Weberknecht

Weberknecht
Weberknechte
Systematik
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Überstamm: Häutungstiere (Ecdysozoa)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Unterstamm: Kieferklauenträger (Chelicerata)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Weberknechte
Wissenschaftlicher Name
Opiliones
Sundevall, 1833
Unterordnungen
  • Cyphopalpatores
  • Palpatores

Die Weberknechte oder Schneider (gelegentlich auch Schuster, in der Schweiz: Zimmermänner) (Opiliones) stellen eine Ordnung der Spinnentiere (Arachnida) dar. Weltweit sind etwa 4000 Arten bekannt, die Körperlängen von zwei bis 22 Millimetern erreichen. Die Weberknechte enthalten Arten, die gedrungen und milbenförmig sind, daneben aber auch die bekannten langbeinigen Arten. Die größten Vertreter der Weberknechte sind Trogulus torosus mit einer Körperlänge von 22 Millimetern sowie Mitobates stygnoides mit nur sechs Millimeter Körperlänge, aber mit 160 Millimeter langen Beinen.

In Mitteleuropa sind etliche Arten der Weberknechte gefährdet und stehen auf der Roten Liste.

Inhaltsverzeichnis

Körperbau

Im Unterschied zu den Webspinnen ist das Kopfbruststück (Prosoma) der Weberknechte nicht vom Hinterkörper (Opisthosoma) getrennt, außerdem verfügen sie weder über Gift- noch über Spinndrüsen.

Wie alle Spinnentiere (Arachnida) besitzen sie acht Beine, die bei vielen Arten extrem lang sind. Bei Mirobates stygnoides beispielsweise können die Beine das 25-fache der eigentlichen Körperlänge ausmachen. Daneben gibt es allerdings auch viele Arten ohne diese auffallende Verlängerung der Beine, oder mit sehr kurzen Beinen, die bei einigen Arten kaum länger als der Körper sind. Im Falle eines Angriffs kann sich der Weberknecht von einem Bein trennen (Autotomie), das dann, immer noch zuckend, den Angreifer verwirren soll. Bei jungen Tieren wird dieses Bein in der Regel innerhalb von zwei bis drei Häutungen regeneriert.

Die Pedipalpen vieler Arten sehen oft aus wie Beine, sodass vom unbedarften Beobachter auch fünf Beinpaare gezählt werden. Sie können (bei den Laniatores) zu einschlagbaren Fangorganen ausgebildet sein, dienen aber meist dem Tasten, der Fortpflanzung oder (bei der Nahrungsaufnahme) als Gliedmaßen, die den Kieferklauen (Cheliceren) die Nahrung zuschieben.

Die Kieferklauen sind dreigliedrig und bei einigen Gruppen sehr groß und auffällig; im kräftigen und langen ersten Grundglied werden sie waagerecht wie Dornen nach vorne getragen. Da Giftdrüsen fehlen, verspeisen Weberknechte ihre Beute lebend. Ein unter der Lupe auffälliges Merkmal aller Weberknechte ist ein ausgeprägter Hügel, der die Augen trägt. Dieser Augenhügel kann auch zu einem relativ langen Stiel ausgebildet sein. Der Sehsinn ist relativ schlecht entwickelt, auch wenn ultraviolettes Licht wahrgenommen wird. Welche Rolle dies bei diesen nachtaktiven Tieren spielt, ist unklar.

Der Körper einiger Arten ist mit teils bizarren und farbenprächtigen Dornen und Zacken besetzt, die sich nur unter dem Mikroskop erkennen lassen. Welche Funktion diese Körperfortsätze haben, die an Krokodile oder Warane erinnern, ist noch ungeklärt.

Auch bei Weberknechten kann es einen Sexualdimorphismus geben. Männchen der Laniatores sind auffällig dunkler als die Weibchen, da ihre Chitinhülle dicker ist. Außerdem besitzen sie meist eine deutlich stärkere Skulpturierung.

Lebensweise der Weberknechte

Die meist in der Bodenschicht lebenden Weberknechte bauen keine Fangnetze, sondern ernähren sich hauptsächlich von mikroskopisch kleinen Gliederfüßern und auch von toten Insekten. In der lockeren Streu des Laubwaldes, in Gärten, Wiesen, Hecken oder naturnahen Parks grasen sie mit ihren Cheliceren abgestorbene Pflanzenteile ab, auf denen mikroskopisch kleine, zersetzende Tiere sitzen. Trotzdem besiedeln sie auch die Bodenschicht oder Bodennähe auch in extremen Biotopen und Ökosystemen, wie Dünen, Mooren, Heiden. Die Pedipalpen tasten dabei voraus, die ebenso wie die langen Beine als Taster dienen. Bis auf wenige Ausnahmen sind Weberknechte nachtaktiv.

Sehr hohe Individuendichten sind in naturnahen Laubwäldern oder Feldgehölzen feuchter Standorte oder in Bruchwäldern nachts im Spätsommer nach längerer Trockenheit zu beobachten. Die Aktivität ist aber sehr witterungsabhängig.

Die Intensivierung der Forstwirtschaft und der Landwirtschaft führte zu einem rapiden Verlust von Biotopen wie Hecken, Knicks und Bruchwäldern, aber auch zu einer quantitativen wie qualitativen Verringerung der Streuschicht in Wiesen und Wäldern und anderen Elementen dieser Lebensräume, wie zum Beispiel Totholz. Damit ist die intensive Landnutzung die Hauptursache für den Rückgang einiger Arten dieser Tiergruppe.

