höchsten militärischen Auszeichnung des Vereinigten Königreichs.
Aufgrund ihres hohen Alters und steigender Wartungs- und Reparaturkosten sollten die VC10 dennoch bis 2010 ausgemustert werden. Als Nachfolgemodell wurde der Airbus A330 ausgewählt. Seit Ende der 1990er-Jahre wurde die Flotte um 12 Maschinen auf 16 reduziert, wobei eine VC10 bei einem Betankungsunfall am Boden zerstört wurde. In Folge dessen wurde alle verbleibenden Maschinen dem No. 101 Squadron unterstellt, ein Flugzeug ist permanent auf dem Stützpunkt Mount Pleasant auf den Falklandinseln stationiert und dem No. 1312 Flight zugeteilt. Im Januar 2007 wurde bekannt, dass die verbleibenden Maschinen noch fünf Jahre länger als geplant bis 2015 eingesetzt werden und hierfür noch einmal einer Modernisierung unterzogen werden sollen. Grund hierfür sind Verzögerungen bei der Anschaffung des Future Strategic Tanker Aircraft.
Unfälle
Insgesamt gingen sieben VC10 bei Unglücken bzw. kriegerischen Handlungen verloren.
- Am 28. Dezember 1968 wurde eine VC10 der Middle East Airlines bei einem israelischen Luftangriff auf dem Flughafen von Beirut zerstört.
- Am 20. November 1969 streifte eine VC10 der Nigeria Airways beim Anflug auf Lagos aufgrund einer zur geringen Flughöhe mehrere Bäume und stürzte ab, wobei alle 87 Insassen ums Leben kamen.
- Am 12. September 1970 entführten palästinensische Terroristen eine VC10 der BOAC und sprengten sie anschließend in der jordanischen Wüste, nachdem alle Passagiere die Maschine verlassen hatten.
- Am 28. Januar 1972 wurde eine VC10 der British Caledonian Airways bei einer missglückten Landung in London-Gatwick so schwer beschädigt, dass sie verschrottet werden musste.
- Am 18. April 1972 platzte ein Reifen einer startenden VC10 der East African Airways in Addis Abeba. Aufgrund eines fehlerhaften Bremssystems kam die Maschine nach dem sofort eingeleiteten Startabbruch nicht rechtzeitig zum Stehen und schoss über die Startbahn hinaus. 43 der 107 Insassen kamen bei dem Unglück ums Leben.
- Am 3. März 1974 wurde eine entführte VC10 der BOAC auf dem Flughafen Schiphol von den Entführern in Brand gesetzt und zerstört.
- Am 18. Dezember 1997 wurde eine VC10 der Royal Air Force bei einem Tankunfall auf dem Luftwaffenstützpunkt Brize Norton so schwer beschädigt, dass sie später verschrottet wurde.
Versionen
- Vickers VC10; Version 1100: ein Prototyp (später umgebaut zu Version 1109)
- BAC VC10; Version 1101: BOAC Standard, 35 Stück bestellt, 12 gebaut
- BAC-Standard VC10; Version 1102: Ghana Airways Standard-Kombis, drei Stück gebaut (eine Maschine umgebaut zu Version 1103)
- BAC-Standard VC10; Version 1103: BUA Standard Kombis, zwei gebaut (eine Maschine umgebaut zu 1102)
- BAC-Standard VC10; Version 1104: Nigeria Airways Standards, zwei bestellt, keine gebaut
- BAC-Standard VC10; Version 1106: Militärtransportversion für 150 Personen oder 76 Krankentragen für die RAF (RAF Bezeichnung VC-10 C1 ) mit seitlichem Frachttor (3,55 x 2,13 m), Artouste Hilfsgasturbine im Heck, Luftbetankungssonde und verstärktem Kabinenboden, Erstflug 26. November 1965, 14 gebaut
- BAC-Standard VC10; Version 1109: Umbau vom Version 1100 für die Vermietung an Laker Airways
- BAC Super VC10; Version 1150: Generic Super VC10
- BAC Super VC10; Version 1151: BOAC Supers, 22 bestellt zu verschiedenen Zeiten, 17 gebaut
- BAC Super VC10; Version 1152: BOAC Super-Kombi, 13 bestellt, keine gebaut
- BAC Super VC10; Version 1154: East African Airways "Super-Kombi, fünf gebaut
- VC-10 C1 Version 1106: RAF-Bezeichnung für die Version 1106, 14 gebaut, 13 umgebaut zu VC-10 C1K[1]
- VC-10 C1K Version 1180: RAF Bezeichnung für die zu Transport-/Tankflugzeugen umgebaute Version 1106 (VC-10 C1) mit Schlauchbehältern unter den Tragflächen, Kraftstoff insgesamt 88 t, bis zu 20 t Nutzlast
- VC-10 K2 Version 1112: RAF Bezeichnung für fünf Tanker auf Basis der Version 1101 mit drei Schlauchsystemen und zusätzlichen Tanks und nur 17 Sitzen in der Kabine, Erstflug 22. Juni 1982, Kraftstoff insgesamt 97,7 t
- VC-10 K3 Version 1164: RAF Bezeichnung für vier Tanker (ähnlich K2) auf Basis der Version 1154, Erstflug 4. Juli 1984, Kraftstoff insgesamt 97,7 t
- VC-10 K4 Version 1170: RAF Bezeichnung für fünf Tanker auf Basis der Version 1151 mit drei Schlauchsystemen aber ohne zusätzlichen Tanks in der Kabine, Erstflug 30. Juli 1993, Kraftstoff insgesamt 85,2 t
Technische Daten
Kenngröße VC10 Super VC10 Länge 48,36 m (C1K 50,6 m) 52,32 m (K3/K4 54,6 m) Spannweite 44,55 m Höhe 12,04 m Spurweite 6,53 m Radstand 20,08 m (K3/K4 21,98 m) Kabinenlänge 28,18 m (K3/K4 32,00 m) max. Kabinenbreite 3,50 m max. Kabinenhöhe 2,26 m Leermasse 63,28 t (C1K 66,22 t) 70 t (K3 70,2 t, K4 71,94 t) max. Startmasse 141 t (C1K 146 t) 153 t (K3/K4 151,5 t) max. Landemasse 106,6 t Reichweite 9765 km (6275 km C1 mit voller Nutzlast) 11.470 km max. Geschwindigkeit 915 km/h 933 km/h wirtsch. Geschwindigkeit 685 km/h Überziehgeschwindigkeit 182 km/h max. Reiseflughöhe 11.580 m Startstrecke 2530 m Landestrecke 2135 m Passagiere 135 176 Triebwerke 4 x Conway 42 Mk301 mit je 97,8 kN 4 x Conway 43 Mk550B mit je 100,1 kN Anzahl 37 Flugzeuge 27 Flugzeuge Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ FlugRevue Februar 2009, S.51-54, Flugzeuge bis ins kleinste Detail - Vickers VC10 Tanker/Transporter
Wikimedia Foundation.