Vollkornprodukt

Vollkornprodukt
Vollkornbrot

Vollkornprodukte sind Getreideprodukte, die aus dem ganzen Korn bestehen, also nicht von den Randschichten (der Kleie) oder dem Keimling befreit wurden. Vollkorn wird im Ganzen, als Schrot oder Mehl weiterverarbeitet. Vollkornmehl hat keine Typenzahl.

In den Randschichten befindet sich ein Großteil der Ballaststoffe, Vitamine, Öle und Mineralstoffe des Getreides.

Neben den erwünschten Stoffen enthält Vollkorn je nach Getreideart verschiedene Abwehrstoffe (Antinutritiva) gegen Fressfeinde wie Phytin, Arabinoxylane, Pentosane, Lectine und andere.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vollkornbrot, wie wir es heute kennen, d.h. Mehl mit Kleie und hitzestabilisiertem Keimling, ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts. Angesichts der fortschreitenden Industrialisierung entwickelten sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere in Deutschland und der Schweiz Reformbewegungen, die eine Rückkehr zu einer „naturgemäßen Lebensweise“ propagierten. Hierzu gehörte nach Ansicht dieser Lebensreformer auch, dass Getreide mit dem Keimling und der Kleie gegessen werden sollte. Bei den Nationalsozialisten wurde Vollkornbrot ein Teil einer auf den Krieg ausgerichteten Gesundheits- und Ernährungspolitik. Eine Renaissance erlebte das Vollkornbrot durch die Umweltschutzbewegung in den 1970er Jahren.[1]

Verarbeitung

Die traditionellen Weiterverarbeitungsmethoden für die verschiedenen Getreidearten erhöhen die Aufnahme der gewünschten Substanzen, reduzieren die unerwünschten Abwehrstoffe und verbessern so den Wert und die Verdaulichkeit, auch wenn dabei Vitamine teilweise zerstört werden können.

Roggen, als Vollkorn gemahlen oder geschrotet, wird durch die klassische, etwa 20 Stunden dauernde Sauerteigführung einer Gärung unterzogen, die mit der Keimung oder der Vorverdauung im Wiederkäuermagen vergleichbar ist. Dabei wird das Phytin verbraucht und Bakterien im Teig bilden antibiotische Substanzen (Bakteriozine). Beim Kunstsauer, wie er in der Lebensmittelindustrie verbreitet ist, bleiben diese Effekte aus.

Weizen ist heutzutage in Deutschland das beliebteste Getreide für Vollkorngebäcke, Brötchen und Kuchen. Dies ist auf den hohen Anteil an Weizenkleber (Gluten) zurückzuführen, der den Backwaren Form und Halt gibt. Auch im Vollkornbrot kommt Weizen zum Einsatz, entweder allein oder als Mischbrot. Auch in Roggenbroten ist meist ein kleiner Anteil Weizen enthalten, um mit Hilfe des Klebers die Eigenschaften des Teiges zu verbessern. Als Treibmittel für Gebäcke aus Weizen wird zumeist Hefe oder Backferment eingesetzt. Vollkornbackwaren aus Weizen sind oft relativ hell, so dass die Farbe bzw. Helligkeit der Backwaren kein guter Hinweis darauf ist, ob sie aus Vollkorn oder Auszugsmehl hergestellt wurden.

Gerste wird vorwiegend zu Herstellung von Bier als volles Korn gemälzt (vorgekeimt), anschließend gedarrt (geröstet) und gebraut (gekocht). Dabei werden Phytin abgebaut und vorher gebundene Stoffe freigesetzt. Beim Kochen werden unerwünschte Eiweiße umgewandelt.

Hafer enthält vergleichsweise viel Fett und wenig Kleie. Er ist als Vollkorn, nachdem er durch trockenes Erhitzen von Bitterstoffen befreit wurde, auch ohne Weiterverarbeitung gut verträglich.

Grünkern, hergestellt aus Dinkel, einer Weizenart, wird unreif geerntet und gedarrt, bevor sich Abwehrstoffe gebildet haben und ist deshalb auch als Vollkorn ohne weitere Verarbeitung gut bekömmlich.

Reis ist als Vollkorn ungenießbar und wird deshalb immer von der Kleie befreit und normalerweise noch poliert, um Silberhäutchen, Keimling und Aleuronschicht zu entfernen. Dabei geht ein Großteil der Mineralstoffe und Vitamine verloren. Parboiled Reis wird vorher unter Druck eingeweicht, wodurch ein Teil der Vitamine in die Reiskörner übergeht. Der "Naturreis" (Brauner Reis) ist geschält, aber nicht poliert, also kein Vollkorn und auch nicht wesentlich gehaltvoller als weißer Reis. Allerdings enthält er fast doppelt so viel Magnesium und fast viermal so viel Eisen wie hellere Sorten.

Kritik

Nach Ansicht von Udo Pollmer hat die Sauerteig- und Hefegärung bei Weizen und anderen Getreiden kaum Einfluss auf Abwehrstoffe in der Kleie und den randnahen Schichten. Der Verzehr von (Weizen-)Vollkorn, auch gebacken oder gekocht, soll die Fett- und Eiweißverdauung behindern und zu Blähungen und Pilzerkrankungen im Enddarm führen. Backpulver blockiere den Phytinabbau vollständig, soll also in Verbindung mit Weizenvollkornmehl nicht verwendet werden.

Produkte (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Museum der Brotkultur: Kleines Brotlexikon - Stichwort Vollkornbrot

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