Weberknecht (Opilio parietinus)
Weberknecht in Bewegung
Von Wassermilbennymphen parasitierter Weberknecht
Weberknecht Nahaufnahme
Weberknecht in Paarungsstimmung. Seine Kiefertaster (Pedipalpen) sind orange-rot gefärbt, deutlich sieht man den Augenhügel, der etwas erhöht am Kopf hervorsteht. Seine kräftigen Cheliceren kommen unter den Kiefertastern zum Vorschein.

Fortpflanzung

Bei den Weberknechten erfolgt die Übertragung der Spermien direkt. Dabei stehen sich Männchen und Weibchen mit den Vorderkörpern gegenüber und das Männchen führt sein Geschlechtsteil durch die Cheliceren hindurch in den Genitalraum des Weibchens. Die Geschlechtsöffnung beider Geschlechter wird durch die Ausbildung einer Chitinplatte verlagert, im Fall der Phalangioida bis direkt unter den Mundraum. In der entstehenden Genitalkammer liegt ein eregierbares und bewegliches Rohr, welches von den Weibchen zur Eiablage (Ovipositor) und von den Männchen zur Begattung als Penis eingesetzt wird.

Die Eier legt das Weibchen in kleine Löcher oder Spalten am Boden, bei einigen südamerikanischen Vertretern der Gonyleptidae wurde eine Brutpflege beobachtet, bei der das Männchen ein Nest baut und es, sowie die Eier und die Jungtiere vieler Weibchen, mit denen es sich gepaart hat, bewacht.

Systematik der Weberknechte

Die genaue systematische Position der Weberknechte innerhalb der Spinnentiere ist bislang nicht geklärt. Den aktuellen Stand zeigt Kury (2003)[1].

Klassischerweise werden sie als Schwestergruppe der Milbenartigen (Kapuzenspinnen und Milben) eingesetzt, wobei sich dies allein auf die Begründung stützt, dass bei diesen Gruppen das zweite Laufbeinpaar etwas länger ist als die übrigen. Das ehemals gut erscheinende Argument der geißellosen Spermien wird dadurch hinfällig, dass die ursprünglichen Kapuzenspinnen eindeutig begeißelte Spermien besitzen.

Eine alternative Vorstellung (Shultz 1990) ordnet die Weberknechte als Schwestergruppe eines aus Skorpionen, Pseudoskorpionen und Walzenspinnen bestehenden Taxons ein. Hier basiert die Hauptbegründung auf den Ansatzstellen der Beinmuskulatur und dem Aufbau des Mundvorraums.

Intern werden die Weberknechte klassischerweise in die drei Unterordnungen Cyphophthalmi, Palpatores und Laniatores aufgeteilt. Nach phylogenetischen Untersuchungen bildet jedoch die Gruppe der Palpatores keine natürliche Gruppe, sondern umfasst lediglich Stammlinienvertreter der Cyphophthalmi, deshalb werden beide ursprünglichen Taxa zu den Cyphopalpatores zusammengefasst.

Cyphopalpatores

Diese Gruppe umfasst alle Arten der in Mitteleuropa verbreiteten Weberknechte. Diese werden in folgende Familien eingeteilt (Artenauswahl unvollständig):

  • Sironidae (2 Arten in Europa)
    • Siro duricorius
  • Travuniidae (1)
  • Cladonychiidae (= Erebomastidae) (2)
    • Holoscotolemon unicolor
  • Fadenkanker – Nemastomatidae (17)
    • Nemastoma lugubre
    • Nemastoma bimaculatum
    • Mitosoma chrysomelas
    • Paranematosoma quadripunctatum
    • Histricostoma dentipalpe
  • Dicranolasmatidae (1)
  • Brettkanker – Trogulidae (10)
    • Anelasmocephalus cambridgei
    • Trogulus tricarinatus
  • Schneckenkanker – Ischyropsalididae (7)
    • Ischyropsalis hellwigi
  • Schneider – Phalangiidae (35)
    • Amilenus aurantiacus
    • Dicranopalpus gasteinensis
    • Lacinius dentiger
    • Lacinius ephippiatus
    • Lacinius horridus
    • Lophopilio palpinalis
    • Mitopus morio
    • Odiellus spinosus
    • Oligolophus hanseni
    • Oligolophus tridens
    • Opilio canestrinii
    • Opilio parietinus
    • Opilio saxitilis
    • Paroligolophus agrestis
    • Phalangium opilio
    • Platybunus bucephalus
    • Rilaena triangularis
  • Sclerosomatidae (19)
    • Astrobonus laevipes
    • Gyas titanicus
    • Leiobunum blackwalli
    • Leiobunum limbatum
    • Leiobunum rotundum
    • Leiobunum rupestre
    • Nelima sylvatica

Laniatores

Die Laniatores kommen ausschließlich in den tropischen Regenwäldern Südamerikas vor. Sie zeichnen sich durch raubbeinartige Pedipalpen und tasterähnliche zweite Laufbeine aus. Die Männchen dieser Tiere sind stark gepanzert und haben sehr große Hüftglieder (Coxen), wobei die des letzten Beinpaares mit Dornen bewehrt sind. Einige Arten sind außerdem mit auffälliger Skulptur und Dornen bestückt.

Einzelnachweise

  1. Checklist of valid genera of Opiliones of the World

Literatur

Siehe auch

Weblinks


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