- Wendische Sprache
-
Sorbisch (serbšćina) Gesprochen in
Deutschland Sprecher 40.000-60.000 Linguistische
Klassifikation- Indogermanisch
- Slawisch
- Westslawisch
- Sorbisch
- Westslawisch
- Slawisch
Offizieller Status Amtssprache von Brandenburg und Sachsen (regional) [1] Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: wen (Sprachfamilie)
hsb (obersorbisch)
dsb (niedersorbisch)ISO 639-3: hsb (Obersorbisch)
dsb (Niedersorbisch)Die Sorbischen Sprachen (historisch auch Wendisch, wendische Sprachen genannt; obersorbisch serbšćina, serbska rěč [rʏtʃ], niedersorbisch serbšćina, serbska rěc [riəts]) gehören zur Gruppe der westslawischen Sprachen. Man unterscheidet zwei Schriftsprachen,
- Obersorbisch (in der Oberlausitz) und
- Niedersorbisch (in der Niederlausitz),
die wiederum in mehrere Dialekte untergliedert sind.
An der Grenze der beiden Sprachgebiete existiert eine Reihe von Übergangsdialekten.
Die Wissenschaft zur Erforschung und Dokumentation der sorbischen Sprachen wird als Sorabistik bezeichnet, deren einziges universitäres Institut an der Universität Leipzig beheimatet ist.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Sorbischen
Die Geschichte des Sorbischen in Deutschland beginnt mit der Völkerwanderung etwa seit dem 6. Jahrhundert.
Seit dem 12. Jahrhundert, mit dem massenhaften Zuzug von bäuerlichen Siedlern aus Flandern, Sachsen, Thüringen und Franken und der vorangegangenen Verwüstung des Landes durch Kriege, begann der allmähliche Rückgang der sorbischen Sprache. Zudem wurde das Sorbische dem Deutschen rechtlich nachgeordnet, u. a. im Sachsenspiegel. Später kamen Sprachverbote hinzu: 1293 wurde das Sorbische in Bernburg (Saale) vor Gericht verboten, 1327 in Altenburg, Zwickau und Leipzig, 1424 in Meißen. Weiterhin gab es in vielen Zünften der Städte des Gebietes die Vorschrift, nur deutschsprachige Mitglieder aufzunehmen.
Das Kerngebiet der Milzener und Lusitzer, zwei der etwa zwanzig sorbischen Stämme, die im Gebiet der heutigen Lausitz lebten, war von deutschsprachiger Neusiedlung und rechtlichen Beschränkungen nur wenig betroffen. Die Sprache hatte daher dort einen guten Halt. Die Sprecherzahl wuchs dort bis in das 17. Jahrhundert auf über 300.000 an.
Das älteste schriftlich überlieferte Sprachdenkmal des Obersorbischen ist der „Burger Eydt Wendisch”, ein Bürgereid der Stadt Bautzen aus dem Jahr 1532.
Im 13. bis 16. Jahrhundert wurden in mehreren Städten und Gemeinden Sprachverbote erlassen. Im 19. Jahrhundert war besonders in Preußen die „Eindeutschungspolitik“ sehr repressiv. Nur in wenigen ländlichen Gebieten, z. B. in der Lausitz, konnte sich die sorbische Sprache erhalten. Dies trifft in besonderem Maße auf den katholischen Teil des Siedlungsgebietes entlang des Klosterwassers in der Oberlausitz zu, wo die Assimilation des Sorbischen und damit der Sprachverlust im Gegensatz zum größeren evangelischen Gebiet nur eingeschränkt erfolgte[2].
Am 13. Oktober 1912 wurde in Hoyerswerda der Verein Domowina zur Erhaltung der sorbischen Sprache und Kultur gegründet.
Schon in der Weimarer Republik, besonders aber im Dritten Reich wurde die sorbische Sprache und Kultur durch Gerichtsurteile, Verbote, Germanisierung und dergl. unterdrückt. Während der Weimarer Republik gab es eine eigens gegründete „Wendenabteilung“ zur Unterdrückung von sorbischer Sprache und Kultur, 1936 verboten die Nationalsozialisten die Domowina. 1937 wurde sie enteignet. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sorbische Patrioten teilweise ausgesiedelt.
