- Weserdurchbruch
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Der Weserdurchbruch vor Habenhausen 1981 war ein Binnenhochwasser und eine der schwersten Überschwemmungen im Land Bremen in den letzten 200 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Ausgangslage
1981 verliefen einige Gewässer im Norden des Bremer Ortsteils Habenhausen anders, als sie dies heute tun. Der Werdersee, der 1960 als Flutrinne südlich der Weser angelegt worden war, besaß beispielsweise noch keine Verbindung zum Seitenarm des Stroms, der Kleinen Weser. Auch endete er bereits unmittelbar westlich der Werderbrücke, der heutigen Karl-Carstens-Brücke. Heutzutage bildet er zusammen mit der Kleinen Weser einen zusammenhängenden Wasserlauf von der Bremer Innenstadt bis weit östlich besagter Brücke.
Verlauf des Weserdurchbruchs
Im November 1980 erlitt ein Wehrkörper des 1911 in Betrieb genommenen Bremer Weserwehrs einen Defekt, der bedingte, dass nur noch 1.500 m³ Wasser pro Sekunde abfließen konnten.
Im März des darauffolgenden Jahres ließen die Schneeschmelze in den Mittelgebirgen und tagelang anhaltende Regenfälle im Raum Hameln den Abfluss der Weser auf bis zu 2.650 m³ pro Sekunde anschwellen, was dazu führte, dass die Bruchwiesen bei Thedinghausen überschwemmt wurden. An einigen Stellen oberhalb von Bremen waren schon die Winterdeiche in Gefahr.
Am 15. März brach der Sommerdeich einige hundert Meter weseraufwärts des Wehres am linken Ufer. Die Flutrinne wurde zwar mit geflutet, aber der Großteil der Wassermassen bahnte sich unerwartet einen Weg weiter nördlich und zerstörte dabei Weideflächen und mehrere Kleingartengebiete. Diese lagen zwar im vorgesehenen Überfüllungsgebiet und die Flut hielt sich auch in dessen Rahmen, doch es hatte niemand damit gerechnet, dass das Überfüllungsgebiet tatsächlich in der Gänze seiner Ausdehnung betroffen sein würde. Wenige Meter östlich der Karl-Carstens-Brücke riss das Wasser den Sommerdeich von der Landseite her auf und strömte mehr als vier Kilometer oberhalb der Stelle zurück in die Weser, an der die Flutrinne ihren regulären Einlass gehabt hätte. Dabei wurden etwa 100 Kleingartenparzellen mit in die Weser gerissen, die erst sechs Kilometer weiter flussabwärts gesichert werden konnten. Der Fluss hatte das Wehr auf kurzem Wege umgangen und sich binnen weniger Stunden ein neues, tiefes Bett geschaffen. Auch an den Ufern der vorgesehenen Flutrinne richtete das Wasser schwerste Beschädigungen an. Besonders der Deichknick des Winterdeiches an der Karl-Carstens-Brücke war betroffen, da das Wasser auf diesen Vorsprung drückte.
Am nächsten Tag, dem 16. März, verwandelte eine neue Flutwelle den Bruch im Sommerdeich vom Vortag in einen reißenden Strom, der 50 weitere Parzellen mit in den Fluss riss. Das Wasser floss zurück in die Weser, wurde aber nicht von der Strömung aufgenommen, sondern drückte etwas weiter flussabwärts auf der gegenüberliegenden Flussseite gegen die Uferböschung und richtete dort große Schäden an. So wurden etwa Bäume, die zuvor mit Stahlseilen gesichert waren, fortgespült. An einigen Stellen brach das Ufer bis zu fünf Meter weit ab. Auch die Hemelinger Hafenanlagen auf der rechten Weserseite oberhalb des Wehres wurden knietief überschwemmt, sodass dort Sandsackbarrieren errichtet werden mussten.
