- Videotex
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Bildschirmtext (Abk.: Btx oder BTX), die Kombination von Telefon und Fernsehschirm zu einem Kommunikationsmittel, war ein interaktiver Onlinedienst.
Er wurde in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 1. September 1983 bundesweit eingeführt. Die Deutsche Bundespost startete offiziell einen interaktiven Online-Dienst, der anfangs ein spezielles Btx-Gerät erforderte. 1993 wurde BTX Bestandteil des neu geschaffenen Dienstes Datex-J. BTX verlor zunehmend seine Bedeutung aufgrund der Konkurrenz durch das offene Internet. In Deutschland wurde BTX (in der Form T-Online Classic) im Mai 2007 endgültig eingestellt.
BTX gab es auch in Österreich und der Schweiz. In der breiten Bevölkerung wurde und wird BTX oft mit dem Fernseh-Videotext verwechselt, wozu auch beitrug, dass der Dienst in der Schweiz Videotex (ohne t am Ende) hieß.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgestellt wurde Btx bereits 1977 vom damaligen Postminister Kurt Gscheidle bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Es war in Deutschland unter der Leitung von Eric Danke entwickelt worden, der später Vorstandsmitglied von T-Online wurde. Eric Danke war 1975 durch eine Fachveröffentlichung über Sam Fedida und PRESTEL auf die ursprünglich britische Technologie aufmerksam geworden. Erst 1980 startete ein Feldversuch mit jeweils etwa 2.000 Teilnehmern in Düsseldorf mit Neuss und Berlin. Am 18. März 1983 wurde in Bonn ein entsprechender Staatsvertrag von den Regierungschefs der Länder unterzeichnet. Der Vertrag stellte sozusagen jedem Interessenten frei, unter Beachtung bestimmter Vorschriften als Anbieter von Bildschirmtext aufzutreten. Die erwarteten Nutzerzahlen nach dem offiziellen Start 1983 wurden allerdings nie erreicht. So sollten es 1986 rund eine Million sein, tatsächlich waren es aber nur 60.000. Die Million wurde erst zehn Jahre später erreicht, nachdem Btx ab 1995 mit dem neuen T-Online-Angebot inklusive E-Mail und Internet-Zugang gekoppelt worden war. Am 31. Dezember 2001 wurde der ursprüngliche Btx-Dienst offiziell abgeschaltet. Eine abgespeckte Variante für Online-Banking wurde bis zum 10. Mai 2007 betrieben.
Der Dienst wurde in der Schweiz als Videotex (ohne t am Ende) bezeichnet. Von der damaligen PTT in den 80er Jahren gestartet, wurde er ab 1995 von SwissOnline betrieben. Der Dienst wurde am 30. September 2000 eingestellt.
Btx gab es seit Juni 1982 auch in Österreich. Die Eigenentwicklung MUPID, ein spezielles Terminal zur Nutzung der BTX-Dienste, wurde von der damaligen PTV selbst entwickelt. Der Dienst wurde Ende November 2001 eingestellt.
Technik
Das deutsche Btx erforderte ursprünglich spezielle Hardware, die bei der Post gekauft oder gemietet werden musste. Die Übertragung der Daten erfolgte über das Telefonnetz mit einem Modem (DBT-03) oder Akustikkoppler, die Darstellung am Fernseher oder an einem speziellen Btx-Gerät.
Btx verwendete, wie auch das französische Minitel, ursprünglich den britischen PRESTEL-Standard, danach den CEPT-Standard T/CD 6-1. Später wurde auf den abwärtskompatiblen KIT-Standard (Kernel for Intelligent communication Terminals) umgestellt, der sich jedoch nie richtig durchsetzen konnte. CEPT erlaubte die Übertragung von Grafikseiten mit einer Auflösung von 480×250 Bildpunkten, wobei 32 aus 4.096 Farben gleichzeitig dargestellt werden konnten. Dies entspricht den technischen Möglichkeiten der frühen 1980er Jahre. Viele Btx-Seiten des PRESTEL-Standards ähnelten den heute noch eingesetzten Videotext-Seiten mit einer Pseudografik aus farbigen ASCII-Zeichen. Im Btx wurden anfangs immer ganze Bildschirmseiten mit einer Geschwindigkeit von 1200 B/sek übertragen. Die Anforderung einer Seite durch den Benutzer erfolgte mit 75 B/sek. Die möglichen Zugangsgeschwindigkeiten wurden mit den Fortschritten in der Modemtechnik auch von Seiten der Bundespost erhöht.