Am 10. Mai 1945 wurde die Domowina wieder gegründet. Zu Zeiten der DDR wurde die sorbische Sprache und Kultur stark gefördert, die Sorben erhielten das Recht auf Zweisprachigkeit (Straßenschilder, Ortsschilder, Sprachunterricht, eigene Zeitungen). Diese Rechte wurden in der Verfassung der DDR in Artikel 40 ausdrücklich, im Einigungsvertrag zur Deutschen Einheit (Einheitsvertrag) von 1990 in Artikel 35 indirekt, sowie in den Verfassungen der Bundesländer Brandenburg und Sachsen explizit verankert. Das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gewährleistet in § 184 das Recht, „in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen“.
Heutzutage wird an 25 Grundschulen und mehreren weiterführenden Schulen Sorbisch unterrichtet. Am niedersorbischen Gymnasium in Cottbus und dem Sorbischen Gymnasium Bautzen ist es obligatorisch. An vielen Grundschulen und sorbischen Schulen wird der Unterricht in sorbischer Sprache abgehalten. Es erscheinen die Tageszeitung Serbske Nowiny auf Obersorbisch und die niedersorbische Wochenzeitung Nowy casnik, außerdem die religiösen Wochenschriften Katolski Posoł und Pomhaj Bóh. Monatlich erscheinen die Kulturzeitschrift Rozhlad, je eine Kinderzeitschrift in ober- und niedersorbischer Sprache (Płomjo bzw. Płomje) sowie die Bildungszeitschrift Serbska šula. Mitteldeutscher Rundfunk und Rundfunk Berlin-Brandenburg senden außerdem monatlich halbstündliche Fernsehmagazine in sorbischer Sprache sowie täglich mehrere Stunden Hörfunkprogramm, den Sorbischen Rundfunk.
- siehe auch: Sorbische Schulpolitik
Sorben in Deutschland
Insgesamt leben in Deutschland heute rund 60.000 Sorben, davon etwa 40.000 in Sachsen und 20.000 in Brandenburg. Somit sind die sorbischen Sprachen nach dem Dänischen und noch vor dem Friesischen zweitgrößte Minderheitensprache Deutschlands. Da die Nationalitätenzugehörigkeit in Deutschland nicht amtlich erfasst wird und das Bekenntnis zur sorbischen Nationalität frei ist, gibt es darüber nur Schätzungen. Die Zahl der aktiven Sprecher dürfte geringer sein. Anders als das Obersorbische gilt das Niedersorbische als akut vom Aussterben bedroht. Nach Hochrechnungen sprechen etwa 7.000 Menschen aktiv Niedersorbisch, welches bereits in 20 bis 30 Jahren aussterben könnte, und etwa 13.000 Obersorbisch. Nach Ansicht von Sprachexperten wird das Obersorbische das 21. Jahrhundert überdauern.
Zweisprachige Straßenschilder in Cottbus (Chóśebuz) mit Deutsch und Niedersorbisch.
Zweisprachiges Ortsschild in Bautzen (Budyšin) mit Deutsch und Obersorbisch.
Grammatik
Die obersorbische Grammatik kennt sieben Fälle:
Kasus nan
Vaterštom
Baumbom
Baumwokno
FensterObersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Nom. nan nan štom bom wokno wokno Gen. nana nana štoma boma wokna wokna Dat. nanej nanoju štomej bomoju woknu woknoju, woknu Akk. nana nana štom bom wokno wokno Instr. z nanom z nanom ze štomom z bomom z woknom z woknom Lok. wo nanje wó nanje na štomje na bomje na woknje na woknje Vok. nano - štomo - - - Kasus ramjo
Schulterramje
Schulter, Achselžona
Fraužeńska1
Frau, Weibruka
HandObersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Nom. ramjo ramje žona žeńska ruka Gen. ramjenja ramjenja žony žeńskeje ruki Dat. ramjenju ramjenjeju, ramjenju žonje žeńskej ruce Akk. ramjo ramje žonu žeńsku ruku Instr. z ramjenjom z ramjenim ze žonu ze žeńskeju z ruku Lok. wo ramjenju wó ramjenju wo žonje wó žeńskej w ruce 1Die Form žona ist im Niedersorbischen literarisch. Die niedersorbische Deklinationsweise ist adjektivisch wegen der Endung -ska.
