VwV

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Eine Verwaltungsvorschrift (VwV, auch: VV) ist eine Anordnung, die innerhalb einer Verwaltungsorganisation von einer übergeordneten Verwaltungsinstanz oder einem Vorgesetzten an nachgeordnete Verwaltungsbehörden oder Bedienstete ergeht und deren Wirkbereich grundsätzlich auf das Innenrecht der Verwaltung beschränkt sein soll. Verwaltungsvorschriften beruhen auf dem hierarchischen Aufbau der Verwaltung und regeln so von oben nach unten Einzelheiten der Tätigkeit nachgeordneter Verwaltungsbehörden. Sie sind Rechtsvorschriften und grundsätzlich - mangels Außenwirkung - keine auf den Bürger unmittelbar wirkende Rechtsnormen. Da Verwaltungsvorschriften häufig auch norminterpretierende Auslegungen anordnen, können sie im konkreten Einzelfall jedoch in der Ausgestaltung eines konkreten Verwaltungsaktes oder durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes auch Außenwirkung entfalten.

Viele Gesetze räumen für ihre Ausführung der Verwaltung ein Ermessen ein, außerdem enthalten viele Gesetze unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch die Verwaltung ausgelegt und konkretisiert werden müssen. Gegenstand vieler Verwaltungsvorschriften ist deswegen die Leitung des behördlichen Ermessens in eine bestimmte Richtung und/oder die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe. Die Entscheidung, die die Verwaltung über den Antrag eines Bürgers trifft, wird deswegen oft, neben dem eigentlichen Gesetzestext, vom Inhalt von Verwaltungsvorschriften bestimmt. Ein Beispiel dafür ist die TA Luft.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Verwaltungsvorschrift

Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften dienen dazu, eine einheitliche Rechtsanwendung der Behörden zu gewährleisten und wenden sich daher unmittelbar nur an die zuständigen Behörden, nicht jedoch an den ebenfalls betroffenen Bürger. Da die Behörde zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften verpflichtet ist, können diese jedoch auch für die Bürger rechtliche Bedeutung haben. So kann die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz von der Einhaltung der Vorschriften der TA Luft abhängen.

Verwaltungsvorschriften werden nicht immer als solche bezeichnet, sondern heißen auch Technische Anleitung (TA), Anordnung, Dienstanweisung, Erlass, Richtlinie oder Verfügung. Zu den wichtigsten VwVen zählen neben den TAen die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung, die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV), die Strafvollstreckungsordnung (StrVollstrO), die Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) und die Mitteilungen in Straf- und Zivilsachen (MiStra, MiZi).

Ein weiteres, bekanntes Beispiel einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift sind die Einkommensteuer-Richtlinien. Sie binden die Finanzämter an eine bestimmte Auslegung des Einkommensteuergesetzes und sind beispielsweise oft maßgeblich dafür, ob bestimmte Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger als Werbungskosten geltend macht, auch als solche anerkannt werden oder nicht.

Die Verwaltungsvorschriften lassen sich unterteilen in norminterpretierende und normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften. Letztere haben unmittelbare Außenwirkung, sind also im Gegensatz zu norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, die nur für die Bediensteten der jeweiligen Verwaltungsbehörde von Belang sind, auch für den normalen Bürger von Bedeutung. Solche normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften akzeptiert das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich im Bereich des Umwelt- und Technikrechts zur Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen wie "allgemein anerkannter technischer Standard" oder "Stand der Wissenschaft und Technik" und stellt zudem weitere Anforderungen an sie. Neben der bereits genannten TA Luft zählen weitere Technische Anleitungen wie die TA Abfall oder die TA Lärm zu dieser Art von Verwaltungsvorschrift.

Im Jahr 2004 hatte das Bundesverwaltungsgericht über eine anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift im Sozialrecht zu entscheiden (s. u.). Es entschied, dass Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten den Betroffenen vollständig bekannt zu machen sind und leitete dies aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) her. Das Fehlen der Veröffentlichung führt bei dieser Art von Verwaltungsvorschrift zu ihrer Unwirksamkeit.

Unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel sind Verwaltungsvorschriften oft problematisch, weil das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip verlangen, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen selbst (in Gesetzesform) trifft. Die Verwaltung hat nur eine abgeleitete, sozusagen „verdünnte“ demokratische Legitimation und soll deswegen nicht mit zu viel Entscheidungsgewalt ausgestattet sein. Andererseits kann ein Gesetz nicht alle denkbaren Fälle regeln, so dass der Verwaltung ein gewisser Spielraum zur Regelung von Einzelheiten schon aus praktischen Gründen eingeräumt werden muss. Ein Beispiel für ein solches Rechtsgebiet, in dem Verwaltungsvorschriften eine problematisch große Rolle spielen, ist das Ausländerrecht. Bereits im Mai 2002 verabschiedete die Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten in Deutschland (AGID) eine Entschließung, in der sie zum Zweck der Transparenz die Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften forderte.

Umsetzungen von Richtlinien der EG

EG-Richtlinien müssen so in nationales Recht umgesetzt werden, dass etwaig hierdurch begründete Rechte für den Einzelnen erkennbar sind und er sie geltend machen kann. Der EuGH verneinte, dass diese Anforderungen durch Umsetzung einer Richtlinie in der TA-Luft erfüllt seien, obwohl diese eine normkonkretisierende VwV darstellt. Erforderlich seien vielmehr Rechtsnormen im materiellen Sinn.

Siehe auch

Polizeidienstvorschrift (PDV), Feuerwehr-Dienstvorschrift (FwDV), Runderlass, Erlass, Zentrale Dienstvorschriften der Bundeswehr

Literatur

  • Becker, Joachim: „Internes Verwaltungshandeln“, in: Landes- und Kommunalverwaltung 1991, S. 100 f.
  • Guckelberger: „Zum methodischen Umgang mit Verwaltungsvorschriften“, in: Die Verwaltung 2002, S. 61 ff.
  • Hartmut Maurer: „Anmerkung zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts“, Az. 5 CN 1.03 (siehe Weblink unten), in: JZ 2005, S. 895 bis 897.

Weblinks

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