Völkermord in Kambodscha

Völkermord in Kambodscha

Preăh Réachéanachâkr Kâmpŭchéa
Königreich Kambodscha

Flagge Kambodschas
Wappen Kambodschas
Flagge Wappen
Wahlspruch:
„Nation, Religion, König“
Amtssprache Khmer
Hauptstadt Phnom Penh
Staatsform konstitutionelle Monarchie
Staatsoberhaupt König Norodom Sihamoni
Regierungschef Premierminister Hun Sen
Fläche 181.040 km²
Einwohnerzahl rund 14,5 Millionen [1]
Bevölkerungsdichte 75 Einwohner pro km²
BIP nominal (2007)[1] 8,604 Mrd.. US$ (119.)
BIP/Einwohner 1900 US$
HDI 0,575 (136.)[2]
Währung Riel (KHR), seit 1953/1980, bzw. US-Dollar
Unabhängigkeit von Frankreich am 9. November 1953
Nationalhymne Nokoreach
Nationalfeiertag 9. November
Zeitzone UTC +7h
Kfz-Kennzeichen K
Internet-TLD .kh
Telefonvorwahl + 855

Kambodscha (Khmer: Kâmpŭchea, offiziell Königreich Kambodscha bzw. Preăh Réachéanachâkr Kâmpŭchéa) ist ein Staat in Südostasien. Das Land liegt am Golf von Thailand zwischen Thailand, Laos und Vietnam. Die Hauptstadt Phnom Penh liegt im Süden des Landes. Das Landschaftsbild wird durch eine Zentralebene geprägt, die teilweise von Gebirgen umgeben ist. In ihr liegt im Westen Kambodschas der See Tonle Sap, durch den Osten fließt der Mekong, einer der zehn längsten Flüsse der Welt.

Kambodscha ist aus dem frühmittelalterlichen Reich Angkor hervorgegangen. Seine Ruinen in Angkor, Roluos, Banteay Srei und Preah Vihear wurden ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich im Jahre 1954 folgten jahrzehntelange Bürgerkriege, die viele Opfer unter der Bevölkerung und schwere Schäden in der Wirtschaft hinterließen. Auch der Vietnamkrieg und die Diktatur der Roten Khmer von 1975 bis 1979 brachten dem Land Leid und Elend.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Kambodscha liegt auf der Indochinesischen Halbinsel, am Nordostufer des Golfs von Thailand. Die Küste hat eine Länge von 443 Kilometern. Kambodscha grenzt im Westen und Nordwesten auf 803 Kilometern an Thailand, im Norden an Laos (541 km) sowie östlich und südöstlich an Vietnam (1.228 km). Die gesamte Fläche beträgt 181.040 km², davon sind 176.520 km² Landfläche. Damit ist Kambodscha etwa halb so groß wie Deutschland.[1]

Landschaftsbild

Zwei Drittel Kambodschas werden durch das Kambodschanische Becken eingenommen, das sich 5 bis 30 m[3] über dem Meersspiegel befindet und in dessen westlichem Zentrum der Tonle Sap liegt. In östlicher Richtung schließen sich die Schwemmlandebene und die ersten Ausläufer des ansonsten in Vietnam liegendem Mekongdeltas an, der das Zentralbecken entwässert.[4]

Von drei Seiten schließen sich an das Becken Gebirge und Hochebenen an. Südwestlich des Tonle Sap finden sich die Kardamom- und die Elefantenberge, auf die eine schmale Küstenebene folgt. An der nördlichen Grenze zu Thailand findet sich das Dongrek-Gebirge. Die hauptsächlich in Laos und Vietnam verlaufende Annamitische Kordillere reicht mit ihren Ausläufern bis nach Nordostkambodscha.[4]

Gewässer

Sonnenuntergang am Mekong
Koh Tonsay
Klimadiagramm für Phnom Penh
Mangrovenwald

In der Mitte des Kambodschanischen Beckens befindet sich der Tonle Sap, der durch den Tonle-Sap-Fluss mit dem Mekong verbunden ist. Während der Regenzeit von Juli bis Oktober führt der Mekong so viel Hochwasser, dass das Wasser entgegen seiner Fließrichtung den Tonle-Sap-Fluss hinaufgedrückt wird und den See speist, der dadurch von 2.500 km² auf bis zu 20.000 km² anschwillt.[4][5] Dadurch wird er zum größten See Südostasiens. Der Mekong, der größte Fluss Südostasiens, durchfließt Kambodscha in Nord-Süd-Richtung auf 500 Kilometern. Dabei ist er meistens über 1,6 Kilometer breit.[4] In Kambodscha spaltet sich der Obere Mekong in den Bassac und den unteren Mekong auf.[6]

Weitere Flüsse sind der Sreng und der Sangke (Sangker), die in den westlichen Grenzgebirgen entspringen und auf dem Weg zum Nordende des Tonle Sap zusammenfließen. Der Pouthisat mündet am südlichen Ufer in den See, der Sen und der Chinit in den Tonle-Sap-Fluss. Vom östlichen Hochland wird der Mekong durch den Kong (Sekong), den San und den Srepok gespeist.[7]

Gebirge

Das Kardamomgebirge verläuft in ostwestlicher Richtung. Im östlichen Teil befindet sich mit dem Phnom Aôral (1.813 m) der höchste Berg des Landes. Das zweite südliche Gebirge, das Elefantengebirge, schließt im Südosten des Kardamomgebirges an dieses an und verläuft von dort aus nach Süden bis ans Ufer des Golfs von Thailand. Es erreicht seine höchste Erhebung mit dem Phnom Popok (1.079 m).

Das nördliche Massiv Chuǒr Phnom Dângrêk setzt sich aus Sandstein zusammen, fällt nach Süden hin steil ab und wird nicht höher als 756 m. Das östliche Chlong-Plateau (bis 942 m) und ein bis auf 1.500 m ansteigender Streifen Bergland im Nordosten bilden die Ausläufer der Annamitischen Kordillere.[4] Dort leben noch immer kaum bekannte Bergvölker.[3]

Inseln

Zu Kambodscha gehören 64 Inseln.[6] Die größte ist Kaôh Kŏng nahe der thailändischen Grenze, gefolgt von Koh Rong vor der Küste Sihanoukvilles, die unter anderem mit Koh Rong Samlon ein Archipel bildet. Weitere größere Inseln sind Koh Thmei an der Grenze zu Vietnam sowie Koh Samit, Koh Tang und Koh Tonsay.

Klima

Allgemein herrschen im Monsunklima in Kambodscha gleichmäßig hohe Temperaturen. Im Dezember sinken sie auf einen Tiefstand von 26°C und erreichen im April ihr Maximum mit 30°C. Die Niederschläge werden von den Monsunen bestimmt; von Mai bis September/Oktober weht der feuchte Südwestmonsun und bringt Regen, im restlichen Jahr bringen Nordostwinde trockene Kontinentalluft. Die geringsten Niederschläge werden am Tonle Sap mit durchschnittlich 1000 mm im Jahr gemessen; im übrigen Tiefland betragen die sie 1300–2000 mm jährlich. An den Westhängen der Gebirge steigen die Regenmengen auf 4000 mm und mehr an, die Höchstwerte werden im Elefantengebirge mit 5300 mm erreicht.[4]

Flora und Fauna

Je nach Quelle sind zwischen 30[6] und 75 %[4][7] Kambodschas bewaldet. In Höhen über 700 m mit feuchtkühlem Klima wächst ein immergrüner Bergwald, dessen Bäume bis zu 20 Metern Höhe erreichen. Die Vegetation der niederschlagsreichen Westhänge der Gebirge ist durch tropischen Regenwald geprägt, der 40 bis 50 Meter hoch wird. Im Unterholz finden sich niedrigere Pflanzen wie kleinere Bäume, Büsche oder Palmen. Das Tiefland wird, wenn es nicht für landwirtschaftlich genutzt wird, durch Monsun- und Trockenwälder bedeckt, die in der Trockenzeit ihr Laub verlieren. In Regionen, in denen Überschwemmungswald und sumpfige Savannen dominieren, sind die Böden nährstoffarm und trocken. An der Küste finden sich Mangrovenwälder. Verbreitet sind auch noch rar gewordene Baumarten wie der Schwarzholzbaum, der Ebenholzbaum und der Rosenholzbaum.[3]

Ein Kouprey 1937

Die Fauna Kambodschas ist artenreich, insgesamt leben in Kambodscha 630 geschützte Arten. Besonders die nordöstlichen Provinzen sollen noch immer große Wildpopulationen aufweisen.[6] In den bevölkerungsarmen Wald- und Gebirgsbebieten leben beispielsweise Indische Elefanten, Tiger, Leoparden, Flughunde sowie diverse Bärenarten. Auch gibt es hier viele Schlangen, wie die Königskobra und die hochgiftige Krait. Möglicherweise bereits ausgestorben ist der erst 1937 entdeckte Kouprey, eine Art Wildrind.[4]

Der Tonle Sap ist reich an Wasservögeln und Wassertieren, darunter mehr als 850 Fischarten.[3] Im unteren Abschnitt des Mekong befinden sich die letzten Rückzugsgebiete des Irawadidelfins.[6] Außerdem entdeckte man hier im Mai 2007 erwachsene Tiere sowie Jungtiere und Gelege der bereits ausgestorben geglaubten Cantors-Riesen-Weichschildkröte wieder.[8]

Durch einen königlichen Erlass wurden 2005 der Kouprey (Bos sauveli), der Riesenibis (Pseudibis gigantea), die Batagur-Schildkröte (Batagur baska), die Riesenbarbe (Catlocarpio siamensis), die Palmyrapalme (Borassus flabellifer), die Rumdrul-Blume (Mitrella mesnyi) und die Bananenart Musa aromatica zu Nationalsymbolen erklärt und unter besonderen Schutz gestellt.[9]

Bevölkerung

Demografie

Kambodschanische Kinder

Kambodscha hat rund 14.5 Millionen Einwohner.[1] Der Altersdurchschnitt beträgt 21,7 Jahre, die Lebenserwartung beläuft sich auf 59 Jahre (2000: 54 Jahre).[10] Der Geburtenrate von 27 pro 1.000 Einwohner steht eine Sterberate von 9 pro 1.000 gegenüber, dabei beträgt die Kindersterblichkeit 52 pro 1.000 Lebendgeburten. Eine Frau bekommt durchschnittlich 3,3 Kinder. Das Bevölkerungswachstum beträgt 2,4 %. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 73,6 % (Schätzung 2006), wobei Männer mit 85 % deutlich besser alphabetisiert sind als Frauen mit 64 %. Die Bevölkerungsdichte beträgt 78 Einwohner pro Quadratkilometer.[10]

Ethnien

Dorf eines Bergstammes im Nordosten des Landes

Die Hauptbevölkerungsgruppe Kambodschas sind die Khmer, die offiziell 85-90 % der Einheimischen ausmachen. Damit ist Kambodscha das homogenste Land Südostasiens. Größte Minderheiten sind die Vietnamesen (5 %), die Cham (bis 3 %) und die Chinesen (etwa 1 %). Kleinere Minderheiten gibt es von Thais, Laoten , sowie einer Reihe von Bergvölkern, die früher Moi genannt wurden und heute unter dem Namen Khmer Loeu zusammengefasst werden.[11] Die offiziellen von der Regierung veröffentlichten Zahlen über den Anteil der Minderheiten an der Bevölkerung werden als etwas zu tief eingeschätzt.[12]

Die Khmer leben seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. in ihren heutigen Siedlungsgebieten; woher sie kamen, ist nicht vollständig geklärt. Vietnamesen leben bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts als Reisbauern in Kambodscha, weitere kamen im 19. und frühen 20. Jahrhundert ins Land, da die französischen Kolonialherren Ämter bevorzugt an sie vergaben. Während der vietnamesischen Besatzung nach dem Sturz Pol Pots von 1979 bis 1989 folgte eine zweite Einwanderungswelle. Aus historischen Gründen gibt es noch immer Konflikte zwischen Vietnamesen und Khmer, die ihre Höhepunkte immer wieder in Pogromen erreichte, zuletzt in den Neunzigerjahren; auch in der Politik gelten anti-vietnamesische Parolen als normal, beispielsweise von Seiten der Sam-Rainsy-Partei oder der FUNCINPEC.[13] Heute leben viele Vietnamesen als Fischer in schwimmenden Dörfern auf dem Tonle Sap.

Chinesen leben seit der frühen Neuzeit vor allem in den Städten, wo sie als Händler und Handwerker tätig sind. Bis 1975 kontrollierten sie die Wirtschaft und das Verkehrswesen des Landes, unter der Herrschaft der Roten Khmer aber wurden viele von ihnen, genau wie Angehörige anderen Ethnien, getötet oder flohen. Seit Anfang der Neunzigerjahre kehren sie langsam wieder zurück und sind mittlerweile, dank chinesischem Investment aus anderen Ländern, wieder eine wichtige ökonomische Kraft.[12]

Die muslimischen Cham sind ein malaiisches Volk, das vor allem an den Küstengebieten und dem Unterlauf des Mekong leben, seit ihr Reich 1471 von Vietnam zerstört wurde und sie fliehen mussten. Ihr spirituelles Zentrum befindet sich in Chur-Changvra bei Phnom Penh. Die Cham sind traditionell Viehhändler, Seidenweber und Schlachter, da letzteres den buddhistischen Khmer traditionell nicht gestattet ist.