Das Herunterladen von Daten und Computerprogrammen, vor allem Shareware und Programm-Aktualisierungen war mit Hilfe der Softwaredecoder und eines PCs möglich.
Adresssystem
Die Seiten wurden mittels einer Nummer adressiert, der ein Stern (*) vorangestellt und eine Raute (#) nachgestellt war (z. B. *30000#). Durch die Endmarke # konnte das System so bei Adressnummereingaben unterscheiden, ob die Eingabe abgeschlossen ist oder noch weitere Ziffern folgen, wodurch ein größerer (theoretisch unendlicher) Zahlenraum verfügbar blieb (Gegenbeispiel: Telefonie mit Rufnummerneingabe ohne Endmarke). Zifferneingaben ohne vorangestellten Stern wurden als Kommandos interpretiert, die etwa auf eine andere Seite führten (z. B. „23“) oder einen kostenpflichtigen Seitenaufruf bestätigen (zur Vermeidung versehentlicher Bestätigung stets „19“). Die Kombination *# führte zur vorangegangenen Seite zurück.
DBT-03 und andere Modems
Das DBT-03-Modem erlaubte eine Datenübertragungsrate von 1.200 Bit/s zum Teilnehmer und 75 Bit/s vom Teilnehmer zur Zentrale (ITU-T V.23-Standard). Die Zugangsauthentifizierung erfolgte über die zwölfstellige Anschlusskennung (die als Hardwarekennung im ROM eines DBT-03 fest einprogrammiert war) und ein Passwort, welches der Benutzer selbst festlegen konnte. Später wurde dann auch der Betrieb mit anderen Modems erlaubt (nach Beantragung einer sogenannten Softwarekennung). Somit konnte mit jedem gewöhnlichen PC und einem sogenannten Softwaredecoder (zum Beispiel Amaris) Btx genutzt werden. Auch für den C64 und C128 gab es einen Btx-Hardwaredecoder für den Expansionport und Anschluss an das DBT-03.
Da in den DBT-03-Modems die Anschlusskennung fest programmiert war, war eine Öffnung nicht rechtens. Die Modems waren verplombt, eine Öffnung konnte nur durch Zerstörung dieser Plombe erfolgen. Ein Originalgerät hatte eine gelbe, nach einer Instandsetzung bekam es eine blaue Plombe.
Unterschied zum Internet
Beim deutschen Btx-System waren die Seiten der Anbieter in der Urdatenbank auf einem zentralen Rechnersytem der Firma IBM in der Btx-Leitzentrale Ulm abgelegt und wurden von dort abgerufen, wenn die örtlichen Bildschirmtext-Vermittlungsstellen diese nicht in ihrem Datenbank- bzw. Teilnehmerrechner vorrätig hatten. Die örtlichen Knoten konnten die Seitenwünsche zu 95-98% bedienen. Die Seitendatei im örtlichen Knoten unterlag einem Alterungsverfahren. Wenig angeforderte Seiten wurden mit häufig angeforderten überschrieben. Externe Rechner im weltweiten Verbund konnten per X.25 (Datex-P) angesteuert werden. Diese Möglichkeit wurde nur von wenigen Großanbietern (z.B. Quelle) genutzt. Demgegenüber gibt es im Internet keine unbedingte Zentralinstanz noch existiert eine prinzipielle Unterteilung in Informationsanbieter und Benutzer. Stattdessen sind im Internet die Rechner aller Teilnehmer weitgehend gleichberechtigt und können in beiden Funktionen auftreten.
Kosten und Angebote
Die Kosten für den Nutzer entstanden durch den Abruf einer Seite; der Anbieter hatte bei der Tarifierung weitgehend freie Hand. Er konnte neben dem kostenlosen Abruf wahlweise eine seitenabhängige Vergütung (0,01 DM bis 9,99 DM) erheben, oder eine zeitabhängige Vergütung (0,01 DM bis 1,30 DM pro Minute). Die Kosten wurden über die Telefonrechnung der Nutzer abgerechnet.