Im Niedersorbischen ist der Vokativ nur in einigen erstarrten Formen erhalten.
Bemerkenswert ist, dass es neben Singular und Plural noch den Dual (=Zweizahl) gibt. Singular: ruka („Hand“) Dual: ruce („zwei Hände“) Plural: ruki („mehr als zwei Hände“)
Im Gegensatz zu anderen westslawischen Sprachen (Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Kaschubisch) hat sich in der obersorbischen Schriftsprache und einem Teil der Dialekte bis in die heutige Zeit auch das synthetische Präteritum (Aorist, Imperfekt) erhalten. Auch in der niedersorbischen Schriftsprache war diese Form gebräuchlich, ist aber im Laufe des 20. Jahrhunderts immer seltener geworden und wird heute kaum noch verwendet.
Das Niedersorbische hat dafür aber das Supinum (als Variante des Infinitivs nach Verben der Bewegung) erhalten, z. B. „njok spaś“ (ich will nicht schlafen) gegenüber „źi spat“ (geh schlafen).
Nicht allzu anspruchsvolle geschriebene Texte des Sorbischen können von Muttersprachlern der westslawischen Sprachen im Allgemeinen verstanden werden.
Sprachvergleich
Deutsch Tschechisch Obersorbisch Niedersorbisch Polnisch Polabisch Mensch člověk čłowjek cłowjek człowiek clawak Abend večer wječor wjacor wieczór wicer Bruder bratr bratr bratš brat brot Tag den dźeń źeń dzień dan Hand ruka ruka ruka ręka ręka Herbst podzim nazyma nazyma jesień prenja zaima Schnee sníh sněh sněg śnieg sneg Sommer léto lěćo lěśe lato ljutü Schwester sestra sotra sotša siostra sestra Fisch ryba ryba ryba ryba raibo Feuer oheň woheń wogeń ogień widin Wasser voda woda wóda woda wôda Wind vítr wětr wětš wiatr wjôter Winter zima zyma zyma zima zaima Unterschiede zwischen beiden Schriftsprachen
Zwischen den beiden Schriftsprachen Obersorbisch und Niedersorbisch bestehen einige Unterschiede, insbesondere auch beim Alphabet.
Lautliche Unterschiede
Bei den Konsonanten (Mitlauten)
Die beiden Schriftsprachen unterscheiden sich sehr stark bei den Konsonanten.
Obersorb. b c č d dź f g h ch j k ł m n ń p (q) r ř s š t ć (v) w (x) z ž Niedersorb. b c č ć d f g h ch j k ł m n ń p (q) r ŕ s š ś t (v) w (x) z ž ź Obersorb. Niedersorb. Beispiele Bedeutung Bemerkungen h g hora – góra Berg g > h auch im Tschechischen, Slowakischen, Ukrainischen, Weißrussischen und westlichen slowenischen Dialekten. hołb?/i – gołub Taube hordy – gjardy stolz hród?/i – grod Burg kniha – knigły Buch hody – gódy Weihnachten č c čas – cas Zeit č > c wie in polnischen und litauischen Dialekten sowie im Polabischen čorny – carny schwarz čert – cart Teufel česć – cesć Ehre ličba – licba Zahl pčołka – pcołka Biene š s štyri – styri vier š > s im Niedersorbischen štwórć – stwjerś Viertel štwórtka – stwórtka Vier štwórtk – stwórtk Donnerstag ć ś ćeńki – śańki dünn, zart ć > ś im Niedersorbischen außer hinter Zischlauten bić – biś schlagen hić – hyś gehen puć – puś Weg ćah – śěg Zug ćahnyć – śěgnuś ziehen ćahać – śěgaś ćim – śim desto ćichi – śichy still, ruhig aber: hósć – gósć Gast dź ź dźeń – źeń Tag dź > ź im Niedersorbischen außer hinter Zischlauten dźesać – źaseś zehn hdźe – źo wo hdźež?/i – źož wo (rel.) dźowka – źowka Tochter dźiwy – źiwy wild dźěło – źěło Arbeit dźak – źěk Dank hózdź – gózdź Nagel kr, pr, tr kš, pš, tš krasny – kšasny prächtig r > š hinter stimmlosen Konsonanten vor a, o, u im Niedersorbischen prawy – pšawy recht, richtig prosba – pšosba Bitte prec – pšec weg bratr – bratš Bruder sotra – sotša Schwester wutroba – wutšoba Herz trawa – tšawa Gras jutry – jatšy Ostern wótry – wótšy scharf ń j, ' dóńć – dojś hingehen ń im Obersorbischen ähnlich wie im Kaschubischen statt j im Niedersorbischen nadeńć – nadejś (an)treffen, vorfinden přeńć – pśejś hinübergehen přińć – pśiś kommen rozeńć – rozejś auseinandergehen woteńć – wótejś weggehen wuńć – wujś (hin)ausgehen njeńdu – njejdu sie gehen nicht Bei den Vokalen
Sowohl das Nieder- als auch das Obersorbische verfügen über acht Vokale.
