Viscachafell

Viscachafell

Dieser Artikel behandelt die Felle von Tieren der Arten Viscacha und Bergviscacha im Zusammenhang mit dem Rauchwarenhandel und der Verarbeitung zu Pelzen; im Handel wurden beide Arten zuletzt als Viscacha angeboten. In welchem Umfang sie heute noch gehandelt werden ist unklar.

Viscacha

Inhaltsverzeichnis

Feld- oder Pampasviscacha

Herders Conversations-Lexikon von 1854 beschreibt das Viscacha als kaninchenartig „mit geschätztem Felle“.[1] Trotzdem ist man sich in der Rauchwarenbranche sicher, dass die Felle erst nach dem Ersten Weltkrieg aus Argentinien und Patagonien in nennenswertem Umfang auf den Weltmarkt kamen, nachdem es gelungen war, das kräftige Leder dünner zu schneiden. Obwohl die Tiere wegen Ihrer Wühltätigkeit in den Weidegebieten in größeren Mengen erlegt wurden, waren sie wegen der dünnen Unterwolle, den groben Grannen und des wenig zügigen Leders nie ein sehr bedeutender Artikel für die Pelzverarbeitung. Außerdem ist die Anzahl der schadhaften, nicht verwendbaren Felle sehr hoch. Noch 1911 schreibt Emil Brass bedauernd, dass alle Versuche, das Fell für Pelzzwecke zu verwenden gescheitert sind, weil das Leder meist zu schwer und dick ist. Und das, wo die Felle zu hunderttausenden geliefert werden könnten und mit 30 bis 50 Pfennig sehr billig sind.[2] Bis dahin wurden die Felle nur von den Indios für den Eigenbedarf zu primitiven Unterlagen und Decken zusammengenäht.[3] - Viscachafelle wurden in der Vergangenheit von Zeit zu Zeit immer einmal angeboten, oft in braune Farbtöne (bisamfarbig, zobelfarbig) eingefärbt.

Die Felllänge beträgt 47 bis 66 cm, der behaarte Schwanz ist 15 bis 20 cm lang. Damit sind sie wesentlich größer als die ihnen verwandten Chinchillas. Die Färbung variiert an der Oberseite mit dem Lebensraum von gelblich in sandigen Regionen bis zu dunkelgrau, der Bauch ist weiß. Die wenig dichte Unterwolle ist sehr weich, die Deckhaare hingegen dunkel und rau mit schwarzen Leithaaren gemischt.[4]

Fellstruktur: 2-3 % der Haare sind Leithaare, bis 41 mm lang; 25-26 % Grannenhaare, lang und grob, graubraun bis schwarz. Bis zu 75 % sind hellgraubraune Wollhaare.[5]
Haltbarkeitskoeffizient für Viscacha und Chinchillona: 5-10 % [Anmerkung 1] [6]
Fellreste

Im Rauchwarenhandel wurde das Fell anfangs fälschlich, nach heutigen Maßstäben zudem wenig verkaufsförderlich, auch als Wasserschwein oder brasilianisches Wasserschwein angeboten,[7] laut Alfred Erler, Spezialist für südamerikanische Rauchwaren, zwar ebenfalls zoologisch falsch jedoch besser klingend, auch als argentinischer Dachs (1931)[8]. 1936 schreibt ein amerikanisches Rauchwarenhandbuch, dass Viscachafelle in Deutschland und England zu sogenannten Futtern (Halbfertigprodukte) zusammengesetzt werden.[9] Das Zentrum der Tafelfertigung in Deutschland lag zu der Zeit um Leipzig herum, damals ein Weltzentrum des Pelzhandels (siehe dazu Brühl (Leipzig).

Die Verwendung erfolgt, meist gefärbt, zu preiswerten Besätzen, Innenfuttern und nur noch sehr selten zu Jacken und Mänteln.

Bergviscacha

Auch von den Bergviscachas gab es immer nur ein sehr geringes Angebot. Sie sind mit 32 bis 40 cm kleiner als das Feldviscacha, hinzu kommt der lange Schweif mit 23 bis 32 cm. Ein Merkmal sind die bis zu 8 cm langen Ohren und die langen kräftigen Schnurrhaare. Je nach Rasse und Herkommen (Lebensraum in 3000 bis 5000 Meter Höhe) weichen Größe, Färbung und Fellstruktur voneinander ab.

