- Vigesimal
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Das Vigesimalsystem ist ein Zahlensystem, das als Basis die Zahl Zwanzig verwendet. Eine mögliche Erklärung für die Existenz dieses Systems ist, dass zum Zählen und Rechnen neben den Fingern auch die Zehen verwendet wurden.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung
Dem deutschen Linguisten Theo Vennemann zufolge ist das europäische Vigesimalsystem vaskonischen (baskischen) Ursprungs, was er gleichsetzt mit Alteuropäisch. Es ging in andere europäische Sprachen als Substrat ein, d. h. in viele keltische Sprachen, das Französische und Dänische.
Nach Menniger ist das europäische Vigesimalsystem dagegen normannischen Ursprungs und hat sich mit der Ausbreitung der Normannen im Mittelalter in Nordwestspanien, Portugal, Frankreich und auf den Britischen Inseln etabliert.
Das Vigesimalsystem findet sich nicht nur in europäischen Sprachen, sondern auch in anderen Sprachen des eurasischen Raums. Dazu gehören:
- Ainu, eine im Norden Japans gesprochene isolierte Sprache
- Burushaski, eine im Norden Pakistans gesprochene isolierte Sprache
- Georgisch, eine südkaukasische Sprache. Diese Sprachgruppe ist insofern isoliert, als noch keine Verwandtschaft zu einer anderen Sprachgruppe nachgewiesen werden konnte, auch nicht zu anderen kaukasischen Sprachen.
Überreste eines möglichen Vigesimalsystems finden sich auch im Etruskischen, wo die Worte für 17, 18 und 19 wörtlich übertragen „20 weniger 3“, „20 weniger 2“ bzw. „20 weniger 1“ bedeuten.
In Amerika war Zwanzig die Basis des Maya-, Nahuatl- und des aztekischen Zahlsystems.
Verbreitung
Bretonische Sprache
Da das Bretonische eng mit dem Walisischen verwandt ist, wird ebenfalls das Vigesimalsystem verwendet. So heißt 40, wie im Walisischen, daou-ugent, 60 tri-ugent und 80 pevar-ugent. 70 und 90 hingegen werden wie im Französischen gebildet: dek ha tri-ugent (10 und 3x20) und dek ha pevar-ugent (10 und 4x20).
Dänische Sprache
Das Dänische bildet Zahlen auf der Basis zwanzig (tyve): Tres (für tresindstyve) bedeutet „dreimal zwanzig“, also 60, firs (für firsindstyve) „viermal zwanzig“, also 80. Halvtreds sind „halb drei“ (= 3 – ½, wie bei der Uhrzeit) mal zwanzig, also 50, halvfjerds also „halb vier“ (= 4 – ½) mal zwanzig, also 70, und halvfems schließlich „halb fünf“ (5 – ½) mal zwanzig, also 90.
Französische Sprache
Ein partielles Vigesimalsystem findet sich zum Beispiel im Standardfranzösischen (français standard): Bis 60 (soixante) und 70 (soixante-dix) wird das Dezimalsystem verwendet. Anschließend wird in Zwanzigerblöcken weitergezählt:
- 80: quatre-vingts (viermal zwanzig)
- 90: quatre-vingt-dix (viermal zwanzig plus zehn)
Im Altfranzösischen galt das Vigesimalsystem auch für noch größere Zahlen, vgl. das in Paris befindliche Krankenhaus Hôpital des Quinze-Vingts, das seinen Namen von den ursprünglich 15 · 20 = 300 Krankenbetten hat.
Die Vigesimalzählung gilt jedoch nicht für das in Belgien und der Schweiz gesprochene Französisch sowie für regionale Varianten in Frankreich: Dort werden die Varianten septante (70), octante/huitante (80) und nonante (90) verwendet, die im Normfranzösischen Frankreichs als veraltet oder regional gelten.
Garifuna
Das Garífuna, eine indigene amerikanische Sprache in Mittelamerika, hat fast alle Zahlwörter aus dem Französischen entlehnt; es führt das Vigesimalsystem bis heute konsequent durch.
Irische Sprache
Im Irischen wird traditionell im Vigesimalsystem gezählt mit zwanzig (fiche) als Basis. Vierzig ist daichead (< dhá fhichead 2x20), sechzig ist trí fichid (3x20), achtzig ist ceithre fichid (4x20). Dreißig ist fiche a deich (20 + 10), fünfzig ist daichead a deich, 99 ist ceithre fichid a naoi déag (4x20 + 19).
Im offiziellen Standard wird jedoch heute das Dezimalsystem favorisiert.Walisische Sprache
Die walisische Sprache verwendete traditionell ebenso zwanzig (ugain) als Basis. Deugain waren zweimal zwanzig (also 40), trigain dreimal zwanzig (= 60). Bis zur Einführung des Dezimalsystems im Währungssystem 1971 war papur chwigain (sechs Zwanziger) die umgangssprachliche Bezeichnung für die Zehnschillingnote (= 120 Pence). In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde dann generell das Dezimalsystem gegenüber dem traditionellen Vigesimalsystem bevorzugt.
Im alten britischen Währungssystem waren zwanzig Schillinge ein Pfund Sterling.
Resianisch
Der resianische Dialekt der slowenischen Sprache verwendet im Gegensatz zu den benachbarten slowenischen und friaulischen Dialekten ab 60 das Vigesimalsystem: 60 ist trïkart dwisti (3 x 20), 70 ist trïkart dwisti nu dësat (3 x 20 + 10), 80 ist štirikrat dwisti (4 x 20) und 90 ist štirikrat dwisti nu dësat (4 x 20 + 10).
Literatur
- Georges Ifrah: Universalgeschichte der Zahlen; Frankfurt/Main: Campus, 19872; ISBN 3-593-33666-9
- John D. Barrow: Warum die Welt mathematisch ist; Frankfurt/Main: Campus, 1993; ISBN 3-593-34956-6
- Roberto Dapit, Luigia Negro, Silvana Paletti, Han Steenwijk: PO NÄS, primo libro di lettura in resiano; S. Dorligo della Valle (TS), 1998
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