Wallfahrtskirche St. Rasso (Grafrath)

Wallfahrtskirche St. Rasso (Grafrath)

Die Wallfahrtskirche St. Rasso liegt zusammen mit dem kleinen Kloster am Rande des Ampermoores bei Grafrath im Landkreis Fürstenfeldbruck in Oberbayern. Der barocke Saalbau wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Rokokoformen umgestaltet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gesamtansicht
Der Chor
Standbild Rassos in der Chornische
Innenraum nach Osten

Das Kloster in „Werde“ (Wörth) wurde (angeblich gegen 950) von Graf Rasso (Rath, Ratt oder auch Gráfrath) gegründet und 951 geweiht. Der alte Ortsname deutet auf die Insel zwischen Amper und Ampermoos hin.

Rasso verbrachte wohl seine letzten Lebensjahre als Laienbruder unter den Benediktinern seines Klosters, verstarb dort und wurde in seiner Kirche beigesetzt. Spätere Dießener Überlieferung (Johannes Aventinus, 16. Jh.[!] und noch spätere Chronisten) verlegt Rassos Todestag auf den 19. Juni 954 und bringt die Auflösung des Klosters um 955 in Zusammenhang mit den Ungarnkriegen. Zur Erinnerung an den endgültigen Sieg über die Ungarn (Schlacht auf dem Lechfeld, 955) habe man eine dem hl. Laurentius geweihte Kapelle über dem Grab errichtet. Jedenfalls wurde Rasso bald nach seinem Tod zum legendären Volkshelden, und zuletzt erhielt der Platz den jetzigen Namen. Urkundlich belegt ist „St. Grafrath“ 1359.

Das Kloster war jedoch bald untergegangen, und sein (vom Grafen erworbener) Reliquienschatz wurde nach Andechs überführt, und Rasso von da an als Graf von Andechs bezeichnet. Die Reste der Stiftung hingegen wurden 1132 von Papst Innozenz II. dem neu errichteten Hauskloster der Andechser, dem Augustinerchorherrenstift zu Dießen übereignet. Das Kloster Wörth gilt somit als Vorläufer des Stiftes Dießen. Die Erweiterung des Kirchleins wurde sicherlich durch die zahlreichen Wallfahrer nötig, die das Grab des inzwischen selig gesprochenen „Feldherrn“ aufsuchten. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kam es zu einem vermehrten Zustrom von Pilgern aus dem Münchener Raum. Katharina von Görz-Tirol, die Gemahlin Herzogs Johann I., war eine eifrige Verehrerin Rassos.

Propst Johannes Schön von Dießen veranlasste 1468 die Erhebung des Leichnams Rassos, der anschließend an derselben Stelle in einem neuen Hochgrab beigesetzt wurde. Die Länge des Sarkophages, 2,5 m, wurde mitunter als Rassos Körpergröße angegeben, doch ist auf Grund der Gebeine erwiesen, dass er jedenfalls von außergewöhnlich großer Statur war.

Die Wallfahrt scheint immer beliebter geworden zu sein, so dass Propst Balthasar Günther 1593 eine erneute Erweiterung in Auftrag geben musste. 1677/78 fügte man unter Propst Renatus Sonntag das Priesterhaus hinzu (heute Kloster) und verband den Neubau durch einen Gang mit der Kirche.

Am 12. August 1688 legte Sonntag schließlich den Grundstein zur heutigen Kirche, die bereits 1694 vollendet war und 1695 konsekriert werden konnte.

1752 beschloss das Stift die Neuausstattung in modernen Rokokoformen. 1783 gelangte noch das frühklassizistische Gestühl in den Sakralbau.

Während der Aufklärung versuchte man, die Wallfahrt einzudämmen. Das Volk pilgerte aber weiterhin eifrig zum Grab des Ungarnbezwingers. Schließlich übertrug 1836 König Ludwig I. den Franziskanern die Betreuung der Wallfahrt.

Durch die Sprengung der nahen Amperbrücke vor den näher rückenden Amerikanern gingen am 22. April 1945 sämtliche Glasfenster der Kirche zu Bruch. Zur Vorbereitung des tausendsten Todestages des heiligen Grafen erfolgte von 1952/53 eine gründliche Instandsetzung der Bausubstanz.

Beschreibung

Die Kirche ist ein einschiffiger Saalbau mit einem Querschiff und zwei Anbauten, die außen den Anschein eines weiteren Querbaues erwecken. Der Grundriss ist vom „Vorarlberger Münsterschema“ abgeleitet. Der Sakralbau ist innen 32,5 m lang, 15,5 m breit und 16 m hoch. Auffällig ist der Verzicht auf die üblichen vorspringenden Wandpfeiler, die sonst kapellenartige Nebenräume ausbilden. Ausführender Meister war Michael Thumb, der ab 1681 auch das benachbarte Stift Dießen begonnen hatte. Wie sein Parlier Michael II. Natter stammte Thumb (gest. 1690) aus dem Bregenzer Wald.

Der Chor ist etwas schmäler als das Langhaus (eingezogen) und schließt halbrund. Links und rechts flankieren niedrige Treppentürmchen die Apsis.

