Walther von Seydlitz

Walther von Seydlitz
Walther von Seydlitz-Kurzbach (links) mit Friedrich Paulus in Russland, 1942

Walther von Seydlitz-Kurzbach (* 22. August 1888 in Hamburg; † 28. April 1976 in Bremen) war ein deutscher General der Artillerie und Präsident des Bundes deutscher Offiziere.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg an beiden Fronten teil und wurde 1918 mit dem Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern ausgezeichnet. In der Weimarer Republik blieb er als Berufsoffizier in der Reichswehr. Ab 1929 war er im Reichswehrministerium tätig. 1933 wurde Major von Seydlitz nach Verden versetzt, wo seine Familie dann bis in die Nachkriegsjahre wohnte. Zuerst Kommandeur einer Abteilung der berittenen Artillerie wurde er 1936 zum Oberst befördert und zum Kommandeur des in Verden neu aufgestellten Artillerie-Regiments 22 ernannt.

Am Zweiten Weltkrieg nahm er zunächst an der französischen Front als Kommandeur der 12. Infanteriedivision teil. Im August 1940 wurde er mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. 1941 wurde seine Division nach Osten verlegt und im Rahmen der 6. Armee eingesetzt. Am 31. Dezember wurde er zum Generalleutnant befördert und mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet. Anfang 1942 erhielt er den schwierigen Auftrag, den Kessel von Demjansk, in dem nahezu 100.000 Mann festsaßen, von außen aufzubrechen. Anfang April gelang es, die Landverbindung mit den Eingekesselten wiederherzustellen. Dieser Erfolg trug Seydlitz die Beförderung zum General der Artillerie und die Ernennung zum Kommandierenden General des LI. Armeekorps ein. Diese zur 6. Armee des Generalobersten Friedrich Paulus gehörende Einheit wurde in der Schlacht um Stalingrad eingesetzt. Als sich am 22. November 1942 im Rücken der Stalingradarmee die sowjetische Zange schloss, war aus dem „Entsetzer“ von Demjansk einer der über 250.000 Eingekesselten geworden. Unter den hochrangigen Stalingrad-Generälen hat keiner so nachdrücklich wie Seydlitz den Ausbruch aus dem Kessel gefordert und zwar auch gegen den Durchhaltebefehl Hitlers. Mit dem Untergang der 6. Armee geriet er am 31. Januar 1943 in sowjetische Kriegsgefangenschaft.

Er war an der Gründung des Bundes deutscher Offiziere (BDO) am 11./12. September 1943 im Gefangenenlager Lunjowo bei Moskau beteiligt und wurde dessen Präsident. In zwei Memoranden vom 22. September 1943 und vom 4. Februar 1944 ersuchte er die sowjetische Führung, die Aufstellung eines Korps aus deutschen Freiwilligen zu erlauben. Er richtete an Josef Stalin die Bitte, Offizieren und Soldaten der Wehrmacht, die dies wünschen, die Möglichkeit zu geben, mit der Waffe in der Hand ihren Beitrag zur Zerschlagung des Hitlerregimes und zur Beendigung des Krieges zu leisten.

Seydlitz warb für ein Korps mit etwa 40.000 Mann. Eine „Seydlitz-Armee“ kam jedoch nicht zustande, nicht einmal in Ansätzen. So verblieb es bei propagandischen Aufrufen an die Wehrmachtssoldaten, sich den Sowjettruppen zu ergeben.

Seydlitz beabsichtigte, mit dem geplanten Korps die Rote Armee bei ihrem Kampf mit dem Ziel der Zerschlagung des nationalsozialistischen Deutschland zu unterstützen. Er strebte aber zugleich die Erhaltung Deutschlands unter einer neuen demokratischen Regierung an, der das Korps für Verteidigungszwecke zur Verfügung stehen sollte. Dies war so bereits als Ziel in der Gründungsurkunde des BDO festgelegt: „…3. Verhinderung der Zerstückelung Deutschlands, 4. Erhalt des Heeres für Verteidigungszwecke“. Auch in der an General Melnikow (nicht an Stalin) gesandten Denkschrift über die Aufstellung eines deutschen Truppenteils vom 4. Februar 1944 ist zu lesen, dass ein Einsatz an der Front erst dann vorgesehen sei, „sobald dafür die politischen und psychologischen Voraussetzungen geschaffen werden, d.h. größere deutsche Truppenverbände bereit sind, sich der deutschen Befreiungsarmee anzuschließen, …“