Die Bergvölker, die heute unter dem Namen Khmer Leou (Hochland-Khmer) geführt werden, sind Thaivölker, die in den bergigen Grenzgebieten zu Thailand und auch Vietnam leben.[4] Die 21 Stämme leben traditionell als Halbnomaden, bauen Reis und Gemüse an, betreiben Brandrodung, halten Kühe, Hühner und Schweine als Nutztiere und sind animistischen Glaubens. Diese traditionelle Lebensweise wird immer mehr durch Sesshaftigkeit und Gebräuche der Khmer ersetzt. Im Gebiet um Battambang leben kleine Minderheiten der Shan, Thai und Lao. Sie sind Nachfahren von Bergleuten und Juwelieren, die in Kolonialzeit in den Rubinminen von Pailin angestellt waren.[3][6]

Religionen

Der buddhistische Tempel Wat Phnom in der Hauptstadt

In Kambodscha hängen rund 93 % der Bevölkerung dem Theravada-Buddhismus an, der neben Kambodscha in Thailand, Laos und Myanmar verbreitet ist. Weitere vertretene Glaubensrichtungen sind der Islam mit etwa 6 % (vor allem Sunniten bei den Cham) und das Christentum mit einem Prozent, vor allem Katholiken bei der Minderheit der Vietnamesen.[7] Bei manchen Bergvölkern hat sich auch der Animismus gehalten,[4] die Chinesen sind hauptsächlich Konfuzianer, Taoisten oder Mahayana-Buddhisten.

Der Theravada-Buddhismus, der ab dem 14. Jahrhundert den Hinduismus und den Mahayana-Buddhismus verdrängte, war bis 1975 Staatsreligion und wieder ab den späten Achtzigerjahren. Heute ist er gesetzlich in der Verfassung verankert. Unter den Roten Khmer wurden die meisten buddhistischen Mönche getötet und fast alle Wats und Moscheen zerstört. In den Neunzigern wurden die meisten Glaubensstätten wieder aufgebaut – heute gibt es wieder 59.500 Mönche und 3.980 Wats, in Phnom Penh wurde mit saudi-arabischem Geld eine internationale Moschee gebaut.[6]

Sprachen

Die Amtssprache Kambodschas ist Khmer, eine austroasiatische Sprache, die von 95 % der Einwohner des Landes gesprochen wird.[1]. Weitere Sprachen sind Vietnamesisch, Chinesisch, Cham , sowie verschiedene andere Minderheitensprachen: Brao, Chong, Jarai, Kaco', Kraol, Kravet, Kr'ung, Lamam, Mnong, Pear, Samre, Sa'och, Somray, Stieng, Suoy und Tampuan.[14]

Französisch war wegen der französischen Kolonialvergangenheit über ein Jahrhundert lang die beliebteste Fremdsprache und wurde bis 1975 auch in gebildeten Kreisen gesprochen, heute wird es auch auf Grund des vermehrten Tourismus aus englischsprachigen Ländern vermehrt durch Englisch abgelöst.[12] Seit 1990, als das Lehren der englischen Sprache wieder legalisiert wurde, hat es dem Französischen an Beliebtheit deutlich den Rang abgelaufen. Zwischen Anhängern der beiden Sprachen entwickelten sich dadurch Spannungen, da die Franzosen weiterhin versuchen, ihre Kultur und Sprache in Kambodscha zu verbreiten, sowohl um das kulturelle Erbe zu bewahren, als auch um den Einflussverlust gering zu halten. Diese Bemühungen werden auch von der französischen Regierung finanziell unterstützt; obwohl sie einer der größten ausländischen Geldgeber ist, blieb der Erfolg gering: So verbrannten Studenten der Technischen Universität Phnom Penh 1995 aus Protest gegen die Unterrichtssprache ihre französischen Textbücher.[3][6]

Städte und Bevölkerungsverteilung

Luftbild Phnom Penhs

Die größten Städte Kambodschas sind:[15]

Stadt Einwohner (1998)[10]
Phnom Penh 1.400.000 (Schätzung 2005)
Sihanoukville 155.690
Battambang 139.964
Siem Reap 119.528
Kompong Chhang 75.244
Kompong Cham 61.750
Purat 52.476

Die Bevölkerung Kambodschas lebt zu 80 % in der Zentralebene, die Gebirgsregionen sind teilweise fast unbesiedelt. In den Städten leben heute nur etwa 20 % der Einwohner, was teilweise auch auf die Politik der Roten Khmer zurückzuführen ist, die die Städte evakuierten – so lebten 1978 nur noch 20.000 Menschen in Phnom Penh, nachdem es 1974 noch 2,5 Millionen gewesen waren.[4]

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Kambodschas

Frühe Staaten und Khmer-Reich

Der Unterlauf des Mekong war bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. von Khmer, Cham und Funanesen besiedelt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. entstanden in Indochina die Reiche Funan und Chenla, wobei letzteres ein Vasallenstaat Funans war. Im 6. Jahrhundert übernahm Chenla das hinduistisch geprägte Funan und es entstand ein Großreich, das 250 Jahre lang die wichtigste Macht in der Region war und nach Unruhen wieder in zwei Teile zerfiel.[4] Im 9. Jahrhundert entstand ein neues Khmerreich, dessen Hauptstadt seit 889 Angkor war und das seinen Machthöhepunkt im 12. Jahrhundert erreichte – es beherrschte Südostasien von Malakka bis zum Isthmus von Kra , sowie Laos und Teile Vietnams. In diese Zeit fällt auch die kulturelle Blüte; der damals errichtete Tempelkomplex Angkor Wat steht noch heute. Um 1200 hatte Angkor etwa eine Million Einwohner und war damit wohl die damals größte Stadt der Welt.[4]

Jayavarman VII. war der erste König, der den hinduistisch orientierten Linga-Kult durch den bereits im 9. Jahrhundert durch das Reich Srivijaya nach Kambodscha gekommenen Buddhismus ersetzte. Dadurch verloren die Könige ihren gottgleichen Status, was zu einer innenpolitischen Schwächung führte. Im 13. Jahrhundert entstand im Westen das Sukhothai-Reich, das sich zu einen starken regionalen Konkurrenten entwickelte. Dessen Nachfolgereich Ayutthaya eroberte 1353 Angkor. Die Thai-Besatzer zogen sich zwar bald wieder zurück, doch Kriege mit Cham und Shan verhinderten eine Stabilisierung des Angkor-Reichs. 1431 wurde Angkor erneut erobert, woraufhin die Hauptstadt nach Phnom Penh verlegt wurde. In den Jahrhunderten darauf herrschte ständig Krieg mit Thai und Vietnamesen; die einzige Ausnahme war das 16. Jahrhundert, als der Druck von Westen durch ein Erstarken Burmas gemildert wurde und das Khmer-Reich eine Spätblüte erlebte. Im 17. und 18. eroberte Vietnam große Teile des Mekongdeltas, während Thailand die Nordgebiete des Reichs besetzte.[16]

Französische Kolonialherrschaft und Vietnamkrieg

Französische Kolonialsoldaten 1888

Um eine völlige Übernahme des Reichs durch Thailand und Vietnam zu verhindern, wandte sich Kambodscha an Frankreich, das 1859 das südliche Vietnam eingenommen hatte. 1863 wurde das Land unter König Norodom I. zum Protektorat Frankreichs, 1887 ging es gemeinsam mit Vietnam und später auch Laos in der Indochinesischen Union auf. Ab 1884 setzten die Franzosen eigenmächtig französische Beamte ein, womit Kambodscha de facto bereits eine Kolonie Frankreichs wurde – offiziell blieb die Monarchie zwar bestehen, doch die Abhängigkeit war komplett. Unter französischer Führung wurden Kautschukplantagen angelegt und eine Eisenbahnlinie zwischen Phnom Penh und Bangkok gebaut. Kambodschas Hauptstadt wurde zu einer modernen Metropole. Da die Franzosen aber auch hohe Abgaben verlangten und einen nicht entlohnten Arbeitsdienst einführten, bildeten sich Widerstandsbewegungen wie etwa die Khmer Issarak (Freie Khmer). Als die Japaner im Zuge des Zweiten Weltkriegs Südostasien das Land besetzten, ersetzten sie zwar die französischen Behörden in Vietnam, den Beamten in Kambodscha erlaubten sie jedoch, wegen der Kooperation mit Vichy-Frankreichs, ihre Posten zu behalten, so dass Kambodscha offiziell weiter unter französischer Kontrolle verblieb.[17] Der 1941 von den Franzosen eingesetzte König Norodom Sihanouk folgte allerdings den panasiatischen Aufrufen Japans und kündigte am 12. März 1945 noch unter dem Schutz japanischer Truppen einseitig alle Verträge mit Frankreich. Nach dem Abzug der Japaner und der Besetzung Phnom Penhs durch die Briten, wurde Frankreich wieder zur Schutzmacht. Die Khmer Issarak verbündeten sich mit den vietnamesischen Vietminh und führten gemeinsam mit ihnen einen Guerillakrieg gegen die Franzosen, die 1954 auf der Genfer Indochinakonferenz die Unabhängigkeit Kambodschas anerkennen mussten.

Sihanouk, der als König seinem Vater zugunsten abgedankt hatte und das Land als Staatschef weiterhin lenkte, versuchte nach der Unabhängigkeit und auch während des Vietnamkrieges, eine Politik der Neutralität zu führen. Durch den Ho-Chi-Minh-Pfad und Nachschublager der Vietminh im Osten des Landes griff der Krieg jedoch auf Kambodscha über. Nachdem die USA sich zunächst auf Bombardements im Osten des Lands beschränkt hatten, stürzten 1970 kambodschanische Offiziere unter General Lon Nol Sihanouk mit amerikanischer Hilfe. Die Vereinigten Staaten waren der Meinung, dass die Regierung Sihanouk nicht entschieden genug gegen die Vietminh vorgegangen war. Lon Nol, der bereits seit 1969 Premierminister war, wurde 1972 Präsident und rief die Republik Khmer aus. Südvietnamesische und amerikanische Truppen unterstützten nun im Lande die Regierungseinheiten im Kampf gegen die Vietminh und die Nordvietnamesische Volksarmee (NVA).[4][16]

Rote Khmer und vietnamesische Besatzung

Flagge der Demokratischen Republik Kampuchea (1975-1979)
Schädel in Choeung Ek, Gedenkstätte für die Opfer der Roten Khmer

Sihanouk floh nach Peking und gründete dort mit Hilfe der Kommunistischen Partei Chinas die „Nationale Einheitsfront von Kampuchea“ (FUNK). Verbündet mit der FUNK waren die Roten Khmer, die aus der 1951 gegründeten Kommunistischen Partei Kambodschas hervorgegangen waren und deren Guerillaaktivitäten gegen die Regierung Lon Nol sich bald zu einem Bürgerkrieg entwickelten. Von Nordvietnam unterstützt, konnten die Roten Khmer 1975 schließlich Phnom Penh erobern, woraufhin sie die Demokratische Volksrepublik Kampuchea ausriefen. Sihanouk wurde zunächst symbolisches Staatsoberhaupt, musste aber 1976 zurücktreten und stand in der Folge unter Hausarrest. Neuer Staatschef wurde Khieu Samphan, neuer Ministerpräsident Pol Pot.

Das neue Regime zerschlug die bestehenden Gesellschaftsstrukturen. Phnom Penh wurde innerhalb von 24 Stunden nahezu komplett entvölkert. Hunger und Krankheiten rafften große Teile der Bevölkerung dahin. Man zwang die Menschen aus den Städten aufs Land, um Kooperativen für Reisanbau zu bilden. Insgesamt forderte die Regierung Pol Pot zwischen 1,4 und 2,2 Millionen Opfer, vor allem Beamte, Intellektuelle und buddhistische Mönche, die in etwa 100 Vernichtungslagern gefoltert und hingerichtet wurden, weil sie Widerstand geleistet hatten oder einfach der „Bourgoisie“ angehörten, wobei es oft ausreichte, lesen zu können oder eine Fremdsprache zu sprechen.[18] Einfache Bürger starben auf dem Land an Entkräftung und Krankheiten als Folge der harten Märsche und Arbeit. Seit 1977 war Kambodscha in Grenzstreitigkeiten mit Vietnam verwickelt; die Roten Khmer verfolgten Einwohner der Grenzgebiete und töteten sie, darunter auch Vietnamesen. Dies sorgte für außenpolitische Spannungen. Als sich innerhalb der Regierung unter Heng Samrin eine Opposition bilden konnte, die das wiedervereinigte Vietnam um Hilfe bat, griff Vietnam Ende 1978 ein. Der Einmarsch vietnamesischer Truppen begann am 24. Dezember 1978, bereits am 7. Januar 1979 eroberten sie Phnom Penh. Die Roten Khmer zogen sich nach Nordwestkambodscha zurück und begannen einen neuen Guerillakrieg.

Unter der von Heng Samrin geleiteten „Einheitsfront für die Nationale Rettung Kambodschas“ wurde die Volksrepublik Kampuchea ausgerufen. Das Land war weitgehend abhängig von Vietnam. Auch musste Samrin der Besatzungsmacht im „Vertrag über Frieden, Freundschaft und Zusammenarbeit“ die Stationierung von Truppen gewähren. Die neue Republik wurde nur von einigen Staaten aus dem Ostblock und der Dritten Welt anerkannt. Rote Khmer, Sihanouk-Anhänger und Republikaner bildeten eine Guerillabewegung gegen die Regierung und die vietnamesischen Besatzer. Die Bewegung wurde von China, den USA und der ASEAN unterstützt und erhielt den Bürgerkrieg in den Provinzen aufrecht, war der vietnamesischen Armee aber stets unterlegen. Die in Kuala Lumpur 1982 gebildete und von Sihanouk geführte Exilregierung der Bewegung („Demokratisches Kampuchea“, CGDK) wurde von den Vereinten Nationen anerkannt und erhielt somit einen Sitz in der UN-Vollversammlung. Als sich gegen Ende der Achtzigerjahre die wirtschaftliche Schwächung der Sowjetunion auf Vietnam auswirkte, trat Samrin mit Sihanouk in Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung ein. Nach der Einigung zog Vietnam bis 1989 seine Truppen ab.[16]

Modernes Kambodscha

Norodom Sihamoni, Kambodschas König

Am 23. Oktober 1991 schlossen die vier Bürgerkriegsparteien den Pariser Friedensvertrag, der einen Waffenstillstand bestimmte und für 1993 Neuwahlen ansetzte. Kambodscha kam für 18 Monate unter eine UN-Übergangsregierung. Eine 16.000 Mann starke Friedenstruppe sollte die Kämpfer entwaffnen, den Waffenstillstand überwachen und die Wahlen organisieren. Wahlsieger und Koalitionspartner wurden Sihanouks Sohn Norodom Ranariddh (Erster Ministerpräsident) mit der royalistischen FUNCINPEC und Heng Samrin (Zweiter Ministerpräsident), der Führer der Kambodschanischen Volkspartei. Zudem trat eine neue Verfassung in Kraft, die als Staatssystem eine konstitutionelle Monarchie mit demokratischem Mehrparteiensystem und einer Marktwirtschaft bestimmt.

