Wanderkönigtum

Wanderkönigtum

Das Reisekönigtum war die seit der fränkischen Zeit bis in das Spätmittelalter hinein übliche Form der Herrschaftsausübung durch König oder Kaiser.

Das Reich besaß keine Hauptstadt im heutigen Sinne, sondern wurde von wechselnden Orten aus regiert. Diese Orte waren meist auf Krongut errichtete Pfalzen, oder aber Bischofsstädte. Die Wege, die der Hofstaat auf diesen Reisen zurücklegte, nennt man Itinerare. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Pfalzen oft in verkehrsgünstigen und auch fruchtbaren Gebieten angelegt wurden, die von Königshöfen als Mittelpunkt königlicher Grundherrschaften zur Versorgung umgeben waren. Die Königshöfe lagen dabei verstreut über das gesamte Reich. Die Zusammensetzung des Hofstaats änderte sich dabei, je nachdem, durch welches Gebiet man zog, und welche Adlige sich dem Hof mit ihrem Gefolge auf dieser Reise anschlossen oder sich auch wieder von ihm entfernten.

Im Laufe eines Jahres wurden dabei erstaunliche Strecken zurückgelegt. Historiker errechneten anhand von Urkunden, dass z. B. Kaiser Heinrich VI. und sein Gefolge zwischen dem 28. Januar und dem 20. Dezember 1193 mehr als 4.000 Kilometer kreuz und quer durch Deutschland reisten. Die Rekonstruktion der Reisestationen ergab hierbei folgende chronologische Abfolge: Regensburg - Würzburg - Speyer - Hagenau - Straßburg - Hagenau - Boppard - Mosbach - Würzburg - Gelnhausen - Koblenz - Worms - Kaiserslautern - Worms - Haßloch - Straßburg - Kaiserslautern - Würzburg - Sinzig - Aachen - Kaiserswerth - Gelnhausen - Frankfurt a. M. - Gelnhausen.

Das Reisekönigtum diente einerseits dem besseren Überblick über das Reich, gleichzeitig ermöglichte es aber auch die Kontrolle über lokale Fürsten und diente somit dem Zusammenhalt des Reiches. Damals wurde Herrschaft über persönliche Beziehungen ausgeübt (siehe Personenverbandsstaat), wozu es auch erforderlich war, persönlich den Kontakt mit den Beherrschten zu suchen. Andererseits war es auch nur durch die Reisetätigkeit möglich, die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Hofes zu stillen, da es damals aufgrund der unzureichenden Verkehrswege noch nicht möglich war, eine größere Gruppe von Menschen dauerhaft am selben Ort zu versorgen. Anstatt die Lebensmittel zum Hof zu schicken wanderte der Hof zu den Lebensmitteln.

Literatur

  • John W. Bernhardt: Itinerant kingship and royal monasteries in early medieval Germany, 936–1075. CUP, Cambridge 1993, ISBN 0-521-39489-9.
  • Oliver Hermann: Lothar III. und sein Wirkungsbereich. Räumliche Bezüge königlichen Handelns im hochmittelalterlichen Reich (1125–1137). Winkler, Bochum 2000, ISBN 3-930083-60-4.

Weblinks

Siehe auch


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