Am 30. Januar 1944 hielt Seydlitz z. B. folgende Ansprache:

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„Die 6. Armee ging in Stalingrad zugrunde, weil sie auf Befehl Hitlers in aussichtsloser Lage einen militärisch sinnlosen Widerstand fortsetzte. Hunderttausende von Kameraden, die uns lieb und wert waren, wurden geopfert. […] Es ist nicht unehrenhaft, sondern ein Gebot der Erhaltung unseres Volkes, wenn ihr euch weigert, den Krieg in aussichtsloser Lage weiterzuführen. Verlasst euch nicht auf haltlose Versprechungen. Wir erfüllen das Vermächtnis der toten Kameraden von Stalingrad, wenn wir euch den Weg zur Rettung, zum Leben weisen. Wir Überlebende von Stalingrad sind diesen Weg vorausgegangen, folgt uns zur Errettung und zur Erhaltung unseres Volkes!“

Der Bund deutscher Offiziere vereinigte sich später mit dem Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD).

Seine Kooperation mit den Sowjettruppen führte zur Ächtung seiner Person durch die deutsche Generalität und zur Verurteilung zum Tode sowie zur Sippenhaftung für seine Familie. Im Januar 1949 bat Seydlitz in einem Gesuch um die Repatriierung in die Sowjetische Besatzungszone. Er wurde jedoch nicht freigelassen, sondern der Mitwirkung an Greueltaten und Missetaten gegen die sowjetische Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen angeklagt. Am 8. Juli 1950 verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal zu einer Gefängnisstrafe von 25 Jahren.[1] 1955 wurde er in die Bundesrepublik Deutschland entlassen und kehrte nach Verden zurück. Das Landgericht Verden hob 1956 das Todesurteil aus dem Dritten Reich auf. Später zog Seydlitz nach Bremen um, wo er im Alter von 87 Jahren verstarb. Am 23. April 1996 wurde seine Verurteilung in der Sowjetunion durch die Generalstaatsanwaltschaft Moskau posthum aufgehoben.

Auszeichnungen

Weblinks

Literatur

  • James Donald Carnes: General zwischen Hitler und Stalin. Das Schicksal des Walther v. Seydlitz. Droste, Düsseldorf 1980, ISBN 3-7700-0563-5.
  • Julia Warth: Verräter oder Widerstandskämpfer? Wehrmachtsgeneral Walter von Seydlitz-Kurzbach. Oldenbourg Verlag, 2006, ISBN 978-3-486-57913-0 (Buchbesprechung).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Seydlitz schreibt in seinen Erinnerungen, dass ihm am 8. Juli 1950 erst seine Verurteilung zum Tode und bereits 1 ½ Stunden später die Umwandlung der Todesstrafe in 25 Jahre Kerker eröffnet worden ist. „Dieser Gedanke – ich war damals 62 Jahre alt – war so entsetzlich für mich, dass ich das Gericht bat, mich lieber auf der Stelle erschießen zu lassen.“ Seydlitz: Stalingrad – Konflikt und Konsequenz, Stalling Verlag, 1977, S. 373; im Widerspruch hierzu: die Sowjetunion hatte bereits am 25. Mai 1947 die Todesstrafe abgeschafft, führte sie aber laut Solschenizyn im Jahr 1950 wieder ein.
  2. Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Mittler & Sohn Verlag, Berlin, S.129
  3. Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Mittler & Sohn Verlag, Berlin, S.129
  4. Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Mittler & Sohn Verlag, Berlin, S.129
  5. Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Mittler & Sohn Verlag, Berlin, S.129
  6. Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939-1945, Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S.703

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