Virulenzminderung

Virulenzminderung

Unter Attenuierung (von lat. attenuare: „dünn werden, schwächen, vermindern“) oder auch Virulenzminderung, Attenuation, versteht man in der Mikrobiologie die gezielte Verminderung der krankmachenden Eigenschaften eines Erregers (Virulenz), wobei aber gleichzeitig seine Vermehrungsfähigkeit erhalten bleibt oder nur gering herabgesetzt wird. Bei der Attenuierung wird auch angestrebt, die für die Immunabwehr wesentlichen Oberflächeneigenschaften des Erregers (Epitope) und so seine Immunogenität zu erhalten. Daher ist die Attenuierung eine Möglichkeit, Lebendimpfstoffe für eine aktive Immunisierung herzustellen.

Bei der Attenuierung wird die natürliche Eigenschaft des Erregers ausgenutzt, sich in einem für ihn ungünstigen Wirt zu Beginn zwar gering vermehren zu können, jedoch oft keine Erkrankung auszulösen. Dies wird etwa bei Viren dadurch erklärt, dass jene Rezeptoren der Virusoberfläche, die eine Aufnahme in eine spezifische Zielzelle ermöglichen, nicht auf die Zellen des neuen Wirtes angepasst sind. Nach mehrmaligen Passagen (entweder in einer Zellkultur, Hühnerembryo oder einem lebenden Tier) werden jene Mutanten des Erregers herausselektioniert, die sich noch vermehren können und bei einer Übertragung auf den ursprünglichen Wirt (etwa den Menschen) nicht mehr seine Zielzellen erkennen können. Zur Attenuierung wird auch die Anzucht des Erregers bei ungünstigeren, niedrigen Temperaturen (etwa 25° C) verwendet, bei der die Erreger ebenfalls ihre Virulenz verlieren können. Bei der Attenuierung von Bakterien werden meist stabile Stämme angezüchtet, die ihre krankheitsauslösenden Gene (Pathogenitätsinseln) gezielt oder zufällig verloren haben.

Die Attenuierung verwendet man bei folgenden Erregern zur Impfstoffherstellung: Influenzaviren, Masernvirus, Mumpsvirus, Rötelnvirus (kombiniert im MMR-Impfstoff), Gelbfiebervirus, Poliovirus, Varizella-Zoster-Virus, Respiratory-Syncytial-Virus, Humane Rotaviren, Mycobacterium tuberculosis (als Bacillus Calmette-Guérin) und Salmonella typhi.

Quellen

  • C. Mims, H. M. Dockrell et al.: Medizinische Mikrobiologie / Infektiologie. München (Elsevier) 2006 S. 551f, ISBN 3-437-41272-8
  • A. Bauernfeind und M. Shah: Lexikon der Mikrobiologie und der Infektiologie, 2. Auflage, Stuttgart 1995

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