Monophthonge des Obersorbischen vorne zentral hinten oral oral geschlossen i [i] y [ɨ] u [u] ó [ʊ] mittel e [ɛ] o [ɔ] offen a [a] Monophthonge des Niedersorbischen vorne zentral hinten oral oral geschlossen i [i] y [ɨ] u [u] mittel e [ɛ] ó [ɨ,ɛ,ʊ]1 o [ɔ] offen a [a] - 1 Die ersten beiden Varianten sind schriftsprachlich. Im Dialekt kommt auch noch [ɔ] sowie die dritte Variante vor.
Diphthong beider Varitäten ě [iə] Obersorb. Niedersorb. Beispiele Bedeutung Bemerkungen 'a ě, e mjaso – měso Fleisch aus Ursl. ę dźak – źěk Dank časty – cesty häufig hladać – glědaś sehen, schauen, blicken dźesać – źaseś zehn rjad – rěd Reihe rjany – rědny schön swjatki – swětki Pfingsten 'e 'a mjeza – mjaza Rain 'e>'a auch im Polnischen, Weißrussischen und Bulgarischen mit anderen Regeln čert – cart Teufel jedyn – jaden ein dźesać – źaseś zehn njesć – njasć tragen pjec – pjac backen; braten wjeselo – wjasele Freude wjes – wjas Dorf wječor – wjacor Abend e o hdźe – źo wo e>o im Niedersorbischen -će – -śo, -ćo (Endung der 3.Person Plural) ćeta – śota Tante wčera – cora gestern i y hić – hyś gehen niedersorbische Verdumpfung von i zu y hinter ž, š, h und c (aus č), analog im Polnischen; in den Ostslawischen Sprachen zeigt sich diese phonetische Tendenz ebenfalls. wužiwar – wužywaŕ Benutzer, Anwender wužiwać – wužywaś benutzen, anwenden žiwy – žywy lebend(ig) činić – cyniś machen, tun šija – šyja Hals šiška – šyška Zapfen o 'a pos – pjas Hund aus ursprünglichem ь (vgl.: Polnisch: ie in pies) o e susod?/i – sused Nachbar e>o im Obersorbischen so – se sich won – wen hinaus y e, ě cyły – ceły ganz, gesamt, völlig e/ě > y im Obersorbischen nach c, s, d cyłosć – cełosć Ganzheit, Gesamtheit dyrbjeć – derbiś, derbjeś müssen, sollen cypy – cepy Dreschflegel cyn – cen Zinn cyrkej – cerkwja Kirche dyrić – deriś Schlag/Stoß versetzen syć – seś Netz symjo – semje Samen oł łu tołsty – tłusty dick, stark aus ьl bzw. ъl nach hartem Dental dołhi – dłujki lang dołh – dług Schuld stołp – słup Säule or ar (jar nach g/k) hordy – gjardy stolz aus ursprünglichem ъr horbaty – gjarbaty bucklig horb – gjarba Buckel hordło – gjardło Kropf; Kehle hornc – gjarnc Topf or ar čorny – carny schwarz aus ursprünglichem ьr vor harten Konsonanten, sonst einheitlich er (in: smjerć – smjerś „Tod“) - 1 Die Variante žona wie im Obersorbischen ist literarisch.