Die Roten Khmer, die den Vertrag mitunterzeichnet hatten, boykottierten jedoch die Wahlen in den von ihnen besetzten Nordgebieten und ließen sich nicht entwaffnen. Die UN reagierten 1992 mit Wirtschaftssanktionen, die vor allem den Verkauf von Tropenholz und Erdöl betrafen, wobei ersteres eine wichtige Einnahmequelle der Roten Khmer darstellte. Außerdem wurde die Beschlagnahmung von Auslandsvermögen angedroht. Die Roten Khmer antworteten mit der Entführung von UN-Truppenangehörigen und setzten ihren Guerillakampf fort. Tausende flohen aus Angst vor neuen Massenmorden. Nach einer letzten Verschärfung der Kämpfe begann die Gruppe ab 1996 auseinanderzubrechen. Ieng Sary, der Statthalter von Pailin, lief zur Regierung über. Im selben Jahr wurde Pol Pot durch die Gruppe in einem Schauprozess zu lebenslanger Haft verurteilt und starb 1998 im Gefängnis unter nicht vollständig geklärten Umständen. Ende 1998 ergaben sich die letzten Einheiten der Roten Khmer im kambodschanisch-thailändischen Grenzgebiet.

Ende der Neunziger wuchsen die Spannungen zwischen den beiden Ministerpräsidenten. 1997 wurde Sam Rainsy von Unbekannten mit Granaten attackiert; außerdem gipfelten die Spannungen zwischen Samrin und Ranarridh in offene kriegerische Auseinandersetzungen. Die Armee hatte sich gespalten und die Truppenteile unterstützen jeweils eine der beiden Parteien. Schließlich ging Heng Samrin als Sieger hervor. Die Kambodschanische Volkspartei regierte daraufhin alleine, der gestürzte Norodom Ranariddh wurde in Abwesenheit wegen Waffenhandels und Hochverrats verurteilt. Auf Druck der ASEAN und nach den Wahlen zur Nationalversammlung 1998 wurde Ranariddh rehabilitiert und zum neuen Vorsitzenden der Nationalversammlung ernannt. Heng Samrin blieb erster Ministerpräsident. In den Kommunalwahlen von 2002 errang die Volkspartei einen überwältigenden Sieg. Die Wahlen gelten als wichtiger Schritt zur Demokratisierung, auch wenn mehr als 20 Menschen beim Wahlkampf ums Leben kamen.[19] Am 7. Oktober 2004 dankte König Norodom Sihanouk im Alter von 81 Jahren aus gesundheitlichen Gründen ab. Der Thronrat setzte Norodom Sihamoni als Nachfolger ein, sein Halbbruder Ranariddh verzichtete, um in der aktiven Politik verbleiben zu können. [3][16][20]

Politik

Hun Sen, Kambodschas Premierminister

Verfassung

Die Verfassung Kambodschas, die von der UNTAC vorbereitet wurde und nach fünf Tagen der Diskussion durch die Verfassunggebende Versammlung am 29. April 1993 verabschiedet wurde, umfasst 14 Kapitel und 139 Artikel.[3] Nach dem ersten Artikel des ersten Kapitels ist Kambodscha „ein Königreich, mit einem König, der übereinstimmend mit der Verfassung und den Prinzipien der liberalen Demokratie und des Pluralismus regiert. Das Königreich von Kambodscha soll ein unabhängiges, souveränes, friedliches, permanent neutrales und blockfreies Land sein.“ Laut Kapitel 3, Artikel 31 werden weiterhin die von der UN-Charta geforderten Menschenrechte garantiert. Die Todesstrafe ist abgeschafft. Die Wirtschaft Kambodschas wird als marktwirtschaftlich ausgerichtet definiert und Umwelt- und Naturschutz sind in der Verfassung verankert. Staatsreligion ist der Buddhismus.[21]

Exekutive

Seit dem 29. Oktober 2004 ist König Norodom Sihamoni das Staatsoberhaupt. Seine Funktion ist im Prinzip nur symbolisch; er wird durch einen neunköpfigen Thronrat auf Lebenszeit gewählt und muss aus den Geschlechtern von Ang Duong, Norodom oder Sisowath stammen.[3][20] Er beruft den nach Wahlen von der Nationalversammlung vorgeschlagenen Premierminister, ein Mitglied der Mehrheitspartei oder -koalition, der das Kabinett aus Mitgliedern der Partei oder des Parlaments bildet. Der König ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Vorsitzender des Verteidigungsrates.[16] Der König ernennt auch das vom Premierminister vorgeschlagene Kabinett. Premierminister ist seit dem 14. Januar 1985 durchgehend Hun Sen; von 1993 bis 1997 war er Co-Premierminister gemeinsam mit Norodom Ramriddh. Der Senatspräsident vertritt den König bei dessen Abwesenheit oder Krankheit. [1]

Legislative

Die Legislative besteht aus zwei Kammern. Die erste ist die Nationalversammlung mit 123 Sitzen (früher 122 bzw. 120). Sie wird für eine Legislaturperiode von fünf Jahren vom Volk gewählt. Die zweite Kammer ist seit 1998 der Senat mit 61 Sitzen. Zwei Mitglieder des Senats werden durch den König ernannt, zwei durch die Nationalversammlung gewählt und 57 von Parlamentariern und Gemeinderäten. Auch die Mitglieder des Senats haben ihr Amt für fünf Jahre.

Bei den letzten Wahlen für die Nationalversammlung am 27. Juli 2008 erlangte die CPP einen Wahlsieg mit 58 % (90 Sitze), gefolgt von der SRP mit 22 % (26 Sitze). Weitere Parteien erreichten gemeinsam 20 % (7 Sitze). Die nächsten Wahlen werden voraussichtlich im Juli 2013 stattfinden. Die letzten Senatswahlen vom 22. Januar 2006 brachten der CPP 69 % (45 Sitze), der FUNCINPEC 21 % (10 Sitze) und der SRP 10 % (2 Sitze). Hier sind die nächsten Wahlen für Januar 2011 geplant.[1] Wahlrecht besteht ab 18 Jahren.[16][20]

Judikative

Der Hohe Rat der Richterschaft, der im Dezember 1997 eingerichtet wurde, steht dem König in Sachen Unabhängigkeit der Judikative zur Seite. Der Oberste Gerichtshof (und niedrigere Institutionen) übt richterliche Gewalt aus. Das Rechtssystem ist in erster Linie eine zivilrechtliche Mischung aus französisch beeinflussten Kodizes aus der Zeit der UNTAC, königlichen Erlässen und Gesetzen der Legislative mit Einflüssen von Gebrauchsrecht und Überbleibseln kommunistischer Rechtsgrundlage. Der Einfluss des Common Law wächst, verpflichtende Jurisdiktion des Internationalen Gerichtshofes wird mit Vorbehalten anerkannt.[1]

Parteien

Wahlwerbung für die Sam-Rainsy-Partei

Die wichtigsten heutigen Parteien sind die im Parlament vertretenen Kambodschanische Volkspartei, FUNCINPEC und Sam-Rainsy-Partei.

  • Die Kambodschanische Volkspartei (CPP), die 1991 aus der 1951 gegründeten Revolutionären Volkspartei Kambodschas (PRPK) hervorging, vertritt einen orthodox-marxistischen Standpunkt. Ihre führenden Mitglieder sind Hun Sen und Generalsekretär Chea Sim. Nach eigenen Angaben unterstützt sie das demokratische Mehrparteiensystem, ihre Anhänger kommen zumeist vom Land.
  • Die FUNCINPEC („Front Uni National pour un Cambodge Independent, Neutre, Pacifique et Cooperativ“, französisch für „Vereinigte Nationale Front für ein unabhängiges, neutrales, friedliches und kooperatives Kambodscha“) geht auf die Achtzigerjahre zurück, als sie unter König Sihanouk am Kampf gegen die vietnamesische Besatzung teilnahm. Sie hat seit 1998 beständig zugunsten der CPP an Macht verloren und vereint heute Royalisten und Antivietnamesen. Sie vertritt das Prinzip der freien Marktwirtschaft; die treusten Wähler kommen aus den Provinzstädten. Ihr Vorsitzender ist Kev Put Reaksmei.
  • Die kommunistische Sam-Rainsy-Partei, die 1998 aus der 1995 gegründeten Partei der Khmer-Nation hervorging, hat sich in den letzten Jahren zur dritten Macht in der politischen Landschaft Kambodschas entwickelt. Benannt ist sie nach ihrem Führer Sam Rainsy, der in der ersten Regierung Kambodschas nach der Verfassung von 1993 bereits Finanzminister war, wegen seines ständigen Anprangerns von Korruption allerdings aus Regierung und FUNCINPEC ausgeschlossen wurde. Sein konsequentes Anprangern von Missständen bezüglich Korruption, Menschenrechte und Pressefreiheit machten ihn im Westen beliebt, ließen ihn aber auch zum Ziel von Anschlägen werden. Seine rassistische Einstellung gegenüber Vietnamesen lässt einige Kritiker an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln. Die Sympathisanten der Partei finden sich hauptsächlich im Bildungsbürgertum der Hauptstadt.[1][3][16]

Weitere größere Parteien sind die Menschenrechtspartei, die eine Mischung aus verschiedenen Ideologien vertretende Norodom-Ranariddh-Partei und die linksdemokratische Partei der Liga für Demokratie. Wichtige Interessengruppen sind die Gewerkschaft Free Trade Union of Workers of the Kingdom of Cambodia, die Cambodian Freedom Fighters (CFF), eine antikommunistische Gruppe mit Basis in den USA, die gegen die Korruption kämpfende Organisation PTF (Partnership for Transparency Fund), die Studentenbewegung für Demokratie, das Komitee für freie und gerechte Wahlen (COMFREL) , sowie Menschenrechtsorganisationen.[1]

Innenpolitik

In der Innenpolitik hat sich die Lage unter Hun Sen seit 1997 stabilisiert. Die Kriminalität ist zurückgegangen, es kommen wieder Touristen ins Land, die Inflation ist auf einem Tiefststand und die ausländische Entwicklungshilfe fließt. Jedoch ist die Korruption weiterhin ein großes Problem. Transparency International setzte das Land 2008 in seinem Korruptionsindex auf Rang 166 von 180 Staaten.[22] Auch ausländische Investitionen sind wegen mangelnden Vertrauens in die Regierung zurückgegangen. Außerdem lässt sich ein autoritärer Trend bei Hun Sen feststellen: Durch Edikte setzt er seinen Willen in Gesetze um. Am 7. Juli 2002 wurden auf diese Weise über 50 Zeitungen und Magazine verboten.

Schlechte Arbeitsbedingungen in Textilunternehmen, die ihren Sitz in Hongkong und Taiwan haben, führt zu politischen Spannungen und Streiks. Hier hat sich Sam Rainsy zum Fürsprecher der Arbeiter erklärt.[3] Auch politische Gewalt bleibt ein Thema, da Oppositionspolitiker mehrmals Ziel von Mordanschlägen wurden.[7]

Ein großer innenpolitischer Erfolg war das Ende der Roten Khmer, die 1998 endgültig die Waffen niederlegten. Jetzt stehen Aufarbeitung und Bewältigung der Vergangenheit an, was aber nicht ganz einfach ist, weil fast jede politische Macht in der Vergangenheit mit den Roten Khmer paktiert hat und bei näheren Untersuchungen fast das ganze Parlament angeklagt werden müsste. Auch international könnte es zu Spannungen kommen, da China, Thailand und die USA die Roten Khmer zeitweise unterstützt haben.[3] Am 4. Oktober 2004 billigte die Nationalversammlung den Vertrag mit den Vereinten Nationen über die Einrichtung eines international gestützten Sondergerichts. Außerdem wurde ein Kompromiss über Kompetenzen und Zusammensetzung des Rote-Khmer-Tribunals gefunden – kambodschanische Richter stellen im fünfköpfigen Gericht die Mehrheit, einer der ausländischen Richter muss jedoch dem Urteil zustimmen, um der Korruption vorzubeugen. Das Tribunal, dessen Richter im Juli 2006 nach Sicherung der Finanzierung vereidigt wurden, unterliegt der kambodschanischen Strafprozessordnung.[20][23]

Zwei der Hauptverantwortlichen, Khieu Samphan und Nuon Chea, entschuldigen sich offiziell für die Massenmorde in den Siebzigerjahren unter Pol Pot und wurden von Hung Sen begnadigt. Ta Mok, der letzte Kommandant der Roten Khmer, wurde 1999 festgenommen und verstarb 2006, während er die Anklage erwartete. Erst 2007 wurden die ersten Beschuldigten vor das Rote-Khmer-Tribunal gestellt. Im Laufe des Jahres wurden verschiedene hochrangige Funktionäre der Roten Khmer verhaftet und angeklagt. [3][10][16]

