- Weltsprachen
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Als Weltsprache oder internationale Verkehrssprache wird eine natürliche Sprache bezeichnet, die als Verkehrssprache weit über ihr ursprüngliches Sprachgebiet hinaus Bedeutung erreicht hat.
Solche internationalen Verkehrssprachen werden von vielen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten als Muttersprachen oder Zweitsprachen gesprochen und verstanden, sie dienen als Lingua franca in der Diplomatie oder bei internationalen Handelskontakten sowie bei der Wissensvermittlung; häufig sind die Weltsprachen auch Amtssprachen in mehreren Ländern oder internationalen Organisationen.
Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Englisch als „Weltverkehrssprache“ die international bedeutendste Weltsprache.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung von Weltsprachen
Die meisten Weltsprachen entstanden durch kriegerische Expansion von Staaten, in denen die entsprechende Sprache gesprochen wurde, und anschließende langdauernde Hegemonie der eroberten Gebiete. Dies gilt für alle Regionen der Welt und sowohl für die Weltsprachen der Antike wie für jene der Neuzeit oder der Gegenwart.
So schwingt in dem Begriff Weltsprache stets ein gewisser imperialer Hintergrund mit, der von Sprechern kleinerer Sprachen als repressiv empfunden werden kann. Dies galt bereits für die Weltsprache der klassischen Antike, das Altgriechische, dessen Verbreitung sich vor allem auf den Feldzug Alexanders des Großen zurückführen lässt.
Historische Weltsprachen
Als Weltsprachen der Antike gelten das Babylonische, das Aramäische und das Griechische.
Das mit der Ausbreitung des Römischen Reiches zur Weltsprache avancierte Lateinische behielt diesen Status als Kirchen-, Literatur- und juristische Sprache bis ins 17. Jahrhundert.
Das Sanskrit war im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Hinduismus und Buddhismus im ersten nachchristlichen Jahrtausend Weltsprache in Süd- und Südostasien und wurde später durch das Hindustani teilweise abgelöst.
Mit der islamischen Expansion seit dem frühen Mittelalter begann der Aufstieg des Arabischen zur Weltsprache.
Neuzeitliche Weltsprachen
Viele neuzeitlichen Weltsprachen sind ehemalige Kolonialsprachen, die ihre Verbreitung auf anderen Kontinenten vor allem kriegerischer Eroberung, genozider Ausrottung und brutaler Kolonisation verdanken. Indigene und Stammessprachen wurden rigide bekämpft, verboten und mit drakonischen Methoden unterdrückt. Der Besitz eines großen Kolonialreichs führte bei allen europäischen Kolonialmächten des 19. und 20. Jahrhunderts zum Aufstieg ihrer Nationalsprache zur Weltsprache, so beim Englischen, Spanischen, Portugiesischen und Niederländischen.
Das Russische erlangte seine Bedeutung erst durch die Expansion Russlands bis nach Ostasien; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Bedeutung durch die Dominanz der Sowjetunion für die kommunistische Welt weiter etabliert.
Weltsprachen in speziellen Zusammenhängen
Das Französische erlangte im 17. Jahrhundert als Sprache der Diplomatie, des Postwesens und des europäischen Adels seine Bedeutung als führende Weltsprache.
Das Deutsche war ab etwa 1860 fast neunzig Jahre lang die dominierende Weltsprache in Wissenschaft und Kunst, verlor diesen Status dann durch die Niederlage in den beiden Weltkriegen.
Kleinere Bereiche, in denen Sprachen weltweit maßgeblich sind, sind das Ballett mit der französischen und die klassische Musik mit der italienischen Sprache.
Weltsprachen Anfang des 21. Jahrhunderts
Die meistgesprochenen Sprachen der Welt sind Anfang des 21. Jahrhunderts (Stand 2005, geschätzt)[1], gerundet:
Sprache Zahl der Sprecher
in Millionen
(Muttersprache)Zahl der Sprecher
in Millionen
(Zweitsprache)Zahl der Sprecher
in Millionen
(zusammen)Mandarin[2] 873 178 1051 Englisch[3] 309 199 508 Arabisch[4] 206 246 452 Hindi / Urdu[5]
(Hindustani)242 163 405 Spanisch[6] 322 60 382 Russisch[7] 145 110 255 Bengalisch[8] 171 40 211 Portugiesisch[9] 178 15 193 Deutsch[10] 95 28 123 Japanisch[11] 122 1 123 Französisch[12] 65 50 115 Englisch ist als Lingua franca der internationalen Diplomatie, der internationalen Wirtschaftsbeziehungen sowie des internationalen wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs die einzige im Wortsinne weltweit gebräuchliche Verkehrssprache und die bedeutendste Weltsprache.[13]
Die Weltsprachen Chinesisch, Französisch, Englisch, Russisch und Spanisch sind seit 1946 Amtssprachen der Vereinten Nationen, 1973 kam Arabisch als sechste Amtssprache hinzu.[14]
Mandarin ist die wichtigste der chinesischen Sprachen und hat mehr Muttersprachler als Englisch Mutter- und Fremdsprachler zusammen.
