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Im Zusammenhang mit Textilien und Kleidung ist Spitze ein Sammelbegriff für sehr unterschiedliche dekorative Elemente, die nur aus Garn oder aus Garn und Stoff bestehen. Allen Erscheinungsformen der Spitze ist gemeinsam, dass sie durchbrochen sind, d. h. zwischen den Fäden werden Löcher unterschiedlicher Größe gebildet, so dass sich ein Muster ergibt. Daher ist z. B. ein nur mit einem Motiv bestickter Stoff keine Spitze.
Meistens wurden und werden Spitzen als Randverzierung an Kleidungsstücken verwendet; es gibt aber auch "entre-deux-Spitzen" als Einsatz zwischen zwei Stoffstücken, flächige Spitzenstoffe (sog. Plains) und v.a. seit Ende des 19. Jh. eigenständige, von Kleidung unabhängige Objekte aus Spitze (z. B. als Fensterdekoration wie Macramés, Florentiner oder als Tischwäsche).
Heute werden Spitzen für die Bekleidung hauptsächlich für Dessous, Lingerie, Nachtwäsche, Damenoberbekleidung, Brautkleider und Trachten verwendet. Zum Anderen findet ein Großteil der Spitzen Verwendung bei der Fertigung von Tischwäsche und Gardinen als auch bei der Herstellung von liturgischen Gewändern. Seit jeher bildet die Region um Plauen das deutsche Zentrum maschinengestickter Spitze (siehe Plauener Spitze).
Inhaltsverzeichnis
Arten von Spitze
Reticella
Aus einem leinwandbindig gewebten Stoff werden Fäden ausgezogen und die so entstandenen Stege mit Knopflochstich umstickt, die Löcher mit diagonalen Fäden ausgefüllt, die wiederum umstickt werden. Wenn so viele Fäden ausgezogen werden, dass von dem Grundstoff fast nichts übrigbleibt, spricht man von Punto in Aria (ital.: Stickerei in der Luft).
Nadelspitze
Auf einen schwarzen Karton wird das Muster gezeichnet und dann entlang der Zeichnung Fäden gespannt, die die Grundlage der Spitze bilden. Dieses Grundgitter wird dann zumeist in Knopflochstich umstickt, weitere Verbindungsfäden gezogen und z.T. die Flächen dazwischen ausgefüllt. Manchmal werden auf Teile des Gitters zusätzlich dickere Fäden gelegt und umstickt, um eine reliefierte Oberfläche zu erreichen. Zum Schluss wird der Karton entfernt.
Nadelspitzen sind die vom Arbeitsaufwand her anspruchsvollsten Spitzen, deren Herstellung gute Augen, viel Licht und eine ruhige Hand erfordert. Sie wurden ausschließlich aus cremefarbenem oder weißem Leinengarn gefertigt. Gegen Ende des 19. Jh. geriet die Technik in Vergessenheit. Bekannte Nadelspitzen sind z. B. Point de Venise, Point d'Alençon, Point de neige oder Point rose.
Klöppelspitze
Beim Klöppeln werden Fäden nach einem bestimmten Muster verkreuzt bzw. verdreht (den sogenannten Schlägen). Auf rollenförmigen (traditionell vor allem in Deutschland) oder flachen Klöppelkissen (traditionell vor allem Frankreich und Belgien) oder Kombination von beiden wird eine Musterzeichnung festgesteckt, der Klöppelbrief. Das Garn wird auf Klöppel gewickelt, mit Nadeln paarweise auf dem Klöppelsack befestigt und dann durch Kreuzen und Drehen der Klöppel verzwirnt, verflochten bzw. verwebt. Die Verkreuzungsstellen werden an den durch das Muster vorgegebenen Nadelpunkten mit dünnen Nadeln am Platz gehalten, bis ihre Position durch die nachfolgenden Schläge fixiert ist. Am Ende einer Klöppelarbeit wird diese mit Haar- oder speziellen Protecting Spray (Neuzeit) oder Wäschestärke fixiert.
Echte, also handgefertigte Klöppelspitzen werden traditionell in creme/weiß oder schwarz aus Leinen, Baumwolle oder aus cremefarbener Seide (Blonde) gemacht; heute werden auch bunte Fäden verwendet. Das Klöppeln erfreut sich heute noch großer Beliebtheit und hat weltweit ihre Zentren. Im Erzgebirge, einem traditionellen Zentrum deutscher Spitzenherstellung, wird Handklöppelspitze noch gepflegt. Bekannte Klöppelspitzen sind etwa Mechelner, Brüsseler, Honiton oder Valenciennes, Torchon oder Schneeberger.
Applikationsspitze
Auf einen maschinell gefertigten Netzgrund werden handgeklöpplete Elemente aufgenäht.
Occhi (Frivolitäten)
Occhi (ital. "Augen", auch bekannt als Frivolitätenarbeit oder Schiffchenspitze), wird aus einem Faden geknüpft, der auf ein Schiffchen gewickelt wurde. Dabei werden ringförmige (die "Augen") und bogenförmige Figuren gebildet und untereinander zu größeren Formen verbunden.