Außenpolitik

Der Tempel von Preah Vihear, ein Streitobjekt mit Thailand

Die Verfassung Kambodschas definiert das Land als neutral und blockfrei und tritt damit in die Tradition der Außenpolitik der ersten Jahre nach der Unabhängigkeit ein. Nach dem Putsch Lon Nols von 1970 richtete sich das Land zunächst auf die USA und das kapitalistische Südvietnam aus, während der Herrschaft der Roten Khmer war das Land stark isolationistisch und bilaterale außenpolitische Beziehungen bestanden nur mit der Volksrepublik China, nach der Invasion Vietnams zur Beendigung des Regimes der Roten Khmer orientierte man sich in den 1980er Jahren an Vietnam und damit an die Sowjetunion und den Volksdemokratien Osteuropas. Da die Regierung inzwischen auch wieder durch die Vereinten Nationen anerkannt wird, bestehen mittlerweile auch wieder bessere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, Europa und den übrigen ASEAN-Ländern.[24] Da ein nicht zu vernachlässigender Teil der Staatsausgaben durch Entwicklungshilfegelder bestritten wird, muss die Regierung unter Hun Sen innenpolitische Entscheidungen gegen die Wahrnehmung nach außen abwägen. In den letzten Jahren hat sich allerdings die Volksrepublik China zum Hauptgeber entwickelt, so dass man auf Kritik von einzelnen Ländern oder Organisationen wie Weltbank und IMF nicht mehr so sehr achten muss.[25]

Kambodscha ist Mitglied in einer Reihe von internationalen Organisation, darunter die FAO, die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, der Internationale Währungsfonds, die Interpol, das IOC, die Bewegung der blockfreien Staaten, seit 1955 die UN, die UNESCO, die WHO und die WTO.[1] Im Mai 1999 wurde auch der ASEAN-Beitritt realisiert, auf den lange hingearbeitet wurde und der durch den Putsch Hun Sens von 1997 zunächst in weite Ferne gerückt war. Dank der Fürsprache Vietnams gelang schließlich der Beitritt. Damit hat Kambodscha seinen festen Platz in der Gemeinschaft der Staaten der Region gefunden und seine politische Isolation beendet.[3] Auch die dadurch entstehende Möglichkeit, sich an Treffen und Initiativen zu regionalen Themen zu beteiligen, wird beispielsweise durch Ausrichtung von Konferenzen eingehend genutzt.[25]

Außenpolitische Probleme entstehen durch Korruption in Verbindung mit dem Drogenhandel, die sich angeblich bis in Regierungs-, Polizei- und Militärkreise zieht. Zudem ist Kambodscha wegen seiner bargeldbasierten Wirtschaft und seiner durchlässigen Grenzen anfällig für Geldwäsche.[1]

Die Beziehungen zu den Nachbarstaaten, die von historischen Spannungen belastet sind, verbessern sich allmählich. Nach einem Besuch von Funktionären der Kommunistischen Partei Vietnams im Juli 1999 beschloss man, die Grenzstreitigkeiten um Gebiete im Mekongdelta und um Inseln vor der Küste, die unter Norodom Ranariddh als Premierminister noch für kleinere militärische Auseinandersetzungen gesorgt hatten, ein für alle Mal beizulegen.[1][3][24] Auch mit Thailand gibt es Grenzstreitigkeiten, zu deren Lösung eine 1997 gegründete bilaterale Grenzkommission 2000 die Arbeit aufnahm.[26] Zu Problemen führen Abschnitte, in denen Grenzmarkierungen fehlen. Auch hat Kambodscha thailändischen Soldaten vorgeworfen, sie hätten im Nordgebiet Grenzsteine zugunsten Thailands verrückt.[3] Anfang 2003 kam es zu einer schweren Krise, als am 29. Januar die thailändische Botschaft niedergebrannt und Geschäfte von Thailändern verwüstet wurden. Anlass dafür war die angebliche Äußerung einer thailändischen Fernsehschauspielerin, die Tempel von Angkor Wat seien Thailand gestohlen worden beziehungsweise Angkor Wat gehöre zu Thailand.[7] Der thailändische Premierminister Thaksin Shinawatra beschuldigte seinen Kollegen Hun Sen, zu langsam auf die Ausschreitungen reagiert zu haben und diese noch verbal weiter angeheizt zu haben. In der Folge wurden thailändische Staatsbürger mit Militärflugzeugen ausgeflogen.[24] Trotz der Verhandlungen um die Landesgrenze gibt es bis heute immer wieder Scharmützel zwischen den Streitkräften beider Länder.[27]

Bei der Drogenbekämpfung, kambodschanischen Wirtschaftsflüchtlingen und der Rückführung gestohlener Kunstwerke aus kambodschanischen Tempeln arbeiten Thailand und Kambodscha, zusammen. Sehr freundschaftliche Beziehungen bestehen mit der Volksrepublik China, die zwar die Roten Khmer bis 1992 unterstützt hat, heute aber neben Hilfsgeldern und medizinischer Unterstützung auch Feuerwerke für Festlichkeiten bereitstellt.[3]

Militär

Hauptartikel: Siehe Königliche Streitkräfte Kambodschas

Verwaltungsgliederung

Hauptartikel: Verwaltungsgliederung Kambodschas

Kambodscha ist in 20 Provinzen (Khet) und vier Städte (Krung) unterteilt. Die Provinzen setzen sich weiterhin aus Bezirken (Srok) und Kommunen (Khum), die Städte aus Stadtbezirken (Khan) und Stadtteilen (Sangkat) zusammen. Provinzfreie Städte sind kursiv geschrieben.

Die Provinzen von Kambodscha
  1. Banteay Meanchey (បន្ទាយមានជ័យ)
  2. Battambang (បាត់ដំបង)
  3. Kampong Cham (កំពង់ចាម)
  4. Kampong Chhnang (កំពង់ឆ្នាំង)
  5. Kampong Speu (កំពង់ស្ពឺ)
  6. Kampong Thom (កំពង់ធំ)
  7. Kampot (កំពត)
  8. Kandal (កណ្តាល)
  9. Koh Kong (កោះកុង)
  10. Kep (កែប)
  11. Kratie (ក្រចេះ)
  12. Mondulkiri (មណ្ឌលគីរី)
  1. Oddar Meancheay (ឧត្តរមានជ័យ)
  2. Pailin (ប៉ៃលិន)
  3. Phnom Penh (ភ្នំពេញ)
  4. Sihanoukville (ក្រុងព្រះសីហនុ)
  5. Preah Vihear (ព្រះវិហារ)
  6. Pursat (ពោធ៌សាត់)
  7. Prey Veng (ព្រៃវែង)
  8. Ratanakkiri (រតនគីរី)
  9. Siem Reap (សៀមរាប)
  10. Stung Treng (ស្ទឹងត្រែង)
  11. Svay Rieng (ស្វាយរៀង)
  12. Takeo (តាកែវ)

Infrastruktur

Kommunikation und Medien

Mobiltelefone sind in Kambodscha deutlich weiter verbreitet als Festnetzanschlüsse. Letztere werden vor allem in den Städten gebraucht und sind kaum verbreitet. Auf hundert Einwohner kommen nur ein Festnetzanschluss, dafür aber fast 20 Mobiltelefone. Deren steigende Beliebtheit wird durch den wachsenden Konkurrenzkampf unter den Providern noch gesteigert. Insgesamt gab es 2007 37.500 Telefonhauptleitungen und 2,583 Millionen Handys. Die internationale Vorwahl Kambodschas lautet 855.[1]

Die Medienlandschaft Kambodschas ist für Asien relativ frei, wenn auch nicht gänzlich unzensiert. Viele Medien befinden sich im Besitz von Parteien, sodass diese häufig nicht neutral berichten.[28] Die Verantwortlichkeit für die Regulation ist zwischen dem Informationsministerium und dem Post- und Telekommunikationsministerium aufgeteilt, die letzte Instanz liegt beim Innenminister. Momentan gibt es keine kohärente Gesetzgebung betreffend der Medien.[28] In Abschnitt 3, Artikel 41 der Verfassung Kambodschas ist die Pressefreiheit aufgeführt[21] und im Pressegesetz von 1995 bestätigt. Dennoch wird teilweise zensiert.[7] Die Presse und der öffentliche Umgang mit ihr sind ohnehin ein brisantes Thema, da es von Zeit zu Zeit Mordanschläge auf oppositionelle Journalisten und Verleger gibt. Ursache dafür sind neben politischen Gründen auch die beleidigende Form, mit der teilweise in Kambodscha über Politiker berichtet wird, was wiederum zu Überreaktionen führt..[3]

In Kambodscha sind insgesamt über 100 Zeitungen registriert, doch nur weniger als zwanzig können als ernsthafte Blätter mit bezahlten Angestellten und regelmäßigem Erscheinen betrachtet werden. Die tägliche Zeitungsauflage pro 1000 Einwohner beträgt zwei Exemplare.[7] Die wichtigsten Tageszeitungen sind das mit 18.000 Exemplaren auflagenstärkste Blatt Rasmei Kampuchea („Licht Kambodschas“), Kampuchea Thmei Daily, Moneaksear Khmer („Khmer-Gewissen“), Koh Santepheap („Insel des Friedens“), eine Illustrierte, das Freizeitmagazin Pracheaprey und die Oppositionszeitung Samleng Yuvachhun Khmer („Stimme der Khmer-Jugend“), die der Sam-Rainsy-Partei nahe steht. Weiterhin gibt es acht fremdsprachige Zeitungen, darunter die englischsprachigen The Cambodian Daily, Phnom Penh Post und Bayon-Pearnik , sowie das frankophone Cambodge Soir. Deutschsprachige Presse gibt es keine.[3] Die chinesischsprachigen Zeitungen Cambodia Sin Chew Daily und Jian Hua Daily erreichen eine gemeinsame Auflage von etwa 10.000. Die offizielle staatliche Presseagentur ist die Agence Kampuchea Presse (AKP).[28]

Seit Mitte der Fünfzigerjahre gibt es in Kambodscha Radioübertragungen. Landesweit gibt es 25 Sender, von denen 17 aus Phnom Penh senden. Der nationale Radiosender ist seit 1978 National Radio Kampuchea (RNK). Weitere wichtige Sender sind Bayon Radio (1997 unter Präsidentschaft des Premierministers Hun Sen gegründet), Royal Cambodia Armed Forces Radio, Apsara Radio, Radio FM 90, Radio FM 99, Radio Khmer, Radio Beehive, Radio Sweet und Radio Love.[28] Ausländische Radiosender, wie Radio France Internationale oder BBC können empfangen werden.[3]

Die Fernsehübertragung begann in Kambodscha im Jahre 1966. Seit 1986 sendet das kambodschanische Nationalfernsehen (TVK) auch in Farbe. Daneben gibt es die Sender Royal Cambodia Armed Forces Television (TV5), Cambodia Television (CTV9), Apsara Television (TV11), Bayon Television (TV27), Phnom Penh Television (TV3) und das Cambodian Television Network (CTN). Die meisten Sender beschränken sich auf Phnom Penh, lediglich TVK, Bayon (das sich im Besitz der KVP befindet) und das CTN erreichen nahezu das ganze Land. Seit 1991 wurden in vielen Hotels, Restaurants, Clubs und Regierungsämtern Satellitenschüsseln installiert, so dass mittlerweile auch CNN, BBC World und viele weitere Fernsehprogramme von den regionalen Satellitennetzwerken empfangen werden können. Nach Schätzungen haben zehn Prozent der Haushalte in Phnom Penh Zugang zu solchen Netzwerken,[28] auf dem Land sind Fernseher kaum verbreitet.[7]

Das Internet wurde in Kambodscha bereits unter der Verwaltung der UNTAC 1992/93 eingeführt. Behindert wurde die Entwicklung durch die Khmer-Schrift, für die es lange Zeit eine Vielzahl von Schriftsätzen gab, die gegenseitig nicht kompatibel waren. Vor kurzem wurde allerdings ein Unicode-Schriftsatz entwickelt, der über 20 Schriftsysteme nutzbar macht.[28] Heute gibt es zwischen 12.000 und 70.000 Nutzer in Kambodscha, die Top-Level-Domain lautet .kh.[1][28]

Verkehr

Flugverkehr

Der internationale Flughafen von Phnom Penh

Kambodscha besitzt 17 Flughäfen, davon sechs mit geteerten Bahnen , sowie einen Heliport.[1] Von den Flughäfen werden allerdings nur Phnom Penh und Siem Reap regelmäßig genutzt. Reguläre internationale Direktflüge nach Kambodscha finden praktisch nur innerhalb der Region statt; ein wichtiger Knoten- und Umsteigepunkt für überregionale Flüge ist zum Beispiel Bangkok. Lokale Luftfahrtgesellschaften sind sehr vergänglich; so setzte etwa die Siem Reap Airways am 1. Dezember 2008 ihren Betrieb aus.[29] Die PMTair hat ihren Heimatflughafen in Siem Reap. Weitere kambodschanische Fluggesellschaften sind Angkor Airways, Imtrec Aviation und Royal Khmer Airlines.[30] Zudem haben viele weitere ostasiatische Fluggesellschaften Vertretungen in Kambodscha und bieten Flüge an. Eine nationale Fluggesellschaft ist in Zusammenarbeit mit einem indonesischen Konsortium geplant.[31] Seit 2008 wird bei der Ausreise eine Airport Tax von 25 USD pro Person als Service Gebühr verlangt

Straßenverkehr

Hauptverkehrsstraße Nr. 1 südöstlich von Phnom Penh
Straße bei Banlung im Nordosten des Landes

