Welfare Queen

Welfare Queen

Welfare queen ist eine vor allem im englischen Sprachraum gebräuchliche abwertende Bezeichnung, welche verschieden verwendet wird, jeweils mit Bezug zum Erhalt staatlicher Unterstützung:

  • Erstens wird die Bezeichnung für Frauen verwendet, die über längere Zeit Sozialleistungen erhalten; dabei impliziert die Bezeichnung meist, dass der Bezug als ungerechtfertigt anzusehen sei. Der Begriff wird insbesondere verwendet
    • für eine alleinerziehende Mutter, welche Sozialhilfe erhält. Dabei wird der „welfare queen“ vorgeworfen, sich absichtlich schwängern zu lassen, um mehr Sozialhilfe zu erhalten, und dabei womöglich einen sexuell unmoralischen Lebenswandel zu haben oder gewohnheitsmäßig Drogen zu gebrauchen[1]
    • für eine Frau, die Sozialleistung erhält und der als Grund dafür vor allem Faulheit unterstellt wird[1]
    • für eine Frau, die aufgrund von Sozialleistungsbetrug soziale Leistungen erhält[1]
  • Des Weiteren wird die Bezeichnung auch für Unternehmen verwendet, deren Existenz dauerhaft von staatlicher Förderung oder Subvention abhängt[2]

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Das Wort wurde 1976 von Ronald Reagan geprägt. Dieser meinte mit einer welfare queen eine Sozialhilfebetrügerin. Er erzählte im Wahlkampf vom Fall einer Frau aus Chicago, die unter 80 falschen Namen und 30 falschen Adressen Sozialhilfe bezog. Obwohl sich die Geschichte im Nachhinein als weit übertrieben herausstellte,[3] prägte Reagan das Bild der minderjährigen afroamerikanischen Mutter, die sich mit staatlichen Beihilfen ein angenehmes Leben gestalten könne, ohne arbeiten zu müssen.[4]

Charles Murray griff das Wort in seinem 1984 veröffentlichten Buch Losing Ground wieder auf. Er beschreibt die welfare queen als eine zur Unterschicht gehörende Frau, für die die Moral der Arbeiterklasse nicht mehr gelten würde. Sie pflege einen sexuell ausschweifenden Lebenswandel und sei arbeitsscheu und kinderreich. Ein ähnliches Verhalten würde sie ihren Kindern beibringen.[5]

Laut Pulitzer-Preisträger David Zucchino verankerte sich das Bild der verschwenderischen, Cadillac-fahrenden welfare queen tief in der amerikanischen Folklore.[6] Das Bild der welfare queen hat laut Franklin D. Gilliam, Jr.'s Analyse zwei zentrale Elemente: dass die Mehrheit der Sozialleistungsempfänger Frauen seien, und dass von ihnen die meisten afroamerikanisch seien. Beide Elemente entbehren laut Gilliam einer faktischen Grundlage. Sie entsprächen aber U.S.-amerikanischen Stereotypen und trugen dazu bei, sie zu prägen: über Frauen (unkontrollierte Sexualität) und über Afroamerikaner (Faulheit).[6] Laut 1999 publizierten Ergebnissen eines von ihm durchgeführten Experimentes habe die Vorführung eines nach Art einer journalistischen Berichterstattung gestalteten Beitrags über eine vermeintliche welfare queen auf Teilnehmer weißer Hautfarbe die Wirkung, ihre Unterstützung für Wohlfahrtsprogramme zu verringern, die Stereotypisierung von Afroamerikanern zu verstärken und die Zustimmung für den Erhalt traditioneller Geschlechterrollen zu vergrößern.[6]

Siehe auch

Literatur

  • David Zucchino: Myth of the Welfare Queen. A Pulitzer Prize-Winning Journalist's Portrait Women on the Line. Scribner, New York 1997, ISBN 0-684-81914-7.
  • Vivyan Adai: From Good Ma to Welfare Queen: A Genealogy of the Poor Woman in American Literature, Photography and Culture. Garland, New York 2000, ISBN 0-8153-3651-9.
  • Norbert Finzsch: Gouvernementalität, der Moynihan-Report und die Welfare Queen im Cadillac. in: Jürgen Martschukat,(ed.). Geschichte schreiben mit Foucault. Frankfurt/Main: Campus; 2002; pp. 252-277.

Einzelnachweise

  1. a b c welfare queen Download am 13. Januar 2008
  2. siehe z.B. Arkansas' Real Welfare Queen, www.alternet.org, Doug Monroe, 26. Juli 2005 (abgerufen am 13. Januar 2008)
  3. "'Welfare Queen' Becomes Issue in Reagan Campaign", New York Times, 15. Februar 1976, S. 51
  4. Grundzüge des Wirtschaftslebens, Lutz Frühbrodt, Informationen zur politischen Bildung (Heft 268), Bundeszentrale für politische Bildung (download am 13. Januar 2008)
  5. Murray, Charles A. 1984: Losing ground: American social policy, 1950-1980. New York: Basic Books
  6. a b c Franklin D. Gilliam, Jr.: The 'Welfare Queen' Experiment Nieman Reports, Summer 1999.

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