- Befehlsgebung
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Befehl ist der militärische Begriff für eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt (gemäß § 2 Nr. 2 Wehrstrafgesetz). Vor der Erteilung eines Befehls hat der befehlende Vorgesetzte zu prüfen, ob sein Befehl rechtmäßig, zweckmässig und angemessen ist. Wenn der Befehlende nicht Vorgesetzter des Befehlsempfängers ist (juristisch sogenannter Nichtbefehl) besteht keine Gehorsamsverpflichtung, der Nichtbefehl muss nicht ausgeführt werden.
Befehle können nicht nur schriftlich oder mündlich erteilt werden. Auch Hand-, Licht- oder Flaggenzeichen, Signale mit Trompete oder Trillerpfeife oder beliebige andere, jedoch zuvor bekannt gegebene Symbole oder Zeichen können als Befehl gelten. Die Anweisungen können allgemein gelten (Parkplatzregelung im Kasernenbefehl) oder nur für einen einzelnen Fall („Holen Sie Kreide!“). Wegen der Komplexität der juristischen Implikationen von Befehlen wird bei der Ausbildung der Soldaten besonderer Wert auf gründliche Unterrichtung in diesen Fragen gelegt. Siehe auch Militärischer Führungsprozess.
Inhaltsverzeichnis
Befehlsarten
Neben der Unterscheidung nach Zweck und zeitlichem oder örtlichem Geltungsbereich werden eine Vielzahl von Befehlsarten unterschieden.
Kommando, Auftrag, Befehl
Als Kommando werden Befehle bezeichnet, die im Wortlaut festgelegt sind. Dazu zählen neben den Kommandos für das Exerzieren (Rührt Euch!) auch bestimmte Anweisungen für Fahrer (Kraftfahrer, Motor an!) oder Einzelanweisungen für bestimmte Tätigkeiten, die zwar nicht im Wortlaut festgelegt, aber kurz und prägnant sein müssen und keinen Formulierungsspielraum lassen (z. B. Feuerkommando). Die Ausführung von Kommandos lässt dem Ausführenden normalerweise keinen bis wenig Handlungsspielraum oder ist sogar häufig bis ins Kleinste vorgeschrieben (Exerzieren).
Aufträge nennen dem Befehlsempfänger lediglich das zu erreichende Ziel und überlassen ihm die Wahl der Mittel und des Weges. Bei der Wahl ist der Ausführende natürlich an Gesetze und Vorschriften gebunden. Ihm können darüber hinaus vom Auftragserteilenden auch noch weitere Auflagen gemacht werden (bis spätestens..., jedoch nicht..., rechts umfassend..., gemeinsam mit...). Aufträge sind an keine besondere Form gebunden. Innerhalb eines Befehls stellen Aufträge das Kernstück dar. Sie bestimmen das Ziel und sind Ausgangspunkt für das Denken und Handeln. Deshalb ist die wesentliche Forderung an einen Auftrag, dass der Wille des Vorgesetzten unmissverständlich zum Ausdruck kommen muss.
Befehle (im engeren Sinne) sollen in einer bestimmten Form gegeben werden. Dem Befehlenden ist nicht überlassen, wie er befiehlt. Dies dient in erster Linie einer zweckmäßigen Vereinheitlichung der Abfolge der verschiedenen Befehlskomponenten und entlastet den Befehlenden davon, immer wieder erneut nach einer zweckmäßigen Form zu suchen. Sofern sinnvoll und nötig sind in Befehlen zu folgenden Punkten Aussagen zu machen:
- Lage
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- Feind (Stärke, Art, Verhalten, vermutliche Absicht)
- Eigene Lage (Lage, Auftrag und Absicht des übergeordneten Truppenteils)
- Unterstellungen und Abgaben (von Truppen, bezogen auf den eigenen Truppenteil)
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- Auftrag
- knappe Darlegung des eigenen Auftrags
- Durchführung
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- Eigene Absicht mit geplanter Operationsführung
- Aufträge an die unterstellten Truppen (unterteilt nach Truppen / Truppeneinteilung: wer soll wo was tun?)