Das kambodschanische Straßennetz umfasst 28.257 Kilometer, wovon 2.406 Kilometer geteert sind (2004).[1] In den letzten Jahren wurden mit japanischen Entwicklungsgelder umfassende Verbesserungsarbeiten durchgeführt, die allgemeine Qualität der Straßen lässt aber trotzdem noch zu Wünschen übrig. Der zentrale Knotenpunkt ist Phnom Penh, von wo aus der Hauptverkehrsstraßen sternförmig ausgehen. Sie sind von eins bis sieben nummeriert. Von diesen Hauptachsen wegführende Straßen erhalten zweistellige Nummern, deren erste Ziffer jener der zugehörigen Hauptstraße entspricht.[6] In Kambodscha gelten Rechtsverkehr und Führerscheinpflicht.[3]

Eisenbahn und öffentlicher Verkehr

Kambodschanischer Zug (2007)

Das kambodschanische Schienensystem umfasst 602 km einspurige Gleise, deren Spurbreite einen Meter beträgt.[1] Die Nordweststrecke verbindet Phnom Penh mit Poipet. Die Strecke bis Sisophon wurde vor dem Zweiten Weltkrieg fertiggestellt, das Stück weiter nach Poipet, wurde in der Zeit der Roten Khmer gebaut. Die 1969 fertiggestellte und momentan stillgelegte Südweststrecke verläuft von Phnom Penh nach Sihanoukville. Momentan fahren keine Passagierzüge mehr, sondern nur Güterzüge. Das Rollmaterial der staatlichen Eisenbahngesellschaft ist sehr alt.[31] Das System soll aber in den nächsten Jahren überholt werden, um in den Trans-Asian Railway integriert zu werden. In den Bürgerkriegszeiten der Achtziger- und Neunzigerjahre begleitete ein Maschinengewehrwagen jeden Zug, und die ersten beiden Waggons dienten zur Minenräumung.[6][31] Im Gebiet um Battambang fährt der „Bambuszug“ Norry. Er ähnelt einer Eisenbahn-Draisine und besteht aus einem mit Bambusbrettern belegten Holzrahmen und einem 6-PS-Benzinmotor. Auf der regulären Strecke dient er zum Transport von Waren und Personen.[31]

Gängigere öffentliche Verkehrsmittel als die Eisenbahn sind Busse, Sammeltaxis und Pickups. Zwischen den größeren Städten gibt es mittlerweile Busdienste.[3] Pickups, Taxis und Minibusse decken sowohl reguläre Verbindungen als auch Einzelaufträge. Städtische Nahverkehrssysteme existieren nicht.[31]

Wasserwege

Kambodscha besitzt ungefähr zwischen 2.000 und 3.500 Kilometer Wasserwege. Die größte Rolle spielt der Mekong, der bis Kratie problemlos schiffbar ist, in der Regenzeit sogar bis Stung Treng und weiter zur laotischen Grenze. Die wichtigsten Häfen befinden sich in Phnom Penh und Sihanoukville. Als Hauptverkehrsmittel werden Boote in den meisten Regionen allmählich von Straßen abgelöst, allerdings fahren zwischen Phnom Penh und Siem Reap immer noch regelmäßig Verkehrsschiffe, ebenso vor der Küste zwischen Koh Kong und Sihanoukville. Es existieren auch Grenzübergänge nach Vietnam und Laos, die per Schiff passierbar sind.[31]

Bildung

Kambodschanisches Klassenzimmer (2005)

Mindestens seit dem 13. Jahrhundert wurden zumeist Jungen von buddhistischen Mönchen in Wats in Religion, in Grundlagen von Lesen und anderen für das Leben im ländlichen Kambodscha wichtige Fähigkeiten ausgebildet. Ein erstes Erziehungsgesetz wurde 1917 von den Franzosen erlassen und umfasste primäre und sekundäre Ausbildung in einem an das französische Modell angelehnten System, das allerdings sehr elitär war und vor allem dazu diente, Beamte für Französisch-Indochina auszubilden. Die erste Hochschule öffnete Ende der Dreißiger Jahre. Nach der Unabhängigkeit wurde ein allgemeines Bildungssystem eingerichtet, das in den Fünfziger Jahren zunächst durch höhere technische Schulen und in den Sechziger Jahren auch durch die Ermöglichung einer tertiären Bildung vervollständigt wurde. Die primären, niedrigen sekundären und hohen sekundären Schulen dauerten hier nach ungefährem französischem Vorbild sechs, vier bzw. drei Jahre.

Die Roten Khmer setzten nach ihrer Machtergreifung 1975 das alte Bildungssystem aus, zerstörten Lehrmaterialien systematisch und funktionierten die meisten Schulen zu anderen Zwecken um. Einige Primarschulen blieben offen, für ältere Schüler fanden unregelmäßig politische und technische Kurse statt.[32] Es gab auch ein Erziehungsministerium, und einige Lehrbücher wurden herausgegeben, alles in allem wirkten sich die Jahre von 1975 bis 1979 aber verheerend auf die durchschnittliche Bildung in der Bevölkerung aus; auch da Intellektuelle systematisch verfolgt wurden. Beispielsweise wurden 75 bis 80 % der Erzieher getötet oder flohen. Nach dem Sturz der Roten Khmer 1979 wurden die alten Einrichtungen nach und nach wieder in Betrieb genommen, zunächst Vor-, Primar und Sekundärschulen, später auch die tertiäre Ausbildung und die Erwachsenenbildung. Der Verlust an Lehrkräften wurde dadurch kompensiert, dass Menschen mit jeder Art von Bildung als Lehrer eingesetzt wurden, Lektionen wurden teilweise im Freien gehalten. Auch gab es Raten für die Schüler, die die obere Sekundarschule und Universitäten besuchen durften, wodurch Korruption, Begünstigung und Vetternwirtschaft entstanden, ein Problem, das heute noch besteht. Mit dem Ende der Achtziger Jahre war die bildungspolitischen Folgen des Regimes der Roten Khmer weitgehend überwunden.

Die Lage verbesserte sich ab 1990, als neue Schulen gebaut wurden; auch der Prozentanteil am Budget, der für Bildung ausgegeben wurde. Heute garantiert die Verfassung jedem Kambodschaner eine kostenlose, mindestens neun Jahre dauernde Schulbildung,[21] „das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport gibt aber zu, dass es sehr unwahrscheinlich sei, in der nahen Zukunft für jedes Kind die Gelegenheit zu schaffen, eine neunjährige Ausbildung zu ermöglichen.“ Die Ausbildung soll seit 1996 aus einer lediglich regional durchgesetzten Vorschule und sechs Jahren Grundschule, , sowie drei Jahren unterer Sekundarschule bestehen. Nach der neunten Klasse kann man über eine Prüfung die höhere Sekundarschule erreichen, die weitere drei Jahre umfasst und mit einem weiteren Examen abgeschlossen wird, das zum Hochschulstudium berechtigt. Die Prüfungen , sowie die knappen und begehrten Studienplätze führen wiederum zur Korruption.

Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport ist für nationale Richtlinien zuständig, auf tieferen Ebenen ist das Bildungssystem stark dezentralisiert. Es sieht sich vieler Schwierigkeiten gegenüber, darunter ein Mangel an qualifizierten Lehrern und Lehrmaterialien , sowie fehlender Moral aufgrund niedriger Löhne. Dies kann so weit gehen, dass Lehrer von Schülern Geld verlangen, damit diese am Unterricht teilnehmen können, oder dass der Unterricht aufgrund von Nebenbeschäftigungen des Lehrers teilweise ausfällt. Der Schulbesuch in ländlichen Gebieten bleibt begrenzt, da von den Kindern erwartet wird, auf den Feldern zu helfen. Daraus resultieren Qualitätsunterschiede zwischen der Bildung in städtischen und ländlichen Gebieten. Insgesamt bezahlen die Eltern im Vergleich zum Staat sechs Mal so viel für die Ausbildung der Kinder, was dazu führt, dass manchmal nicht alle Kinder einer Familie zur Schule gehen können. Dadurch erklären sich der Überschuss an männlichen Schülern, besonders an weiterführenden Schulen, und das allgemein schlechtere Bildungsniveau der Frauen. Auf allen Ebenen existieren zusätzlich Privatschulen, etwa für die Kinder ethnischer Minderheiten oder westlicher Ausländer. Buddhistische Schulen sollen staatliche Fördergelder erhalten.[28][33][34]

Gesundheit

Impfung in Kambodscha

Das kambodschanische Gesundheitssystem hat auf weiten Strecken mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie das Bildungssystem. Eine staatliche Krankenversorgung fehlt ebenso wie technische Ausrüstung; die niedrigen Löhne in staatlichen Krankenhäusern geben den Angestellten Anlass zur Korruption, zur Fälschung von Statistiken, um mehr Geld und Medikamente zu erhalten, und zum Verkauf von Medizin auf dem Schwarzmarkt. Verbreitet ist dazu das System, viele teure Spritzen zu verabreichen, was durch die Mehrfachverwendung von Nadeln wiederum eine Mitschuld an der Verbreitung von AIDS trägt. Nachdem die Krankheit von Soldaten der UN-Mission eingeschleppt wurde, leiden heute etwa 2,6 % der Bevölkerung an der Immunschwäche. In staatlichen Krankenhäusern erfolgen kaum Nachbehandlungen und Pflege, die Familien der Kranken sind für die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten zuständig. In Phnom Penh gibt es auch eine Reihe westlich ausgerichteter Privatkliniken, die einen höheren Standard erreichen;[35] in den Provinzhauptstädten werden die Einrichtungen häufig von westlichen Entwicklungsgesellschaften wie den Médecins Sans Frontières geleitet und betrieben. Die häufigsten Todesursachen sind Kreislauf- und Infektionskrankheiten , sowie Krebs. Die Malaria ist ein Problem, da die Erreger in einigen Gebieten an der Grenze zu Thailand fast vollständig resistent gegen Antibiotika sind. Insgesamt kommt ein Arzt auf 3.333 Einwohner, lediglich 50 überlebten das Regime der Roten Khmer.[3][7]

Auf dem Land ist nach wie vor die traditionelle Medizin (thnam boran) populär. Medizinmänner und Schamane sind weit verbreitet und genießen manchmal mehr Vertrauen als die Ärzte. Auch in den Städten sind noch verschiedene Rituale zur Austreibung böser Geister beliebt, etwa das Schröpfen.[31] Weitere Alternativen zur Schulmedizin sind die traditionelle Medizin der Wats mit Kräutern, Segnungen und Zeremonien , sowie die traditionelle chinesische Medizin.[3]

Wirtschaft

Entwicklung und Daten

Verpflanzen von Reissetzlingen bei Kratie

Kambodscha ist heute nach jahrelangem Bürgerkrieg als Least Developed Country eines der ärmsten Länder der Welt. Nachdem es vor dem Putsch Lon Nols 1970 noch den höchsten Lebensstandard Südostasiens aufwies und den Beinamen „Schweiz Südostasiens“ trug, musste man unter der vietnamesischen Besatzung wieder ganz von vorne anfangen. Wirtschaftliche Hilfe kam nur aus den Ländern des Ostblocks und versiegte nach dem Zusammenbruch der UdSSR fast völlig. Zusätzlich traf das bis 1994 geltende westliche Wirtschaftsembargo gegen Vietnam auch Kambodscha. Nach dem Abzug der Vietnamesen 1989 und der Einführung der Marktwirtschaft 1993 begann ein Wirtschaftsaufschwung, der mit der Versorgung der 22.000 Angehörigen der UN-Mission begann und sich durch Wachstumsraten von 5,6 % pro Jahr zwischen 1995 und 1997 manifestierte. Der Staatsstreich von 1997 war ein Einschnitt, der ein Wirtschaftswachstum in diesem Jahr vollständig verhinderte. Die Zuwachsraten erholten sich jedoch rasch wieder und erreichten durch Entwicklungshilfe und ein Freihandelsabkommen mit den USA zwischen 1999 und 2002 durchschnittlich 6,8 % und zwischen 2005 und 2007 den zweistelligen Bereich.[36]

2007 lag das BIP bei 8,604 Milliarden US-$, wovon 31 % durch die Landwirtschaft, 26 % durch die Industrie und 43 % durch das Dienstleistungsgewerbe generiert wurden.[1] 2002 arbeiteten 70,2 % der Kambodschaner in der Landwirtschaft, 10,5 % in der Industrie und 19,5 % im Dienstleistungsgewerbe. Die Arbeitslosigkeit betrug 2004 nach offiziellen Zahlen 3,1 %.[20] Die Inflationsrate konnte von 340 % vor den Wahlen von 1993 auf 4-5 % Mitte 1996 gedrückt werden und blieb bis 2006 stabil. Seit 2007 steigt sie allerdings verhältnismäßig steil an und erreichte im August 2008 einen Hochpunkt von 38 %[37] (22 % laut offiziellen Zahlen), bevor sie im Oktober wieder zurückging.[3][6][38] 2007 wurden Güter im Wert von 4,089 Milliarden US-$ exportiert, hauptsächlich Bekleidung, Holz, Gummi, Reis, Fisch, Tabak und Fussbekleidung. Die wichtigsten Exportpartner sind die USA (58,1 %), Deutschland (7,3 %), das Vereinigte Königreich (5,2 %) und Vietnam (4,5 %). Importiert wurden Waren für 5,424 Milliarden US-$, vor allem Petroleumprodukte, Zigaretten, Gold, Baumaterialien, Maschinen, motorisierte Fahrzeuge und pharmazeutische Produkte. Die wichtigsten Herkunftsländer sind Thailand (23.1 %), Vietnam (16.9 %), China (15 %), Hong Kong (10.4 %), Singapur (7.5 %), Taiwan (7.2 %) und Südkorea (4.8 %).[1]

