Westfälische Klinik Warstein

Westfälische Klinik Warstein

Die LWL-Klinik Warstein, früher Westfälische Klinik Warstein für Psychiatrie und Psychotherapie, ist eine psychiatrische Einrichtung in der Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Sie wurde 1905 als „Provinzial-Irrenanstalt“ der Provinz Westfalen gegründet.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsphase und Weimarer Republik

Im Jahr 1903 beschloss der Westfälische Provinziallandtag die Gründung der fünften „Provinzial-Irrenanstalt“ in Warstein. Der Bau der verschiedenen Gebäude zog sich von 1905 bis 1911 hin. Ursprünglich war eine Kapazität von 800 Patienten geplant. In der Bauphase wurde diese aber auf 1.450 erhöht. Die ersten Patienten wurden 1905 von Lengerich nach Warstein verlegt. Im Jahr 1911 betrug die Zahl der Patienten bereits 1.250.

Insbesondere während des „Steckrübenwinters“ von 1916/17 starben zahlreiche Patienten an Unterernährung, Tuberkulose und Typhus. Die Erfahrungen führten 1922 zur Anpachtung des Suttroper Gutes der Freiherren von Fürstenberg, um so Selbstversorgung betreiben zu können.

Seit 1919 war in der Einrichtung auch der Krankenpflegeorden der Vinzentinerinnen tätig. Während der Weimarer Republik wurden neue Heilmethoden eingeführt. Dazu zählten der Ausbau der Arbeitstherapie, physikalische Methoden, psychotherapeutische Verfahren sowie Schockbehandlungen mit Insulin und Cardiazol. Seit 1937 wurde auch die Elektrokrampftherapie eingesetzt.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach dem „Gesetz über die Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 wurden bei 675 Patienten Sterilisierungen vorgenommen. Diese wurden allerdings nicht in Warstein selbst, sondern extern vorgenommen. Im Jahr 1934 wurde der bisherige ärztliche Leiter, Dr. Hegemann, der nicht als linientreu galt, durch Dr. Petermann ersetzt.

Im Jahr 1936 wurde eine besondere Sammelabteilung für tuberkulose- und psychisch erkrankte Menschen aus allen westfälischen Kliniken eingerichtet. Nachdem 1941 auf dem Anstaltsgelände ein Reservelazerett mit einer Kapazität von 1.200 Betten eingerichtet worden war, kam es zur massenhaften „Verlegung“ der Patienten in Tötungsanstalten wie Hadamar. Insgesamt fielen 1.576 Patientinnen und Patienten dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zum Opfer.

Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren im Reservelazarett 1.668 Soldaten untergebracht. Später folgte die Aufnahme von etwa 500 tuberkulosekranken sowjetischen Staatsbürgern. Zwischen 1946 und 1954 war auf dem Gelände der Anstalt die Blindenschule Soest untergebracht.

In den folgenden Jahrzehnten kam es zum Neubau neuer Stationen der Anstalt, darunter 1973 eine gerontologisch-psychiatrische Abteilung. Auch ein Wohnheim für die Ordensschwestern wurde neu gebaut.

Ein tiefer Einschnitt war die Psychiatriereform der 1970er Jahre mit ihrer Enthospitalisierung und Dezentralisierung.

Neuere Entwicklungen

Im Jahr 1984 wurde eine Abteilung zur medizinischen Rehabilitation von psychisch Kranken eingerichtet (heute Hermann-Simon-Institut - kurz HSI). Eingeführt wurden auch Formen des betreuten Wohnens sowie die Familienpflege. Eine weitere neue Station wurde 1993 in Betrieb genommen.

Seit den 1990er Jahren wurde der qualifizierte Drogenentzug wichtiger. Insbesondere kümmerte sich die Klinik um Drogen-, Alkohol- und Medikamentenentzug von Migranten. Im Jahr 1998 wurde eine Depressionsstation, eine Station zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen sowie eine offene Psychosestation eingerichtet. Seit 2001 wurde die Organisation der LWL-Kliniken in Warstein und Lippstadt zusammengelegt.

Im Jahr 2003 folgte der Aufbau einer Station für Patienten mit Psychose und Sucht und 2004 wurde ein neues Pflegeheim eröffnet.

Das Gelände der Klinik umfasst 43 Hektar. Insgesamt stehen 291 Betten für die stationäre Behandlung zur Verfügung. Hinzu kommen noch 18 Plätze der Tagesklinik sowie 110 Betten im Bereich der Suchtentwöhnung. Zur Anwendung kommen annähernd alle heute maßgeblichen psychiatrischen Behandlungsmethoden und Therapieformen unterschiedlichster Dauer und Intensität. Es bestehen Abteilungen für Psychiatrie, Integrative Psychiatrie und Psychotherapie, Gerontologie, Suchtmedizin sowie Sucht-Rehabilitation.

Weblinks

51.4569444444448.35722222222227Koordinaten: 51° 27′ 25″ N, 8° 21′ 26″ O


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