- Sicherung und Gefechtsaufklärung
- ABC-Abwehr
- Fliegerabwehr / Flugabwehr
- Maßnahmen zur Koordinierung (z. B. Anmarsch)
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- Einsatzunterstützung
- wichtige Maßnahmen und Einrichtungen der Versorgung
- Führungsunterstützung
- Einzelheiten zum Fernmeldeverkehr, Erkennungszeichen, Platz des Gefechtsstandes...
Den Befehl im engeren Sinne kann man auch als einen um zusätzliche Informationen ergänzten Auftrag verstehen.
Operationsbefehle
Operationsbefehle sind nach dem oben gezeigten Muster aufgebaut und können als Einzelbefehl oder als Gesamtbefehl erteilt werden. Einzelbefehle richten sich nur an eine oder einen Teil der unterstellten Truppen und enthalten nur die Punkte, die für die Betroffenen wichtig sind. Sie haben den Vorteil, dass rasch in der Reihenfolge der Dringlichkeit befohlen werden kann. Gesamtbefehle unterrichten alle unterstellten Truppen in gleicher Weise und etwa zur gleichen Zeit. Sie werden vor allem zu Beginn von Operationen gegeben, oder wenn unübersichtliche Verhältnisse neu geordnet werden müssen. Wenn möglich, sollen Operationsbefehle durch Vorbefehle vorbereitet werden. Vorbefehle werden gegeben, um die Truppe frühzeitig auf neue Aufgaben vorzubereiten, bevor die eigene Planung oder Befehlsgebung abgeschlossen ist.
Es können Gefechtsbefehle (Befehl für die Verteidigung), Marschbefehle, Befehle für die Führung der Logistiktruppen unterschieden werden. Besonders für die verschiedenen Gefechtsaufgaben wird eine Vielzahl von Befehlen unterschieden, für die es jeweils ein Schema gibt, nach dem der Befehl aufzubauen ist, damit keine wichtigen Punkte vergessen werden. Beispiele dafür sind: Befehl an den Alarmposten, Befehl an den Spähtrupp, Befehl für die Sicherung, Befehl für die Aufnahme, Befehl zum Spüren chemischer Kampfstoffe ...
Rechtslage in Deutschland
Bei der rechtlichen Beurteilung von Befehlen ist zwischen Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit zu unterscheiden. Ein Befehl, der gegen das Recht verstößt, ist nämlich nicht automatisch unverbindlich. Beim Anspruch auf Gehorsam, den das Gesetz verlangt, ist zwischen dem objektiven Anspruch, der nach den Gesetzen besteht, und dem subjektiven Anspruch des Befehlenden zu unterscheiden. Der Befehl „Geben Sie mir ein Bier aus!“ hat objektiv keinen Anspruch auf Gehorsam (das darf nicht befohlen werden; s.u.), kann aber vom Vorgesetzten als Befehl gemeint gewesen sein. Dagegen hat die Aussage „Klopfen Sie auf Holz!“ (z. B., damit etwas gut ausgeht) objektiv möglicherweise den Gehorsamsanspruch, ist aber kein Befehl, weil der Vorgesetzte sie nicht als Befehl gemeint hat und selbst keinen Gehorsam beansprucht.
Rechtmäßigkeit
Ein Befehl ist nur dann rechtmäßig, wenn er zu einem dienstlichen Zweck unter Beachtung der Gesetze, Dienstvorschriften und der Regeln des Völkerrechts erteilt wurde (§ 10 Abs. 4 Soldatengesetz). Darüber hinaus gebietet das Rechtsstaatsprinzip, dass ein Befehl die Grundrechte des Soldaten nicht unverhältnismäßig einschränken darf. Dabei sind der dienstliche Zweck und der Eingriff in die Rechte des Soldaten gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind im Gefecht natürlich andere Maßstäbe anzulegen als in Friedenszeiten. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Befehl rechtswidrig. Gleichwohl bleibt der Befehl grundsätzlich verbindlich, das heißt der Untergebene hat auch einem rechtswidrigen Befehl Folge zu leisten. Dabei gelten folgende Ausnahmen:
Unverbindliche Befehle
Ein Befehl muss nicht ausgeführt zu werden, sofern er keinen dienstlichen Zweck erfüllt, gegen die Menschenwürde verstößt oder seine Befolgung für den Soldaten unzumutbar ist. Der Soldat kann also entscheiden, ob er einem solchen Befehl nachkommt oder nicht. An das Kriterium der Unzumutbarkeit sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Irrt der Soldat über die Verbindlichkeit eines Befehls und verweigert seine Ausführung, besteht für ihn stets die Gefahr, ein Dienstvergehen oder eine Wehrstraftat zu begehen, es sei denn, der Irrtum war für ihn unvermeidbar.