Unterschiedliche Silbenzahl
Bei einigen Wörtern unterscheidet sich die Anzahl der Silben, weil das Obersorbische hier verkürzt hat, ähnlich wie Tschechisch.
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung stać stojaś stehen přećel pśijaśel Freund horcy górucy heiß kobła kobyła Stute kelko keliko, kelko (arch.)1 wieviel korto kóryto Trog kotry kótary welcher - 1 Die übliche Form ist (kak) wjele.
Unterschiede in der Deklination
- Obersorb. 7 Fälle – Niedersorb. 6 Fälle
- Unterschiede bei der Kasusrektion
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung mam dweju bratrow, dwaj konjej mam dweju bratšowu, kónjowu „ich habe zwei Brüder/Pferde“ mam třoch bratrow, tři konje mam tśoch bratšow, tśich kónjow/kóni „ich habe drei Brüder/Pferde“ mam bratrow, konje mam bratšy/bratšow, kónje „ich habe Brüder/Pferde“ Unterschiedliches Genus
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung Kommentare huso (n) gus (f) Gans - f = Femininum/weiblich,
- m = Maskulinum/männlich,
- n = Neutrum/sächlich
swinjo (n) swinja (f) Schwein jězor (m) jazoro (n), jazor (m) See karp (m) karpa (f) Karpfen Unterschiede in der Konjugation
Obersorb. Niedersorb. Kommentare Bewahrung von Aorist, Imperfekt In der Schriftsprache a-, i-, e-Konjugation o-, a-, i-, j-Konjugation1 Verben wie pisać nach der a-Konjugation (1. und 2. Person Singular Präsens Indikativ Aktiv: pisam, pisaš) Verben wie pisaś nach der o-Konjugation (1. und 2. Person Singular Präsens Indikativ Aktiv: pišom, pišoš) Die niedersorbische o-Konjugation entspricht der e-Konjugation des Obersorbischen, mit Ausnahme der Verlagerung einiger Verben wie pisać. - 1Die perfektiven Verben der a- und i-Konjugationen bilden ihre Präsensformen heute meistens nach der o-Konjugation.
Unterschiede im Wortschatz
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung Kommentar swoboda lichota Freiheit swobodny lichy frei chěža wjaža Haus prajić groniś sagen, sprechen groniś ähnelt Polabischem gornt[1] patoržica gwězdka Weihnachtsabend, Heiligabend zo až dass sewjer pódpołnoc Norden Obersorb. = Tschech. sever,
Niedersorb. vgl. Poln. północjuh pódpołdnjo Süden Obersorb. = Tschech. jih,
Niedersorb. vgl. Poln. południewuchod pódzajtšo Osten zapad pódwjacor Westen wopica nałpa Affe Obersorb. = Tschech. opice,
Niedersorb. = Poln. małpaběrna kulka1 Kartoffel dyrbjeć musaś3, dejaś müssen, sollen Niedersorb. = Tschech. muset, Poln. musieć hač4 ako5 als (bei Steigerung) jara wjelgin sehr całta guska Brötchen Obersorb. = Alttschech.[2]
Niedersorb. = Tschech. houskahaj jo ja Obersorb. = Slowak. hej
Niedersorb. = Tschech. jo (dort neben ano)holca źowćo Mädchen Niedersorb. = Poln. dziewczę, dziewczyna, Tschech. děvče, holka štom bom6 Baum Niedersorb. aus dem Deutschen: „Baum“/Obersorb. ebenfalls aus dem Deutschen: „Stamm“ porst palc Finger Obersorb. = Tschech. prst
Niedersorb. = Poln. palc- 1 Bedeutet auch: Kugel; Kloß.
- 3 Bedeutet nur: müssen.
- 4 Bedeutet auch: bis (vor allem vor do); ob
- 5 Bedeutet auch: als (bei Attributen); der, die, das (Relativpronomen), wie
- 6 Nach Starosta hat štom die Bedeutung Baum nur im Dialekt, sonst bedeutet es Baumstamm.
