Wien-Effekt

Wien-Effekt

Der Wien-Effekt beschreibt ein Verhalten von gelösten Ionen in Elektrolyten bei hohen elektrischen Feldstärken. Der Effekt ist nach Max Wien benannt.[1]

Überblick

In einer Elektrolytlösung sind Ionen von gegensinnig geladenen Ionen umgeben, so Kationen von mehreren Anionen, welche wiederum von mehreren Kationen umgeben sind. Diese Umgebung um das Zentralion nennt man auch Ionenwolke oder Ionen-Atmosphäre.

Die Ionen-Atmosphäre ist, wenn kein elektrisches Feld anliegt, annähernd kugelsymmetrisch, so dass die Ladungsschwerpunkte zusammenfallen. Legt man ein elektrisches Feld an, so wird die Ladungsverteilung deformiert, die Ionen werden von der gegensinnig geladenen Elektrode angezogen. Also liegen die Ladungsschwerpunkte nicht mehr zusammen, und das dadurch entstandene elektrische Feld bremst die Ionenbewegung, den Ladungstransport und damit den Stromfluss ab.


\delta = \frac{\Lambda_E -\Lambda_{E=0}}{\Lambda_{E=\infty} - \Lambda_{E=0}}


ΛE: molare Leitfähigkeit bei der Feldstärke E.

ΛE = 0: molare Leitfähigkeit bei der Feldstärke Null.

\Lambda_{E=\infty}: molare Leitfähigkeit bei unendlich großer Feldstärke.


Der Erste Wiensche Effekt erklärt, dass die Leitfähigkeit einer Elektrolytlösung bei hohen Feldstärken wieder stark zunimmt und sich von einer unendlichen verdünnten Lösung kaum mehr unterscheidet.

\Lambda_E \vert_{E\to\infty}=\Lambda_{\infty}

Ursächlich vermutet man, dass die Bremseffekte der Ionen-Atmosphäre eliminiert werden, indem man die Ionen so stark beschleunigt, dass die Ionen-Atmosphäre sich gar nicht erst vollständig bilden kann bzw. die Relaxationszeit der Ionen-Atmosphäre zu groß ist um sie während des Elektrolyseprozesses einzustellen. Typische Feldstärken hierfür liegen oberhalb von 10.000 V/cm; hier beträgt die Ionengeschwindigkeit 10 cm/s.

Beachtet werden muss dabei, dass bei zu hohen Spannungen an den Elektroden zu hohe Geschwindigkeiten der Ionen erzeugt werden, so dass das Reibungsgesetz von Stokes modifiziert werden muss, welches in der Rechnung enthalten ist.

Der Zweite Wiensche Effekt beschreibt das Verhalten der Elektrolyse schwacher Elektrolyte in einem starken Feld.

In einem starken Feld treten bei schwachen Säuren und Salzen (Elektrolyten) Effekte von etwa fünf- bis zehnfacher Größe in Vergleich zu starken Säuren auf. Die Stärke einer Säure hängt mit der Säurekonstante und dem zugehörigen pKs-Wert zusammen. Diese Effekte können nicht mehr durch Ionenwolkeneffekte erklärt werden. Es tritt die Wirkung der verstärkten Dissoziation schwacher Säuren und Salze in starken Feldern auf. Der Effekt beruht auf der Vermehrung der Zahl der Ionen, also einer resultierenden Erhöhung der Ionenkonzentration.

Es handelt sich dabei entweder um eine Ionisation der Elektrolytmoleküle durch Ionenstoß oder das starke Feld bewirkt eine Trennung der Ionen in den Molekülen, die sich schon aufgrund der Wärmebewegung in einer aufgelockerten Verbindung befinden.

Beide Wiensche Effekte sind nicht getrennt voneinander zu beobachten, sie scheinen vielmehr gleichzeitig aufzutreten. Der bei schwächeren Feldern vorherrschende Erste Wiensche Effekt geht bei stärkeren Feldern in den vorwiegenden Zweiten Wienschen Effekt über.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Karl Willy Wagner: Max Wien zum 70. Geburtstag. Naturwissenschaften, Volume 25, Number 5, 65-67, DOI: 10.1007/BF01493271, abgerufen am 18. Dezember 2010 (deutsch).

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