Wirtschaftliche Stärken und Schwächen

Markt in Phnom Penh

Ausländische Investitionen fließen hauptsächlich ins Dienstleistungsgewerbe, Besitzspekulation und in zahlreiche Hoteleröffnungen in und um Phnom Penh, Sihanoukville und Siem Reap.[6] Der Wirtschaftszweig mit den höchsten Wachstumszahlen ist das Textilgewerbe, das auch bei den Exporten einen Anteil von über 70 % hat. Mehr als 350.000 Menschen arbeiten hier, die schlechten Arbeitsbedingungen sorgen allerdings für sozialen Sprengstoff. Große Bedeutung hat der Reisanbau und –export. Seit 1999 ist Kambodscha hier Selbstversorger; die Gegebenheiten im zentralen Tiefland machen drei Ernten pro Jahr möglich. In den Urwäldern gibt es Hartholzvorkommen, die von Investoren genutzt werden. Dies kann zu Umweltproblemen führen. Vor der Küste vergibt Kambodscha Konzessionen zur Erdölförderung und im Norden verfügt das Land über bisher wenig erforschte Vorkommen verschiedener Bodenschätze, wie Gold, Kohle, Edelsteine (vor allem Saphire), Bauxit, Eisen und Phosphate, deren Abbau sich möglicherweise lohnt. Die Kautschukproduktion, die unter den Franzosen noch von primärer Bedeutung war, ist heute weniger wichtig, trägt aber immer noch zum Export bei. Weitere bedeutende Agrarprodukte sind Mais, Maniok, Bananen, Tabak, Sojabohnen, Mangos, Cashewnüsse, Tapioka und Ananas. Die Baubranche und ihre Zulieferer erlebten einen Aufschwung, genau wie handwerkliche Bereiche, unter anderem die Souvenirherstellung. Zudem profitiert Kambodscha vom Wirtschaftswachstum der Nachbarn Thailand und Vietnam.[1][3][4][7]

Ein weiteres Zugpferd der Industrie ist der Tourismus, der Wachstumsraten von um die 50 % verzeichnet. Vor allem die alte Khmerkultur mit Angkor Wat als das Aushängeschild und die Tanztradition lockt die Touristen ins Land.[3] Nach der Öffnung 1992 kamen Mitte der Neunziger Jahre etwa 200.000 Touristen pro Jahr nach Kambodscha. 1997 ging diese Zahl wegen eines Granatenanschlages auf eine politische Veranstaltung in Phnom Penh[39] und der innenpolitischen Instabilität stark zurück. Dazu kam die Wirtschaftskrise in Asien. 1998 kamen bereits wieder 150.000 Ausländer. Mit Öffnung der thailändischen Grenze und der Aufnahme von internationalen Flügen nach Siem Reap kamen 1999 schon 300.000 Touristen, 2007 zwei Millionen.[1] Die Touristen stammen meist aus den USA oder aus Frankreich , sowie aus ostasiatischen Staaten wie China, Japan und Taiwan.[7]

Negativ wirken sich auf die Wirtschaft Umweltkatastrophen, wie die Überflutungen 2000/2001 oder die Dürren 2004 und 2005. Die Steuereintreibung, gerade bei Reichen, gestaltet sich immer wieder als schwierig, was zu Einnahmeverlusten für den Staat führt. Gleiches bewirkt die Korruption. Weitere Hemmnisse für die wirtschaftliche Entwicklung sind Landbesitzrechtstreitigkeiten , sowie die Abhängigkeit von Wirtschaftshilfe und Investitionen aus dem Ausland.[7] Das Vertrauen der Investoren, die vor allem aus Malaysia, Taiwan, Singapur und Thailand kommen, geht momentan eher zurück. Die Regierung will zwar Großunternehmen mit arbeitsintensiven Prozessen anlocken, etwa durch den Beschluss der Nationalversammlung von 1994, dass ausländische Unternehmen acht Jahre lang keine Steuern bezahlen mussten und hundertprozentig in ausländischer Hand sein durften, doch Korruption, unsichere Gesetzeslage, Bürokratie und innenpolitische Stabilität wirken abschreckend.[3][6] Trotzdem machten Investitionen 2007 immer noch 19,2 % des BIP aus. In den nächsten zehn Jahren sieht sich Kambodscha vor der Aufgabe genug Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor zu schaffen um die drohende demografische Unstabilität auszugleichen. Über 50 % der Bevölkerung sind unter 21 Jahren alt. Auf dem Land fehlt es an einer ausreichenden Infrastruktur. Zudem ist die dortige Bevölkerung unzureichend ausgebildet und es fehlt ihr an den nötigen Produktionsfähigkeiten.[1]

Kultur

Die Kultur Kambodschas beruht weitestgehend auf jener des antiken Khmer-Reichs. Architektur und Ikonografie, aber auch Tanz und Literatur zeigen den starken indischen Einfluss in der damaligen Zeit. Den modernen Khmer dient sie nationale Identifikation und als Aushängeschild für den Tourismus. So ist die Pflege der traditionellen Kultur in Kambodscha von großer Wichtigkeit und richtet sich vor allem auf die Tempelanlagen von Angkor aus. Auch Musik, traditionelle Tänze und Schattenspiele zeugen von der frühen Ausprägung einer eigenständigen Kultur, die bis heute teilweise in ihrer ursprünglichen Form gepflegt wird und auch als Grundlage für neue Entwicklungen dient.[40] Seit 1979 gibt es eine Wiederbelebung in der Kunst. Monumente und Stupas werden mit staatlichen Mitteln restauriert, ländliche buddhistische Tempel (Wat) auch mit lokalen Spenden. Die zwei Schulen für Kunst in Phom Penh sind wieder offen und werden rege besucht. Das Nationalmuseum zeigt viele Kunstwerke, die der Zerstörung durch die Roten Khmer entgingen.[6]

Literatur

Die traditionelle Khmer-Literatur vereinigt Unterhaltung mit erzieherischen Inhalten. Das bekannteste Werk früher kambodschanischer Literatur ist das Reamker, eine lokale Adaption des indischen Epos Ramayana. Das Reamker wirkt sich bis heute prägend auf neue musikalische, choreografische und theatralische Entwicklungen aus.[4] Ein weiteres Epos aus der Zeit des Khmer-Reiches ist das Gedicht von Angkor Wat, das in die Wände des Tempels geschrieben wurde. Eine historische Rolle spielt auch die religiöse Literatur, die sich von den Niederschriften der Regeln des in Südostasien vorherrschenden Theravada-Buddhismus ableitet und Gläubige anleitet. Verbreitet sind heute noch buddhistische „Geburtsgeschichten“ (Jataka), die hauptsächlich das Leben Buddhas erzählen; auch sie haben moderne Werke inspiriert. Durch seit Jahrhunderten überlieferte Fabeln und Märchen wurden und werden Normen und Werte an die nächste Generation weitergegeben. Die wichtigsten überlieferten Tugenden sind Hilfsbereitschaft, Gemeinschaftsgefühl und die friedliche Lösung von Konflikten. Auch Landesgeschichte und geografische Namen werden so weitergegeben.[6]

Inschriften an Monumenten reichen bis ins 6. Jahrhundert zurück, aber auch einige Palmblätter, auf denen die historischen Werke zumeist niedergeschrieben wurden, haben in Paris die Zeiten überdauert. Die meisten Exemplare in Kambodscha fielen den Zerstörungen der Roten Khmer zum Opfer. Wichtige verbliebene Dokumente sind zum Beispiel die Königlichen Chroniken.[6]

Die moderne kambodschanische Literatur, deren erster Roman „Sophat“ (1938) wenige Jahre vor der Krönung Norodom Sihanouks veröffentlicht wurde, gilt als Bruch mit der Vergangenheit, da sie erstmals Prosa verwendet und auf gewöhnliche Menschen fokussiert ist. Die überwiegend älteren Autoren leben vor allem im Ausland, da Schriftsteller unter den Roten Khmer als Staatsfeinde galten, sodass es keine wirkliche Literaturszene mehr gibt. Beeinflusst wurden sie von der französischen Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Fiktion ist verbreitet, etwa die Ipaen-Volksgeschichten.[3][6]

Klassische Khmer-Architektur

Modell der Zentralstuktur von Angkor Wat

Die Wurzeln der klassischen Khmer-Architektur finden sich in den Reichen von Funan und Chenla. Sie wiesen einen starken indischen Einfluss auf. In Funan wurden die Gebäude hauptsächlich aus Holz errichtet, weshalb kaum Überreste vorhanden sind. Chenla übernahm die indianisierte Kunst und Architektur Funans und entwickelte sie weiter. Ab dem 7. Jahrhundert wurden Gebäude aus Ziegeln und Stein errichtet. Typische Relikte aus dieser Zeit sind Prasats, vier- oder achteckige Ziegeltürme mit Kraggewölben und einem Schrein auf einem Podest, das aus Etagen bestand, die nach oben ansteigend kleiner wurden.[6]

Unter Jayavarman II. fand im 9. Jahrhundert der Übergang vom Stil Chenlas in die angkorianische Zeit statt. Im Vergleich zu früheren Epochen entwickelte sich nun der eigenständige, kambodschanische Stil. Jayavarman II. führte die Verehrung der indischen Gottheit Shiva ein, weswegen nun bis ins Jahr 1219 fast jeder Gottkönig einen Staatstempel für seinen Linga baute. Der Linga, häufig als Phallus interpretiert, war als Symbol Shivas auch das Symbol des Kultes. In ihm wurde die Seele des Gottkönigs bewahrt. Die Tempel fungierten als Quelle und Zentrum der Macht, sowie als spirituelles Rückgrat des Reiches. Weitere Tempel dienten der Ahnenverehrung oder als Klöster, insbesondere aufgegebene Staatstempel.[6][35]

Aufgrund ihrer indischen Wurzeln repräsentieren auch die Tempel aus dem angkorianischen Zeitalter durch ihre Architektur den Berg Meru, das Heim der indischen Götter.[6] Im 9. Jahrhundert entstanden fünfstufige Pyramiden und zu den Haupttürmen gesellten sich im Laufe der Zeit die vier typischen Nebentürme, die in Quincunx-Anordnung gehalten sind und durch Verbindungen die Gestalt eines Kreuzes annehmen. Dieses innerste Heiligtum ist aus astrologischen Gründen nach einer Ost-West-Achse ausgerichtet und hat gewöhnlich nur eine nach Osten weisende Öffnung und falsche Türen an den anderen Seiten. Weitere Gebäude sind Empfangs- und Meditationshallen , sowie Bibliotheken für die heiligen Schriften, die oft paarweise angeordnet wurden und sich in Richtung des Heiligtums öffnen. Um die zentralen Gebäude herum finden sich Dammwege und Gräben. Das ganze Gelände umgeben zumeist nicht verzierte, konzentrische Einfassungsmauern, normalerweise ein bis drei, in seltenen Fällen auch mehr. An Kardinalpunkten sind Tore eingelassen, die in Laufe der Zeit immer prächtiger werden und in der Spätphase die Form von Torbauten (gopuram) mit Vorkammern und Türmen annahmen.[35]

In den Heiligtümern befanden sich Ikonen jener hinduistischen Gottheiten, denen die Tempel gewidmet waren. Nach der Übernahme des Buddhismus wurde der Gottkönig durch Buddhastatuen symbolisiert. Während die ersten Tempel sehr einfach gestaltet waren, kamen mit der Zeit Türen und Galerien hinzu. An den Seiten und Rückwänden der Gebäude befanden sich falsche Fenster und Türen. Für Gemächer wurden Konsolen verwendet, da keine Bögen bekannt waren, was nur kleine Räume zuließ. Die inneren Wände sind im Gegensatz zu den äußeren nicht verziert, was zu Spekulationen über ehemalige Wandbilder geführt hat.[6]

Als Material wurden bis Ende des 10. Jahrhunderts Holz und später vor allem Ziegel benutzt, die teilweise mit Stuck ummantelt und mit einer Art natürlichem Klebstoff verbunden wurden. Für Stürze und Säulen wurde bereits seit funanesischen Zeiten Sandstein benutzt, etwa aus Phnom Kulen, der mit besseren Bautechniken auch für Türme und später ganze Tempelanlagen übernommen wurde. In der Sandsteinarchitektur finden sich auch Hinweise auf frühere Holzstrukturen – Galeriedächer tragen falsche Dachplatten, während Holzfenster imitiert werden. Für Fundamente, Becken und Gräben, umschliessende Mauern und Mauerkerne wurde Laterit verwendet, ein leicht verfügbares und schneidbares Oberflächenprodukt. Kupfer- und Bronzebleche dienten als Zierde, Tonziegel wurden neben Schindelimitaten aus Sandstein zum Decken der Dächer verwendet. Die Steine wurden oft so angeordnet, dass die vertikalen Schnittstellen nicht gestaffelt waren. Da kein Mörtel verwendet wurde und nur das Gewicht und die passgenaue Anordnung der Steine die Tempel zusammenhielten, brachen sie bei mangelnder Pflege schnell ein.[6][35]

Durch den exzessiven Tempelbau, mit denen jeder Gottkönig versuchte, seinen Vorgänger zu übertrumpfen, waren die Vorkommen des qualitativ guten Sandsteins um 1219 erschöpft. Zusammen mit einem sinkenden Wohlstand führte dies zu schlechter gebauten Tempeln. Da mit der Übernahme des Buddhismus als Staatsreligion auch die Gebäude allgemein schlichter wurden, kam es schließlich zu einer weitgehenden Einstellung der Bauaktivitäten. Schließlich folgte die post-angkorianische Periode, in der wieder vermehrt mit Holz gearbeitet wurde.[35]