Weißstickerei
Aus feinem weißem Leinenstoff werden Löcher gebohrt, geschnitten oder durch Fadenziehen gebildet und dann mit weißem Garn dicht umstickt. Die Technik wurde v.a. in Sachsen besonders fein und kunstvoll ausgeführt, so dass das Produkt als Point de Saxe oder Dresden lace zum Exportschlager wurde.
Lochspitze/ Bohrspitze
Auch bekannt als Baumwoll- oder Wäschespitze. In eine Grundlage aus weißem Batist werden mit einer Ahle runde Löcher gebohrt und dann dicht mit einem weißen Baumwollfaden umstickt. Lochspitze war Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. als Randverzierung an Unterwäsche beliebt, daher der Name "Wäschespitze". Die maschinell gefertigte Variante nennt man Bohrspitze und ist heute noch u. a. im Kurzwarenhandel zu finden.
Häkelspitze
ahmt die Muster der Nadelspitze in Häkeltechnik nach. Besonders bekannt ist die Irische Häkelspitze oder Irische Guipüre, die im 19. Jh. der verarmten irischen Landbevölkerung ein Zubrot einbrachte.
Unter Csetneker Spitze versteht man eine bestimmte Technik der Häkelspitzenanfertigung. Dabei werden die mit Figur ausgestatteten Teile jeweils gesondert gehäkelt, dann auf ein mit der Skizze des Spitzenmusters versehenes Papierblatt oder Gewebe angeheftet und mit einem in ihrer Position gehäkelten Netzwerk befestigt.
Strickspitze
bildet durchbrochene Muster in Stricktechnik.
Tüllspitze
Ein maschinell gefertigter Tüllgrund wird stickereiähnlich mit Fäden durchzogen. Da diese Technik leicht maschinell nachgeahmt werden konnte, ist Tüllspitze heute noch weit verbreitet und im Kurzwarenhandel zu finden.
Luftspitze/ Ätzspitze (chem. Spitze)
entsteht durch maschinelles Übersticken eines Stoffgrundes und anschließendes Beseitigen des überflüssigen, nicht überstickten Grundes. Heute besteht der Stickgrund aus einem wasserlöslichen bzw. nicht temperaturbeständigen Material.
Geschichte
Die ersten Nadelspitzen (Reticella) wurden im 15. Jahrhundert in Norditalien gefertigt und erlangten im Verlauf des 16. Jahrhundert weite Verbreitung. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich daraus die Nadelspitzen-Technik, die zunächst in Venedig und Mailand gepflegt wurde. Spitzen wurden an Ärmelmanschetten angesetzt und dienten als Kragen für Männer und Frauen. Der aufwendigen Herstellung wegen waren Nadelspitzen so extrem teuer, dass nur die reichsten sie sich leisten konnten. Ihre Beliebtheit beim französischen Adel sorgte für einen beträchtlichen Kapitaltransfer nach Italien, dem Ludwig XIV. dadurch gegensteuerte, dass er die Spitzenherstellung in Frankreich förderte.
Um 1700/1710 löste die (billigere, weil schnellere) Klöppeltechnik die Nadelspitze ab. Waren die Spitzen anfangs noch dicht gemustert, setzte sich im Verlauf des Jahrhunderts der Tüllgrund mit eingearbeitetem oder appliziertem Muster immer mehr durch. Tüllgrundspitzen waren noch einmal schneller und billiger herzustellen als dicht gemusterte, so dass gegen Ende des 18. Jahrhundert sich auch weniger wohlhabende Bürger Spitze zum Sonntagsstaat leisten konnten.
Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts entstand die Häkeltechnik, die in Irland von Heimarbeiterinnen zu höchster Vollendung entwickelt wurde. Occhispitze, die etwa zur gleichen Zeit entstand, spielte nur als häusliche Freizeitbeschäftigung eine Rolle. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man Klöppelspitze und Lochspitze auch maschinell fertigen, so dass die traditionellen Spitzentechniken mit Mühe am Leben erhalten werden mussten. Heute werden Klöppelspitzen nur noch maschinell gefertigt (und auch das kaum noch) oder aber als kleine Kunstwerke. Als Spitze erwirbt man nurmehr maschinelle Bohrspitze (Lochspitze), maschinengestickte Tüllspitze, Ätzspitze oder die gröbere Macramé-Spitze.
Literatur
- Schuette, Marie. Alte Spitzen. Nadel- und Klöppelspitzen. Ein Handbuch für Sammler und Liebhaber. Klinkhardt & Biermann : München, 1981.
- Schuette, Marie. Spitzen von der Renaissance bis zum Empire. Die Sammlung Helene Vieweg-Brockaus. Karl W. Hiersemann: Leipzig, 1929.
- Schöner, Friedrich. Spitzen. VEB Fachbuchverlag: Leipzig, 1982.
- Erhardt, Willy. "Das Glück auf der Nadelspitze." Plauen, 1995.
Weblinks
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