Hindi/Urdu bzw. deren Mischform Hindustani wird fast ausschließlich in den ursprünglichen Sprachräumen Indien und Pakistan gesprochen; dasselbe gilt für Bengalisch und dessen Sprachrräume Bangladesch und Westbengalen sowie Japanisch und den Sprachraum Japan. Diese Sprachen werden daher – trotz der großen Zahl der Sprecher – normalerweise nicht als Weltsprachen gerechnet. Dass durch die weltweiten Migrationsbewegungen infolge der Globalisierung seit Mitte des 20. Jahrhunderts größere Sprechergruppen südostasiatischer Sprachen dauerhaft auch außerhalb des ursprünglichen Sprachraums leben, beispielsweise in Großbritannien oder den USA, hat bisher (Stand 2009) nicht dazu geführt, dass die Sprachen in den neuen Siedlungsgebieten zu Verkehrssprachen geworden wären.
Verbreitung der Weltsprachen
Die Grafiken zeigen die Verbreitung der einzelnen Weltsprachen.
Die arabischsprachige Welt (offiziell - grün und kooffiziell - blau)
Die chinesischsprachige Welt
dunkelgrün: Mandarin (Hochchinesisch) als Muttersprache
grün: Mandarin als Amtssprache
hellgrün: Mandarin als wichtige VerkehrsspracheHeutige deutsche Sprachgebiete (dunkles Orange: Amtssprache/Muttersprache, helles Orange: Zweitsprache oder nicht offizielle Amtssprache, Orange Quadrate: Deutschsprachige Minderheiten)
Länder mit Englisch als offizieller oder de facto offizieller Sprache.
Französischsprachige Welt - dunkelblau: Muttersprache; blau: Verwaltungssprache; hellblau: Verkehrssprache; grün: Minderheitensprache
Verbreitung der portugiesischen Sprache
Die russischsprachige Welt
Die spanischsprachige Welt (dunkelblau: Muttersprache, sonstige Blautöne nach Prozentsatz spanischsprachiger Bevölkerung: blau: 25+, hellblau: 10-20%, türkis: 5-10%
Welthilfssprachen
Plansprachen wie beispielsweise Esperanto wurden bislang von keiner staatlichen Organisation als Verkehrssprachen eingeführt, obwohl in den UNESCO-Resolutionen von 1954 und 1985 ausdrücklich Esperanto als geeignetes Mittel zur internationalen Verständigung anerkannt wurde und in der Resolution von 1985 die Mitgliedsstaaten von der Generalkonferenz der UNESCO eingeladen wurden, Studien zum Sprachenproblem und zu Esperanto in den Schulen und höheren Bildungseinrichtungen durchzuführen (The General Conference … invites the Member States … to promote the introduction of a study programme on the language problem and Esperanto in their schools and higher educational institutions).
Eine weitere künstlich geschaffene Sprache mit weltweiter Verbreitung ist die Internationale Gebärdensprache.
Weblinks
- Stichwort Weltsprachen auf den Seiten des Fischer-Weltalmanachs
- The World's Most Widely Spoken Languages, vergleichende Zusammenstellung verschiedener Quellen zur Verbreitung der Weltsprachen (englisch) auf den Seiten der Saint Ignatius High School, Cleveland
- George Weber, The World's Top Languages (englisch), zuerst erschienen in Language Monthly, 3: 12-18, 1997, ISSN 1369-9733
Einzelnachweise
- ↑ Ethnologue (2005), SIL International; Raymond G. Gordon, Jr. (ed.), 2005: Ethnologue: Languages of the World, Fifteenth edition. Dallas, Tex.: SIL International; alle Ethnologue-Weblinks zu diesem Artikel zuletzt abgerufen 24. April 2009
- ↑ Ethnologue 2005: Chinese, Mandarin
- ↑ Ethnologue 2005: English
- ↑ Ethnologue 2005: Arabic, Standard
- ↑ Ethnologue 2005: Hindi und Urdu
- ↑ Ethnologue 2005: Spanish
- ↑ Ethnologue 2005: Russian
- ↑ Ethnologue 2005: Bengali
- ↑ Ethnologue 2005: Portuguese
- ↑ Ethnologue 2005: German, Standard
- ↑ Ethnologue 2005: Japanese
- ↑ Ethnologue 2005: French
- ↑ vgl. dazu ausführlich David Crystal: English as a Global Language, Edition 2, illustrated, revised, Cambridge University Press, 2003, ISBN 9780521530323. (Digitalisat)
- ↑ Resolution 2 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 1. Februar 1946, Pdf-Dokument erreichbar über [1] und Resolution 3191 der Generalversammlung vom 18. Dezember 1973, Pdf-Dokument erreichbar über [2]
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