Dagegen darf ein Befehl nicht ausgeführt werden, wenn dessen Ausführung die Begehung einer Straftat (eine Ordnungswidrigkeit reicht nicht aus!) oder einen schweren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt. Befolgt ein Soldat einen solchen Befehl, kann er sich später nicht auf den sog. Befehlsnotstand berufen, wie nach dem Zweiten Weltkrieg viele Kriegsverbrecher versucht hatten, ihre Verbrechen zu rechtfertigen. Möglicherweise handelt ein Soldat, der die Strafbarkeit seines Handelns nicht erkennt, jedoch ohne Schuld.
Befehl und Gehorsam
Das Prinzip von Befehl und Gehorsam stellt die tragende Säule des Militärs dar. Der Untergebene hat den Befehl des Vorgesetzten unverzüglich und vollständig auszuführen. Dabei ist er in der Wahl seiner Mittel frei, sofern diese nicht ausdrücklich befohlen werden. Ein Sonderfall des Befehls stellt das so genannte Kommando (z. B.: „Rechts um!“) dar: hier hat der Untergebene keinen Handlungsspielraum mehr.
In der Bundeswehr kann der Verstoß gegen die Gehorsamspflicht (§ 11 Soldatengesetz) verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen. Ein schuldhafter Verstoß hiergegen stellt ein Dienstvergehen dar, das mit einer Disziplinarmaßnahme (z. B. Verweis, Geldbuße, Arrest bis hin zu Beförderungsverbot, Degradierung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis) innerdienstlich geahndet werden kann, aber nicht muss. Bei leichten Verstößen kann auf die Tat mit einer Erzieherischen Maßnahme (EM) (z. B. Zurechtweisung, schriftliche Ausarbeitung oder Wiederholungsdienst) reagiert werden. In besonders schweren Fällen kann auch eine Wehrstraftat vorliegen. Verursacht die Missachtung der Gehorsamspflicht eine schwerwiegende Folge (Ungehorsam), oder wird der Gehorsam durch Wort und Tat verweigert (Gehorsamsverweigerung), kann die Tat auch mit Freiheitsstrafe geahndet werden.
Befehlsverantwortung
Verantwortung für Befehle trägt stets der Vorgesetzte (§ 10 Abs. 5 Soldatengesetz). Erteilt er nämlich schuldhaft rechtswidrige Befehle, begeht auch er ein Dienstvergehen, das ebenfalls disziplinar geahndet werden kann. Darüber hinaus muss er unter bestimmten Umständen für die Folgen, sofern der Bundeswehr ein Schaden entsteht, haften und Schadensersatz leisten.
In schweren Fällen können auch hier wehrstrafrechtliche Konsequenzen drohen, wenn der Vorgesetzte vorsätzlich seine Befehlsbefugnis missbraucht. Weiterhin ist der Vorgesetzte verpflichtet, „Befehle angemessen durchzusetzen“ (§10 Abs. 5 SG). Hierbei geht es nicht nur um Befehle, die er selbst erteilt hat, sondern er muss auch für die Befolgung der Befehle sorgen, die andere Vorgesetzte für den Dienst gegeben haben, den er verantwortlich leitet.
Literatur
- Wehrstrafgesetz
- HDv 100/200 Führungssystem des Heeres
- Matthias Bellmann: Handbuch für Übung und Einsatz; Regensburg 1989
- Dieter Stockfisch: Der Reibert : das Handbuch für den deutschen Soldaten. Berlin 2005. ISBN 3-8132-0845-1
Weblinks
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