- = steht hier für entspricht.
Gemeinsamkeiten
Lautliche Gemeinsamkeiten
Konsonantische Parallelen
Ursl. Sorb. Beispiele Bedeutung Vergleichbarkeit Kommentare str tr/tř –
tš/tśsotra –
sotšaSchwester Polnisch: siostra,
Tschechisch: sestraVerlust des s; sehr
viele Ausnahmentradać –
tšadaśdarben,
schmachtenTschechisch: strádat truhać –
tšugaśhobeln,
raspelnPolnisch: strugać
Tschechisch: struhadlo
„Hobel, Raspel“truk –
tšukSchote Polnisch: strąk třěcha –
tśěcha
(stśěcha)Dach Tschechisch: střecha
Polnisch: strzecha
„Strohdach“truna –
tšunaSaite Tschechisch, Polnisch: struna trup –
tšupGrind, Schorf Tschechisch, Polnisch: strup Vokalische Parallelen
Veränderung Obersorb. Niedersorb. Bedeutung Kommentare e > o wječor wjacor Abend vgl. Rus.: вечер, Tschech.: večer čłon cłonk Glied, Mitglied vgl. Rus.: член daloko weit, fern vgl. Pl.: daleko, Rus.: далеко, Kr.: daleko wjesoły wjasoły froh, fröhlich, heiter vg.: Rus.: весёлый, Kr.: veseo, vesela pjećory pěśory fünffach vgl.: Rus.: пятеро, Kr.: petero pčoła pcoła Biene vgl.: Rus.: пчела, Kr.: pčela sotra sotša Schwester vgl.: Rus.: сестра, Kr.: sestra i > y1 zyma zyma Winter vgl. Tschech.: zima nazyma nazyma Herbst kazyć kazyś verderben vgl.: Pl.: kazić, Tschech.: kaziti, Slvk.: kazit' ǫ > u2 ruka Arm, Hand vgl.: Pl.: ręka, Kaschub.: rąka wutroba wutšoba Herz vgl.: Pl.: wątroba „Leber“ mudry klug vlg.: Pl.: mądry huso gus Gans vgl.: Pl.: gęś pucher puchoŕ Blase; Harnblase vlg.: Pl.: pęcherz pupk Nabel vgl.: Pl.: pępek huba guba Mund vgl.: Pl.: gęba el > ło3 žłob Rinne; Trog vgl.: Slvk.: žleb (žl’ab), Slov.: žleb, Kr.: žlijeb mloko Milch vgl.: Tschech.: mleko, Kr.: mlijeko er > re/rě/rje4 drjewo Holz vgl.: Kr.: drvo, Pl.: drzewo, Tsch.: dřevo, Slvk.: drevo ol > ło5 złoto Gold vgl.: Pl.: złoto; Tschech./Slvk.: zlato, Blg.: злато słód słod Geschmack; Süße; Malz vgl.: Pl.: słód; Tschech./Slvk.: slad, Kr.: slâd hłowa głowa Kopf vgl.: Pl.: głowa; Tschech./Slvk.: hlava, Kr.: gláva słoma Stroh vgl.: Pl.: słoma; Tschech.: sláma, Kr.: slama młody jung vgl.: Pl.: młody; Tschech.: mladý, Kr.: mlad or > ro6 hród grod Burg; Schloss vgl.: Pl.: gród; Tschech.: hrad, Kr./Slov.: grâd mróz mroz Frost vgl.: Pl.: mróz; Tschech./Slvk.: mráz, Kr.: mraz - 1 Im Niedersorbischen fand diese Veränderung auch hinter h, ž, š, c (aus č) statt.
- 2 Die gleiche Veränderung fand im Ostslawischen, im Tschechischen, im Slowakischen, im Kroatischen, im Bosnischen und Serbischen statt. Das Slowenische hat den Nasalvokal zu o verändert.
- 3 Zwischen Konsonanten. Im Polnischen entstand hier ebenfalls ło, teilweise aber auch łó; Tschechisch, Slowakisch und Slowenisch haben hier le; Kroatisch und Serbisch haben le und lije; Bulgarisch hat hier ле [le] oder ля [lja]; die Ostslawischen Sprachen haben hier оло [olo].