Trotz der Bemühungen der inzwischen eingetroffenen Helfer rutschte die Promenade am Deichknick an der Brücke ab. Wäre der Winterdeich hier gebrochen, wären weite Teile der Wohnbebauung Habenhausens überflutet worden. Es wurde erwogen, unter der Brücke eine Rinne zur Wasseraufnahme zu graben, doch die Arbeiten dauerten zu lange. Um 17:00 Uhr begannen 200 Helfer der Feuerwehr, des technischen Hilfswerkes und der Bereitschaftspolizei damit, einen Entlastungsdamm vom beschädigten Deichknick zum Brückensockel zu errichten. Am Morgen des darauffolgenden Tages, des 17. März, um 4:00 Uhr war dieser Damm fertig und die Überflutungsgefahr für Habenhausen vorerst gebannt.
Zwar brach in der Nacht vom 18. auf den 19. März noch eine weitere kleine Aufschüttung oberhalb des Weserwehres am linken Ufer – der so ganannte Bootshafendeich – , dies blieb aber in dem ohnehin schon überfluteten Gebiet ohne Folgen.
Erst zur Mitte des April 1981 zog sich das Wasser langsam zurück, sodass ab Juni mit den Aufräumarbeiten begonnen werden konnte. Während der Umgestaltung des Auenbereichs war der Werdersee von 1981 bis 1987 trockengelegt. Der obere Teil der Flutrinne aus den 1950er Jahren wurde zugeschüttet. Der anschließende Teil wurde durch Verlängerung des Werdersees vertieft, bis oberhalb der Karl-Carstens-Brücke, um diese vor unkontrollierter Unterspülung zu schützen.
Der Rest des 1981 entstandenen Hochwasserbettes mit dem darin verbliebenen See wurde am 28. Dezember 1988 zum 34,8 Hektar großen Naturschutzgebiet „Neue Weser“ erklärt.
Hilfen
Neben den, nur unter großem Druck der Öffentlichkeit, zugesagten Hilfsgeldern des Bremer Senates, begann eine im Land Bremen bis dahin beispiellose Spendenaktion. In deren Verlauf fand unter anderem in der Stadthalle ein Benefizkonzert zu Gunsten der Betroffenen statt und Kleingartenverbände aus ganz Deutschland unterstützten ihre Bremer Gartenfreunde sowohl materiell als auch finanziell.
Fazit
Der Weserdurchbruch, währenddessen sich die Weser ein neues Bett suchte, ging als eine der schwersten Überschwemmungen Bremens in die Stadtannalen ein, auch wenn „nur“ Parzellen betroffen waren. Wiewohl er die Landschaft deutlich verändert hat, gibt er nur einen Teil der damaligen Bedrohung wieder. Bremen wurde in jenen Tagen gleichzeitig vom Hochwasser der Ober- und Mittelweser und von einer Sturmflut der Unterweser erreicht.
Durch den Weserdurchbruch wurde ein Gebiet von 70 Hektar überschwemmt, 44 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche vernichtet, 150 Parzellenhäuschen auf dem östlichen Stadtwerder zerstört, Schäden in Höhe von etwa 28.000.000 Euro angerichtet und mehr als 1.500.000 m³ Boden und Sedimente in die Weser geschwemmt.
Nach der Flut wurde eine Untersuchungskommission eingerichtet, die allerdings lediglich zu dem Ergebnis kam, dass die Deichbrüche aus einer Verkettung unglücklicher Umstände resultierten. Zum einen hätte das Wehr schon viel früher repariert werden müssen und zum anderen hatten die in den 1950er Jahren getroffenen Vorkehrungen gegen Hochwasser „von oben“, nämlich der Bau der Flutrinne, versagt. Aus den Erfahrungen des Weserdurchbruchs zogen die Verantwortlichen Konsequenzen. So wurde in den Jahren 1988 bis 1993 ein neues, moderneres Weserwehr errichtet und der Hochwasserschutz im Land Bremen insgesamt verbessert.
Quellen
- Jochen Mönch, Heinz Holtgrefe: Bremen von oben; Wirtschaftsverlag NW GmbH (1981)
- Weser-Kurier-Ausgaben vom 10. März 1981 - 15. Mai 1981
Weblinks
53.0511111111118.8716666666667Koordinaten: 53° 3′ 4″ N, 8° 52′ 18″ O
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