Entsprechend dem Herkommen sind die Felle aschgrau bis graugelb, häufig mit einem dunklen Längsstreifen (Grotzen) in der Fellmitte. Die Haare sitzen recht locker im Leder, sie wurden früher von den Anwohnern ausgerupft und zu feinen Stoffen versponnen (lt. Prell[3]), wie auch beim Chinchilla.

Das Haar ist weich und dicht, doch nicht so fein und flattriger als das der Chinchilla.

Nur die besseren, mehr blaugrauen Qualitäten des Bergviscachafell aus den höheren Bergregionen wurden etwa seit 1900 für Pelzzwecke genutzt. Die Handelsbezeichnung dafür war Chinchillona. Alle anderen Qualitäten ließen sich nicht chinchillaartig färben; „sie nehmen die Farbe nicht an, erscheinen nach derselben buntfleckig, ja gehen mitunter direkt in Lila über, trotzdem sich gerade die besten Farbspezialisten daran versucht haben.“[2]

Der Preis der Bergviscachafelle betrug vor dem Ersten Weltkrieg 1 Papierpeso in Buenos Aires und etwa 2,50 Mark in Leipzig. 1923 war der Preis in Argentinien auf 3 Papierpeso gestiegen, in Leipzig auf 6 bis 8 Mark; für ausgesucht „reinblaue“ Felle wurden bis zu 20 Mark das Stück bezahlt. Der Gesamtanfall zu der Zeit „dürfte vorläufig 10.000 Stück im Jahr kaum übersteigen“.[2]

1988 heißt es, dass über die Märkte von Mendoza, San Juan und Buenos Aires jährlich höchstens 10.000 Stück angeliefert wurden.[10]. Rauchwarenkaufmann Alfred Erler spricht 1931 noch von jährlich schätzungsweise 50.000 bis 60.000 Stück.

Die Verwendung ist gleich der des Feldviscachas.

Anmerkung

  1. Der angegebene Wert ist das Ergebnis vergleichender Prüfung durch Fachleute der Rauchwarenbranche in Bezug auf den Grad der offenbaren Abnutzung. Die nach praktischer Erfahrung haltbarsten Fellarten wurden auf 100 Prozent gesetzt. Es fließen jedoch zahlreiche unwägbare Faktoren mit ein. Eine genauere Angabe könnte nur auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelt werden.

Siehe auch

 Commons: Viscachafell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weblinks

  • Lagostomus maximus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2007. Eingestellt von: O. Pearson, 1996. Abgerufen am 17. 3. 2008

Literatur, Einzelnachweise

  1. Herders Conversations-Lexikon, 1854, Band 5, S. 632
  2. a b c Emil Brass: Aus dem Reiche der Pelze, 1911, Verlag der „Neuen Pelzwaren-Zeitung und Kürschner-Zeitung“, Berlin, S. 613-616, S. 728
  3. a b Dr. Fritz Schmidt: Das Buch von den Pelztieren und Pelzen, 1970, F. C. Mayer Verlag, München, S. 86-88
  4. Friedrich Lorenz: Rauchwarenkunde, 1958. Selbstverlag, Berlin, S. 41
  5. Prof. Dr. sc. nat. Dr. med. vet. h.c. Heinrich Dathe, Berlin; Dr. rer. Paul Schöps. Leipzig unter Mitarbeit von 11 Fachwissenschaftlern: Pelztieratlas, VEB Gustav Fischer Verlag Jena, 1986, S. 111
  6. Dr. Paul Schöps; Dr. H. Brauckhoff, Stuttgart; K. Häse, Leipzig, Richard König, Frankfurt/Main; W. Straube-Daiber, Stuttgart: Die Haltbarkeitskoeffizienten der Pelzfelle in Das Pelzgewerbe, Jahrgang XV, Neue Folge, 1964, Nr. 2, Hermelin Verlag Dr. Paul Schöps, Berlin, Frankfurt/Main, Leipzig, Wien
  7. Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauchwarenkunde. XXI. Band. Verlag Alexander Tuma, Wien 1951. Seite 237
  8. Alfred Erler: Südamerikanische Rauchwaren, in Rauchwarenkunde. Elf Vorträge aus dem Rauchwarenhandel, Verlag der Rauchwarenmarkt, Leipzig 1931, S. 48
  9. Max Bachrach: Fur. A Practical Treatise., Verlag Prentice-Hall, Inc., New York, 1936. S. 172-173 (engl.)
  10. Christian Franke/Johanna Kroll: Jury Fränkel’s Rauchwaren-Handbuch 1988/89, 10. überarbeitete und ergänzte Neuauflage, Rifra-Verlag Murrhardt, S. 209-210

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