- 4 Im Niedersorbischen hat sich diese Lautung teilweise zu r(j)a weiterverändert; z. B. brjaza „Birke“.
- 5 Die gleiche Entwicklung hat auch das Polnischen durchlaufen. Im Russischen unterlag die ursprüngliche Lautgruppe ol nicht der Metathese und wird entsprechend dem Gesetz des Polnoglasie durch оло [olo] repräsentiert.
- 6 Die Entwicklung im Polnischen ist ähnlich, während im Russischen hier mangels der Tendenz zur westslawischen Metathese und durch Polnoglasie оро [oro] entstanden ist.
Grammatische Gemeinsamkeiten
- Bewahrung des Duals
- Betonung auf der ersten Silbe
- Weitgehende Verallgemeinerung des Genitiv Plural der Substantive auf -ow
Literatur
- Filip Rezak: Deutsch-sorbisches enzyklopädisches Wörterbuch der Oberlausitzer sorbischen Sprache. Fotomechanischer Neudruck der Ausgabe Bautzen 1920, 1. Auflage. Mit einem Vorwort von Konstantin K. Trofimowic. Domowina-Verlag, Bautzen 1987, 1150 S., ISBN 3-7420-0183-3.
- Bjarnat Rachel: Sorbisch-deutsches und deutsch-sorbisches Ortsnamenverzeichnis der zweisprachigen Kreise. I. Teil: Bezirk Dresden. VEB Domowina, Bautzen 1959, 135 Seiten.
- Lehrplan für Sorbisch an der Oberschule mit Sorbischunterricht. Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Volksbildung. Teil 4/6: Klassen 4–6, Berlin 1972, 93 S.
- Begegnungssprache Sorbisch. Domowina-Verlag, Bautzen 1999.
- Tobias Geis, Till Vogt: Sorbisch Wort für Wort. Reise Know-How Verlag Peter Rump, Bielefeld 2007, 190 S., ISBN 978-3-89416-381-5.
- Madlena Norberg: Sind die sorbische/wendische Sprache und Identität noch zu retten? In: Sammelband zur sorbischen/wendischen Kultur und Identität (Potsdamer Beiträge zur Sorabistik ; 8) - Potsdam : Univ.-Verl., 2008. ISBN 978-3-940793-35-5
Quellen
- Słownik Hornjoserbsko-němski, Bautzen 1990, ISBN 3-7420-0419-0.
- Słownik Němsko-hornjoserbski, Bautzen 1986.
- Jana Šołćina, Edward Wornar: Obersorbisch im Selbststudium, Hornjoserbšćina za samostudij. Bautzen 2000, ISBN 3-7420-1779-9.
- Иржи Мудра, Ян Петр: Учебник верхне-лужицкого языка. Bautzen 1983, Seite 159.
- Manfred Starosta: Dolnoserbsko-nimski słownik. Bautzen 1999, ISBN 3-7420-1096-4.
- Erwin Hannusch: Niedersorbisch praktisch und verständlich. Bautzen 1998, ISBN 3-7420-1667-9.
- Herbert Bräuer: Slavische Sprachwissenschaft. Band I, Berlin 1961, Seite 59, 80, 136.
- Фасмер: Этимологический словарь русского языка. Band III, Beispiele über str>tr/tš, Seiten 770–784.
Einzelnachweise
- ↑ GVG § 184 Satz 2; VwVfGBbg § 23 Abs. 5; SächsSorbG § 9
- ↑ Tschernik, Ernst: Die Entwicklung der Sorbischen Bevölkerung, Akademie Verlag, Berlin 1954
Weblinks
Wikipedia auf ObersorbischWikipedia auf Niedersorbisch- Lehrbuch des Obersorbischen
- www.niedersorbisch.de (Deutsch-Niedersorbisches Wörterbuch)
- Niedersorbisches Glossar (Orts- und Straßennamen, Berufs- und Ämterbezeichnungen)
- Obersorbisches Onlinewörterbuch
- Obersorbisches Rechtschreibwörterbuch
- Institut für Sorabistik
- Tastaturlayouts für Linux und Microsoft Windows 2000/XP sowie Windows 95, 98, ME
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