- Vietnamesisches Waldrind
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Vietnamesisches Waldrind Systematik Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla) Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia) Familie: Hornträger (Bovidae) Unterfamilie: Bovinae Gattung: Pseudoryx Art: Vietnamesisches Waldrind Wissenschaftlicher Name Pseudoryx nghetinhensis Dung, Giao, Chinh, Tuoc, Arctander, MacKinnon, 1993 Das Vietnamesische Waldrind (Pseudoryx nghetinhensis), auch Saola oder Vu-Quang-Antilope genannt, ist ein von westlichen Wissenschaftlern erst 1992 entdecktes Huftier, das in Laos und Vietnam vorkommt.
Inhaltsverzeichnis
Entdeckungsgeschichte
Die Art wurde 1993 wissenschaftlich beschrieben und benannt. Die Entdeckung des Vietnamesischen Waldrindes war insofern eine Sensation, als man am Ende des 20. Jahrhunderts die Entdeckung einer neuen großen Säugetierart für ausgeschlossen hielt.
Im Mai 1992 waren drei Hornpaare im Vu-Quang-Nationalpark im Nordwesten Vietnams gefunden worden. Hiernach war man auf die Suche nach weiteren Exemplaren gegangen und hatte im Verlauf des Jahres 1992 zwanzig weitere Hörner gefunden. Es dauerte jedoch bis 1996, als man in Laos erstmals ein lebendes Tier fangen und fotografieren konnte. Seitdem ist es einige Male gelungen, die Tiere zu beobachten oder zu fotografieren; sie gehören allerdings zu den seltensten Huftieren der Welt.
Merkmale
Das Vietnamesische Waldrind hat eine Kopfrumpflänge von 180 cm, eine Schulterhöhe von 90 cm und ein Gewicht von 100 kg. Das Fell ist dunkelbraun gefärbt, oberseits jedes Hufs gibt es je einen weißen Fleck. Das Gesicht hat eine variable weiße Zeichnung. Während der Körperbau dem eines Duckers gleicht, ähnelt der Kopf dem eines Kudus. Die Hörner sind lang und schlank und fast gerade nach hinten gerichtet; ihre Länge kann 50 cm betragen.
Verbreitung
Das Vietnamesische Waldrind lebt in regenreichen, fast undurchdringlichen Regenwäldern auf Höhen zwischen 300 und 1.800 m. Es hält sich wohl hauptsächlich in der Nähe von Bachläufen auf, wo es das Kraut Homalomena aromatica aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae) frisst. Das Verbreitungsgebiet hat eine geschätzte Größe von nur 8000 km².
Lebensweise
Über das Verhalten ist wegen der seltenen Beobachtungen fast nichts bekannt. Offenbar bewegen sich die Tiere allein oder paarweise. Durch den Fund eines trächtigen, toten Tieres 1996 konnte ermittelt werden, dass Jungtiere offenbar im Mai oder Anfang Juni zur Welt kommen; das tote Tier wurde auf ein Alter von acht bis neun Jahren geschätzt; hieraus Schlüsse auf die natürliche Lebenserwartung der Vu-Quang-Rinder zu ziehen, erscheint jedoch etwas gewagt. Das Vu-Quang-Rind ist tagaktiv und offensichtlich extrem scheu.
Bedrohung und Schutz
Dreizehn Saola wurden bisher in Gefangenschaft gehalten. Sie überlebten jedoch stets nur wenige Wochen. Die vietnamesische Regierung hat daher ein Verbot erlassen, diese Tiere zu fangen und zu halten. Die IUCN hat dem Vu-Quang-Rind den Status „vom Aussterben bedroht“ verliehen. Jede Schätzung der Population ist spekulativ, sie dürfte aber höchstens wenige hundert Tiere betragen.
Systematik
Die nähere Verwandtschaft des Vu-Quang-Rindes war lange umstritten. Aufgrund von Untersuchungen der Schädelmerkmale wurde zunächst eine Verwandtschaft mit den Ziegenartigen angenommen. Hier wurde eine Verwandtschaft mit dem Serau vermutet, da das Vu-Quang-Rind wie dieser je eine Drüse vor dem Auge hat.
Nach 1999 vorgenommenen DNA-Analysen wurde das Vu-Quang-Rind zu den Rindern gerechnet, mit denen es auf dem ersten Blick wenig gemein zu haben scheint. Weitere Untersuchungen bestätigten das Naheverhältnis zu den Rindern, es ist jedoch umstritten, ob das Vu-Quang-Rind direkt zu den Rindern (Bovini) oder in eine eigene Gattungsgruppe (Pseudorygini) eingeordnet werden soll. Jedenfalls stellen nach diesen Untersuchungen die Rinder im engeren Sinn das Schwestertaxon des Vu-Quang-Rindes dar.
Namen
Für Pseudoryx nghetinhensis wird eine Fülle deutscher Namen verwendet, von denen sich keiner allgemein durchgesetzt hat. Die Bezeichnungen Vu-Quang-Rind und Vu-Quang-Oryx beziehen sich auf das Zentrum des Verbreitungsgebiets, den vietnamesischen Vụ-Quang-Nationalpark. Oft wird auch der vietnamesische Name verwendet, Saola (oder Sao La), der wörtlich "Spindelhorn" bedeutet. Dementsprechend wird im Deutschen auch manchmal die Bezeichnung "Spindelbock" verwendet.
Der wissenschaftliche Name Pseudoryx bedeutet soviel wie "falsche Oryx" und spielt auf die Ähnlichkeit der Hörner mit denen der Oryxantilopen an.
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press 1999 ISBN 0801857899
- A. Hassanin & E. J. P. Douzery: Evolutionary affinities of the enigmatic saola (Pseudoryx nghetinhensis) in the context of the molecular phylogeny of Bovidae. In: Proceedings of the Royal Society of London, 1999, B 266(1422), S. 893-900.
- M. Hernandez-Fernandez & E. S. Vrba:A complete estimate of the phylogenetic relationships in Ruminantia: a dated species-level supertree of the extant ruminants. Biological Review; 80 (2005), S. 269-302.
Weblinks
- Pseudoryx nghetinhensis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Timmins et al, 2005. Abgerufen am 11. Mai 2006
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