Moderne und nicht-religiöse traditionelle Architektur

Ein Häuserensemble auf dem Land

In den Fünfziger- und Sechziger Jahren wurden von chinesischen Unternehmern in den Stadtzentren drei- bis fünfstöckige Wohnblocks aus Beton gebaut, die unter den Roten Khmer verlassen wurden und nun wieder bewohnt werden – so dicht, dass sich auf den Dächern slumartige Siedlungen bilden. Bausubstanz und elektrische und sanitäre Einrichtungen sind in einem sehr schlechten Zustand, häufig gibt es nur im Erdgeschoss Toiletten und fließendes Wasser. In den äußeren Stadtkernen ist der französische Einfluss noch sichtbar; hier gibt es Villen aus der Spätphase der Kolonialherrschaft, die im französischen Kolonialstil gehalten sind, der mit dem Art Déco verwandt ist. Auf dem Land sind einfache Häuser aus Bambus und Holz auf Holz- oder Betonpfeilern gegen Überflutungen verbreitet. Unter den Häusern befindet sich offener Stauraum, der auch als Haustierstall und Arbeitsraum genutzt wird. Der Zugang ins Wohngebäude wird durch eine Außentreppe gewährleistet. Im Inneren befinden sich üblicherweise ein großer Gemeinschaftsraum, sowie das Elternschlafzimmer und die Küche. Die Außenwände werden durch geflochtene Gras- oder Palmmatten gebildet. Dächer bestehen aus Schilf oder Gras, selten auch aus Ziegeln.[3]

Skulpturen

Weibliche Gottheit aus dem späten 9. Jahrhundert in einem Pariser Museum
Apsara-Tanz

Aus der Funan-Zeit sind wenige Artefakte verblieben, lediglich vier Inschriften auf Stelen, sowie einige Kunstwerke aus dem 6. Jahrhundert, die vor allem Vishnu mit einheimischen Gesichtern darstellen. Auch in den Statuen aus Chenla erkennt man im Stil den indischen Einfluss. Als Materialien wurden Stein und Bronze verwendet. Die Skulpturen aus frühen Tempeln in Angkor waren relativ steif und flach, dienten aber als Basis für die späteren ausgeschmückten Basreliefs. Das Behauen von Türstürzen war in jener frühen Phase eine wichtige Kunst. Wie die Basisreliefs erzählen ausgearbeitete Giebeldreiecke aus der Ramayana und anderen indischen Epen, teilweise auch vom Alltagsleben. Auch in dieser Zeit wurden Stein und Bronze als Materialien verwendet. Die post-angkorianische Periode wird durch anspruchsvoll gestaltete und dekorierte Holzstatuen geprägt, von denen aus klimatischen Gründen wenig erhalten ist. Die heutige bildende Kunst orientiert sich noch immer stark an der Blütezeit des Khmer-Reichs.[41]

Theater und Tanz

Der Ursprung des kambodschanischen Theaters liegt im 6. Jahrhundert. Gezeigt werden Szenen aus dem Reamker, regionalen Legenden, indischen und Epen aus dem Theravada-Buddhismus. Die Theater bedienen sich kunstvoller Masken und Kostüme und sind nach den Schauspielern in Männer- und Frauentheater unterteilt. Schauspieler sprechen und singen, dazu kommen ein Erzähler und ein Orchester zur musikalischen Untermalung. Auf dem Lande sind Volkstheater und Schattenspiele als Unterhaltung beliebt. Der Inhalt der Schattenspiele beruht auf Geschichten aus dem Ramayana und lokalen Legenden. Die Charaktere sind aus Leder geschnitten, an langen Bambusstangen befestigt und oft bemalt. Das königliche Theater beruht auf der Ramayana. Im Nationaltheater wird nur ein modernes Stück gespielt, nämlich „Die Geschichte des Landes Kambodscha“.[3][4][6]

In Kambodscha gibt es eine lange Tanztradition. Die Ursprünge des klassischen Tanzes liegen in den heiligen Tänzen der Apsaras, der mythologischen Verführerinnen des alten Khmer-Reichs; möglicherweise gehen sie bis auf Funan zurück. Der Höhepunkt des klassischen Tanzes in der Angkor-Periode stützte sich auf Interpretationen der indischen Epen, insbesondere der Ramayana – Inhalte waren etwa Prinzessinnen in Not, Kriegshelden, Sklaven, Riesen oder mystische Tiere. Der Tanz galt als religiöse Tradition, um dem König und seinem Volk Segen zu bringen und auch als eine Form der Unterhaltung; hier stammen die Tänzerinnen zumeist aus höheren sozialen Schichten und hatten im königlichen Harem eine besondere Stellung. Mit dem Niedergang des Angkor-Reichs ging auch ein Niedergang des Tanzes einher. Unter dem thailändischem Patronat wurde er aber als Kunstform weitergeführt. Die Franzosen belebten das Khmer-Ballett im 20. Jahrhundert wieder, wobei die ersten Tänzerinnen aus Thailand kamen. Heute ist der kambodschanische Tanz eines der Markenzeichen Kambodschas und ein Tourismusmagnet.

Die Tänze sind sehr symbolisch und einer strengen Ordnung unterworfen. Vorgeführt werden sie zumeist durch Frauen, Geschlechtsunterschiede werden durch verschiedene Kostüme dargestellt. Die Tänzerinnen werden durch ein Orchester und einen erzählenden Chor begleitet. Als nationaler Tanz gilt der Lamthon, auch der Apsaratanz ist bekannt, ein Entstehungsmythos Kambodschas. Die Regierung und ausländische Geldgeber versuchen momentan, die Tanztradition wieder zu beleben, indem sie ältere Kambodschaner, die das Regime der Roten Khmer überlebten, befragen und auf Video aufnehmen. Bis 1997 konnten auf diese Weise etwa 50 % des klassischen Tanzrepertoires gerettet werden.

Der Volkstanz hat die Siebziger Jahre überlebt, auch wenn er als gängige Unterhaltung auf dem Lande allmählich vom Fernsehen abgelöst wird. Im Volkstanz, der deutlich individueller ist als die traditionellen Tänze und mehr persönlichen Spielraum lässt, werden kambodschanische Volkserzählungen dargestellt. Weiterhin gibt es den folkloristischen Tanz, der aus Mystik, Naturglauben und Bauernalltag entstanden ist und mit dem die Bauern um gute Ernte oder Regen baten. Trotz seiner rituell-zeremoniellen Handlungen ist auch er lebhafter als der klassische Khmertanz.[3][6]

Musik

Die kambodschanische Musik ist Teil der von Indonesien ausgegangenen „Glockenspiel“-Musikkultur (Verwendung von Xylophonen und Buckelgongs), die im Norden Burma, Thailand, Laos, das westliche Bergland von Vietnam und im Osten am Rand die Philippinen einschließt. Obwohl einige der an Basreliefs von Angkor Wat abgebildeten Musikinstrumente noch heute in der Volksmusik gespielt werden, ist ein indischer Einfluss auf die kambodschanische Musik nicht mehr vorhanden. Nur die alte einsaitige Zither Khse Diev, die aus einem langen Stab und einer Kalebasse besteht und zur Resonanzverstärkung an die Brust gepresst wird, ist eindeutig indischen Ursprungs. Der chinesische Einfluss beschränkt sich ebenfalls im Wesentlichen auf die Bauform einiger Instrumente. So entspricht die mondförmige Laute mit kurzem Hals Chapei der chinesischen Yue Qin, die zweisaitige Fidel Tro der chinesischen Hu Qin und die 14-saitige Kastenzither Khoeum der früher nur in der chinesischen Volksmusik verwendeten Zheng.

Gitarren heißen allgemein Chloei. Die in der Hochzeitsmusik verwendete dreisaitige Takhe (thailändisch „Krokodil“ wegen ihrer Form) ist ein thailändisches Instrument und wurde erst vor kurzem eingeführt. Weiterentwicklung der alten Mon-Krokodilzither mí-gyaùng saung.

Ab dem 16. Jahrhundert wurden höfische Rituale, Tanzaufführungen und die in Angkor von riesigen Orchestern gespielte Musik nicht mehr gepflegt. Die kambodschanische Musiktradition überlebte nur auf Volksebene und unter thailändischem Einfluss. Einen ersten Anlauf zur Erneuerung der höfischen Musik gab es Mitte des 19.Jahrhunderts unter König Ang Duong (regierte 1841–1869). Eine besondere Förderung erfuhr die klassisch-kambodschanische Kultur während des französischen Protektorats durch Königin Sisowath Kossamak in den 1940er Jahren. Nach der Unabhängigkeit 1953 konnte sich wieder eine nationale Musikkultur, die von thailändischen Stilelementen gereinigt war, mit kleineren Orchestern als zur Angkor-Zeit entfalten. Während der Herrschaft der Roten Khmer wurden Musiker systematisch ermordet und alle auffindbaren Instrumente zerstört. Was anschließend an der zuvor selten notierten Musikkultur wieder entstand, verdankt sich dem Gedächtnis der wenigen im Land überlebenden Musiker und den ins Ausland geflohenen Exilgemeinden.

Vergleichbar mit dem indonesischen Gamelan lassen sich verschiedene Orchesterbesetzungen nach Spielweise und sozialer Funktion unterscheiden. Das offizielle königliche Orchester Pinpeat, das zur religiösen Musik gehört, wird am häufigsten in ländlich reduzierter Besetzung gespielt. Es besteht aus einem Metallophon (Roneat Dek) aus 21 Eisenstäben, zwei bootförmigen Xylophonen mit Bambusstäben: Roneat Ek und dem tiefer gestimmten Roneat Thung; zwei verschiedene Gongs; der Oboe Sralay (abgeleitet von persisch Surnai) oder Bambusflöte Khloy; verschiedenen Trommeln und kleinen Becken. Zur konzertanten leichten Musik bei königlichen Festen, auch beim jährlichen Wasserfest Om Touk am Tonle Sap, gehört das sanfte Orchester Mohori, das neben Xylophon und Trommeln mit Gesang und Saiteninstrumenten, darunter der von der nahöstlichen Rabab abgeleiteten Stachelfidel Tro Khmer gespielt wird. Die im Mohori verwendete Fünftonleiter zeigt chinesischen Einfluss. Deutlich lauter klingt das zur Geisteranrufung benötigte Arak-Ensemble, mit dem die Ursache von Krankheiten festgestellt werden soll, das ähnlich wie das Hochzeitsorchester von Bechertrommeln, Oboe und Saiteninstrumenten bestimmt wird.

Unter französischer Herrschaft wurde Jazz eingeführt, der zusammen mit kambodschanischen Streichinstrumenten und popmusikalischem Gesang zu einem eigenen leichten Unterhaltungsgenre wurde. Heute noch beliebte Sänger dieser Musik aus den 1950er und 1960er Jahren sind der Star Sim Sisamouth, der 1970 von den Roten Khmer ermordet wurde, Em Yeng, Pov Vannary oder Meas Samoun. Noy Vanneth und Menh Sothivan schlossen an diese Tradition an, während seit der Jahrtausendwende verstärkt thailändische Rockbands ihren Einfluss ausüben.

Kleidung

Khmer-Seide

Traditionelles Universalkleidungsstück der Kambodschaner ist der Krama. Fast jeder Einwohner des Landes besitzt eines der Baumwolltücher. Sie sind vielfältig benutzbar: sie bieten Schutz vor Sonne oder Staub, werden als Trage-, Nasen- oder Schweißtücher eingesetzt oder beim Baden als Sichtschutz verwendet. In der Zeit der Roten Khmer waren sie sogar ein Teil der Militäruniform.[42] Der Sarong ist ein bis zum Knöchel reichendes, buntes Baumwolltuch, das sich die Frauen als Alltagskleidungsstück um die Hüfte wickeln. Für die Männer gibt es den entsprechenden Sarong Sot, der aus Seide besteht und seltener getragen wird als der Krama. Bei Festen tragen Frauen einen Houl oder einen Phamung, die den Schnitt eines Sarong haben, aber aus Seide hergestellt sind. Der Houl ist bunt und geblümt, der Phamung einfarbig. Als Arbeitskleidung sind bei den Frauen einfarbige Röcke in grün, blau oder grau üblich, dazu weiße Blusen. Männer tragen graue Stoffhosen und helle Hemden.[3]

Feiertage

Der Unabhängigkeitstag am 9. November ist der Nationalfeiertag Kambodschas. Wenn ein Feiertag auf einen Samstag oder Sonntag fällt, wird er am nächsten Werktag nachgeholt. Mit einem Sternchen (*) markierte Anlässe variieren entsprechend dem buddhistischen Mondkalender. Die Daten werden jährlich durch Dekrete des Ministerpräsidenten festgelegt.[43][44]

Datum Anlass Anmerkungen
1. Januar Neujahr Internationaler Neujahrsfeiertag
7. Januar Tag des Sieges Tag des Sieges über das Regime der Roten Khmer
Februar* Meak-Bochea-Tag Erinnert an eine spontane Versammlung von Mönchen, um Buddha zu lauschen
8. März Internationaler Frauentag Internationaler Feiertag
13. bis 15. April Kambodschanisches Neujahr
1. Mai Tag der Arbeit Internationaler Feiertag
13. bis 15. Mai Geburtstag König Sihamonis Der Geburtstag des Königs ist am 13., die Feierlichkeiten erstrecken sich bis zum 15.
Mai* Königliche Pflügezeremonie Beginn der Planzungssaison
Mai* Visaka-Buja-Tag Geburtstag Buddhas
18. Juni Geburtstag der Königinmutter Norodom Monineath Sihanouk
24. September Verfassungstag
September/Oktober* Pchum-Ben-Tag Tag der Ahnenverehrung
29. Oktober Krönungstag
31. Oktober Geburtstag des ehemaligen Königs Sihanouk
November* Wasserfest Feier des Tages, an dem die Wasser des Tonle Sap ihr Richtung ändern
9. November Unabhängigkeitstag Nationalfeiertag
10. Dezember Tag der Menschenrechte Internationaler Feiertag

Küche

Fischsauce

Die kambodschanische Küche beruht stark auf Einflüssen aus anderen Ländern, etwa Vietnam, China (wegen der Geschäftsverbindungen), Malaysia, Frankreich (daher stammt das französische Brot, das in Kambodscha gegessen wird), Laos und Thailand. Die Gerichte sind üblicherweise nicht besonders scharf und werden mit Kräutern wie Zitronengras oder Koriander verfeinert. Zum Braten wird Palmöl verwendet. Gekocht und gebraten wird traditionell in einem Wok auf einem Holzkohleofen; in den Städten setzen sich vermehrt Gasbrenner durch. Das Grundnahrungsmittel ist weißer Reis, der oft aus der Battambang-Provinz kommt; auch Nudeln sind beliebt. Populär sind süß-saure Gerichte aus Fisch, Huhn oder Gemüse mit Ananas, Zwiebeln und grünen oder roten Tomaten. Gedämpfte Gerichte basieren auf einer leichten Brühe mit Rind, Fisch oder Gemüse und häufig einem hart gekochten Ei. Currys bestehen meist aus Rind und sind nur leicht scharf. Wichtigste Proteinquelle ist Fisch. Er wird gebraten, gegrillt, gepökelt, als Suppe oder gedämpft gegessen. An Fleisch sind vor allem Schwein und Rind verbreitet.