Btx bot bereits zahlreiche Dienste an, die heutzutage über das Internet verfügbar sind. So konnten Btx-Teilnehmer miteinander online diskutieren (Chat), sich gegenseitig elektronische Mitteilungen in Form von Btx-Seiten zum Preis von 30 Pfennig pro Seite schicken und aktuelle Nachrichten abrufen (Ticker, Homepages). Weiterhin gab es für Anbieter die Möglichkeit, ihr Angebot über einen sogenannten „Externen Rechner“ dynamisch zu gestalten. Dabei wurde über eine „Übergabeseite“ aus dem normalen Seitenbestand von der jeweiligen Btx-Vermittlungsstelle eine Verbindung über Datex-P zum Rechner des Anbieters aufgebaut. Von da ab übernahm dann dieser Rechner die Kontrolle über den am Endgerät angezeigten Seiteninhalt. Dieses Angebot wurde vor allem von Banken (als Vorläufer des heutigen Online-Bankings), Versandhäusern und der Reiseindustrie (Lufthansa, Interflug, Deutsche Bundesbahn oder Deutsche Bahn) benutzt. Die Btx-Kunden konnten so interaktiv ihre Bankgeschäfte tätigen oder Online-Bestellungen im Versandhandel aufgeben. Auch Bundesbehörden wie das Arbeitsamt waren über Btx erreichbar.
Das Einstellen von Angeboten im Btx war relativ teuer, daher wurde es von Privatpersonen kaum genutzt. Anbieter waren vor allem große Firmen wie Versandhandel und einzelne mittelständische Unternehmen. Auch schon bei Btx war eine ständig steigende Zahl von Anbietern aus dem Erotikbereich zu beobachten.
Der Chaos Computer Club war ebenfalls mit einem Angebot im Btx vertreten. Der Club fand eine Reihe von technischen Schwachstellen im Btx und versuchte, die Grenzen des Systems aufzuzeigen, unter anderem durch den im bundesweiten Fernsehen berichteten BTX Hack. [1] Die Startseite des CCC befand sich auf der Seite *655321#.
Trotzdem blieb Btx der große Erfolg verwehrt, was vor allem an der restriktiven Politik, hohen Nutzungsgebühren und einer festen Vertragsbindung mit der Bundespost lag. Diese gestattete für die Verwendung von Btx nur spezielle, von der Post zugelassene Hardware, die zu hohen Preisen separat erworben werden musste. Obwohl CEPT-Decoder frühzeitig für damals verbreitete Heimcomputer wie den C64 erhältlich waren, verweigerte die Post die Zulassung dieser Geräte. In Frankreich, wo die notwendige Hardware von der France Télécom z. T. kostenlos bereitgestellt wurde, erfreute sich das französische Minitel hingegen großer Beliebtheit.
Das Post-Monopol auf diese Endgeräte, Modems und Telefone fiel erst Anfang der 1990er Jahre. Zu dem Zeitpunkt verbreiteten sich private Mailbox-Netze wie FidoNet oder MausNet, die einige der über Btx verfügbaren Dienste für Privatleute weitaus günstiger anbieten konnten. Im Bereich des Electronic Banking gab es lange Zeit keine Alternative zu Btx.
1993 wurde Btx Bestandteil des neu geschaffenen Datex-J Dienstes, um die Netzinfrastruktur von der Informationsdienstleistung zu trennen. Datex-J mit Btx wurde 1995 neugestaltet zu T-Online.
Die Tochterfirma T-Online International AG betrieb das System noch bis Mai 2007, allerdings unter dem Namen „T-Online Classic“ und mit starker Verschlüsselung, wobei eine nach ITSEC „E4/hoch“ zertifizierte Verschlüsselungsbibliothek Transport/S im Einsatz war. Damit war auch der Zugang mit dem „T-Online Classic Client“ über das Internet weltweit unter der URL „classicgate.t-online.de“ unter Port 866 möglich. Alternativ betrieben einige Banken auch das CAT-System (CEPT Access Tool). Ein eigener CAT-Server emulierte dabei den bisherigen Zugang bei T-Online.
Quellen
Siehe auch
Literatur
- Jürgen Baums: Das große Buch zu BTX. Data Becker, Düsseldorf 1987. ISBN 3-89011-056-8
- Falk von Bornstaedt: Bibliographie Bildschirmtext. Heidelberg 1985. ISBN 3-7685-0685-1
- Gerhard Fuchs: Einführung in BTX - Anwendungen. Hanser Fachbuchverlag, München 1985. ISBN 3-446-14156-1
- Harald H. Zimmermann: Einführung in Bildschirmtext. IHK-Seminar „Bildschirmtext“. Saarbrücken 1982.
Weblinks
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