Außen gliedern besonders das Querhaus und die querhausartigen Anbauten den Bau, die von Voluten- bzw. Dreiecksgiebeln bekrönt werden. Unter dem Satteldach umläuft ein kräftiges Traufgesims um die Kirche, das von Pilastern getragen wird. Das Gebäude steht auf einem hohen, unverputzten Tuffsteinsockel, die darüber liegenden Wandflächen sind ocker gestrichen. Statt eines Turmes besitzt St. Rasso nur einen einfachen, etwas schiefen Dachreiter über dem Westgiebel (1817 nach Blitzschlag in heutiger, vereinfachter Form erneuert).

Innenraum

Der Hochaltar
Fresko im Langhaus

Der vom Rokoko geprägte Innenraum wurde 1752 von Meistern der Wessobrunner Schule gestaltet: Johann Georg Üblhör, Franz Xaver und Johann Michael Feuchtmayer schufen Vasen mit Blumen und Früchten, Putten und Blumengehänge. Am Chorbogen sieht man neben der Uhr die Wappen der Stadt München und des kurfürstlichen Medizinalrates Abraham Praunschober (gest. 1790), der sein beträchtliches Vermögen dem Kloster Dießen vermacht hatte.

Die Deckenfresken sind das Werk des Augsburger Akademiedirektors Johann Georg Bergmüller. Die Inschrift des mittleren ist als Chronogramm gestaltet: "GeorgIVs BergMILLer CIVIs aVgVstanVs aDInVenit pInXItqVe" (Georg Bergmüller Bürger von Augsburg hat [dies] entworfen und gemalt = 1752). Das Westbild über der Orgel zeigt den hl. Rasso als Bezwinger der Ungarn, die zeittypisch als Türken dargestellt werden. Auf dem Mittelbild nimmt St. Rasso vor der Baustelle der Klosterkirche den Benediktinerhabit. Bemerkenswert ist hier die Darstellung der Gerüste am Kirchenbau. Das Chorfresko zeigt den Heiligen in seiner Verherrlichung – Rasso fährt in einer Wolke in den Himmel auf, Putten halten eine Krone über sein Haupt, von unten blicken Kranke und Invalide flehend zum Heiligen auf (der bei „heimlichen und schambaren Gebrechen“, also bei Unterleibs-, Stein- und Bruchleiden, angerufen wird).

Ausstattung

Der Hochaltar ist eine Stiftung der Stadt München. Der viersäulige Aufbau birgt den Schrein des hl. Rasso. Das darüber liegende Grabmal trägt die Inschrift: „S. Rasso Dux Bavariae“ (Hl. Rasso Feldherr Bayerns), die sich auf die Ungarnkriege bezieht. An den Seiten stehen die ehemaligen Kirchenpatrone St. Philippus und St. Jakobus der Jüngere. Der Altaraufbau ist das Werk von Johann Baptist Straub (1765-1768), die Figurengruppe des vor dem Gekreuzigten knienden Heiligen über dem Grabmal dürfte eine Wessobrunner Arbeit sein.

Die vorderen Seitenältäre der Zeit um 1700 sind eher konventionelle Arbeiten. Je eine Säule auf jeder Seite flankiert das Altarblatt, die Auszüge werden von Skulpturen begleitet. Das Hauptbild des rechten Altares stammt noch aus dem 16. Jahrhundert und zeigt die Taufe Christi. Darunter steht eine spätgotische Pietà (um 1510), als deren Schöpfer bereits Erasmus Grasser in Erwägung gezogen wurde.

Die rückwärtigen Seitenaltäre sind Votivgaben des Marktes und des Stiftes Dießen von 1706. Beide Altäre wurden 1901/02 neu geweiht und mit neuen Altarblättern von Kaspar Schleibner ausgestattet.

An der rechten Seite des Chorbogens hängt die frühklassizistische Kanzel aus Stuckmarmor. (Thomas Schaidhauf 1771). Die Brüstungsfelder zeigen als Reliefs drei große Prediger: Christus, den hl. Johannes d. T. und den hl. Paulus. Auf dem Schalldeckel steht die allegorische Figur der Ekklesia (Kirche).

Vor dem Chor ist die Deckplatte des alten Hochgrabes des hl. Rasso - der seit 1695 in seinem Schrein auf dem Hochaltar ruht - in den Boden eingelassen. Der Heilige ist als Ritter im spätgotischen Harnisch dargestellt, in der rechten Hand die Lanze, die Linke ruht am Schwertgriff. (um 1468).

Literatur

  • M. Hartig, Sigfried Grän: Wallfahrts- und Klosterkirche Grafrath/Amper (Schnell & Steiner Kunstführer, 519). München, Zürich. 1948 (verw. 3. Aufl. 1989 )
  • Norbert Lieb: Die Vorarlberger Barockbaumeister. München, 1976
  • Volker Liedke, Peter Weinzierl: Landkreis Fürstenfeldbruck (Denkmäler in Bayern, Band I.12). München, 1996. ISBN 3-87490-574-8
  • B. Roth: Grafrath ruft dich, ein Kirchenführer. München 1939

Weblinks


48.12144722222211.1564527777787Koordinaten: 48° 7′ 17″ N, 11° 9′ 23″ O


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