Zum Verkauf stehende Taranteln

Kambodschanische Spezialitäten sind zum Beispiel ein fondueartiges Gericht, bei dem Fleischbällchen in eine von unten beheizte Brühe getunkt und mit anderen Zutaten verspeist werden oder ein Huhn, das in seinem Saft mit Zucker und Gewürzen angemacht als Festessen verspeist wird. Als frittierte Snacks oder Suppenbeigaben beliebt sind Käfer und Grillen, regional auch Taranteln. In gehobenen Restaurants kann man Schlangen, Schildkröten, Eidechsen, Ameiseneier, Spatzen und andere kleinere Vögel verzehren. Aus kleinen getrockneten und fermentierten Fischen wird die allgegenwärtige Prahok-Paste hergestellt, die weißlich schillert und einen stechenden Geruch hat.

Das beliebteste Getränk ist grüner Tee, der stark gezuckert wird . Roter Tee wird mit Limonensaft und Zucker gemischt. Von Morgens bis zum Nachmittag wird Kaffee entweder schwarz oder mit viel Kondensmilch getrunken. Einheimische Fruchtsäfte bestehen beispielsweise aus Zuckerrohr oder Kokosnuss, verbreitet ist auch Sojabohnenmilch. An alkoholischen Getränken gibt es mehrere einheimische Sorten Bier wie etwa das Angkor-Bier, Anchor und ABC-Stout. Aus Reis werden süße, starke Weine hergestellt. Auch rasch gärender Zuckerpalmsaft wird ausgeschenkt.[3][6][12][35]

Umwelt

Probleme

Das größte Umweltproblem Kambodschas ist seit den Achtziger Jahren der Holzeinschlag. 1995 erließ die Regierung Hun Sen ein neues Umweltgesetz, das als ein erster Schritt zur nachhaltigeren Nutzung von Kambodschas Wäldern und anderen Ressourcen betrachtet wurde; Ende 1996 wurde der Export von ganzen Stämmen verboten. Die Regierung vergab aber weiterhin ausgiebig Konzessionen; auf dem Höhepunkt Ende 1997 waren 35 % des gesamten kambodschanischen Staatsgebietes zur Abholzung freigegeben, was fast dem gesamten Waldgebiet außerhalb der Schutzgebiete entsprach. Laut einem Weltbank-Bericht von 1998 ging die Bewaldung Kambodschas in den Jahren von 1969 bis 1997 von 73 auf 58 % zurück. Bei gleichbleibender Abholzungsrate sollten die Bestände bis 2003 erschöpft sein.

Seit Ende der Neunziger Jahre wurden ausländische Geldgeber vermehrt auf das Problem aufmerksam und übten Druck auf die kambodschanische Regierung aus. Aus diesem Grund wird seit 1999 härter gegen illegale Holzfäller vorgegangen, seit Januar 2002 wurden alle vergebenen Konzessionen für den Holzeinschlag eingefroren. Diese Maßnahme wurde umgangen, indem einerseits der illegale Holzschlag in geringem Maße weiterging und andererseits Konzessionen für Cash-Crop-Plantagen beantragt werden, die ungenutzt bleiben und nur als Vorwand für einen Kahlschlag gebraucht werden. Korruption und Selbstbereicherung durch einflussreiche Beamte oder Mitglieder der Militärführung sind Teil des Problems. Manche Organisationen agieren auch aus den Nachbarländern heraus. Aus den Provinzen Oddar Meanchey, Battambang, Pursat und Koh Kong wird das geschlagene Holz über die Grenze nach Thailand geschleust, aus Rattanakiri und Mondulkiri nach Vietnam. Auch kommt es vor, dass Kritiker eingeschüchtert und Forstaufseher ermordet werden.

Folgen des extensiven Holzschlages ist Erosion, so bei den Mangrovenwäldern an der Küste, die der Holzkohlegewinnung und Shrimpfarmen zum Opfer fallen. Durch den eingeschwemmten Boden versanden Binnengewässer. Besonders betroffen ist der Tonle Sap, dessen durchschnittliche Tiefe während der Trockenzeit bereits von 50 cm 1960 auf 30 cm im Jahr 1993 zurückgegangen ist, während sich die jährliche Ablagerung in der gleichen Zeit verdoppelt hat. Auch der Mekong transportiert große Mengen an Sediment, das er vor allem bei den Monsunregenfällen aus den entwaldeten Gebieten mitnimmt. Dammprojekte an den chinesischen Zuflüssen des Mekong gefährden zudem den Fischreichtum und beeinträchtigen die erneute Ablagerung von fruchtbarer Erde an den Ufern. Betroffen sind auch jene Einwohner, die ihren Lebensunterhalt aus dem Wald bestreiten, zum Beispiel durch das sammeln von Baumharz.

Die Umweltverschmutzung hält sich dagegen in Grenzen. Fluss- und Seewasser sind weitgehend sauber, die einzige von Luftverschmutzung betroffene Stadt ist Phnom Penh. Auch der Tourismus bereitet noch keine großen Probleme, auch wenn die ungenügende Entsorgung von Plastikabfällen, sowie Flaschen im ganzen Land problematisch ist.[3][6][31]

Naturschutzgebiete

Kambodscha war das erste Land Südostasiens, in dem ein Naturschutzgebiet eingerichtet wurde. 1925 wurde das Land um die Tempelanlage von Angkor zum Nationalpark erklärt. 1969 gab es sechs Rückzugsgebiete für Wildtiere, vor allem große Säuger. Sie nahmen insgesamt 2,2 Millionen Hektar oder 12 % der Landesfläche ein. Das während der Bürgerkriegszeit verfallene System wurde 1993 durch ein königliches Dekret erneuert, durch das 23 Schutzgebiete gebildet wurden, die jetzt mit 3.402.203 Hektaren über 21 % der Gesamtfläche Kambodschas einnahmen.[6] Allerdings befanden sie sich zu großen Teilen in von den Roten Khmer kontrolliertem Gebiet und waren deshalb weder kontrollierbar noch finanzierbar. Seit 1993 kamen noch einige geschützte Wälder hinzu, so dass heute 43.000 km² oder 25 % des Landes unter Schutz stehen.[45] Noch heute, nach dem Ende der Roten Khmer, gibt es in vielen Schutzgebieten Zugangsprobleme. Gefährdet sind sie durch die Erschließung von Siedlungsräumen, illegale Abholzung und die Nachfrage nach Tierorganen für die traditionelle Medizin. Außerdem fehlen die Ressourcen und teilweise auch der Wille zu einem effektiven Schutz.[3][31]

Mediale Rezeption

  • The Killing Fields – Schreiendes Land (1984, Regie: Roland Joffé)
  • S-21: The Khmer Rouge Death Machine (2003, Regie: Rithy Pan)
  • Die Angkar (Dokumentation, 1981, 89 Minuten, Regie: Walter Heynowski und Gerhard Scheumann)

Literatur

Bücher
  • Soizick Crochet: Le Cambodge. Karthala, Paris 1997, ISBN 2-86537-722-9
  • Sorpong Peou: Cambodia: Change and Continuity in Contemporary Politics. Ashgate 2001, ISBN 0-7546-2119-7
  • Karl-Heinz Golzio: Geschichte Kambodschas. Das Land der Khmer von Angkor bis zur Gegenwart. C.H.Beck 2003, ISBN 3-406-49435-8
  • David Chandler: A History of Cambodia. Westview Press 2007, ISBN 0-8133-4363-1
  • May Ebihara, Carol Mortland, Judy Ledgerwood: Cambodian Culture Since 1975. Homeland and exile. Cornell University Press 1994, ISBN 0-8014-8173-2
  • John Amos Marston, Elizabeth Guthrie: History, Buddhism, and New Religious Movements in Cambodia. University of Hawaii Press 2004, ISBN 0-8248-2868-2
  • Judith Jacob, David Smyth: Cambodian Linguistics, Literature and History: Collected Articles. University of London School of Oriental and African Studies 1993, ISBN 0-7286-0218-0
  • Erich Follath: Die Kinder der Killing Fields: Kambodschas Weg vom Terrorland zum Touristenparadies. Deutsche Verlagsanstalt, München 2009
  • Denise Affonço und Judith Klein: Der Deich der Witwen: Eine Frau in der Hölle der Roten Khmer. C. H. Beck, München 2009
Online-Publikationen

Weblinks

Regierungsseiten
Allgemeine Informationsseiten
Andere

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w cia.gov
  2. hdstats.undp.org
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj Andreas Neuhauser: Kambodscha. Reise-Know-How, Bielefeld 2003, ISBN 3-8317-1106-2
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q Gabriele Intemann, Annette Snoussi-Zehnter, Michael Venhoff und Dorothea Wiktorin: Diercke Länderlexikon. Westermann, Braunschweig 1999, ISBN 3-07-509420-X
  5. „Lonely Planet: South-East Asia on a Shoestring“ gibt einen Zuwachs von 3.000 km² auf 7.500km² an; der Unterschied beruht vermutlich auf die Ausklammerung der umliegenden Flusslandschaften
  6. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa Andrew Spooner: Footprint Cambodia. Footprint, Bath 2008, ISBN 978-1-906098-15-5
  7. a b c d e f g h i j k l Die Welt 2005. ADAC Verlag, München 2004, ISBN 3-89905-202-1
  8. WWF-Bericht
  9. Appendix 4 of the Royal Decree No. NS/RKT/0305/149 dated March 21, 2005 on the Designation of Animals and Plants as National Symbols of the Kingdom of Cambodia Online
  10. a b c d Fischer Weltalmanach 2009. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-596-72009-5
  11. Zur genauen Bevölkerungsaufteilung: „Khmer 90 %, Vietnamese 5 %, Chinese 1 %, andere 4 %“ (CIA World Factbook); „Khmer 90 %, Vietnamesen 4 %, Chinesen 1 %, Sonstige 5 %“ (ADAC: Die Welt 2005); „ca. 85 % Khmer, 4 % Vietnamesen, 3 % Cham, Chinesen, Thailänder, Moi, Khmer Loeu (Hochland-Khmer) und Lao“ (Fischer Weltalmanach 2009, Stand 1998)
  12. a b c d South-East Asia on a Shoestring
  13. Travel Handbuch Kambodscha, S. 153
  14. Ethnologue-Report, siehe dort für Verbreitung der Sprachen
  15. geonames.org
  16. a b c d e f g h Harenberg Staatenlexikon, 2000, ISBN 3-611-00894-X
  17. http://countrystudies.us/cambodia/13.htm
  18. http://www.mekong.net/cambodia/deaths.htm
  19. Fischer Weltalmanach 2003. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-72003-6
  20. a b c d e Fischer Weltalmanach 2006. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-72006-0
  21. a b c Die Verfassung Kambodschas, englisch
  22. Transparency International 2008
  23. BBC-Bericht
  24. a b c www.nationsencyclopedia.com: Cambodia - Foreign policy
  25. a b Janes (englisch)
  26. Bernd Rosenbusch: Die Bedeutung inner- und zwischenstaatlicher Konflikte für die Kooperation und Integration der ASEAN-staaten. Bei Google Books S. 158
  27. http://www.euronews.net/de/article/15/10/2008/armed-clashes-across-the-thai-cambodia-border/
  28. a b c d e f g h Cultural Profiles: Cambodia
  29. Ankündigung der Außerbetriebnahme der Gesellschaft, englisch
  30. http://www.canbypublications.com/cambodia/airlines.htm#Airlines
  31. a b c d e f g h i Nich Ray und Daniel Robinson: Cambodia. Lonely Planet, 2008, ISBN 978-1-74104-317-4
  32. Britannica Online
  33. seasite.niu.edu, v.a. Abs. 2–4; auch das Zitat stammt von dort.
  34. bookrags.com, v.a. Abs. 1, 2 und 4
  35. a b c d e f Beverley Palmer: Kambodscha. Stefan Loose Travel Handbücher, 2003, ISBN 3-7701-6141-6
  36. Terradaily.com
  37. n-tv.de, Das Rindfleisch Kambodschas – Ratten-Gerichte zu teuer, 27. Aug. 2008
  38. China Economic Net
  39. Bericht der Reporter ohne Grenzen über bei der Ausübung ihres Berufes ums Leben gekommene Journalisten, darunter einer beim besagten Anschlag.
  40. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Kambodscha/Kultur- und Bildungspolitik.html
  41. Jean Boisselier u.a.: Handbuch der Formen- und Stilkunde Asien (Fourier Verlag, Wiesbaden, 1988. ISBN 3-925037-21-7), Kapitel „Kambodscha“
  42. Bild eines Soldaten mit Krama
  43. http://www.mfaic.gov.kh/e-visa/info_holiday.aspx
  44. http://www.qppstudio.net/publicholidays2008/cambodia.htm
  45. Karte mit den Naturschutzgebieten

12.733333333333105.666666666677Koordinaten: 13° N, 106° O


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